Die Gesundheitsversorgung hat sich erheblich verbessert. Aber das staatliche Preissystem mindert die Rentabilität des türkischen Marktes für ausländische Anbieter.
Große Fortschritte in der Gesundheitsversorgung
In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Gesundheitsversorgung deutlich verbessert. Die Türkei hat erhebliche Fortschritte in Bezug auf die Qualität der Gesundheitsleistungen und den Zugang für die Bevölkerung erzielt. Mittlerweile ist nahezu die gesamte Bevölkerung über die allgemeine Krankenversicherung abgesichert. Dennoch sind die Gesundheitsausgaben im internationalen Vergleich relativ niedrig. Das Wachstumspotenzial dürfte deshalb aber auch entsprechend hoch sein.
Die Gesundheitsausgaben pro Kopf betrugen laut dem türkischen Statistikamt TÜIK im Jahr 2021 umgerechnet 473 US$. Dies entsprach einem Anstieg von 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Gesamtausgaben für Gesundheit beliefen sich 2021 auf umgerechnet etwa 40 Milliarden US$. Von diesen Ausgaben wurden insgesamt 79 Prozent aus öffentlichen Mitteln finanziert, während der Privatsektor 21 Prozent beisteuerte.
In der Türkei besteht seit 2012 eine allgemeine Krankenversicherungspflicht, die als Genel Sağlık Sigortası bezeichnet wird. Das Krankenversicherungssystem wird von der türkischen Sozialversicherung SGK betrieben. Zusätzlich können Versicherte eine private Krankenversicherung abschließen.
Staatliche Krankenversicherung ist Stütze der Gesundheitsversorgung
Die staatliche Krankenversicherung ist die zentrale Stütze der Gesundheitsversorgung. Sie finanziert die meisten stationären und Notfallbehandlungen in öffentlichen Krankenhäusern sowie ambulante Kosten, einige Leistungen in privaten Krankenhäusern sowie einen Teil der Arzneimittelausgaben. Die privaten Krankenversicherungen legen rasch zu, aber ausgehend von einem niedrigen Niveau.
Im Jahr 2021 entfielen fast die Hälfte (47 Prozent) der Gesundheitsausgaben auf die staatliche Krankenversicherung und die Zentralregierung trug weitere 31 Prozent der Ausgaben. Die privaten Haushalte waren für etwa 16 Prozent der Ausgaben verantwortlich, und die privaten Versicherungsgesellschaften übernahmen den Rest.
Aufgrund der weiten Verbreitung der staatlichen Krankenversicherung ist der Staat der größte Käufer von pharmazeutischen Produkten. Im Jahr 2021 wurden 76 Prozent der Kosten für Arzneimittel über die SGK abgerechnet, 23 Prozent wurden von Selbstzahlern getragen und 1 Prozent entfiel auf private Versicherungen.
Medikamente werden in der Regel in Apotheken verkauft, während der Verkauf in Drogerien unüblich ist. Die deutsche Drogeriemarktkette Rossmann ist eine Ausnahme und führt rezeptfreie Arzneimittel in ihrem Sortiment.
Preissystem macht Türkei unattraktiver
Die Preise für Medikamente in der Türkei sind im Vergleich zu anderen Ländern relativ niedrig. Darüber hinaus verwendet die Türkei für importierte Medikamente ein Referenzpreissystem. Dabei wird der niedrigste Verkaufspreis ab Lager, der in den EU-Ländern Griechenland, Portugal, Spanien, Italien und Frankreich für das gleiche Produkt ermittelt wurde, als maximaler Verkaufspreis ab Lager in der Türkei festgelegt. Der Referenzpreis wird in Türkische Lira umgerechnet, jedoch erfolgt diese Umrechnung nicht zum aktuellen Marktkurs, sondern zu einem von der türkischen Arzneimittelbehörde TITCK festgelegten Wechselkurs. Dies soll Preisschwankungen aufgrund von Wechselkursschwankungen minimieren.
Das Preissystem hat jedoch seit Ende 2021 aufgrund erheblichen Kursverluste der Lira zu großen Ungleichgewichten geführt. Die Kluft zwischen dem realen Eurokurs und dem Pharma-Eurokurs hat sich vergrößert. Während der normale Eurokurs im Jahr 2022 bei etwa 20 Lira lag, wurde für Importmedikamente ein Eurokurs von etwa 6 bis 7 Lira festgesetzt. Dies führte dazu, dass der Verkauf vieler Medikamente in die Türkei für ausländische Lieferanten unrentabel wurde. Infolgedessen stellten sie die Lieferungen in die Türkei ein oder reduzierten sie auf ein Minimum, um ihre Lizenzen auf dem türkischen Markt nicht zu gefährden.
Neue Arzneimittel kommen kaum in die Türkei
Viele importierte Medikamente waren im Jahr 2022 zeitweise in den Apotheken nicht verfügbar. Dies wurde hauptsächlich auf den ungünstigen Wechselkurs zurückgeführt. Sogar wichtige Krebsmedikamente waren zeitweise nicht mehr erhältlich. Darüber hinaus wurden und werden viele innovative Produkte, die neu auf den EU-Märkten eingeführt wurden, aufgrund der Preispolitik gar nicht erst für den türkischen Markt vorgesehen.
Ab Dezember 2022 wurde der Wechselkurs für Importmedikamente angepasst und spiegelte für eine gewisse Zeit in etwa den Marktkurs wider. Dadurch verbesserte sich auch die Verfügbarkeit von Medikamenten in den Apotheken wieder. Jedoch hat die Lira seitdem weiter an Wert verloren. Die Pharmaunternehmen warten auf eine Anpassung des Pharma-Eurokurses.
Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.
Von Katrin Pasvantis
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Istanbul