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Branche kompakt | Spanien | Bauwirtschaft

Fördergelder und -programme bleiben der zentrale Wachstumstreiber

Die Bauwirtschaft in Spanien zeigt sich 2024 als dynamisch wachsende Branche. Rückenwind durch Fördergelder verzeichnen vor allem der Infrastruktur- und Wohnungsbau.

Von Oliver Idem | Bonn

Ausblick der Bauwirtschaft in Spanien

Bewertung:

 

  • Mit 4 Prozent wächst die Bauproduktion 2024 etwa doppelt so stark wie das BIP.
  • Die EU-Kommission rechnet 2025 mit 2,6 Prozent höheren Bauinvestitionen.
  • Der Infrastrukturbau profitiert derzeit besonders von EU-Fördergeldern.
  • Der Fachverband SEOPAN rechnet jedoch 2025 mit weniger Effekten durch die Fördermittel.
  • Im Wohnungsneubau steht 2024 eine Trendwende zum Positiven an.

Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: Oktober 2024

  • Markttrends

    Mit einer erwarteten Zunahme der Bauproduktion von 4,0 Prozent belebt der Bausektor 2024 die spanische Wirtschaft. Der Infrastrukturbau und neue Wohnungen sorgen für Dynamik.

    Die bedeutende Baubranche in Spanien bleibt auch 2024 ein Wachstumsmotor. Das erwartete Plus der Bauproduktion von 4 Prozent speist sich unter anderem aus den EU-Fördermitteln auf Basis des spanischen Aufbau- und Resilienzplans. Die Gelder treiben zum Beispiel Projekte im Bahnsektor an. Weitere staatliche Investitionspläne, etwa für den sozialen Wohnungsbau und energetische Sanierungen, tragen ebenfalls zum derzeitigen Aufschwung bei. Dem Fachverband SEOPAN zufolge summierte sich die Bauproduktion 2023 auf rund 133 Milliarden Euro.

    Alle Bausegmente wachsen 2024 stärker als die Gesamtwirtschaft

    SEOPAN rechnet 2024 mit den höchsten Zunahmen im Infrastrukturbau mit 6,8 Prozent und beim Neubau von Wohnungen mit 4 Prozent. Sanierungen und Nichtwohnungsbau bleiben mit Wachstumsraten von 2,4 beziehungsweise 2,3 Prozent dahinter zurück. Beide Raten liegen jedoch oberhalb der Erwartung der EU-Kommission für das Wachstum der spanischen Gesamtwirtschaft von 2,1 Prozent.

    6,8 %

    mehr Bauproduktion erwartet der Fachverband SEOPAN 2024 im Infrastruktursegment.

    Im Wohnungsbau deutet ein leichter Rückgang der Anzahl der Baugenehmigungen um 0,9 Prozent auf knapp 108.000 Wohnungen für 2023 mittelfristig auf ein schwächeres Wachstum hin. Gleichzeitig wirkt das Königliche Dekret 8/2023 zur Förderung von 43.000 Sozialwohnungen bis Ende 2026 positiv. Dafür stehen 4 Milliarden Euro zur Verfügung. Ähnlich ist es mit den Fördergeldern in Höhe von 1 Milliarde Euro aus dem Paket Next Generation EU für Wohnungsbau auf öffentlichen Grundstücken. 

    Beliebte Großstädte wie Madrid und Barcelona haben vor allem einen Bedarf an günstigem Wohnraum. Das Großprojekt Madrid Nuevo Norte begegnet der Nachfrage mit einem hohen Anteil an Sozialwohnungen. 

    Nichtwohnungsbau mit schwachem Gesamttrend und einigen positiven Ausreißern

    Der Nichtwohnungsbau profitiert vor allem von öffentlichen Investitionen. Dieser Effekt aus den Jahren 2022 und 2023 lässt jedoch mittlerweile nach. Da gleichzeitig private Investoren deutlich weniger Fläche bebauen lassen wollen, fallen die kurzfristigen Aussichten eher gedämpft aus.

    Für positive Gegenbeispiele sorgen derzeit Logistikimmobilien und Rechenzentren. Beide Projektarten profitieren von Freiflächen außerhalb der großen Städte. Bei Rechenzentren punktet Spanien zudem mit günstigem Strom aus erneuerbaren Energien.  

