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Fokus auf Margen beschert Kfz-Herstellern hohe Gewinne
Aufgrund der Lieferkettenprobleme konzentrierten sich die Kfz-Produzenten in Spanien 2021 auf Premium-Fahrzeuge. Damit fuhren sie sogar ein höheres Nettoergebnis ein als 2019.
22.07.2022
Von Oliver Idem | Madrid
Der Fokus spanischer Automobilhersteller auf Premiummarken und -modelle sorgte für eine äußerst positive Gewinnentwicklung. Der Umsatz stieg zwar nur um 1 Prozent auf 60,9 Milliarden Euro. Die Unternehmen fuhren jedoch rund eine Milliarde Euro Gewinn ein und konnten diesen gegenüber dem schwachen Vorjahr verfünffachen.
Kategorie | 2020 | 2021 | Veränderung 2021/20 |
Kfz insgesamt | 2.268.185 | 2.098.133 | -7,5 |
Pkw | 1.800.664 | 1.662.174 | -7,7 |
leichte Nutzfahrzeuge | 430.616 | 383.736 | -10,9 |
schwere Nutzfahrzeuge | 36.905 | 52.223 | 41,5 |
Die Gesamtzahl der produzierten Kfz ging allerdings laut dem Verbandsbericht Informe ANFAC 2021 um 7,5 Prozent zurück. Hier machten sich der Mangel an Halbleitern und internationale Logistikprobleme deutlich bemerkbar. In vielen der 18 Fabriken wurden Produktionsschichten gestrichen.
Aus dem trüben Gesamtbild der Fertigung ragen jedoch zwei positive Ausnahmen heraus. So wurden 2021 circa 195.000 Elektrofahrzeuge gebaut. Dieses Segment verzeichnet bereits seit mehreren Jahren einen starken Aufwärtstrend. Gemessen an der Produktionsmenge von 2019 rollten zwei Jahre später schon elfmal so viele Elektro-Kfz von den Bändern.
Mit einer mengenmäßigen Zunahme um 42 Prozent fiel die Bilanz auch bei schweren Nutzfahrzeugen sehr positiv aus. Da dieses Segment jedoch mit Abstand das kleinste ist, konnte der Zuwachs die Gesamtzahlen nicht nach oben hieven.
Inländische Neuzulassungen traten 2021 fast auf der Stelle
Der inländische Kfz-Markt verzeichnete 2021 einen leichten Zuwachs nach einem sehr schwachen Vorjahresergebnis. Es wurden mehr schwere Nutzfahrzeuge und Pkw verkauft. Eine geringere Nachfrage nach leichten Nutzfahrzeugen sorgte jedoch dafür, dass in der Summe nur 3.300 neue Kfz mehr verkauft wurden als 2020.
In der regionalen Betrachtung fällt die starke Konzentration der Neuzulassungen in der Hauptstadtregion Madrid auf. Als eine von 17 Autonomen Gemeinschaften repräsentierte die Region Madrid ganze 42 Prozent der Neuzulassungen des Jahres 2021.
Kategorie | 2020 | 2021 | Veränderung 2021/20 |
Kfz gesamt | 1.030.746 | 1.034.063 | 0,3 |
Pkw | 851.210 | 859.476 | 1,0 |
leichte Nutzfahrzeuge | 158.120 | 151.823 | -4,0 |
schwere Nutzfahrzeuge | 21.416 | 22.764 | 6,3 |
Nach der russischen Invasion in die Ukraine im Februar 2022 traten Lieferengpässe auf und die Inflationrate schnellte in Spanien bis in den zweistelligen Bereich hoch. Viele potenzielle Kunden sind zurückhaltend bei größeren Investitionen. Während die Verkäufe neuer Fahrzeuge gedämpft blieben, wies der spanische Markt eine hohe Nachfrage nach älteren Gebrauchtfahrzeugen auf.
Wenn das Interesse an Gebrauchtwagen anhält, dürfte sich das Angebot bald verknappen. Durch weniger Nachschub an Neufahrzeugen ist auch mit steigenden Preisen auf dem Gebrauchtmarkt zu rechnen.
Die Neuzulassungen für Mietwagenflotten und durch Unternehmen sind noch deutlich vom Vorkrisenniveau entfernt. Privatkunden halten sich ebenfalls mit Käufen neuer Fahrzeuge zurück.
