Taiwans Maschinenbaubranche wird 2025 wegen einer schwachen Weltkonjunktur nur leicht wachsen. Deutsche Lieferungen erhalten kaum neue Impulse.
Jedes Jahr veröffentlichen Taiwans Maschinenbauverband TAMI und das Industrial Technology Research Institute (ITRI) ein “White Paper on Taiwan Machinery Industry Development”. In der Ausgabe für 2024 werden drei Ziele für die Branche genannt, die im Jahr 2035 erreicht werden sollen: ein Produktionswert von 3 Billionen Neue Taiwan Dollar (NT$; gegenwärtig umgerechnet circa 91 Milliarden US-Dollar; US$), eine Wertschöpfungsrate von mehr als 35 Prozent und ein Erzeugungswert pro Kopf von 6 Millionen NT$ (circa 182.000 US$).
Vergleichsdaten für 2024 werden im White Paper nicht genannt. Aus Pressemeldungen und vorhergehenden Veröffentlichungen lässt sich jedoch herausfinden, dass der Produktionswert in dem Jahr bei etwa 1,2 Billionen NT$ gelegen hat. Die Wertschöpfungsrate erreichte laut 2022er White Paper circa 26 Prozent. Der Erzeugungswert pro Kopf, im White Paper 2020 letztmalig erwähnt, wurde mit 4 Millionen NT$ errechnet.
Um die ambitionierten Ziele 2035 zu erreichen, spielen Forschung und Entwicklung für die Maschinenbaubranche eine wichtige Rolle. Von staatlicher Seite erhalten Unternehmen für solche Aktivitäten Zuschüsse und Steuererleichterungen ebenso wie für die Investition in neue Anlagen. Die Anlageinvestitionen in Taiwan sollen 2025 stark steigen.
Elektronik- und Halbleiterbranche treibt die Maschinennachfrage an
Das erwartete Wachstum des Maschinenbaus wird im Jahr 2025, wie auch schon 2024, fast ausschließlich durch das Segment der Elektronik- und Halbleiterausrüstung generiert. Aufgrund umfangreicher Investitionen, die Hersteller von Elektronik und Halbleiterchips in Taiwan wie auch in anderen Standorten planen, ist 2025 und darüber hinaus eine hohe Nachfrage nach entsprechender Ausrüstung zu erwarten. Deutsche Branchenanbieter liefern in diesem Segment mehr Herstellungsausrüstung nach Taiwan als in anderen Maschinenbausegmenten.
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Wachstum wird 2025 bei Anlageinvestitionen erwartet.
Ohne Elektronik- und Halbleiterausrüstung sieht die Situation des taiwanischen Maschinenbaus gegenwärtig wenig dynamisch aus. Jedoch erwarten Teilverbände des Maschinenbaus 2025 Anzeichen einer Verbesserung. Nach einem Rückgang der Werkzeugmaschinenerzeugung im Jahr 2024 soll gemäß Prognose der Taiwan Association of Machinery Industry (TAMI) die Produktion von Maschinen, Teilen und Anlagen leicht wachsen. Die Taiwan Machine Tool and Components Association erwartet ein Wachstum der Exporte zwischen 5 und 10 Prozent.
KI soll neue Impulse bringen
Als Dynamo für den Maschinenbau setzen die Branchenfirmen in Taiwan vor allem auf die Integration von Informations- und Kommunikationstechnologie wie auch künstliche Intelligenz (KI), um die Automatisierung und Effizienz voranzutreiben. Künstliche Intelligenz und Robotik waren auf der alle zwei Jahre stattfindenden Branchenmesse TIMTOS im Jahr 2025 die Kernthemen. Es geht darum, Herausforderungen wie die Dekarbonisierung der Produktion, einen schwindenden Arbeitskräftepool und steigende Lohnkosten zu meistern.
Damit der Maschinenbau in Taiwan auch weiterhin eine starke Basis hat, bekommt die Branche bereits seit 2016 durch das “Smart Machinery Industry Promotion Program” vom Wirtschaftsministerium Unterstützung. Mittels Automatisierung und smarter Produktionslösungen sollen sich Taiwans Branchenfirmen im internationalen Wettbewerb besser aufstellen. Davon profitieren auch deutsche Lieferanten, die mit entsprechenden Technologielösungen aufwarten können.
