Wirtschaftsausblick | Taiwan
Wachstum flaut 2025 etwas ab
Die Chipproduktion gewinnt als Konjunkturstütze weiter an Bedeutung. Allerdings wird sich das Wachstum 2025 verlangsamen, nicht zuletzt wegen des schwächeren China-Geschäfts.
15.11.2024
Von Jürgen Maurer | Taipei
Top Thema: Künstliche Intelligenz sorgt für Wachstumsschub
Im Jahr 2024 sorgte vor allem der Investitionsboom rund um künstliche Intelligenz in Taiwan für wirtschaftliches Wachstum. Dies wird sich auch 2025 fortsetzen. Vor allem die Nachfrage nach Chips und neuen Servern ist gestiegen und wird hoch bleiben. Die Regierung will Taiwan zu einem KI-Hub machen. Ihr Ziel ist es auch, die vielen kleinen und mittleren Unternehmen im Land bei der Digitalisierung und bei KI-Anwendungen zu unterstützen. Die taiwanische IT-Branche muss nun KI-Software und -Anwendungen für diverse Branchen entwickeln. Um an dem entstehenden KI-Ökosystem in Taiwan teilzuhaben und technologische Entwicklungen nicht zu verpassen, haben internationale Technologiekonzerne wie Microsoft, Google und Nvidia auf dem Archipel Forschungs- und Entwicklungszentren aufgebaut.
Wirtschaftsentwicklung: 2025 etwas weniger Dynamik
Die Wirtschaftsdynamik Taiwans wird sich 2025 abschwächen. Ein erwarteter Wandel der US-Wirtschaftspolitik unter Präsident Trump mit höheren Zöllen und eskalierenden Handelskonflikten mit China erhöht die Unsicherheit. Die Geschäftserwartungen der taiwanischen Unternehmen sind aufgrund des Preiswettbewerbs und des schwächelnden Geschäftes mit China bereits gesunken.
Dementsprechend liegen die Wachstumserwartungen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2025 unter denen von 2024. Die Zentralbank hat 2025 einen Zuwachs von real 3,1 Prozent im Visier. Das Statistikamt DGBAS (Directorate General for Budget, Accounting and Statistics) rechnet real mit knapp 3,3 Prozent Wachstum. Vor dem Hintergrund des hohen Wachstumsniveaus in 2024 wäre das immer noch ein gutes Ergebnis.
Starkes Wachstum 2024
Taiwans Konjunktur lief im Jahresverlauf 2024 deutlich besser als im Vorjahr. Die starke internationale Nachfrage nach Erzeugnissen rund um künstliche Intelligenz und neue Technologien treibt einige Branchen an, darunter die Hersteller von Halbleitern und Mikroelektronik sowie von Informations- und Kommunikationsgeräten. Hingegen haben die traditionellen Industriebranchen mit einem eher schwachen Absatz zu kämpfen.
Vor diesem Hintergrund wird das BIP-Wachstum 2024 laut DGBAS real knapp 4 Prozent erreichen. Der Think Tank Chung-hua Institute for Economic Research prognostiziert ein Wachstum in gleicher Höhe.
Die Zentralbank schätzt den Zuwachs auf etwa 3,8 Prozent. Einige ausländische Geschäftsbanken erwarteten sogar Zuwachsraten von mehr als 4 Prozent.
Außenhandel steigt weiter an
Private Investitionen holen 2024 und 2025 deutlich auf. Nach einem Rückgang in den Vorjahren könnten sie 2024 auf über 5 Billionen New Taiwan Dollar (NT$; circa 155 Milliarden US-Dollar, US$) steigen. Insbesondere die Halbleiterindustrie investiert umfangreich in neue Produktionsstätten und Ausrüstung. Zudem schreitet die grüne Transformation voran.
Eher schwach entwickelt sich der private Verbrauch. Er soll 2024 und 2025 zwischen 2 Prozent und 3 Prozent zunehmen. Die Konsumenten halten sich mit großen Neuanschaffungen zurück, denn die Nettoeinkommen sind real nicht gestiegen. Trotz Abschwächung dürfte die Inflation 2024 über der Marke von 2 Prozent liegen, da die Preise für Mieten, Strom und Nahrungsmittel gestiegen sind.
Das Wirtschaftswachstum Taiwans wird wesentlich auch vom Außenhandel getragen. Im Jahr 2024 sollen die Importe wertmäßig schneller wachsen als die Exporte. Laut Prognose des Ministry of Finance werden die Einfuhren um 11 Prozent zulegen und die Ausfuhren um 8,7 Prozent. Mit circa 80 Milliarden US$ soll der Außenhandelsüberschuss 2024 in etwa auf dem Niveau von 2023 liegen.
Deutsche Perspektive: Taiwans Chipinvestition sorgt für Lichtblick
Von der guten Außenhandelsentwicklung Taiwans im Jahr 2024 kann Deutschland nicht profitieren. Das Volumen des bilateralen Handels des Jahres 2024 bleibt hinter dem Niveau von 2023 zurück. Die deutschen Lieferungen an Taiwan fielen in den ersten neun Monaten 2024 um 5,1 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2023. Lichtblicke waren dabei Transportausrüstungen und optische Instrumente. Rückläufig zeigte sich auch der taiwanische Export nach Deutschland, der in den ersten drei Quartalen um 17,3 Prozent unter dem Vergleichszeitraum des Vorjahres lag.
Nachdem die von deutschen Firmen in Taiwan getätigten Investitionen im Jahr 2023 noch ein Rekordergebnis von fast 1,6 Milliarden US$ verzeichneten, werden sie 2024 voraussichtlich sehr klein ausfallen. Laut der Statistik der Investment Commission sollen sie in den ersten neun Monaten 2024 gerade mal 7,6 Millionen US$ betragen haben. Während die deutschen Investitionen in Taiwan 2024 einbrechen, investiert der taiwanische Chipkonzern TSMC Milliarden in eine Chipproduktion in Dresden.
Weitere Informationen zu Entwicklungen in Taiwans Wirtschaft und wichtigen Branchen bietet die GTAI-Länderseite Taiwan.