Gefragt waren indes bereits 2021 Fahrzeuge mit alternativen Antrieben in Spanien. Das traf besonders auf Pkw zu, deren Neuzulassungen um rund 26 Prozent auf mehr als 300.000 Einheiten zulegten.
Zudem brachte das Jahr 2021 eine besondere Dynamik bei der Infrastruktur für aufladbare Elektrofahrzeuge mit sich. Die Anzahl der Lademöglichkeiten erreichte rund 13.400 Stück und damit 57 Prozent mehr als 2020.
Kfz-Exporte konnten nicht an das Vorjahresergebnis anknüpfen
Das Auslandsgeschäft war eine wesentliche Stütze für die spanische Automobilindustrie beim Neustart nach dem Corona-Lockdown. Die Bilanz des Jahres 2021 fällt etwas schwächer aus. Die Kfz-Ausfuhren sanken um 6,7 Prozent. Die überragende Bedeutung des Exportgeschäfts unterstreicht, dass 87 Prozent der Jahresproduktion an ausländische Abnehmer geliefert wurde.
Kategorie | 2020 | 2021 | Veränderung 2021/20 |
Kfz insgesamt | 1.951.448 | 1.820.727 | -6,7 |
Pkw | 1.588.889 | 1.455.634 | -8,4 |
leichte Nutzfahrzeuge | 335.280 | 320.053 | -4,5 |
schwere Nutzfahrzeuge | 27.279 | 45.040 | 65,1 |
Andere EU-Staaten sind traditionell die wichtigsten Märkte für in Spanien gebaute Fahrzeuge. Das war auch 2021 nicht anders. Mit Abstand bildeten Frankreich und Deutschland die größten Exportziele. Besonders relevant waren auch das Vereinigte Königreich und Italien.
Inwieweit sich die Kfz-Ausfuhren 2022 erholen können, scheint ungewiss. Die Probleme auf der Angebotsseite sind in weiten Teilen immer noch vorhanden. Der Krieg in der Ukraine und die Inflation erschweren Prognosen über die Wirtschaftsentwicklung in den wichtigsten Zielmärkten. Entsprechend bleibt auch die Entwicklung der Fahrzeugnachfrage nur schwer einschätzbar. Für das 1. Halbjahr 2022 errechnete der europäische Dachverband ACEA eine um 14 Prozent gesunkene Pkw-Nachfrage.
Günstige Rahmenbedingungen für die Transformation der Mobilität
Spanien verfügt über wesentliche Komponenten, um auf der Landkarte der Elektromobilität einen wichtigen Platz einzunehmen. Das Land besitzt Lithiumvorkommen und es wurde bislang der Bau von drei Fabriken für Fahrzeugbatterien angekündigt.
Mit Hilfe von EU-Fördergeldern erhält die Transformation und Versorgung der Automobilindustrie Impulse in Milliardenhöhe. Der Hauptbestandteil ist das Strategieprojekt Elektromobilität und vernetzte Fahrzeuge. Ein weiteres Projekt dient der Lokalisierung der Halbleiterproduktion.
Hinzu kommt der in der Umsetzung befindliche Plan Moves III. Dieser enthält Kaufzuschüsse für Elektrofahrzeuge und fördert den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Damit soll auch die Erneuerung des Kfz-Fuhrparks in Spanien vorangetrieben werden, der im Durchschnitt 13,5 Jahre alt ist.
Spanien bleibt die Nummer zwei in der EU beim Kfz-Ausstoß
Mit knapp 2,1 Millionen Kfz blieb Spanien 2021 hinter Deutschland der zweitwichtigste Produktionsstandort in der Europäischen Union (EU). Bei der Betrachtung aller Herstellungsländer reichte es für den neunten Platz in der Welt.
Fahrzeuge rollen in 18 spanischen Werken von den Bändern. Sie verteilen sich auf 17 ANFAC-Mitglieder und den Bushersteller Irizar im Baskenland. Von den in Spanien gefertigten Modellen werden 26 exklusiv nur hier gebaut.
Das Portfolio an Elektrofahrzeugen wird außerdem größer. Mittlerweile entstehen 21 Fahrzeugmodelle mit Elektroantrieb in spanischen Fabriken.