    Sanierungen profitieren von staatlichen Fördergeldern

    Noch immer geben Förderprogramme einen Anschub für energetische Sanierungen und Eigenverbrauchslösungen. Die spanische Regierung zielt mit einem laufenden Programm darauf ab, energetische Sanierungen und eine bessere Barrierefreiheit zu fördern. Mit 5,8 Milliarden Euro Budget ist vorgesehen, insgesamt 500.000 Einheiten zu sanieren.

    Dass 2023 weniger Sanierungsanträge gestellt wurden als im Vorjahr, lässt jedoch auf gedämpftere mittelfristige Aussichten schließen. Unter dem Strich rechnet SEOPAN für 2024 mit einem Plus von 2,4 Prozent.

    Die Bauinvestitionen liegen trotz des aktuellen Aufwärtstrends noch immer unter dem Niveau von vor der Weltfinanzkrise. Die Alterung der Bausubstanz und neue Ansprüche an Effizienz und Komfort sprechen längerfristig für eine wachsende Bedeutung von Renovierungen und Sanierungen.

    Kleines Infrastruktursegment glänzt mit hohen Wachstumsraten

    Die Infrastruktur stellt das kleinste Segment der spanischen Bauwirtschaft dar, liegt jedoch bei den Wachstumsraten seit mehreren Jahren an der Spitze. SEOPAN rechnet allerdings damit, dass ab Anfang 2025 der Schwung durch die Fördermittel von Next Generation EU nachlassen wird.

    Bahn- und Straßenprojekte sowie die Wasserwirtschaft dominierten 2023 die Ausschreibungen. Insbesondere im Bahnsektor sorgt die lange Umsetzungsdauer der Vorhaben für einen anhaltenden Zufluss an Investitionen.

    Marktvolumen der Bauwirtschaft in Spanien in Milliarden Euro, Veränderung in Prozent

    Kennziffer

    2022 

    2023

    Veränderung 2023/2022

    Wert der Bauinvestitionen insgesamt, davon

    124,1

    133,4

    7,5

      Wohnungsbau

    41,9

    32,5

    -22,4

      Renovierungen und Sanierungen

    26,6

    29,7

    11,3

      Wirtschaftsbau

    36,0

    32,5

    -9,8

      Infrastrukturbau

    19,5

    39,0

    99,7

    Quelle: Fachverband SEOPAN

    Experten sehen Geschäftschancen in Spanien in Zulieferungen und Lösungen für den energieeffizienten, gehobenen Neubau, die energetische Altbausanierung und deren Einpassung in smartere Städte. Es geht um Luftfilterung, dynamische Fassaden, Begrünungskonzepte, Klima- und Heiztechnik, Gebäudeautomatik und Wohnrobotik. Barrierefreiheit, Sicherheit und altersgerechtes Wohnen sind in der langlebigen spanischen Gesellschaft weitere wichtige Themen.

    Vernetzung als Erfolgsfaktor für das deutsche Bauhandwerk

    Hochwertiges deutsches Bauhandwerk sprengt bei spanischen Aufträgen oft den üblichen Preisrahmen. Dennoch gibt es Projekte, bei denen die Stärken dieser Gewerke gefragt sind: "Das deutsche Bauhandwerk bietet zum Teil Qualitäten, die man vor Ort in Spanien nicht erhalten kann", berichtet Markus Kemper, Leiter der Marktberatung der AHK Spanien. "Allerdings gelte es, diejenigen zu identifizieren, die diese höheren Qualitäten zu zahlen bereit sind. "In der Regel sind das private Bauherren hochwertiger Ferienimmobilien, Hotelbetreiber oder auch der Ladenbau. Viele Handwerker sammeln ihre erste Spanienerfahrung, indem sie von einem deutschen Kunden "Huckepack" genommen werden", berichtet Kemper aus seiner Erfahrung.

    Bauvorhaben deutscher Landsleute in Spanien können ein Türöffner für das Bauhandwerk sein. Im Jahr 2023 waren knapp 177.000 Deutsche in Spanien gemeldet. 

