Wirtschaftsumfeld | Spanien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Löhne und Gehälter
Für 2024 sind Gehaltssteigerungen im mittleren einstelligen Bereich zu erwarten. Die Produktivität legt in Spanien langsamer zu als im Durchschnitt der Eurozone.
12.09.2024
Von Oliver Idem | Madrid
Bei den Gehältern in Spanien zeigt die Tendenz 2024 weiter nach oben. Die Personalberatung Hays hat auf der Grundlage von 6.400 Beispielen aus fünf spanischen Großstädten die zu erwartende Gehaltsentwicklung für unterschiedliche Tätigkeiten ermittelt. Besonders hohe Zuwächse stehen demnach im Kundendienst mit plus 8 Prozent und in der Digitalwirtschaft mit plus 5 Prozent an. Mit jeweils 4 Prozent folgen das Ingenieurwesen und unterstützende Bürodienstleistungen.
Während die Gehälter in keiner Branche rückläufig sind, bilden drei Wirtschaftszweige mit einem Nullwachstum die Schlusslichter. Dabei handelt es sich um Banken, den Bereich erneuerbare Energien und den Einzelhandel. Im Vorjahr stiegen die Gehälter in zwei Dritteln der untersuchten Unternehmen. In 26 Prozent von ihnen betrug die Zunahme 2,5 bis 5 Prozent. Weitere 24 Prozent hoben die Löhne 2023 um mindestens fünf Prozent an.
Gehälter noch nicht wieder auf Vor-Corona-Niveau
Dennoch gehört Spanien OECD-Berechnungen zufolge zu den Ländern, in denen die Kaufkraft der Arbeitnehmer noch nicht wieder das Niveau des 4. Quartals 2019 erreicht hat. Den OECD-Daten zufolge lagen die spanischen Gehälter im Mittel im 1. Quartal 2024 noch 2,5 Prozent unter dem Stand von vor viereinhalb Jahren.
Auch die Arbeitsproduktivität konnte nicht mit der anderer Länder Schritt halten. Berechnungen der Konjunkturforschungsabteilung der Bank BBVA zufolge verzeichnete Spanien von 1995 bis 2023 einen Zuwachs der Produktivität von 11,6 Prozent. Berechnungsgrundlage war der Wert in Euro zu konstanten Preisen.
Im Betrachtungszeitraum konnten die Länder der Eurozone jedoch eine durchschnittliche Zunahme um 19,4 Prozent verzeichnen. Die Forscher machen dafür maßgeblich strukturelle Gründe verantwortlich. Sektoren wie der Transport und die Hotellerie sind in Spanien volkswirtschaftlich bedeutsam, tragen aber weniger zum Produktivitätswachstum bei als etwa die Industrie.
Im Gastgewerbe und der Landwirtschaft ist der Mindestlohn verbreitet
Der Trend beim Mindestlohn zeigte in den vergangenen Jahren deutlich nach oben. Unter anderem als Ausgleich für Kaufkraftverluste aufgrund der Inflation erfolgten Anhebungen im oberen einstelligen Bereich. Kritikpunkte am landesweit einheitlichen Mindestlohn sind, dass er in Großstädten kaum zum Leben reicht und in ärmeren Provinzen nur einen geringen Abstand zu den regulären Gehältern hat. Der Mindestlohn wird vor allem in der Hotellerie, Gastronomie und Landwirtschaft gezahlt. Dort wird überproportional lange gearbeitet und bei der Bezahlung bilden diese Zweige das Schlusslicht.
Trotz aller Gegenmaßnahmen der mächtigen Steuerbehörde spielt auch die Schattenwirtschaft weiterhin eine gewichtige Rolle in Spanien. Ihr Umfang soll etwa 23 bis 25 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes entsprechen.
Unterschiede der Gehälter nach Regionen nehmen zu
Dem Statistikamt INE zufolge verzeichneten die wirtschaftlich und technologisch führenden Autonomen Gemeinschaften Madrid, Baskenland und Katalonien 2023 die höchsten Bruttoeinkommen. Obwohl die Gehälter insgesamt steigen, nehmen die Unterschiede zwischen den Spitzenreitern und den Regionen mit den niedrigsten Gehältern zu.
Gebiet | 2023 | 2022 | Veränderung 2023/22 2) |
---|---|---|---|
Landesdurchschnitt Spanien | 2.213,0 | 2.112,7 | 4,7 |
Hauptstadt (Madrid) | 2.670,0 | 2.529,0 | 5,6 |
Hochlohnregion (Madrid, Baskenland) | 2.590,0 | 2.474,9 | 4,6 |
Niedriglohnregion (Kanaren, Extremadura) | 1.778,1 | 1.729,9 | 2,8 |
Für diese Unterschiede sind zumeist strukturelle Gründe verantwortlich: Während etwa in Madrid und dem Baskenland viele Jobs in hochbezahlten Sektoren vorhanden sind, verzeichnen andere Standorte einen höheren Anteil von Landwirtschafts- und Tourismusjobs. Diese ziehen den lokalen Durchschnittswert nach unten.
