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Branche kompakt | Türkei | Chemische Industrie

Gemischte Aussichten in der türkischen Chemieindustrie

Die Branche hofft 2024 auf eine Erholung. Hohe Rohstoff- und Energiepreise dämpfen die Renditen.

Von Katrin Pasvantis | Istanbul

Ausblick der chemischen Industrie in der Türkei

  • Abkühlung der türkischen Wirtschaft dämpft die Inlandsnachfrage.
  • Die schwache Lira begünstigt die Ausfuhren.
  • Unsicherheiten über die Konjunkturentwicklung in wichtigen Absatzmärkten bleiben.

Anmerkung: Einschätzung der Autorin für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: März 2024.

  • Markttrends

    Die Wachstumsaussichten im Inland sind eingetrübt. Die Chemiebranche ist stark exportorientiert und die Auslandsnachfrage könnte teils steigen.

    Im Inland trüben ein schwächeres Wirtschaftswachstum und eine hohe Inflation die Nachfrage nach vielen chemischen Erzeugnissen. Zu den Risiken für das Jahr 2024 zählen die Entwicklung der Rohstoff- und Energiepreise, hohe Inflation, Zinsen und eine weitere Verschlechterung der Konjunktur im Inland und in wichtigen Absatzmärkten wie der EU und den USA.

    Einen starken Einfluss auf das Wachstum wird die Entwicklung des Wechselkurses der Türkischen Lira haben. Eine schwache Lira begünstigt die Exporte, verteuert jedoch die Importe. Rund 70 Prozent der in der Chemieproduktion in der Türkei eingesetzten Rohstoffe werden importiert.

    31 Mrd. US$

    ist der Exportwert der türkischen Chemieindustrie.

    Chinesische Konkurrenz setzt türkische Anbieter unter Druck

    Ein wachsendes Anliegen für die türkischen Chemiehersteller ist die zunehmende Konkurrenz aus China in der EU. Diese werde durch chinesische Investitionen in wichtige europäische Häfen vorangetrieben, was deren Transportlogistik verbessere.

    Ein erheblicher Teil der Chemieproduktion geht in den Export. Eine Angabe zum Exportanteil liegt jedoch nicht vor. Die Ausfuhren türkischer chemischer Erzeugnisse erlebten 2023 einen Rückgang von 9 Prozent gegenüber dem Vorjahr und fielen auf 30,6 Milliarden US-Dollar (US$). Trotz dieser aktuellen Herausforderungen bleibt der Istanbuler Fachverband der Exporteure von Chemie und chemischen Erzeugnissen İKMİB (İstanbul Kimyevi Maddeler ve Mamulleri İhracatçıları Birliği) optimistisch und prognostiziert für das Jahr 2024 eine Erholung der Exporte auf 35 Milliarden US$, mit einem weiteren Anstieg auf 48 Milliarden US$ bis 2028. Trotz des allgemeinen Rückgangs konnten bestimmte Segmente wie die Pharmaindustrie und die Hersteller von Putz- und Reinigungsmitteln ihre Exporte im Jahr 2023 steigern.

    Türkische Ausfuhr ausgewählter Chemieerzeugnisse (in Millionen US-Dollar; Veränderung in Prozent)

    Produktgruppe (SITC)

     2022

     2023

    Veränderung 2023/2022

    Organische chemische Erzeugnisse (51)

    746

    632

    -15,3

    Anorganische chemische Erzeugnisse (52)

    2.179

    1.981

    -9,1

    Farbmittel, Gerbstoffe, Farben und Lacke (53)

    1.219

    1.419

    16,4

    Medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse (54)

    1.555

    2.005

    28,9

    Ätherische Öle, Körperpflege-, Putz- und Reinigungsmittel etc. (55)

    2.107

    2.699

    28,1

    Düngemittel, ausgenommen solche der Gruppe 272 (56)

    605

    261

    -56,9

    Kunststoffe in Primärformen (57)

    2.770

    2.486

    -10,3

    Kunststoffe in anderen Formen als Primärformen (58)

    3.572

    3.634

    1,7

    Andere chemische Erzeugnisse und Waren (59)

    1.642

    1.838

    11,9

    Quelle: Türkisches Statistikamt TÜIK 2024

    Unternehmen werden Dekarbonisierung vorantreiben

    Vertreter der Chemieindustrie wie İKMİB betonen die Notwendigkeit, die Produktion klimafreundlicher zu gestalten, um in der EU wettbewerbsfähig zu bleiben. Denn ab 2026 werden in der EU über die CO2-Grenzabgabe (CBAM) Emissionen von Importen bepreist. Dies betrifft auch entsprechende Lieferungen aus der Türkei. Deswegen arbeiten bereits heute viele Chemiehersteller an Lösungen, um die Dekarbonisierung voranzutreiben. Die Türkei hat noch keine verbindlichen Minderungsziele für emissionsintensive Industriezweige festgelegt und das angekündigte Emissionshandelssystem wurde noch nicht umgesetzt.