    Für die Erfolgsaussichten sind Kontakte und Zusammenarbeit entscheidend. "Für die strategische Bearbeitung des spanischen Marktes ist eine enge Vernetzung mit Multiplikatoren vor Ort notwendig, insbesondere mit Planungsbüros. Der gemeinsame Auftritt mit anderen Gewerken als Systemanbieter ist sinnvoll", empfiehlt Markus Kemper. 

    Verlaufen die ersten Schritte erfolgreich, sollte ein Handwerksbetrieb an einem passenden Ort auf sich aufmerksam machen. Markus Kemper sieht dafür eindeutige regionale Schwerpunkte: "Auf mittlere Sicht ist eine eigene Präsenz in Spanien zu empfehlen, sei es zumindest in Form eines Showrooms. Die interessantesten Regionen für das deutsche Handwerk dürften die Balearen und Costa del Sol sein, mit Abstrichen auch die Costa Blanca sowie Barcelona und Madrid."

    Ausgewählte Großprojekte der Bauwirtschaft in SpanienSumme in Milliarden Euro
    Akteur/ProjektInvestitionssummeProjektstandAnmerkungen

    Neues Stadtviertel im Norden von Madrid (Madrid Nuevo Norte) 

    25 (öffentlich und privat)

    Circa 2,7 Mio. qm für gemischte Nutzung: 10.500 Wohnungen, Büros, Handel und Dienstleistungen; erste Arbeiten haben im November 2022 begonnen; Verkäufe von Grundstücken der Bahngesellschaft adif sollen spätestens Ende November stattfinden; Bauzeit circa 20 Jahre

    Betreibergesellschaft: Distrito Castellana Norte (DCN)

    Neues Stadtviertel im Süden von Madrid Valdecarros

    7,5

    Größtes Städtebauprojekt Spaniens mit 19 Mio. qm.; Rohrleitungen und IKT Anschlüsse für die ersten Bauphasen mit 13.500 Wohnungen sind im Gange. Das gesamte Projekt mit 8 Bauphasen soll über 50.000 Wohnungen umfassen, davon zur Hälfte Sozialwohnungen, 150.000 Einwohner anziehen und bis 2039 laufen

    Wichtigste Immobilienentwickler sind: Zapata, Pryconsa, Oncisa und die Familie Fernández de Córdoba 

    Verbindung Schnellzuglinien zwischen Murcia-Almeria und Granada 

     

    6,7

    Ausbau des Mittelmeer-und Atlantik-Bahnkorridors; schrittweise Ausschreibungen

     

    Laufende Aufträge online abrufbar

    Verbindung Schnellzuglinien zwischen Santander und Bilbao

    2,5

    In Planung; die Linie soll für den Personen- und Warentransport ausgelegt werden

    Auftraggeber: Eisenbahnbereich des Ministerium für Transport Ministerio de Transporte, Movilidad y Agenda Urbana (MITMA)

    Immobilienplan für den Flughafen Madrid-Barajas

    2,4

    Begonnene Erweiterung des Flughafens Madrid; drei von den vier Terminals werden zusammengelegt; die Kapazität soll innerhalb von zehn Jahren von 70 auf 80 Mio. Fluggäste steigen; erwartete Fertigstellung 2030

    Flughafen-Betreibergesellschaft AENA

    Espai Barça, Sanierung des Fußballstadions Camp Nou von FC Barcelona

    1,5

    Im Bau; Fertigstellung Fußballsaison 2026-2027

    Erweiterung des Stadions, Umbau der Umgebung und Neubau einer Sportanlage "Palau Blaugrana"; Nachhaltigkeit und Digitalisierung sollen im Vordergrund stehen 

    Neues Hafen Terminal Nord, Port de Valencia

    1,1

    Bau des Terminals mit einer Kapazität von 5 Mio. Container; es soll voll Elektrifiziert sein und hundert Prozent aus erneuerbaren Energien gespeist werden; zudem gehen die Bauarbeiten der neuen Wohnviertel "Plan Nazaret" nebenan mit ca. 230.000 qm Fläche voran

    Auftragsgewinner ist die Unternehmenszusammenschlüsse von Acciona Construccion, Jan de Nul und Gupo Bertolin. Hauptzweck sei die Verbesserung der Intermodalität; Auftraggeber: Hafengesellschaft ValenciaportTiL Group

    Quelle: Pressemeldungen; Recherchen von Germany Trade & Invest

    Von Oliver Idem | Bonn

  • Nachhaltiges Bauen und Energieeffizienz

    Nachhaltigkeit spielt vor allem im gehobenen Bausegment eine wesentliche Rolle. Gesetzliche Vorgaben geben Impulse für Baustoffrecycling und Energieeffizienz.

