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Rahmenbedingungen
Die tschechische Bauwirtschaft bietet auch für deutsche Firmen gute Beteiligungsmöglichkeiten. Ohne Landeskenntnisse und lokale Partner ist der Markteintritt aber schwierig.
08.11.2023
Von Gerit Schulze | Prag
Auch wenn Tschechien mit Deutschland eine lange Grenze teilt, so ist der Markteintritt für kleine Baufirmen im Nachbarland schwierig. Neben der Sprachbarriere sind kulturelle Unterschiede im Geschäftsleben zu berücksichtigen und lokale Partner deshalb wichtig. Als Vorteil erweisen sich oft Referenzen, Empfehlungen und eine gewisse Größe, um Vertrauen bei Kunden zu erwerben. Bei öffentlichen Ausschreiben ergeben sich Geschäftschancen eher als Unterauftragnehmer. Für Zulieferer und Baudienstleister zahlt sich im Vorfeld die Zusammenarbeit mit einheimischen Bau-, Architektur- und Ingenieurfirmen aus.
Auch ein Blick in die Ausschreibungsdatenbanken empfiehlt sich. Tschechien kann in den kommenden Jahren rund 50 Milliarden Euro aus EU-Fonds ausgeben. Für die Abwicklung dieser Projekte ist das Land auf ausländische Zulieferer angewiesen.
Zentrales Portal für öffentliche Ausschreibungen
Die Veröffentlichung von staatlichen Ausschreibungen organisiert das Ministerium für regionale Entwicklung über das Portal NIPEZ. Die Plattform Rozza soll helfen, die Struktur der öffentlichen Beschaffungen zu verstehen und so für mehr Transparenz sorgen. Statistische Angaben und Jahresberichte zu öffentlichen Ausschreibungen in Tschechien bietet das Informationssystem ISVZ.
Vor engeren Kooperationen mit tschechischen Geschäftspartnern empfiehlt sich ein Blick in das frei zugängliche Insolvenzregister. Dort finden sich Angaben zu Schuldnern und laufenden Insolvenzverfahren.
Bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge kommt es vereinzelt zu Unregelmäßigkeiten. Im Index zur Korruptionswahrnehmung von Transparency International lag Tschechien 2022 auf Rang 41. Es befindet sich damit auf einem Niveau mit Italien und Georgien, schneidet aber besser ab als die Nachbarländer Polen und Slowakei.
Novelle des Baugesetzes tritt in Kraft
Tschechiens Parlament verabschiedete im Frühjahr 2023 eine Novelle des Baugesetzes, das die Verfahren schneller, transparenter und digitaler machen soll (Gesetz 152/2023 Sb. vom 10. Mai 2023). Die neuen Regelungen treten am 1. Juli 2024 in Kraft, für große Verkehrs- und Industriebauten schon am 1. Januar 2024.
Ziel der Novelle ist es, Baugenehmigungen schneller zu erteilen, indem einzelne Schritte gebündelt und die beteiligten Behörden frühzeitig integriert werden. Marktteilnehmer kritisieren jedoch, dass einige Stellen wie Denkmalpflege und Brandschutz nicht dazu gehören. Außerdem betreffe die Beschleunigung der Verfahren in erster Linie öffentliche Bauaufträge und nicht den Wohnungsbau.
Ab dem 1. Juli 2024 soll ein "Bauherrenportal" (Portál stavebníka) online gehen. Dort können Bauwillige alle Anträge und Projektunterlagen elektronisch einreichen. Über das Portal führen sie auch die weitere Kommunikation mit den Baubehörden und sehen jederzeit den Bearbeitungsstand. Außerdem wurde ein neues Verkehrs- und Energiebauamt (DESÚ) gegründet, über das die Genehmigungsverfahren für wichtige Bauvorhaben für Infrastruktur und Energieversorgung laufen sollen. Die Regierung hofft, durch die Bündelung in einem Amt solche Großprojekte künftig schneller auf den Weg bringen zu können.
Behörden müssen schneller genehmigen
Ein Vorteil für Bauinvestoren ist es, dass Genehmigungen nach festen Fristen vergeben werden sollen. Für Einfamilienhäuser haben die Behörden nun maximal 30 Tage Zeit für eine Entscheidung, sofern alle Unterlagen vorliegen. Welche Sanktionen es für die Behörden gibt, wenn sie die Fristen nicht einhalten, ist aber ungeklärt.
Die wichtigsten Neuerungen des tschechischen Baugesetzes im Überblick:
- Digitalisierung des öffentlichen Baurechts über ein zentrales Portal
- Gründung einer einheitlichen staatlichen Bauverwaltung
- feste Verfahrensfristen für Entscheidungen der Bauämter (in der Regel 30 Tage, maximal 90 Tage)
- einheitliches Genehmigungsverfahren
- neue Berufungsmöglichkeiten
- Keine Baugenehmigung mehr für Einbau erneuerbarer Energiequellen bis 50 Kilowatt Leistung nötig (nur Nachweis über Statik und Feuerschutz)
Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.
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