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Special | Taiwan | Halbleiter

Entwicklung der Halbleiterindustrie in Taiwan

Die taiwanische Halbleiterindustrie hat eine große Bedeutung für die internationalen Lieferketten. In den kommenden Jahren sind massive Investitionen geplant.

Von Alexander Hirschle | Taipei

  • Branchenüberblick: Unternehmen weiten Kapazitäten massiv aus

    Taiwan beherbergt eine gigantische Halbleiterindustrie, die viele Aspekte der Lieferkette abdeckt. In den kommenden Jahren sind umfangreiche Investitionen geplant.

    Taiwan gilt als eines der großen Zentren der globalen Halbleiterindustrie. Vor allem seit der zunehmenden Digitalisierung im Zuge der Coronakrise hat sich die Insel ins internationale Rampenlicht katapultiert. Aber auch der Nachfrageüberhang nach Chips in der Kfz-Industrie unterstrich die Bedeutung Taiwans als Nadelöhr in den internationalen Lieferketten noch einmal deutlich. Zwei Drittel der internationalen Auftragsfertigung von Halbleitern stammen von taiwanischen Herstellern, ein Ausfall dieser würde bei den internationalen Elektronikherstellern zu geschätzten Verlusten von rund 500 Milliarden US-Dollar (US$) führen.

    Der Output der taiwanischen Halbleiterindustrie wird 2021 nach Schätzungen des Industrial Economics and Knowledge Centers übergreifend um 18,1 Prozent auf 135 Milliarden US$ steigen. Die Prognose liegt damit deutlich über dem noch zu Jahresanfang kolportierten Zuwachs von 8,6 Prozent. Das Segment Integrated Circuit Design wird mit 30,5 Prozent das höchste Wachstum aufweisen, gefolgt von der Produktion mit 14,8 Prozent sowie Packaging und Testing mit jeweils rund 10 Prozent.

    Die taiwanische Halbleiterindustrie ist stark exportorientiert. Im Jahr 2020 beliefen sich die Branchenausfuhren auf 127 Milliarden US$, was einer Steigerung von 21,2 Prozent entsprach. Mit rund 60 Prozent wird der überwiegende Teil nach China geliefert, mit weitem Abstand gefolgt von Singapur, Japan, Südkorea, Malaysia, den Philippinen und den USA. Der Erfolgstrend setzte sich im 1. Halbjahr 2021 mit einem Ansteigen der Ausfuhren um 30,1 Prozent sogar noch in verstärkter Form fort.

    Insel dominiert Auftragsfertigung

    Platzhirsch ist der Hersteller Taiwan Semiconductor Manufacturing Company Limited (TSMC), der als größter Auftragsfabrikant rund um den Globus gilt, mit einem Weltmarktanteil von mehr als 50 Prozent. Im 2. Quartal 2021 war TSMC nach Analysen des Marktforschungsinstitut IC Insight hinter Samsung und Intel der drittgrößte Hersteller von Halbleitern weltweit. TSMC stieg im August 2021 im jährlich aufgelegten FutureBrand Index von PricewaterhouseCoopers von Platz 25 auf Rang sechs auf und überholte damit den südkoreanischen Rivalen Samsung, der von Rang drei auf Platz 13 zurückfiel.

    Das Unternehmen erwartet für 2021 wie schon im Vorjahr eine Absatzsteigerung von rund 20 Prozent. Als Reaktion auf die hohe Nachfrage hoben die Verantwortlichen ihr Investitionsbudget für 2021 von zuvor geplanten 25 Milliarden bis 28 Milliarden US$ auf nun 30 Milliarden US$. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einer Steigerung von satten 74 Prozent. Für die drei Jahre bis 2023 wurden ein Investitionspaket mit einem Volumen von 100 Milliarden US$ verabschiedet.

    Rund 80 Prozent der Kapitalaufwendungen soll dabei in moderne Technologien wie 3-, 5- und 7-Nanometer-Chips fließen. Dies soll in Form von Greenfield-Investitionen wie auch Erweiterungen bestehender Fabriken erfolgen. Allein 2021 will TSMC 9.000 neue Beschäftigte anheuern, nachdem schon 2020 mit 8.000 ein neuer Einstellungsrekord verzeichnet wurde. In den Vorjahren lag der Schnitt noch bei 4.000 neuen Angestellten.