    Ökologische Nachhaltigkeit und Energieeffizienz im Bausektor sind in Spanien aus zwei Gründen bedeutsam. Einerseits steht die Baubranche für 6,5 Prozent der Wirtschaftsleistung und gehört zu den größten Wirtschaftszweigen des Landes. Andererseits steht sie bei den Dekarbonisierungs- und Recyclingzielen besonders im Fokus. Laut der spanischen Kreislaufwirtschaftsstrategie España Circular 2030 erzeugt der Bausektor 40 Prozent der Abfälle und 30 Prozent der Treibhausgasemissionen.

    EU-Ziele und eigene spanische Vorgaben weisen den Weg zu mehr Nachhaltigkeit. So verfolgt die EU-Richtlinie 2023/1791 das Hauptziel, dass der Endenergieverbrauch bis 2030 um mindestens 11,7 Prozent gegenüber den Energieverbrauchsprognosen für 2030 aus dem Jahr 2020 gesenkt wird. 

    Durch einen zum großen Teil alten und wenig energieeffizienten Gebäudebestand in Spanien wird die Energieeffizienz zu einer wichtigen Stellschraube. Der Aufbauplan mit Geldern von Next Generation EU setzt einen gefragten Förderimpuls.

    In Zukunft dürften nachhaltiges Bauen und zeitgemäßere Isolierung für einen besseren Werterhalt und lukrativere Verkaufschancen von Wohngebäuden sorgen. Allerdings verzeichnen gefragte Städte wie Madrid und Barcelona einen hoher Nachfrageüberhang von Miet- und Kaufinteressenten.

    Recycling von Baustoffen soll weiter vorangetrieben werden

    Spanien erreichte 2022 eine Recyclingquote von 29 Prozent am gesamten Abfallaufkommen des Baugewerbes. Der politische Wille ist vorhanden, die Wiederverwendung weiter voranzutreiben.

    Die Kreislaufwirtschaftsstrategie España Circular 2030 rügt, dass es in den vergangenen 25 Jahren nur wenige Innovationen in der Baubranche gegeben habe. Konkret geht es um die Effizienz des Bauprozesses, die Behandlung von Abfällen und die Optimierung der verwendeten Ressourcen.

    Der Fachverband Andimac erwartet Impulse durch die neue Verordnung der EU über die umweltgerechte Gestaltung nachhaltiger Produkte. Deren Anforderungen werden ab Juli 2026 umgesetzt. Ende 2024 soll die Bauprodukteverordnung erscheinen, die die Verordnung auf die Ebene der Baustoffe herunterbricht. Andimac geht davon aus, dass sich Veränderungen für die Zementproduktion sowie Heiz- und Kühlsysteme ergeben werden.

    Das Städtebauvorhaben Madrid Nuevo Norte setzt bereits Maßstäbe beim nachhaltigen Bauen. Nach Angaben der Region Madrid sollen 800.000 Tonnen Bauabfälle nahezu vollständig wiederverwertet werden. Das Vorhaben gehört zu den größten Städtebauprojekten in Europa und soll etwa 2040 fertiggestellt werden.

    Günstige Bedingungen für die Selbstversorgung mit erneuerbaren Energien 

    Die Nutzung von Fotovoltaik zum Eigenverbrauch bietet sich in Spanien aufgrund von circa 3.000 Sonnenstunden pro Jahr und gesunkenen Modulkosten an. Dennoch schwanken die Investitionen von Industrie, Gewerbe und Privatleuten nach Beobachtung des Fachverbandes UNEF stark. Schwankende Energiepreise, Unsicherheiten über die künftige Versorgung und verfügbare Fördergelder steigern die Nachfrage. Eine Gewöhnung an ein gewisses Strompreisniveau dämpft hingegen das Interesse. 

