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KI-Politik soll Innovationspotenzial stärken
Taiwan fördert künstliche Intelligenz als Schlüsseltechnologie: Strategiepläne und ein Gesetz sollen das Ökosystem rund um Software, Fachkräfte und die Chipindustrie entwickeln.
16.12.2024
Von Jürgen Maurer | Taipei
Taiwan fördert künstliche Intelligenz (KI) als eine strategische Technologie von höchster Bedeutung. Für die Industrie rückt KI als Instrument für Innovationen wie auch für die gesellschaftliche Entwicklung in den Fokus. In der Bereitstellung von KI-Hardware sind taiwanische Unternehmen international bereits wichtige Akteure und wollen ihre Geschäftschancen auch im Softwaresegment ausbauen.
KI steckt zwar noch in den Kinderschuhen, aber Experten sind sich einig, dass in Zukunft alle Industriebranchen und Lebensbereiche damit in Berührung kommen werden. Aus diesem Grund will Taiwan der Entwicklung und Implementierung von KI-Technologien einen gesetzlichen Rahmen geben. In diesem Sinne hat der National Science and Technology Council im Juli 2024 einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgestellt: Der sogenannte "Artificial Intelligence Basic Act" soll nach intensiven Beratungen im 1. Halbjahr 2025 verabschiedet werden.
Darin sind grundlegende Prinzipien wie auch politische Prioritäten benannt. Es werden keine regulatorischen Vorgaben gemacht. So soll sich das Innovationspotenzial der KI-Technologie entfalten können. Jedoch soll das Digitalministerium eine Risikoklassifizierung für KI-Modelle einführen. Um Missbrauch zu verhindern und Vertrauen zu schaffen, sollen im Entwicklungsprozess bei Bedarf Anpassungen möglich sein.
KI-Gesetzentwurf:
- KI-Entwicklung soll Gleichgewicht zwischen sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit sicherstellen
- Respektierung der menschlichen Autonomie und Einhaltung von Grundrechten bei KI-Anwendungen
- Wahrung der Privatsphäre des Einzelnen bei Nutzung von KI-Technologien
- Aufrechterhaltung robuster Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von Daten und KI-Systemen
- Förderung der Transparenz bei KI-Anwendungen und Entscheidungsprozessen
- Gewährleistung von Fairness und Verhinderung von Diskriminierung in KI-Systemen
- Rechenschaftspflicht für Maßnahmen und Entscheidungen mit KI-Bezug
KI-Strategie seit 2018
Taiwan fördert schon länger Programme zu KI-Technologien und deren Anwendungen. Mit dem "AI Taiwan Action Plan" formulierte die Regierung 2018 die Grundlinien ihrer KI-Strategie. Das aktuelle 2023 verabschiedete Programm läuft unter der Bezeichnung "AI Action Plan 2.0 (2023-2026)". Es soll den industriellen Wandel vorantreiben, gesellschaftliche Probleme lösen helfen und die nationalen KI-Kompetenz verbessern.
Konkret zielt der laufende Aktionsplan darauf, den Umsatz mit KI-Software und Hardware um mehr als 8 Milliarden US-Dollar (US$; 250 Milliarden NT$) zu erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit der taiwanischen Wirtschaft zu stärken. Hierfür ist auch die Aus- und Weiterbildung von qualifizierten Fachkräften eine Voraussetzung.
Fachkräfte für KI und Chips sind gefragt
Im ersten "AI Action Plan (2018-2021)" stand insbesondere auch die Ausbildung von KI-Fachleuten im Fokus. Mehr als 30.000 KI-Fachkräfte gingen aus dem Programm hervor. Diese werden gebraucht, um die Forschung und Entwicklung (F&E) voranzutreiben. Unter anderem eröffneten in diesen Zeitraum Google, Microsoft und der US-Chip-Designer Synopsys in Taiwan eigene F&E-Zentren mit KI-Schwerpunkt.
Die Entwicklung eines Talentpools hat seither noch an Bedeutung gewonnen. Die Schätzung des National Development Councils geht davon aus, dass im Jahr 2028 mindestens 200.000 KI-Fachkräfte gebraucht werden. Denn neben internationalen Technologiekonzernen wie Nvidia, AMD und Amazon bauen auch die einheimischen Unternehmen ihre KI-Aktivitäten aus.
Eng damit in Zusammenhang steht das "Taiwan Chip-Based Industrial Innovation Program". Hierfür sind in den Jahren zwischen 2024 und 2033 insgesamt 9,3 Milliarden US$ (300 Milliarden NTS) vorgesehen. Diese Gelder sollen die Entwicklung der Chipindustrie (Foundry, Packaging und Testing) und generativer KI-Modelle als Schlüsselbranchen unterstützen.
Sprachmodellentwicklung hat Hochkonjunktur
Unter der Ägide des National Science and Technology Council hat Taiwan im April 2023 die Entwicklung eines eigenen großen Sprachmodells angeschoben, die Trustworthy AI Dialogue Engine (TAIDE). Dieses basiert auf dem KI-Modell von Meta und wird in Taiwan mit dem Ziel weiterentwickelt, Informationen in traditionellen chinesischen Zeichen zu verarbeiten. TAIDE ist für den öffentlichen und akademischen Einsatz konzipiert.
Für Industriebranchen und Unternehmen haben ASUS und TWS (Taiwan Web Services) ein großes Sprachmodell namens Formosa-Foundation-Model mit traditioneller chinesischer Semantik vorgestellt. TWS bietet Kunden die Nutzung des Supercomputers Taiwania 2, an dem ASUS mitgebaut hat. Supercomputing ist ein wesentlicher Bestandteil für den KI-Einsatz bei industriellen Anwendern.
Die staatliche Technologieschmiede ITRI (Industrial Technology Research Institute) hat 2024 eine "Taiwan Industrial Generative AI Development Initiative" eingeleitet, um anwendungsorientierte KI-Modelle zu entwickeln. Beispielsweise soll KI die Entwicklungszeit im Halbleiterdesign verkürzen. Ein anderes Anwendungsfeld wird in der Verbindung von KI mit der Entwicklung von neuen pharmazeutisch-medizinischen Materialien gesehen.
Start-ups im KI-Umfeld gesucht
Die Regierung plant, zwei Industrieparks mit Fokus auf KI zu etablieren. Diese sollen Start-ups bei der Hard- und Softwareentwicklung fördern. Dabei zielen diese Cluster auch darauf, Start-ups aus dem Ausland anzuziehen. Ein AI Industrial Park wird im Shalun Green Energy Science City in Südtaiwan angesiedelt sein und ist seit Mitte 2024 im Aufbau. Das Ministry of Digital Affairs hat Mitte 2024 angekündigt, für die Förderung einheimischer AI-Start-ups in den nächsten zehn Jahren 10 Milliarden NT$ (umgerechnet etwa 313 Millionen US$) zur Verfügung zu stellen.
Um die KI-Entwicklung zu unterstützen, hat der National Science and Technology Council im Juni 2023 das Taiwan AI Center of Excellence (AICoE) etabliert. Dies soll die Ressourcen unterschiedlicher Ministerien, Universitäten und Forschungsinstitutionen koordinieren und internationale Kooperationen anstoßen. Unter anderem hat das AICoE mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) im September 2024 eine KI-Zusammenarbeit vereinbart.