Interview | Spanien | Architektur
"Es herrscht eine geringe Transparenz hinsichtlich der Honorare"
Holger Sulitze spricht über den spanischen Architekturmarkt. Der Gründer von Sulitze Muñoz Arquitectos verfügt über Erfahrungen in Spanien, Deutschland und weiteren Ländern.
09.04.2025
Von Oliver Idem | Bonn
Holger Sulitze kennt den Markt für Architekturdienstleistungen in Spanien aus zwei Blickwinkeln. Sein spanisch-deutsches Unternehmen Sulitze Muñoz Arquitectos mit Sitz in Madrid ist mit den Planungskulturen und dem rechtlichen Rahmen beider Länder vertraut. Im GTAI-Interview identifiziert er mehrere Treiber für nachhaltige Architekturdienstleistungen in Spanien.

Warum gewinnt Nachhaltigkeit an Bedeutung bei Architekturdienstleistungen in Spanien?
Ein Treiber für Nachhaltigkeit in der Architektur ist der regulatorische Rahmen. Seit etwa 15 Jahren steigen tendenziell dessen Anforderungen. Außerdem legen zum Beispiel börsennotierte Investoren Wert auf Zertifikate wie LEED.
Wie ähnlich sind sich die Baukultur in Spanien und in Deutschland?
Die gelebte Baukultur in Spanien unterscheidet sich in vielen Nuancen von der in Deutschland. So sind viele Schnittstellen in der Verantwortung leicht verschoben. In der Summe führen zahlreiche leicht andere Parameter dann doch zu einem wesentlich anderen Ergebnis. Darum ist es wichtig, ein Gespür für den Markt zu entwickeln.
Welchen Einfluss haben die Unterschiede auf die praktische Arbeit?
In Spanien sind Architekten zunächst grundsätzlich alleine gesamtverantwortlich für die Planung eines Bauvorhabens, während in Deutschland - ab einer gewissen und nicht allzu hohen Komplexität des Vorhabens - die Beteiligung von Fachplanern verschiedener Disziplinen vorgeschrieben ist.
Andererseits ist in Spanien in der Überwachung der Bauausführung dem Architekten zwingend ein sogenannter "technischer Architekt" zur Seite gestellt, der die Ausführung in bautechnischer und wirtschaftlicher Hinsicht überwacht, während dies in Deutschland Aufgabe des Architekten selbst ist.
Die sich daraus entwickelnden Standards für die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Beteiligten an einem Bauvorhaben, die Verteilung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten, aber auch die "Planungskultur" sind deutlich unterschiedlich.
Existieren offizielle Regelungen für die Honorare von Architekten?
In Spanien wurden offizielle Honorarregelungen für Architekten schon vor Jahren abgeschafft und sogar das Erheben und Veröffentlichen von statistischen Werten zu im Markt gezahlten Honoraren verboten. Damit herrscht eine geringe Transparenz hinsichtlich üblicher Honorare.
Zudem haben sie sich seit der Finanzkrise ab 2008 kaum erholt. Vor allem im Zuge der Finanzkrise kam es zu einer sehr hohen Konkurrenz über den Preis, was zu einem dauerhaft niedrigen Honorarniveau geführt hat.
Wie ist die Honorarsituation in der Architekturbranche heute?
Heute existiert eine sehr starke Staffelung in Spanien. Wenige große und renommierte Architekturbüros erzielen mit guter Qualität auskömmliche Honorare. Die Mittelklasse ist zahlenmäßig überschaubar. Viele der kleineren Büros stehen unter hohem finanziellem Druck durch einen sehr harten Honorarwettbewerb. Darunter kann auch die Qualität leiden.
Wie sollte man sich dem spanischen Markt annähern?
Es gibt Gründe, warum in Spanien etwas anders als in Deutschland gebaut wird, zum Beispiel regulatorische Ursachen und Unterschiede im Lohnniveau. Darum sollte man nicht mit dem Anspruch kommen, es besser zu wissen. Wichtig ist zu erkennen, wie eine Entscheidung Sinn ergibt und welche Auswirkungen sie hat.