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Südafrika etabliert sich als Hub für Outsourcing

Attraktive Standortvorteile animieren immer mehr Firmen, IT-Dienste und Geschäftsprozesse nach Südafrika auszulagern. Staatliche Anreize sollen das Wachstum weiter ankurbeln. 

Von Jenny Tala | Johannesburg

Ob Kundendienst, IT-Support oder Softwareentwicklung: Immer mehr internationale Unternehmen verlagern IT-Dienstleistungen und Geschäftsprozesse nach Südafrika. Das Marktforschungsinstitut Statista erwartet, dass der jährliche Umsatz im IT-Bereich in den nächsten Jahren um durchschnittlich 8,1 Prozent steigen und bis 2029 ein Marktvolumen von 3,3 Milliarden US-Dollar (US$) erreichen wird. Der Markt für Business Process Outsourcing (BPO) soll im gleichen Zeitraum um durchschnittlich 3,6 Prozent pro Jahr wachsen, was einem Marktumsatz von 2,3 Milliarden US$ im Jahr 2029 entsprechen würde. Der Sektor entwickelt sich damit deutlich stärker als die Gesamtwirtschaft Südafrikas, die bis 2028 um durchschnittlich 2,7 Prozent jährlich wachsen soll. 

Eine Umfrage von Ryan Strategic Advisory unter 712 Unternehmen aus Nordamerika, Westeuropa, Japan und Australien ergab, dass Südafrika 2023 der zweitbeliebteste Standort für Offshore-Kundenmanagement war – nach Indien und vor den Philippinen, Polen, Malaysia und Ägypten. Besonders beliebt ist Südafrika bei Unternehmen aus den USA, aber auch aus Australien, dem Vereinigten Königreich und Deutschland.

Südafrika lockt mit Standortvorteilen

Der Boom hat gute Gründe: Südafrika hat eine solide technologische Infrastruktur und verfügt über eine große Zahl gut ausgebildeter, englischsprachiger Fachkräfte. "Gleichzeitig sind die Betriebs- und Arbeitskosten gegenüber Standorten in Europa oder Nordamerika niedriger", sagt Volker Werth, Rechtsanwalt und Geschäftsführer der InterGest South Africa, die Unternehmen bei der Ansiedlung in Südafrika unterstützt. "Im Wettbewerb mit anderen beliebten Outsourcing-Standorten wie Indien oder den Philippinen sprechen zudem die kulturelle Nähe zu westlichen Ländern und die Zeitverschiebung für Südafrika: Es gibt je nach Standort keine beziehungsweise nur eine geringe Zeitverschiebung, was die Zusammenarbeit und Kommunikation erheblich vereinfacht." Umfragen zufolge schätzen Kunden zudem die ausgeprägte Serviceorientierung der Südafrikaner.

"Qualifizierte, englischsprachige Fachkräfte, niedrige Betriebskosten und keine Zeitverschiebung machen Outsourcing nach Südafrika attraktiv."

Regierungsprogramme und Sonderwirtschaftszonen schaffen Anreize

Laut dem GBS Sector Job Creation Report des Branchenverbandes BPESA hat der BPO-Sektor seit 2015 mehr als 112.00 Arbeitsplätze geschaffen und Exporteinnahmen in Höhe von 1,8 Milliarden US$ erzielt. Südafrikas Regierung hat das Potenzial erkannt und hofft, künftig noch mehr ausländische Investitionen anzuziehen. Über Programme wie das Global Business Services (GBS) Incentive, das 2019 vom Ministerium für Industrie und Wettbewerb (DTIC) eingeführt wurde, erhalten Investoren finanzielle Anreize, die auf der Anzahl der von ihnen beschäftigten Südafrikaner basieren. 

Unternehmen können zudem von den Vorteilen der verschiedenen Sonderwirtschaftszonen (SEZ) in Südafrika profitieren. Einige dieser Zonen sind auf BPO ausgerichtet, beispielsweise die SEZ Coega (Provinz Eastern Cape) und die SEZ Maluti-A-Phofung (Provinz Free State).

Maßgeschneiderte Lösungen sind gefragt

Die wichtigsten Branchen, die 2023 von Südafrika aus bedient wurden, sind laut BPESA Energie- und Versorgungsunternehmen (31,6 Prozent), Versicherungen (24,7), Einzelhandel und E-Commerce (15,5) sowie die Telekommunikationsbranche (10,6). Das Marktforschungsinstitut Statista prognostiziert, dass vor allem die Segmente Webhosting und Cloud Computing an Bedeutung gewinnen werden. Ein weiterer Trend ist laut Statista die wachsende Zahl kleiner, spezialisierter Anbieter, die Nischen bedienen und so auf die steigende Kundennachfrage nach maßgeschneiderten Lösungen reagieren. Volker Werth von InterGest beobachtet, dass Kunden zunehmend Softwareentwicklung und Digitalmarketing nach Südafrika auslagern. 

Kapstadt ist das Zentrum

Neben der Wirtschaftsmetropole Johannesburg haben sich Durban und insbesondere Kapstadt als wichtigste Standorte für BPO und IT-Outsourcing etabliert. Über verschiedene Verbände ist die Branche gut organisiert und vernetzt. Mit CapeBPO verfügt Kapstadt über einen eigenen Branchenverband, der sich auch als One-Stop-Shop für Investoren versteht. Erklärtes Ziel des liberalen Bürgermeisters Geordin Hill-Lewis ist es, Kapstadt zur "wirtschaftsfreundlichsten Stadt Afrikas" zu machen. 

Auch das deutsche Softwareunternehmen Accso, das neben vier Standorten in Deutschland seit 2022 auch eine Niederlassung in Südafrika betreibt, hat sich für Kapstadt als Hauptsitz entschieden. Eine strategische Entscheidung, meint Geschäftsführer Adam Wayland: "In Kapstadt gibt es über 450 Tech-Unternehmen – ein perfektes Umfeld, um sich zu vernetzen und gute Fachkräfte zu gewinnen." Während Accso von Südafrika aus zunächst nur deutsche Kunden betreute, wird heute die gesamte internationale Expansion außerhalb der DACH-Region vom Kap aus gesteuert. Und obwohl die Kundenakquise in Südafrika laut Adam Wayland "ein hartes Geschäft" ist, gewinnt auch der lokale Markt an Bedeutung.

Gehälter für Fachkräfte steigen

Mit dem Markteintritt von Amazon im Mai 2024 hat sich ein weiterer Tech-Gigant am Kap angesiedelt. Doch das dynamische Umfeld hat seinen Preis: "Die Gehälter für Softwareingenieure mit mehrjähriger Berufserfahrung sind zuletzt stark gestiegen", sagt Accso-Chef Wayland. Mittlerweile seien sie oft höher als in Osteuropa. Das könnte mittelfristig zu einem Problem für den Standort Südafrika werden. Günstiger sei es daher, mehr Personal im mittleren Qualifikations- und Gehaltsbereich einzustellen, etwa für den IT-Support oder in der Produktentwicklung. 

Eine ganze Reihe multinationaler Unternehmen tummeln sich bereits auf dem südafrikanischen Markt – die meisten kommen aus den USA oder dem Vereinigten Königreich. Aber auch deutsche Unternehmen sind zunehmend vertreten: So betreibt die Lufthansa ein Callcenter mit knapp 700 Mitarbeitenden und ist damit einer der größten Arbeitgeber Kapstadts.

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