Der Maschinenbau in Taiwan ist wieder auf einen starken Wachstumskurs eingebogen. Der Sektor bietet internationalen Firmen in vielen Bereichen gute Lieferchancen.
Die taiwanischen Maschinenbauer blicken nach einem starken Comeback im vergangenen Jahr auch 2022 optimistisch in die Zukunft. Die Prognosen für das Wachstum der Branchenproduktion rangieren zwischen 10 und 15 Prozent. Die höchsten Steigerungsraten weisen dabei die Marktsegmente Industrieroboter, Baumaschinen und metallverarbeitende Maschinen auf. Die global wieder anziehende Investitionstätigkeit nach Überwindung der Corona-Pandemie kurbelt das Wachstum weiter an. Zwischen 2023 und 2025 soll der Sektor nach Schätzungen des Fachverbandes Taiwan Association of Machinery Industry (TAMI) um weitere 30 Prozent wachsen.
Investitionsboom führt zu steigender Nachfrage
Auch der Investitionsboom in Taiwan selbst hatte sich bereits in der jüngeren Vergangenheit positiv auf den Sektor ausgewirkt. Die Anlageinvestitionen auf der Insel hatten 2020 der globalen Krise getrotzt und waren um knapp 6 Prozent und im Folgejahr sogar um 15 Prozent nach oben geschossen. Im laufenden Trend soll sich der Trend etwas abschwächen, dennoch bleiben die Perspektiven positiv.
Die Regierung hat Anfang 2022 das erfolgreiche Reshoringprogramm um drei weitere Jahre verlängert. Zwischen 2019 und 2021 hatten sich mehr als 250 Firmen für eine Produktionsverlagerung aus China zurück in den Heimatmarkt entschieden. Dies führte zu Investitionen in einer Größenordnung von fast 60 Milliarden US-Dollar (US$) und zur Schaffung von 80.000 Arbeitsplätzen auf der Insel. Für die Neuauflage rechnet die Regierung mit weiteren Investitionen in Höhe von 33 Milliarden US$.
Zusätzliche Impulse erhoffen sich die Verantwortlichen in Taipei durch die angestrebte Teilnahme am Freihandelsabkommen CPTPP, das den Zugang zu den Märkten in der Region für die Branchenunternehmen erleichtern würde. Taiwan versucht seit geraumer Zeit, seine starke Abhängigkeit vor allem von China als Exportdestination zu verringern. Sorgen bereitet auf der anderen Seite der Russland-Ukraine-Konflikt, der zu einer nachlassenden Nachfrage nach Maschinen und Unterbrechungen in den Lieferketten führt.
Als weiterer wichtiger Antriebsfaktor für den taiwanischen Maschinenbau gilt der florierende Elektronikbereich. Taiwan war 2021 der weltweit drittgrößte Markt für Halbleiterausrüstungen mit einem Volumen von 25 Milliarden US$. Nur rund 4 Milliarden US$ davon können durch heimische Produktion abgedeckt werden. Der geplante massive Ausbau der Chip-Produktion in den kommenden Jahren wird die Nachfrage nach solchen Ausrüstungen auch künftig hochhalten. Allein der Branchengigant TSMC will bis 2024 rund 100 Milliarden US$ in die Ausweitung seiner Kapazitäten investieren.
Industrie 4.0 mit großem Potenzial
Ebenso attraktiv ist das Segment "Smart Machinery“ beziehungsweise "Industrie 4.0“. Automatisierung und smarte Herstellungsprozesse werden in den kommenden Jahren ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sein, um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu erhöhen. Steigende Lohnkosten und das zunehmend geringere Arbeitskräftepotenzial in der Produktion soll somit kompensiert werden.
Das Wissenschaftsministerium Ministry of Science and Technology (MOST) wird Medieninformationen zufolge Mitte 2022 ein neues Projekt für den Bereich F&E aufsetzen. Das auf vier Jahre angelegte Programm soll den Sektor bei der Implementierung von smarten Technologien der nächsten Generation unterstützen. Darüber hinaus zielen private Unternehmerallianzen darauf ab, die Nutzung intelligenter Produktionsverfahren vor allem im Werkzeugmaschinenbau voranzutreiben. Deutsche Firmen werden als wichtige Kooperationspartner in diesem Bereich gesehen.
E-Fahrzeuge kurbeln Nachfrage nach Werkzeugmaschinen an
Die taiwanische Produktion von Werkzeugmaschinen soll 2022 gemäß der Prognosen des Fachverbandes Taiwan Machine Tool & Accessory Builders' Association (TMBA) um 20 bis 30 Produzent zulegen. Bereits im Vorjahr konnten spanende Werkzeugmaschinen ein enormes Plus von mehr als 40 Prozent vorweisen, das in Teilen aber auf Basiseffekte im Vergleich mit dem Krisenjahr 2020 zurückzuführen war. Auch die Branchenexporte konnten im vergangenen Jahr um fast 30 Prozent nach oben geschraubt werden.
Die positiven Aussichten für das laufende Jahr werden mit der global wieder anziehenden Nachfrage begründet. Ebenso wird der Bedarf an Werkzeugmaschinen durch die dynamische Entwicklung in anderen Bereichen wie Elektronik, grüne Energien und dem Gesundheitssektor angeheizt. Unternehmensvertreter erwarten auch positive Effekte durch den Aufschwung in der Produktion von elektrischen Fahrzeugen in Taiwan. Im vergangenen Jahr war erhebliche Bewegung in die Entwicklung von Elektroautos aufgekommen.
Maschinenimporte zeigen nach oben
Die taiwanischen Importe von Maschinen konnten sich 2021 nach einem leichten Rückgang im Vorjahr wieder deutlich erhöhen und stiegen um knapp 22 Prozent. Besonders stark zogen die Einfuhren von Holzbearbeitungs- und Werkzeugmaschinen sowie Pumpen und Kompressoren an. Im ersten Quartal 2021 wiesen die Branchenimporte eine leicht rückläufige Dynamik auf, zogen aber übergreifend immer noch um 7,2 Prozent an.
Deutschland war im vergangenen Jahr mit Lieferungen im Wert von 434 Millionen US$ das drittwichtigste Bezugsland mit großem Abstand nach Japan und China. Allerdings zeigten die Importe "Made in Germany“ 2021 um fast 4 Prozent nach unten. Die wertmäßig wichtigsten Segmente waren dabei Pumpen und Kompressoren mit 114 Millionen US$, gefolgt von Werkzeugmaschinen (56 Millionen US$), Fördertechnik (52 Millionen US$) und Kunststoffmaschinen (51 Millionen US$).
Die Importe von Fördertechnik aus Deutschland gingen 2022 sogar um mehr als 40 Prozent zurück, die von Berg-, Hoch- und Tiefbaumaschinen um fast 11 Prozent. Im Gegenzug stiegen die taiwanischen Branchenausfuhren nach Deutschland um fast 28 Prozent auf 247 Millionen US$ an. Unter dem Strich verbuchte Deutschland bei Maschinen dennoch einen bilateralen Handelsbilanzüberschuss in Höhe von 187 Millionen US$.
Von Alexander Hirschle
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