    Düngemittelhersteller investieren nach Krisenphase wieder

    In der türkischen Agrarbranche stieg der Düngemittelabsatz im Jahr 2023 auf 10 Millionen Tonnen, im Vergleich zu 5,9 Millionen Tonnen im Jahr 2022. Gübretas und IGSAS stellten ihre Produktion im Jahr 2022 unter Berufung auf wirtschaftliche Gründe vorübergehend ein. Nun sind Investitionen in den Ausbau der Düngemittelproduktion in der Pipeline.

    IGSAS, der einzige Urea-Produzent in der Türkei, plant seine Produktion in Kocaeli von 560.000 auf 1,2 Millionen Tonnen auszubauen und im März 2024 wird voraussichtlich in Samsun eine Fabrik für organische Mineraldünger den Betrieb aufnehmen. In Hatay soll bis Anfang 2025 ein Werk die Produktion von jährlich 250.000 Tonnen Mischdünger fertiggestellt werden. Agrotech hat 70 Prozent der Anteile an Profert erworben und plant nun, in der Türkei intelligente Düngemittel herzustellen.

    Die umsatzstärksten Düngemittelunternehmen der Türkei 2022

    Unternehmen

    Umsatz (Mio. US$) *)

    Export (Mio. US$)

    Standort/Provinz

    Gübre Fabrikalari (Gübretas)

    1.238

    10

    Istanbul

    Istanbul Gübre

    1.227

    28

    Kocaeli

    Toros Tarım

    1.165

    233

    Istanbul

    Gemlik Gübre

    533

    k.A.

    Bursa

    * umgerechnet zum durchschnittlichen Wechselkurs 2022: 1 US-Dollar = 16,579 Türkische Lira.Quelle: Wirtschaftsmagazin „Capital“, Nr. 8/2023

    Auslandsnachfrage nach Farben und Lacken steigt

    Laut dem Fachverband BOSAD hat die Farben- und Lackproduktion in der Türkei im Jahr 2023 fast die Marke von 1 Million Tonnen erreicht. Aufgrund steigender Preise ging die mengenmäßige Nachfrage im Inland jedoch zurück. Der Markt für Baufarben schrumpfte 2022 um 8 Prozent auf 580.000 Tonnen und der mengenmäßige Rückgang setzte sich 2023 laut BOSAD fort. Gleichzeitig könnte der Umsatz wiederum wertmäßig gestiegen sein.

    Die Exportnachfrage nach Farben und Lacken zeigt weiterhin Wachstum, allerdings nicht mehr so stark wie in den Vorjahren. Laut İKMİB stiegen die Farb- und Lackexporte 2023 um 4 Prozent auf 1,5 Milliarden US$, verglichen mit einer Steigerung von 26 Prozent im Jahr 2022 und 27 Prozent im Jahr 2021. Gemessen am Wert waren Russland, Irak, Usbekistan und der Iran die größten Abnehmerländer. Besonders gefragt waren kunststoffbasierte Spachtelmassen, andere synthetische Farbstoffe und Druckfarben. 

    Die Produktion von Kunststoffen stieg 2023 um 4 Prozent auf rund 11 Millionen Tonnen. Dabei entfielen auf Verpackungsmaterialien und Baumaterialien aus Kunststoffen jeweils 4,6 Millionen beziehungsweise 2,2 Millionen Tonnen. Im Wohnungsbau wird 2024 eine Flaute erwartet. Laut dem Kunststoffverband PAGEV stiegen die Maschineninvestitionen im letzten Jahr um kräftige 39 Prozent auf 1,7 Milliarden US$.