Investitionskosten für Digitalisierung und Dekarbonisierung stellen insbesondere für eine Vielzahl kleiner und mittelgroßer Betriebe in Taiwan eine hohe Belastung dar. Dennoch führt auch bei ihnen kein Weg an stärkerer Automatisierung vorbei, wenn sie als Auftragshersteller für Teile und Komponenten weiter eine Rolle spielen wollen.
Nachfrage aus USA besonders hoch
Exporte sind für Taiwans Maschinenbauer existenziell. Auf der Maschinenbaumesse TIMTOS zeigten sich 2025 erstmals indische Firmen als die größte Einkäufergruppe, so der Taiwan External Trade Development Council (TAITRA). Taiwans Branchenfirmen suchen nach neuen Absatzmärkten, um den ausgefallenen Absatzmarkt Russland zu ersetzen. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hat sich Taiwan den Sanktionen westlicher Länder angeschlossen, was die Maschinenlieferungen beeinträchtigt.
Die USA sind zum größten Abnehmer von Maschinen aus Taiwan geworden: Die Maschinenausfuhren dorthin, inklusive Halbleiterausrüstung, erreichten 2024 knapp 7,2 Milliarden US$. Der Exportanteil in die USA kam auf 24,6 Prozent, nach China flossen 23,4 Prozent. Zum Vergleich: Der taiwanische Exportanteil von Maschinenbauerzeugnissen nach Deutschland belief sich 2024 auf unter 1 Prozent. Wenn Halbleiterausrüstung ausgenommen wird, dann war China 2024 die größte Ausfuhrdestination, gefolgt von den USA und - mit großem Abstand - Japan.
Die Bestellungen aus südostasiatischen Ländern wuchsen 2024 am stärksten und überstiegen wertmäßig die Aufträge aus Europa. Vor allem der Export nach Indien und Vietnam nahm 2024 auffällig zu. Mit Flankierung der New Southbound Policy, die Taiwans Regierungen schon seit Jahren betreiben, dürfte der Maschinenhandel mit Ländern in Südostasien und mit Indien weiter zulegen.
Da die Wirtschaft in Europa und insbesondere in Deutschland als dem wichtigsten Abnehmer im EU-Raum nur schwach wächst, gehen Taiwans Werkzeugmaschinenexporte in die Region zurück. Die Bestellentwicklung aus dem Ausland wird 2025 auch von den USA bestimmt sein, wo die Trump-Regierung versucht, mittels Zollinstrumentarium die Reindustrialisierung in den USA voranzutreiben.
Deutschland ist wichtiger Maschinenlieferant
Nach Deutschland exportierte Taiwan laut Zollstatistik Maschinen im Wert von 205 Millionen US$. Die Importe aus Deutschland, der drittgrößte Lieferant Taiwans, fielen mit 401 Millionen US$ fast doppelt so hoch aus. Jedoch schrumpften 2024 sowohl die bilateralen Exporte als auch Importe gegenüber 2023.
Taiwans Maschinenbauimporte aus Deutschlandohne Halbleiterausrüstung (in Millionen US$; Veränderung in Prozent) | 2022 | 2023 | 2024 | Veränd. 2024/23 |
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Gesamt, darunter: | 428 | 432 | 401 | -7,2 |
Druck-, Papiermaschinen | 26 | 40 | 32 | -19,4 |
Fördertechnik | 65 | 74 | 110 | 49,1 |
Holzbearbeitungsmaschinen | 19 | 10 | 17 | 72,0 |
Kunststoffmaschinen | 45 | 56 | 27 | -52,3 |
Nahrungsmittel-, Verpackungsmaschinen | 22 | 34 | 15 | -56,2 |
Pumpen, Kompressoren | 113 | 103 | 93 | -9,7 |
Textilmaschinen | 40 | 27 | 19 | -31,8 |
Werkzeugmaschinen | 74 | 63 | 59 | -6,8 |
Quelle: Customs Statistics, Ministry of Finance 2025
Von Jürgen Maurer
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