Deutsche Unternehmen bevorzugen die wirtschaftlichen Hotspots
Deutsche Unternehmen in Spanien stammen zumeist aus der Industrie oder dem Dienstleistungssektor und ihre Zentralen befinden sich schwerpunktmäßig in den wirtschaftlich starken Regionen. Die Lohnkosten sind dort zwar höher als in anderen Teilen Spaniens, jedoch spielen auch die Infrastruktur, Beschaffung, lokale Vernetzung, das örtliche Fachkräfteangebot und Exportwege eine Rolle.
Die Option des Homeoffice verbessert die Möglichkeiten, auch weiter entfernt lebende Fachkräfte in die Belegschaft einzugliedern. Der Boom des mobilen Arbeitens aus der Coronazeit wurde bei vielen Unternehmen durch hybride Arbeitsformen abgelöst. Manche Arbeitgeber setzen auch wieder stärker auf Präsenz. Dies ist auch ablesbar an der besseren Auslastung vor allem hochwertiger Büroimmobilien und an steigenden Investitionen in diesem Segment.
Versorgungsunternehmen und Finanzbranche zahlen die höchsten Gehälter
Strom- und Gasversorger zahlen im Durchschnitt die höchsten Gehälter in Spanien und liegen damit noch vor Banken und Versicherungen. Das Gastgewerbe bildet das Schlusslicht. Für Verwaltungstätigkeiten werden ebenfalls verhältnismäßig niedrige Gehälter gezahlt.
Branche | Monatslohn 1) | Veränderung 2023/22 2) |
---|---|---|
Durchschnittslohn | 2.212,9 | 4,7 |
Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei 3) | 1.563,3 | -8,0 |
Verarbeitendes Gewerbe | 2.497,6 | 5,2 |
Strom-, Gas-, Wärme- und Kälteversorgung | 5.256,4 | 0,0 |
Wasserversorgung, Abfallwirtschaft | 2.340,3 | 1,8 |
Baugewerbe | 2.103,5 | 3,4 |
Groß- und Einzelhandel, Reparatur von Kfz | 1.961,9 | 6,4 |
Transport und Lagerhaltung | 2.216,7 | 5,9 |
Gastgewerbe, Beherbergung und Gastronomie | 1.334,6 | 5,5 |
Informations- und Kommunikationsleistungen | 3.346,1 | 5,8 |
Finanz- und Versicherungswesen | 4.257,7 | 1,3 |
Gemessen am Durchschnittseinkommen beziehen Führungskräfte genau das doppelte Gehalt. Hilfskräfte kommen auf rund die Hälfte des mittleren Gehalts in Spanien.
Position | Monatslohn | Veränderung 2022/2021 |
---|---|---|
Durchschnittslohn | 2.708,8 | 4,5 |
Führungskraft | 5.441,4 | 0,1 |
Personal mit akademischer Ausbildung | 3.991,6 | 2,7 |
Techniker:in | 2.950,0 | 3,3 |
Unterstützende Bürokraft | 2.548,1 | 3,5 |
Dienstleistungs- und Verkaufskraft | 1.779,7 | 6,8 |
Fachkraft in der Land-, Forst- und Fischwirtschaft | 1.822,6 | 8,9 |
Handwerker:in | 2.381,8 | 7,6 |
Anlagen- und Maschinenbediener:in, Montagekraft | 2.445,1 | 6,5 |
Hilfskraft | 1.490,0 | 4,5 |
Weitere Lohnbestandteile
Bei Führungskräften bestimmen variable Bestandteile immer mehr das Monats- beziehungsweise Jahresendeinkommen. Der Firmenwagen ist im Vertrieb oder im Servicebereich selbstverständlich. Er ist zum Teil auch bei den mittleren Unternehmenshierarchien üblich, ebenso wie Geschäftshandy oder Laptop. Sehr geschätzt wird eine Krankenzusatzversicherung, die die Behandlung als Privatpatient erlaubt.
Zusatzleistungen wie Fahrkarten für den Nahverkehr, Betriebsrenten, kostenlose Betriebsaktien, Essenszuschüsse, Sozialleistungen sind üblich, unterliegen aber durch das Königliche Gesetzesdekret RDL 16/2013 der Sozialversicherungspflicht.
Sozialversicherung
In Spanien existiert für alle Beitragsarten eine einzige staatliche Versicherung, die Seguridad Social. Die monatliche Beitragsbemessungsgrenze beträgt 4.720,50 Euro. Die Abgaben summieren sich auf rund 39 Prozent des Bruttolohns. Davon entfallen 6,35 Prozent auf den Arbeitnehmer und der Rest auf den Arbeitgeber.
Versicherungskomponente | Arbeitgeberanteil | Arbeitnehmeranteil | Summe |
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Insgesamt in Prozent des Bruttogehalts, davon: | circa 33,00 | 6,35 | circa 39,35 |
Renten- und Krankenversicherung | 23,60 | 4,70 | 28,30 |
Arbeitslosenversicherung | 5,50 | 1,55 | 7,05 |
Berufsbildungsabgabe | 0,60 | 0,10 | 0,70 |
Lohngarantiefonds | 0,20 | 0,00 | 0,20 |
Arbeitsunfallversicherung* | circa 3,10 | 0,00 | circa 3,10 |