    Bei Logistikimmobilien, Datenzentren und energieintensiven Zweigen wie der chemischen Industrie wurden in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Projekte zur vollständigen oder teilweisen Versorgung mit Solarstrom umgesetzt. Das Chemieunternehmen Sabic in Cartagena erhält durch einen 100-Megawatt-Solarpark über einen Vertrag mit dem Energieversorger Iberdrola Fotovoltaikstrom.

    Die Struktur der Wohnbebauung schränkt zum Teil die Möglichkeiten ein, private Wohnungen selbst mit Ökostrom zu versorgen. Die in den Städten verbreiteten mehrgeschossigen Wohnhäuser verfügen über kleine Dachflächen und viele Verbraucher.

    Auf das gesamte Land gesehen wirkte dennoch der Ukrainekrieg als Anschub für die private Nachfrage nach Solaranlagen. Dazu trugen auch Fördermittel bei. Diese waren so gefragt, dass für die 500.000 Anträge auf Subventionen monatelange Wartezeiten entstanden.

    Beste Aussichten für nachhaltige Lösungen im Hochpreissegment

    Besonders gute Chancen für nachhaltige Lösungen bestehen bei anspruchsvollen Gesamtkonzepten für Neubauten und Sanierungen. Diese integrieren häufig Nachhaltigkeit, Sicherheit und Komfort. 

    Führende Unternehmen setzen nachhaltige Bauprojekte im Rahmen eigener Strategien um oder reagieren damit auf Anforderungen von Anteilseignern oder Kunden. Bei Villen, gehobenen Wohnprojekten und Hotels sind die Ansprüche an zeitgemäße Lösungen zumeist ebenfalls hoch.

    Hingegen spielt im Massengeschäft oft der Preis eine wesentliche Rolle. Bei öffentlichen Ausschreibungen sieht die Situation oft ähnlich aus. Teurere Lösungen mit längerfristigen Vorteilen haben einen schweren Stand gegenüber kurzfristig günstigeren. Zumindest in der Region Katalonien zeichnet sich jedoch eine Veränderung ab. Dort arbeitet die Regionalregierung daran, Umweltkriterien in verschiedenen Formen in ihre Ausschreibungen zu integrieren.

    Spezialisierung ist im Wettbewerb häufig Trumpf

    Inländische Unternehmen nehmen eine dominierende Rolle auf dem spanischen Baumarkt ein. Für ausländische Anbieter kann ein Bedarf an spezialisierter Technik und Expertise bei besonderen Dienstleistungen zum Türöffner werden. Fachleute zählen dazu Klima- und Heiztechnik, Gebäudeautomatik und Wohnrobotik. Auch Barrierefreiheit, Sicherheit und altersgerechtes Wohnen sind relevante Felder. Sowohl der Neubau als auch die Sanierung und der Städtebau können Einsatzfelder bieten.

    Das Städtebauprojekt Madrid Nuevo Norte weist eine besondere Offenheit für Ideen auch aus dem Ausland auf. Ein Innovationslabor dient dem Überblick über zukunftsträchtige Lösungen über die circa 20 Jahre dauernden Bauschritte.

    Einen Überblick über aktuelle zentralstaatliche Fördermaßnahmen im Bereich Energie gibt das Institut IDAE. Hinzu kommen eigene Programme der Autonomen Gemeinschaften. Auch manche Gemeinden fördern nachhaltige Investitionen.

    Von Oliver Idem | Bonn

  • Branchenstruktur

    Spaniens Baubranche besteht vorwiegend aus Kleinunternehmen. Einige Baukonzerne gehören jedoch zur Weltspitze. Das kann deutschen Unternehmen Chancen zur Zusammenarbeit bieten.

    Viele größere spanische Bauunternehmen gingen langfristig gestärkt aus der Weltfinanzkrise 2009 hervor. Sie stellten sich in der Krise breiter auf und bewarben sich vermehrt um Aufträge aus dem Ausland, um Einbrüche auf dem Inlandsmarkt aufzufangen. Heute erzielen einige von ihnen den Großteil ihres Umsatzes auf internationalen Märkten.

    Bauunternehmen in Spanien spüren den demografischen Wandel durch die Alterung ihres Personals und weniger Nachwuchs. Zum Teil kann dieser Mangel durch Migration etwa aus Lateinamerika ausgeglichen werden. 