    Taiwan ist mehr als TSMC

    Doch Taiwan ist nicht nur TSMC. Die Industrie auf der Insel deckt zahlreiche Facetten der Halbleiterlieferkette ab. Fast im Tagesrhythmus jagen Erfolgsmeldungen und Ankündigungen neuer Investitionen durch die Presse. Mediatek Inc. war beispielsweise im 2. Quartal 2021 der neuntgrößte Hersteller von Halbleitern weltweit. UMC (United Microelectronics Corporation) wiederum gilt als der zweitgrößte Auftragsfertiger von Chips. Die UMC-Verantwortlichen äußerten sich Mitte 2021 in den taiwanischen Medien zuversichtlich, dass die globale Nachfrage nach Chips noch mindestens bis 2022 über dem Angebot liegen werde.

    Dies sei auf die digitale Transformation zahlreicher Volkswirtschaften im Zuge der Coronapandemie zurückzuführen. Aber auch Faktoren wie der anhaltend hohe Bedarf im Kfz-Bereich, bei Laptops und 5G-Smartphones dürfte die Nachfrage im Sektor künftig kräftig ankurbeln, so die Stimmen. Ebenso wird die dynamische Entwicklung bei selbstfahrenden und elektrischen Fahrzeugen, dem Internet der Dinge und der künstlichen Intelligenz mittelfristig als Wachstumstreiber für Halbleiter fungieren. UMC wird daher bis 2023 rund 3,6 Milliarden US$ in die Ausweitung seiner Kapazitäten in der Stadt Tainan investieren.

    Mit Vanguard International Semiconductor Corp. will ein weiterer lokaler Auftragsfertiger die Zahl seiner Fabriken durch eine milliardenschwere Übernahme noch bis Anfang 2022 auf fünf Einheiten erhöhen. Der führende Hersteller von Speicherchips in Taiwan, Nanya Technologies, plant den Aufbau einer neuen Fabrik in New Taipei City für insgesamt 11 Milliarden US$. Die Fertigstellung ist für 2023 anvisiert, die Massenfertigung soll 2024 starten.

    Zahlreiche Investitionen geplant

    Aber taiwanische Unternehmen sind nicht nur in der Auftragsfertigung aktiv. Die Insel hat auch Stärken im Segment Packaging und Testing; hier gilt ASE Technology als die bedeutendste Firma. Auch ASE hat im Frühjahr angekündigt, das Investitionsbudget für 2021 von zuvor 1,7 Milliarden auf 2 Milliarden US$ aufzustocken. Knapp 90 Millionen US$ sind beispielsweise für die Erweiterung der ASE-Kapazitäten in der Stadt Kaohsiung vorgesehen. Die Firma Siliconware Precision Industries Co. wiederum will 2,9 Milliarden US$ in den Bau einer neuen Fabrik in der Region Changhua investieren.

    Das Unternehmen Powertec Technology Inc. wird circa 670 Millionen US$ für den Bau seiner zweiten Fabrik in Hsinchu ausgeben und dabei von der Regierung im Rahmen eines Reshoring-Programms unterstützt. Darüber hinaus sind drei der Top Ten der globalen Designfirmen in Taiwan angesiedelt, wie zum Beispiel Mediatek - die bekannteste darunter. Ein anderes Unternehmen in diesem Bereich, Realtek Semiconductor Corp., plant rund 250 Millionen US$ in die Ausweitung der Aktivitäten zu investieren.

    Ausgewählte Investitionsprojekte in der Halbleiterindustrie in Taiwan

    Akteur/Projekt

    Investitionssumme in US$ *)

    Anmerkungen

    Taiwan Semiconductor Manufacturing Co., Ltd.

    100 Milliarden

    Investitionsplan bis 2023, Expansion der Kapazitäten weltweit

    United Microelectronics Corp.

    2,3 Milliarden

    12-Zoll-Waferfabrik und 8-Zoll-Waferfabrik

    ASE Technology

    2 Milliarden

    Ausbau der Kapazitäten zur Herstellung von Wafern

    Macronix International Co., Ltd.

    1,5 Milliarden

    Erweiterung der Produktion von 3D-NAND-Produkten

    Powerchip Semiconductor Manufacturing Corp.