    Kunststofferzeugnisse in der Türkei

    Messgröße

    2022 (in Mio. t)

    2023 (in Mio. t) 

    2022 (Mrd. US$)

    2023 (Mrd. US$)

    Produktion

    10,5

    10,9

    44,2

    45,3

    Import

    7,1

    7,6

    3,9

    4,2

    Export

    2,7

    2,6

    7,8

    7,4

    Inlandsnachfrage

    8,5

    9,1

    40,2

    42,1

    Quelle: Kunststoffverband PAGEV 2024

    Mit den zunehmenden Kapazitäten dürfte auch die Nachfrage nach Rohstoffen steigen. PAGEV schätzt, dass 2023 etwa 1 Million Tonnen Kunststoffrohstoffe in der Türkei produziert wurden (aufgeschlüsselt in Prozent wie folgt: LDPE: 31, PET: 23, PVC: 15, PP: 12, PS: 10 und HDPE: 9). Gleichzeitig stiegen die Importe um 4 Prozent auf 8,8 Millionen Tonnen Kunststoffrohstoffe. Über die Hälfte der Importe entfielen auf Polyethylen und Polypropylen.

    Türkische Exporte von Kunststofferzeugnissen (in Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent)

     

    2022

    2023 *)

    Veränderung *) 2023/2022

    Kunststoffverpackungen

    3.886

    1.057

    -13,4

    Haushalts- und Küchenartikel 
    aus Kunststoff

    659

    394

    4,3

    Kunsstoffrohstoffe

    3.198

    1.513

    -23,5

    * Januar bis Juli.Quelle: Verband der Exporteure von Chemikalien und Produkten in Istanbul İKMİB 2024

    Gedämpfte Aussichten in der Pharmabranche

    Für die Pharmabranche war 2023 ein herausforderndes Jahr. Die Produktionswerte von Arzneien und Biopharmazeutika waren rückläufig, bei Generika bleibt die Produktion hoch. Das türkische Referenzpreissystem beeinträchtigt die Rentabilität des Inlandsmarktes. Die Exportaussichten sind eingetrübt.

    Produktion von pharmazeutischen Erzeugnissen 2022

     

    Menge (in Mio. Packungen)

    Veränderung 2022/2021 (in %)

    Wert (in Mio. US$)

    Veränderung 2022/2021 (in %)

    Arznei 

    2.550

    8,5

    6.575

    -5,2

    Biotechnologie

    33

    -15,4

    1.206

    -7,2

    Generika

    1.600

    14,3

    2.316

    4,0

    Quelle: Pharmaindustrie Verband IEIS 2024

    Erschwerte Bedingungen für Investitionen

    Die restriktive Geldpolitik der türkischen Zentralbank zur Bekämpfung der horrenden Inflation beeinträchtigt die Finanzierung von Projekten. Die Zinsen sind hoch und der Zugang zu Krediten ist besonders für kleine und mittlere Unternehmen schwieriger geworden. Eine hohe Wechselkursvolatilität erschwert die Preis- und Kostenkalkulation sowie eine langfristige Planung. 

    Ausgewählte Investitionsprojekte der chemischen Industrie in der Türkei
    Akteur/Projekt

    Investitionssumme (in Mio. US$)

    ProjektstandAnmerkungen

    Bayegan Gruppe / Polypropylen Produktion in der Provinz Hatay; 450.000 tpa

    1.900

    Geplante Fertigstellung: Dezember 2027

    Das Projekt befindet sich in der Planungsphase und erhält staatliche Förderung

    Santa Farma / Produktion von Artzneimitteln in der Provinz Kocaeli

    100

    Entwicklungsphase

    Das Unternehmen plant eine jährliche Produktion von 831 t Tabletten, 384 t Pulver, 140 t Kapselmedikamente und 8,4 t flüssigen Arzneimitteln;

    Projekt erhält staatliche Förderung

    Evly Pharma Cosmetics Industry / Produktion von Körperpflegeprodukten

    15

    Entwicklungsphase

    Das Unternehmen plant eine jährliche Produktion von 12,2 t Körperpflegemitteln

    Bianca Boya Lack Industry / Produktion von Farben und Lacken

    6

    Entwicklungsphase

    Das Unternehmen plant den Bau der Fabrik in einer dieser drei Regionen: Gebze, Düzce, Bursa

    Quelle: Meed Projects 2024; Pressemeldungen 2024

    Stand: März 2024

    Von Katrin Pasvantis | Istanbul

  • Branchenstruktur

    Die Fertigung in der Türkei ist mit vielen kleinen und mittleren Unternehmen breit aufgestellt. Dominiert wird die Produktion jedoch von großen, multinationalen Konzernen.