    In Zukunft dürfte ein stärker modularisiertes Bauen mit mehr fertigen Elementen zunehmen, um Zeit und Kosten zu sparen und die Beschäftigten zu entlasten. Zudem kommt die Produktion von modularen Bauelementen mit weniger Abfällen aus und die Komponenten lassen sich im Sinne der Kreislaufwirtschaft gut wiederverwenden.

    Viele Kleinstunternehmen und einige Weltkonzerne

    Die Bauunternehmen spiegeln die allgemeine Wirtschaftsstruktur Spaniens wider. Laut der Unternehmensstatistik DIRCE bestand die Baubranche zum Jahresbeginn 2023 aus knapp 377.000 Unternehmen. Die meisten davon waren Einzelselbstständige. Lediglich 26 Anbieter verfügten über eine vierstellige Anzahl von Beschäftigten. Lokale Unternehmen haben eine sehr starke Position auf dem Inlandsmarkt, sind meist gut vernetzt und decken den Großteil der Aufträge ab. 

    Aus dem Ausland heraus oder mit einer lokalen Niederlassung bestehen kaum Chancen, auf dem spanischen Markt Fuß zu fassen. Zudem sollten Mentalitätsunterschiede, unterschiedliche Herangehensweisen und Sprachbarrieren nicht unterschätzt werden. Auch das Preisniveau deutscher Unternehmen kann für manche Projekte zu hoch sein.

    Bessere Aussichten bestehen bei einer punktuellen Zusammenarbeit, wenn ein spanisches Unternehmen spezialisierte Technik oder Dienstleistungen benötigt. Die Internationalisierung größerer Bauunternehmen kann solche Chancen bieten. Eine Zusammenarbeit kann mit Blick auf erforderliche Referenzen für Auslandsprojekte oder bei Konsortialbewerbungen für beide Seiten vorteilhaft sein.

    Punktuell arbeiten spanische Bauunternehmen im Ausland auch mit deutschen Partnern zusammen. Nach Ansicht von Branchenkennern könnte dieses Engagement ausgeweitet werden. Oft fehlen auf beiden Seiten lediglich ausreichende Informationen über die Aktivitäten von potenziellen Partnern. 

    Größte Bauunternehmen in Spanien (Auswahl, Umsatz in Millionen Euro, Veränderung in Prozent)
    BezeichnungUmsatz 2020Umsatz 2019Veränderung 2020/19
    FCC Construcción

    1.611

    1.719

    -6,3

    Acciona Construcción

    1.498

    1.697

    -6,2

    Dragados

    969

    1.069

    -9,3

    Ferrovial Construcciones

    959

    942

    1,8

    ACS Actividades de Construcción y Servicios

    839

    415

    102,2

    SANJOSE Constructora

    695

    517

    34,4

    Goa Invest *)

    691

    685

    0,9

    Ortiz Construcciones y Proyectos

    518

    245

    111,4

    Avintia Proyectos y Construcciones

    495

    469

    5,5

    Sacyr Construcción

    451

    384

    17,4

    Neinor

    431

    322

    33,8

    Acsa Obras e Infrastructuras (Sorigué-Gruppe)

    333

    311

    7,1

    Construcciones Amenábar

    318

    244

    30,4

    *) Goa Invest baut für den Bekleidungskonzern InditexQuelle: Las mayores empresas de España, Actualidad Económica

    Eine Broschüre des Verbandes SEOPAN bietet einen umfangreichen Überblick über die Aktivitäten großer spanischer Bauunternehmen auf Auslandsmärkten. In der Übersicht werden konkrete Projekte vorgestellt. Zudem enthält die Broschüre nach Märkten sortierte Listen mit Kontaktdaten.

    Produktion zog 2023 in den meisten Baustoffsparten wieder an

    In den meisten Sparten der Baustoffproduktion legte die Fertigung 2023 zu. Die einzige Ausnahme bildete das wichtige Segment der Baukeramik. Dieser energieintensive Produktionszweig war 2022 besonders stark von steigenden Gaspreisen getroffen worden. 

