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Förderung im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität
Der Fokus des spanischen Aufbauplans liegt auf innovativer Mobilität, baulichen Modernisierungen und mehr Digitalisierung. Bei der Umsetzung ist der Zeitplan schwer einzuhalten.
20.10.2023
Von Oliver Idem | Madrid
Spaniens nationaler Aufbau- und Resilienzplan setzt im Einklang mit den europäischen Zielen auf einen klimafreundlichen Umbau und die weitere Digitalisierung des Landes. Zu derzeit zwölf Förderschwerpunkten hat die Regierung Maßnahmen in Strategieprojekten gebündelt.
Der Aufbau- und Resilienzplan, der im Juni 2021 von der Europäischen Union (EU) genehmigt worden ist, erfordert aufgrund eines kurzen Planungshorizonts und aufwendiger Vorbereitungen sowohl Schnelligkeit als auch Gründlichkeit seitens der Bewerber. Die Abstimmung mit den Autonomen Gemeinschaften des Landes kostet Zeit und führt zu einer höheren Komplexität.
Spanien erhält die mit Abstand höchsten Zuschüsse in der EU
Spanien erhält mit 77,2 Milliarden Euro Direktzuschüssen so viele Mittel wie kein anderes Land der EU. Eine Neuberechnung im Juni 2022 ergab eine um 11 Prozent höhere Fördersumme als zuvor. Grundlage für die Neukalkulation war die jüngste Wirtschaftsentwicklung in Spanien. Die zusätzlichen 7,7 Milliarden Euro aus der Neuberechnung sollen vor allem in die Strategiepläne von PERTE, dem Projekt für wirtschaftlichen Aufschwung und Transformation fließen.
Mittlerweile zeichnet sich ab, dass die spanische Regierung auch den Kreditanteil aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzen wird. Das Land kann bis zu 84 Milliarden Euro dieser Kredite erhalten. Die gesamten Zahlungen aus der Fazilität werden somit maximal 164 Milliarden Euro erreichen. Dieses Gesamtpaket entspräche 12,2 Prozent der spanischen Wirtschaftsleistung des Jahres 2022.
Der Zeitplan für das Jahr 2023 sieht Ausschreibungen und Zuweisungen im Gesamtwert von 28,6 Milliarden Euro vor.
Stand der Umsetzung ist nicht leicht nachzuvollziehen
Die spanische Zentralregierung veröffentlicht punktuell Informationen zur Umsetzung ihrer Förderpläne. Die aktuellste Zusammenstellung datiert von Februar 2023. Eine Präsentation enthält aggregierte Angaben, während eine Publikation mit 150 Seiten mehr Einzelheiten bietet. Zumeist gibt die Regierung an, welchen Wert die Ausschreibungen in einem bestimmten Zeitraum hatten. An wen die Gelder ausbezahlt wurden, taucht jedoch nur punktuell in den Informationen auf. Erschwerend kommt hinzu, dass beteiligte staatliche Stellen ihre Daten zu unterschiedlichen Zeiten aktualisieren und veröffentlichen.
Kleinteilige Informationen wie aktuelle Ausschreibungen und Beschlüsse von Staat und Regionen werden in wöchentlichen Newslettern veröffentlicht. Somit lassen sich einzelne Punkte aus dem Aufbauplan besser nachvollziehen als der aktuelle Gesamtstand.
Die Regierung zeigt Zuversicht und Zufriedenheit hinsichtlich der Umsetzung des Plans. Zudem gibt die EU vereinbarte Gelder frei, was für eine ausreichende Transparenz und Planung in Spanien spricht. Hingegen kommen aus der Wirtschaft teils kritische Stimmen. Beispielsweise errechnete der Arbeitgeberverband CEOE im September 2023, dass die Strategiepläne PERTE ein bisheriges Gesamtbudget von 42,5 Milliarden Euro besäßen. Die Ausschreibungen hätten jedoch lediglich 10,8 Milliarden Euro betragen.