    In der türkischen Chemieindustrie sind etwa 20.000 kleine und mittlere Unternehmen tätig. Die Beschäftigung ist mit rund 300.000 Personen aufgrund der hohen Kapitalintensität relativ gering. Unter den zumeist multinationalen Unternehmen befinden sich deutsche Großunternehmen wie Bayer, BASF und Henkel.

    In der Türkei werden vor allem petrochemische Erzeugnisse, Seifen, Waschmittel, Düngemittel, Pestizide, Farben und Lacke, synthetische Fasern sowie verschiedene chemische Rohmaterialien und Verbraucherprodukte hergestellt. Viele Unternehmen sind stark exportorientiert. Die umsatzstärksten Unternehmen sind in Istanbul und Izmir angesiedelt.

    Die Chemieindustrie ist auf Einfuhren angewiesen. Gerade einmal 30 Prozent der Vorerzeugnisse werden aus dem Inland bezogen. Auch bei Technologien ist die Türkei in hohem Umfang auf Importe angewiesen. Die beiden bedeutendsten Lieferländer chemischer Erzeugnisse gemessen am Wert der Importe waren 2023 China und Deutschland. Danach folgten mit Abstand Südkorea, die USA, Saudi-Arabien und Frankreich. 

    Die chemische Industrie benötigt große Mengen an Erdgas, als Energieträger und Rohstoff zur stofflichen Nutzung. Die Importabhängigkeit der Türkei bei Erdgas und anderen Energieträgern ist groß. Der größte Lieferant von Erdgas ist Russland. Die Türkei beteiligt sich nicht an den Sanktionen gegen Russland. 

    Im Dezember 2022 gab die türkische Regierung die Entdeckung eines großen, neuen Erdgasvorkommens im Sakarya-Gasfeld im Schwarzen Meer bekannt. Dieses könnte die Importabhängigkeit reduzieren und die lokale Chemieproduktion fördern.

    Düngemittelhersteller sind auf Zulieferungen aus dem Ausland angewiesen

    Die Türkei importiert Düngemittel und fertigt auch im eigenen Land. In der Düngemittelbranche fertigen über 1.000 vom Industrieministerium lizenzierte Firmen, die zusammen rund 15.000 verschiedene Produkte anbieten. Schätzungsweise die Hälfte der eingesetzten Düngemittel werden auf Stickstoffbasis produziert. Rund 95 Prozent der Rohmaterialien für die Fertigung der Düngemittel werden importiert. Dies führt bei einer schwachen Lira zu starken Kostensteigerungen. Nach Angaben des Ministeriums für Land- und Forstwirtschaft importiert die Türkei Stickstoff aus der Volksrepublik China, Ägypten, Russland und dem Iran, Phosphor aus Nordafrika und Kalium aus der EU.

    Etwa 300 lokale Unternehmen exportieren chemischen Dünger in 60 Länder. Die staatliche Düngemittelunterstützung für 2024 wurde erhöht, dies wurde am 24. Februar 2024 im Amtsblatt mit Beschluss Nr. 62469 verkündet. Branchenberichten zufolge kann die Förderung die Kostensteigerungen dennoch nur teilweise abfangen.

    Großes Markenangebot ausländischer Farben und Lacke

    Die Produktionsmenge in der Farbenindustrie schätzt der Fachverband BOSAD letzten Angaben zufolge für 2018 auf 874.000 Tonnen. Etwa 60 Prozent der produzierten Farben sind für die Bauwirtschaft bestimmt und 40 Prozent für die Industrie. In der Bauwirtschaft werden etwa 80 Prozent der Farben bei Renovierungen verwendet.

    Zahlreiche ausländische Marken sind in der Türkei vertreten. Mehr als die Hälfte der Rohmaterialien kommt aus dem Ausland, was ebenfalls zu höheren Produktionskosten führen kann. Diese Preissteigerungen dämpfen die Inlandsnachfrage. Lokal hergestellte Farben werden bislang vor allem in Entwicklungsländer exportiert. Die Investitionen der großen Farbenhersteller konzentrieren sich auf die Verbesserung der Produktqualität und die Erhöhung der Produktvielfalt. Damit könnten sich die Absatzmöglichkeiten in den Industrieländern erhöhen.