     

    Produktion ausgewählter Bauprodukte in SpanienVeränderung in Prozent

    Produktgruppe

    2023

    Veränderung 2023/2022

    Zement (in Mio. Tonnen) *)

    4,7

    3,1

    Beton (in Mio. Kubikmetern)

    26,3

    5,6

    Strukturkeramik (in Mio. Tonnen)

    5,6

    5,7

    Mineralwolle (in Mio. Kubikmetern)

    3,3

    2,4

    Keramikfliesen (in Mio. Quadratmetern)

    394

    -21,2

    * Exporte minus Importe in Mio. Tonnen; GTAI-Berechnung.Quelle: Dachverbände: Oficemen, Anefhop, Hyspalit, Afelma, Ascer

    Fachverband rechnet 2024 mit 1,8 Millionen Renovierungen

    Spanische Baustoffhersteller produzieren sowohl für den Inlandsmarkt als auch für den Export. Für den Binnenmarkt erwartet der Fachverband des Baustoffhandels für den Gebäudebau und die Sanierung Andimac 2024 eine leichte Steigerung der Anzahl der Renovierungen. Nach Verbandsschätzungen stehen Arbeiten in 1,8 Millionen Wohnungen an, was einer Zunahme um 1 Prozent gegenüber 2023 entsprechen würde. Für den Neubau und die Sanierung von Immobilien aus zweiter Hand zeigt sich der Verband eher pessimistisch und erwartet Impulse vor allem durch reguläre Wohnungsrenovierungen.

    Andimac stuft die 1,8 Millionen Renovierungen in diesem Jahr als wesentlich zu niedrig ein, um den Gebäudebestand in Spanien auf ein Mindestniveau an Energieeffizienz zu bringen. In zehn Jahren könnten 83 Prozent der Wohnungen die Mindestvorgaben in diesem Punkt verfehlen.

    Von Oliver Idem | Bonn

  • Rahmenbedingungen

    Die spanische Baubranche befindet sich fest in einheimischer Hand. Dennoch können spezialisierte deutsche Anbieter an einigen Nischen ansetzen, um Fuß zu fassen.

    In Spanien existiert eine zentrale Veröffentlichungsplattform für staatliche Ausschreibungen. Diese kann auch in einer englischen und einer französischen Sprachversion genutzt werden. Kritische Anmerkungen des Regulierungsbüros für öffentliche Vergaben legen aber nahe, dass diese nicht überall konsequent genutzt wird. Spaniens Verwaltung besteht aus dem Zentralstaat, den 17 Autonomen Gemeinschaften und zwei Autonomen Städten sowie den Gemeinden. Offenbar unterscheiden sich die regional eingespeisten Daten und werden auch unterschiedlich häufig aktualisiert.

    In puncto Korruptionswahrnehmung befindet sich Spanien laut Transparency International unter den Ländern mit eher geringen Problemen. Spanien rutschte in den vergangenen Jahren leicht ab und belegte 2023 Platz 36 unter 180 Ländern. Auch dieser Platz bedeutet noch immer eine Position im besten Viertel unter den Staaten der Erde. Gelegentlich treten zwar Korruptionsfälle auf. Der Gesamtstandard im Land befindet sich aber auf einem guten Niveau.

    Deutsche Unternehmen sind vor allem in Nischen erfolgreich

    Die Bauwirtschaft in Spanien wird stark von einheimischen Anbietern beherrscht. Ein Engagement deutscher Unternehmen muss dennoch nicht chancenlos sein.

    Beim Städtebauprojekt Madrid Nuevo Norte sind die Einstiegshürden außergewöhnlich niedrig. Die Betreibergesellschaft setzt auf einen offenen Pool für innovative Unternehmen, die Lösungen für das Städtebauprojekt anbieten. In diesem Innolab sind ausdrücklich auch ausländische Unternehmen willkommen, um die besten Ideen für das etwa bis 2040 angesetzte Vorhaben zu sammeln. 

    Solche klaren Geschäftschancen stellen jedoch die Ausnahme in Spanien dar. Wichtig ist es darum für deutsche Unternehmen, an den richtigen Stellen anzusetzen und Nischen zu besetzen. 

    Markus Kemper, Leiter der Marktberatung der AHK Spanien, berichtet aus seiner langjährigen Erfahrung mit Unternehmen aus beiden Ländern: "Die spanischen Bauunternehmen sind traditionell sehr stark positioniert, sowohl in Spanien selbst als auch im Ausland. Zudem gilt es zu beachten, dass es private Bauherren in Spanien deutlich seltener gibt als in Deutschland."

