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Taiwan hofft auf ein Anspringen der Chipnachfrage

Die taiwanische Produktion von Halbleitern wird 2023 nachgeben. Dennoch ist die Insel eine attraktive Destination für deutsche Lieferanten von Vorprodukten und Ausrüstungen.

Von Alexander Hirschle | Taipei

Die taiwanische Halbleiterindustrie leidet unter der rückläufigen globalen Nachfrage nach Elektronikerzeugnissen. Die schwachen Exporte, insbesondere von Technologiegütern, führten Taiwan im 1. Quartal 2023 sogar in die Rezession: Das Bruttoinlandsprodukt sank um real 3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Das renommierte Forschungsinstitut Itri (Industrial Technology Research Institute) geht in seinen Prognosen davon aus, dass die lokale Herstellung von Halbleitern 2023 um 5,6 Prozent auf knapp 151 Milliarden US-Dollar (US$) nachgeben wird. Besonders die Produktion im Bereich Chipdesign soll um mehr als 12 Prozent nachgeben. Noch im Vorjahr war der Halbleiter-Output in Taiwan übergreifend um knapp 19 Prozent in die Höhe geschnellt. 

Inlandsumsätze geben 2023 nach

Einige der lokalen Halbleiterschmieden haben daher ihre Investitionspläne leicht nach unten korrigiert. Die Umsätze des Platzhirschs TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Co) fielen Schätzungen zufolge im 1. Quartal 2023 im Vorjahresvergleich und auf US-Dollar-Basis um fast 5 Prozent zurück. Für das 1. Halbjahr prognostiziert der Konzern sogar einen Rückgang der Verkäufe um rund 10 Prozent.

Die Halbleiterindustrie war für Taiwans Wirtschaft in den vergangenen Jahren von überragender Bedeutung. Aufgrund der hohen weltweiten Chipnachfrage waren die Exporte auch in der Coronakrise kräftig angestiegen und hatten das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) 2021 sogar auf ein Zehnjahreshoch gehievt.

Für das 2. Halbjahr sehen Branchenexperten eine Erholungstendenz des globalen Halbleitermarktes voraus. Dies sollte den taiwanischen Firmen zusammen mit der steigenden Nachfrage nach Zukunftstechnologien wie künstlicher Intelligenz, Elektrofahrzeuge und 5G-Kommunikation mittelfristig wieder Auftrieb geben.

Geschäftschancen auch für deutsche Firmen

Daraus ergeben sich für deutsche Firmen Geschäftschancen auf der Insel. So legte die deutsche Merck KGaA im Februar 2023 den Grundstein für ihre "Mega Site" in Kaohsiung. Dort sollen in den kommenden fünf bis sieben Jahren 500 Millionen Euro in den Aufbau einer Produktion von Halbleitermaterialien fließen.

Im März 2023 gab die taiwanische United Microelectronics Corp (UMC) in der Presse bekannt, dass sie eine langfristig angelegte Absichtserklärung mit Infineon unterschrieben hat. Die strategische Kooperation hat das Ziel, die Produktionskapazitäten für Infineons Automobil-Mikrocontroller zu vervielfachen und so den schnell wachsenden Kfz-Markt zu bedienen. Das Endprodukt wird künftig in der 40-Nanometer-Fab von UMC in Singapur hergestellt.

Taiwan ist zweitgrößter Käufer von Ausrüstungen weltweit

Auch die Nachfrage der taiwanischen Halbleiterschmieden nach hochwertigen Kapitalgütern und Vorprodukten besteht weiter. 2022 stiegen die Ausgaben taiwanischer Firmen für Halbleiterausrüstungen nach Angaben des Fachverbandes Semi um 8 Prozent auf 26,8 Milliarden US$. Die Insel war damit nach China der zweitgrößte Markt weltweit. In China beliefen sich die Ausgaben auf 28,3 Milliarden US$. Prognosen von Semi zufolge soll Taiwan 2024 sogar wieder seine Position als größter Käufer zurückerobern.

Die Importe von Chipausrüstungen aus Deutschland beliefen sich 2022 auf 1,2 Milliarden US$. Dies entsprach einem Anstieg um mehr als 20 Prozent. Deutschland lag in diesem Segment auf Rang fünf der Lieferländer.

TSMC weitet Engagement aus

Taiwan will auch in Zukunft die Produktion von Halbleitern auf der Insel ausbauen. So stellt TSMC rund 90 Prozent des eigenen Outputs in Taiwan selbst her. Vor allem die neuesten Technologien sowie Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sind auf dem Archipel angesiedelt. Das Unternehmen plant gigantische Investitionen in die Erweiterung seiner Kapazitäten. Allein zwischen 2022 und 2024 sind hierfür rund 100 Milliarden US$ eingeplant. Diese Investitionen sollen auch in der Zukunft die Technologieführerschaft von Taiwan als Halbleiterstandort garantieren.

Doch der Druck auf die taiwanischen Hersteller steigt, sich regional zu diversifizieren und mit der Produktion näher an die Kunden zu rücken. TSMC investiert daher in Japan rund 180 Millionen US$ in den Aufbau eines Forschungs- und Entwicklungszentrums in der Nähe von Tokyo. In Zusammenarbeit mit Sony fließen ebenfalls in Japan fast 9 Milliarden US$ in die Produktion von Halbleitern mit einer Prozessknotengröße zwischen 12 und 22 Nanometern. Diese sollen ab 2024 vom Band laufen.

Im Raum steht zudem der Aufbau einer zweiten Fab in Japan. Auch in Europa soll eine Produktion entstehen, auch Deutschland ist als Standort im Gespräch. Bereits offiziell bekanntgegeben ist eine Großinvestition von rund 40 Milliarden US$ in Arizona. Hier werden zwei große Fabriken für die Herstellung von 3- und 4-Nanometer-Chips hochgezogen. Der Produktionsstart ist für 2024 beziehungsweise 2026 vorgesehen. Allerdings häufen sich in der Presse kritische Stimmen über steigende Produktionskosten in den USA und Zweifel an der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit der Investition.

Technologie soll in Taiwan bleiben

Taiwan gilt als das entscheidende Bindeglied in der globalen Halbleiter-Wertschöpfungskette. Das oft zitierte "Silicon-Shield" ist angesichts der politischen Sonderlage ein wichtiges strategisches Pfund für die Regierung in Taipei. Daher sollen die fortschrittlichsten Technologien auch in Zukunft auf der Insel bleiben.

Ende 2022 feierte TSMC mit einer Zeremonie den Beginn der Massenproduktion von 3-Nanometer-Chips in der "Fab 18" des Southern Taiwan Science Park in Tainan. Beobachter stuften die Veranstaltung als symbolischen Akt ein, der die Bedeutung Taiwans als Hub für Forschung und Produktion unterstreichen solle.

Auf der anderen Seite gibt es auch kritische Stimmen, die die starke Ausrichtung der taiwanischen Wirtschaft auf die Chipherstellung sowie den hohen Wasser- und Stromverbrauch der Branche kritisieren. Zudem zieht die Halbleiterindustrie aufgrund der deutlich höheren Löhne qualifizierte Beschäftigte aus anderen Sektoren ab. Auch auf Taiwan ist der Fachkräftemangel ein Problem.

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