Aus der Sicht des Arbeitgeberverbandes haben Unternehmen und Selbstständige Schwierigkeiten, die Anforderungen für erfolgreiche Bewerbungen um Fördergelder zu erfüllen. Hauptprobleme sind demnach der Zugang zu den Ausschreibungen und kurze Fristen für die Einreichung von Unterlagen. Das könnte auch ein Grund dafür sein, dass bislang laut CEOE nur 45 Prozent der ausbezahlten Gelder an Privatunternehmen gingen.
Spanien soll nachhaltiger, moderner und digitaler werden
Die inhaltlichen Schwerpunkte des spanischen Aufbauplans beziehen sich auf die Gestaltung eines neuen Mobilitätssystems, das stark auf Elektromobilität basiert. Hierzu zählt auch der weitere Ausbau erneuerbarer Energien, die unter anderem zur Versorgung der Fahrzeuge dienen sollen.
Bei kleineren und mittleren Unternehmen sowie in der Verwaltung sind mehr digitale Elemente vorgesehen. Auch im Tourismus sollen moderne Anwendungen genutzt werden. Flankiert werden die Pläne von der Erweiterung digitaler Kompetenzen und dem breitflächigen Ausbau des 5G-Mobilfunks als technischer Basis.
Die Stärkung von Forschung und Innovationen zieht sich durch viele Sparten. Spanien verzeichnete vor der Coronakrise im europäischen Vergleich unterdurchschnittliche Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Zudem verfügen etwa 95 Prozent der Unternehmen über maximal 9 Beschäftigte. Das Wachstums-, Produktivitätssteigerungs- und Innovationspotenzial ist bei ihnen häufig begrenzt.
Investitionsschwerpunkt | Investitionssumme (in Milliarden Euro) |
---|---|
Modernisierung von Industrie, kleinen und mittleren Unternehmen und Tourismus | 16,1 |
Agenda für Stadt, Land und Landwirtschaft | 14,4 |
Infrastruktur und resiliente Ökosysteme | 10,4 |
Bildung und Wissen | 7,3 |
Energiewende | 6,4 |
Wissenschaft, Forschung, staatliches Gesundheitswesen | 5,0 |
Neue Pflegewirtschaft und Arbeitsmarktpolitik | 4,9 |
Modernisierung der staatlichen Verwaltung | 4,2 |
Impulse für Kulturindustrie und Sport | 0,8 |
Viele Projekte erfordern innovative Lösungen
Absehbar ist bereits, dass die neue Aufstellung von Wirtschaft und Verwaltung für eine zusätzliche Nachfrage nach innovativen technischen Lösungen sorgen wird. Der Investitionsschwerpunkt Modernisierung und Digitalisierung von Industrie und kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) verspricht einen erhöhten Ausrüstungsbedarf.
Etliche Vorhaben sind in Bereichen geplant, in denen KMU aus Deutschland über besondere Stärken verfügen. Dazu zählt der Ausbau der Elektromobilität ebenso wie die Sanierung von Wohngebäuden und städtischen Gebieten. Besonders interessant dürfte der große Komplex aus erneuerbaren Energien und Speichertechnologien, intelligenter Strominfrastruktur und grünem Wasserstoff sein.
Die Digitalisierung von Landwirtschaft und Fischerei könnte ebenfalls Chancen eröffnen. Anknüpfungspunkte bietet auch der Schutz von Wasserressourcen. Spanien zählt zu den besonders stark von Wasserknappheit betroffenen Ländern in Europa.
Zur Erneuerung und dem Ausbau des staatlichen Gesundheitswesens sind unter anderem Investitionen in Medizintechnik erforderlich. Zudem sollen vermehrt digitale Lösungen eingesetzt werden, um die Effizienz zu steigern.
Im Zusammenhang mit der Digitalisierung liegen auch Akzente auf der künstlichen Intelligenz und Cybersicherheit. Sowohl in der Verwaltung als auch in Schulen und der Berufsausbildung sollen mehr digitale Elemente Einzug halten.