    Gut vernetzte Unternehmen aus dem Bereich der Baumaterialien haben bei einer gezielten Marktbearbeitung Erfolgschancen: "Für Materialanbieter dürfte insbesondere der Bereich der energieeffizienten Sanierung auf Jahre interessant sein. Für die gezielte Marktbearbeitung ist es unabdingbar mit einem gut eingeführten Vertriebspartner zusammenzuarbeiten, der bereits komplementäre Produkte vermarktet. Immer öfter treten deutsche Lieferanten auch mit eigenen Vertriebsmitarbeitern in Erscheinung", beobachtet Markus Kemper.

    Deutsche Planungsbüros treffen auf einen harten Wettbewerb in Spanien. Markus Kemper zufolge bietet die Spezialisierung eine Möglichkeit, sich durchzusetzen: "Für Planer gilt es ebenfalls, Nischen zu identifizieren, da das Massengeschäft mit den Planungsbüros vor Ort umgesetzt wird. Ebenso wie die großen Bauunternehmen sind auch die großen Planungsbüros erfolgreich in der ganzen Welt unterwegs, speziell im Infrastrukturbau."

    Tipps für den Markteinstieg
    • Gehobener Neubau und energetische Sanierungen bieten Potenzial für Zulieferungen und Lösungen aus Deutschland
    • Deutsches Bauhandwerk hat vor allem Chancen im Hotel- und Ladenbau sowie bei hochwertigen privaten Ferienimmobilien
    • Das Potenzial von 177.000 Deutschen in Spanien sollte vor allem auf den Balearen, an der Costa del Sol und teils Costa Blanca sowie in Madrid und Barcelona nicht unterschätzt werden
    • Für das Bauhandwerk ist die Vernetzung mit anderen Gewerken als Systemanbieter Trumpf, ebenso die Kooperation mit örtlichen Planungsbüros
    • Für deutsche Planungsbüros ebnet die Spezialisierung den Weg zum Erfolg, da das Massengeschäft durch lokale Planer abgedeckt wird
    • Baumaterialien für energetische Sanierungen haben gute Aussichten, insbesondere bei einer Vermarktung durch erfahrene Vertriebspartner
    Quelle: AHK Spanien 2024

    Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Bei Entsendungen aus Deutschland müssen Unternehmen Meldeerfordernisse beachten. Darum hat die GTAI eine Checkliste für Entsendungen nach Spanien zusammengestellt.

    Von Oliver Idem | Bonn

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    AHK Spanien 

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Portal 21 

    Informationsangebot zu Dienstleistungen in Europa

    Ministerio de Transporte y Movilidad Sostenible (MITMA)Ministerium für Transport, Mobilität und Städtebau

    Confederación Nacional de la Construcción (CNC)

    Nationaler Dachverband für den Bausektor

    Asociación de Empresas Constructoras de Ámbito Nacional (SEOPAN)

    Verband großer Bauunternehmen
    Confederación Española de Asociaciones de Fabricantes de Productos de Construcción (CEPCO)Dachverband der Baumaterialhersteller
    Agrupacion de Fabricantes de Cemento de Espana (Oficemen)Verband der Zementhersteller
    Asociación Española de Fabricantes de Azulejos y Pavimentos Cerámicos (ASCER) Verband der Keramikfliesenhersteller
    Plataforma Tecnológica de la Construcción (PTEC)Technologieplattform für die Bauwirtschaft
    Instituto Tecnológico de la Construcción de Catalunya (ITEC)Bauinstitut (Euroconstruct)

    Asociación Española de Empresas de ingeniería , consultoría y servicios 

    tecnológicos (TECNIBERIA)

    Verband der Ingenieurunternehmen
    Colegio Superior de Colegios de Arquitectos de España (CSCAE)Spanische Architektenkammer 
    Construtec

    Fachmesse in Madrid.

    Nächster Termin: 05. bis 08.11.24

    Barcelona Building Construmat 

    Führende Baufachmesse in Barcelona.

    Nächster Termin: 20. bis 22.05.25

    Alimarket Construcción Fachzeitschrift, erscheint alle zwei Monate
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