    9,9 Milliarden

    Investitionen bis 2031

    Nanya Technology Corporation

    557 Millionen

    12-Zoll-DRAM-Fab der 10-nm-Klasse in New Taipei City. Gesamtinvestition circa 10 Milliarden US$ innerhalb der nächsten 7 Jahre. 

    Winbond Electronics Corporation

    421 Millionen 

    Bau von Fabrik in Kaohsiung,  Produktionsstart 2022

    *) 1 US$ = 28,03 Neue Taiwan-Dollar im Jahresdurchschnitt 2021Quelle: Taiwan Stock Exchange Corporation, Firmenpresse 2021


    Von Alexander Hirschle | Taipei

  • Strategien und Ziele: Taiwan bietet hervorragende Rahmenbedingungen

    Taiwan will den Schwerpunkt der Halbleiterproduktion auf der Insel behalten. Branchenfirmen finden dort eines der besten Ökosysteme weltweit für den Sektor vor.

    Taiwan beheimatet die zweitgrößte Halbleiterindustrie der Welt nach den USA - obwohl der Markt mit 23 Millionen Einwohnern klein ist. Normalerweise sind die Unternehmen in Taiwan nicht sonderlich exponiert, es existieren nur wenige Endprodukte mit globaler Strahlkraft. Lokale Erzeugnisse sind im Gegenzug aber hervorragend in den Lieferketten integriert oder „versteckt“. Durch die Digitalisierung im Zuge der Coronakrise ist die Bedeutung von Halbleitern stark ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit gerückt worden. Und dadurch ist Taiwan doch ins Rampenlicht geraten.

    Denn rund zwei Drittel der globalen Auftragsfertigung stammen aus Taiwan, der überwiegende Teil dabei von Taiwan Semiconductor Manufacturing Company Limited (TSMC). Der Hersteller gilt nach Einschätzung des Instituts Taiwan Institute of Economic Research als das Branchenunternehmen mit dem umfassendsten Produktportfolio in diesem Bereich und kann aufgrund seiner Vormachtstellung die Preise derzeit bestimmen.

    Pressemeldungen zufolge wird TSMC die Preise für seine Halbleiter künftig um bis zu 20 Prozent erhöhen - und gleichzeitig die Lieferanten für 2022 um Kostenreduktion von rund 15 Prozent „bitten“. Rund 90 Prozent des TSMC-Outputs stammen aus Taiwan - dabei vor allem die fortschrittlichsten Technologien sowie Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Im 1. Halbjahr 2021 erhöhte sich die Zahl der angemeldeten TSMC-Patente um mehr als 200 Prozent.

    TSMC weitet Engagement im Ausland aus

    Das Unternehmen plant gigantische Investitionen in den kommenden Jahren zum Ausbau der Kapazitäten. Diese sollen die Technologieführerschaft von Taiwan als Halbleiterstandort auch in der Zukunft garantieren, die nach Schätzungen des Marktforschungsinstituts IC Insights fünf Jahre im Vergleich mit China, den USA und Europa beträgt.

    Doch der Druck auf die taiwanischen Hersteller steigt, sich regional zu diversifizieren und die Produktion näher an die Kunden zu rücken. Denn diese wollen Kosten sparen und ihre Lieferketten sicherer gestalten. TSMC plant etwa Investitionen in Höhe von 2,8 Milliarden US-Dollar (US$) in China, um die Kapazitäten für Kfz-Chips nach oben zu schrauben. In Arizona wird mit einer Großinvestition von bis zu 12 Milliarden US$ in den kommenden Jahren ein gigantisches Werk zur Herstellung von 5-Nanometer-Chips errichtet.

    Auch in Japan weitet TSMC seine Aktivitäten aus. Anfang 2021 wurden Pläne für ein Forschungs- und Entwicklungszentrum in der Nähe von Tokyo für 180 Millionen US$ bekannt. Im Herbst wurden dann Investitionen von 7 Milliarden US$ in ein Chip-Werk angekündigt. In einer Partnerschaft mit Sony sollen dort ab 2024 vor allem 22- und 28-Nanometer-Chips produziert werden. Ebenso steht der Aufbau einer Fabrik in Europa im Raum, wobei Deutschland als Standort stark ins Gespräch gekommen ist.

    Technologieschwerpunkt soll in Taiwan bleiben

    Angesichts zunehmender Expansionspläne im Ausland fühlte sich das lokale Ministry of Economic Affairs bemüßigt zu bestätigen, dass Taiwan weiterhin im Fokus der TSMC-Aktivitäten bleiben wird. So sollen die am meisten vorangeschrittenen Technologien auf der Insel produziert werden. Schon in der Vergangenheit war die Wirtschaftspolitik darauf ausgerichtet, die Speerspitze der Technologie auf der Insel zu behalten und im Ausland auf eher nachgeordnete Produktionsverfahren zu setzen.

    Reshoringprogramm mit durchschlagendem Erfolg

    Die taiwanische Regierung hatte bereits 2019 als Reaktion auf den Handelskonflikt ein Reshoringprogramm für lokale Firmen aufgesetzt, die Teile ihre Kapazitäten aus China zurück auf die Insel verlagern wollen. Das Programm wurde vom ersten Jahr an ein riesiger Erfolg. Statt der anvisierten 8 Milliarden US$ an Investitionen wurden 2019 rund 23 Milliarden US$ realisiert. Bis heute haben etwa 200 taiwanische Firmen ihre Produktion in Teilen wieder rückverlagert, darunter auch einige Hersteller aus der Halbleiterlieferkette.

    Das erfolgreiche Programm unterstrich noch einmal dezidiert die Attraktivität des Standorts Taiwan. Im Halbleiterbereich sprechen Experten von einem der besten Ökosysteme der Welt für diesen Sektor mit hohen Skaleneffekten in der Produktion - allein TSMC verfügt über rund 30 Fabriken auf der Insel. Fast alle Teile der Wertschöpfungskette werden auf engem Raum abgebildet, angefangen von Forschung und Entwicklung über Packaging, Testing bis hin zu Design. Es besteht eine enge Vernetzung zwischen Universitäten, den renommierten Science Parks mit vielen Start-ups als Spin-offs sowie Industrieunternehmen.

    Darüber hinaus gelten die lokalen Branchenfirmen als sehr stark kundenorientiert und zuverlässig in Bezug auf Schnelligkeit und Termintreue bei der Abarbeitung von Aufträgen. Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Lieferketten für Chips in Taiwan durch verschiedene Programme weiter zu stärken, wie etwa durch Ausbildungsmaßnahmen speziell für den Sektor.

    Starker Fokus auf Halbleiter gerät in die Kritik

    Aber auch übergreifend bietet Taiwan ein gutes Paket für Investoren wie relativ moderate Löhne im regionalen Vergleich für im Regelfall besonders im Elektronikbereich gut ausgebildete und erfahrene Arbeitskräfte. Gleichzeitig findet sich in Taiwan eine hervorragende digitale und Logistikinfrastruktur.

    Allerdings kommen auch zunehmend kritische Stimmen angesichts der starken Ausrichtung der taiwanischen Wirtschaft auf nur einen Sektor auf. So setzten sich 2020 rund 35 Prozent der Exporte aus Halbleitern zusammen. Durch die anziehenden Exporte der Branche gewann die Landeswährung an Stärke, was sich nachteilig auf die Ausfuhren anderer und stärker preissensibler Produkte auswirken kann. Ebenso zieht die Chipindustrie aufgrund der dort deutlich höheren Löhne Beschäftigte aus anderen Sektoren ab. Darüber hinaus wird der hohe Wasserverbrauch der Industrie kritisiert, der sich vor allem in der historischen Dürrephase im Frühjahr 2021 negativ niederschlug.

    Von Alexander Hirschle | Taipei

  • Rahmenbedingungen

    Halbleiter unterliegen diversen nationalen Bestimmungen zu Exportkontrollen.

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung. 

    Durch das Information Technology Agreement (ITA) sind IKT-Produkte, Halbleiterprodukte inbegriffen, weitgehend zollfrei. Dem Abkommen sind 82 WTO-Mitglieder beigetreten, die für 97 Prozent des Welthandels mit diesen IKT-Produkten stehen.

    Informationen zu Exportkontrollen finden Sie bei den zuständigen Exportkontrollbehörden, für Taiwan beim Ministry of Economic Affairs, Bureau of Foreign Trade

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Taiwan

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Industrial Development Bureau, Ministry of Economic Affairs

    Ministerium

    Taiwan Semiconductor Industry Association

    Branchenverband

    Photonics Industry & Technology Development Association

    Branchenverband

    SEMICON Taiwan

    Fachmesse


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