    Wichtige Branchenunternehmen in der Türkei

    Unternehmen

    Sparte

    Umsatz 2022 (in Mio. US$)*)

    Petkim

    Petrochemie

    2.946

    Aksa Akrilik

    Acrylfaser

    1.119

    BASF Türkiye

    Industrie und Bauchemikalien

    979

    Altin Ates Kimya

    Agrarchemikalien, Düngemittel

    703

    Betek Boya

    Farben und Lacke

    463

    Akdeniz Chemson

    Industriechemikalien

    436

    Indorama Ventures

    PET

    404

    Akkim Kimya

    Industriechemikalien

    356

    Koruma Klor Alkali

    Industriechemikalien

    325

    Likit Kimya

    Industriechemikalien

    319

    * umgerechnet zum durchschnittlichen Wechselkurs 2022: 1 US$ = 16,579 TL.Quelle: Wirtschaftsmagazin "Capital", Nr. 8/2023

    Viele Hersteller von Kunststoffen

    In der Kunststoffindustrie fertigen laut Fachverband PAGDER rund 11.000 Betriebe: Sie beschäftigen etwa 250.000 Personen. Von der Kunststoffproduktion sind etwa 40 Prozent für die Verpackungsindustrie bestimmt. Mehr als 20 Prozent werden an die Bauindustrie geliefert. Weitere nennenswerte Abnehmer sind die Elektro- und die Kfz-Industrie. Die Produktion von Faserverbundwerkstoffen für Infrastruktur- und Industrieprojekte gewinnt an Bedeutung. Etwa 90 Prozent des Inputs für die Kunststoffherstellung werden von der internationalen Petrochemie zugeliefert. Die Kunststoff- und Gummiindustrie hängt mit über 90 Prozent stark von Importen ab.

    Petkim, gegründet 1965, ist der erste lokale Hersteller petrochemischer Grundstoffe. Das integrierte Petrochemiewerk in Aliağa (İzmir) ist das einzige der Türkei. Das Unternehmen fertigt knapp 60 Grundstoffe und liefert Naphtha. Petkim wird von Tüpras sowie durch Importe beliefert. Tüpras ist der einzige Verarbeiter von Rohöl im Land. Deshalb sind hohe Investitionen in den Ausbau der petrochemischen Industrie geplant. Die Regierung fördert lokale Projekte, die den Import substituieren, mit steuerlichen und anderen Vergünstigungen. 

    Türkischer Import anorganischer Chemikalien In Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent

    Produktbezeichnung (SITC Rev.4)

     2022

    2023

    Veränderung 2023/2022

    Anorganische chemische Elemente, Oxide und Halogensalze (522)

    2.481,4

    1.629.9

    -34,3

      Deutschland

    99,3

    88,9

    -10,5

    Metallsalze und -peroxosalze der anorganischen Säuren (523)

    534,2

    516,8

    -3,3

      Deutschland

    75,7

    72,5

    -4,2

    Andere anorganische chemische Erzeugnisse (524)

    136,6

    90,2

    -34,0

      Deutschland

    12,9

    7,2

    -44,2

    Radioaktive Stoffe und dergleichen (524)

    36,5

    51,6

    41,4

      Deutschland

    1,3

    2,4

    84,6

    Quelle: Türkisches Statistikamt TÜIK 2024

    Von Katrin Pasvantis | Istanbul

  • Rahmenbedingungen

    Importzölle und -bestimmungen ändern sich in der Türkei recht häufig. 

    Beim Import von chemischen Stoffen für den industriellen Einsatz sind bestimmte Genehmigungen oder Zertifikate einzuholen. Die involvierten Aufsichtsbehörden unterscheiden sich je nach Produkt.

    Zwischen der EU und der Türkei besteht eine Zollunion. Das bedeutet, dass Waren, die sich im zollrechtlich freien Verkehr der EU oder der Türkei befinden, ohne Erhebung von Zöllen in den jeweils anderen Teil verbracht werden können. Es gibt einen gemeinsamen Außenzoll. Näheres dazu finden Sie im GTAI-Bericht Zoll und Einfuhr kompakt - Türkei.

    Die Einfuhrbestimmungen der Türkei werden zu Beginn eines jeden Jahres veröffentlicht. Germany Trade & Invest berichtet regelmäßig darüber. Bei Chemikalien sind sowohl Importverordnungen als auch Konformitätsbestimmungen zu beachten.

    Für die Markteinführung eines neuen Medikamentes in der Türkei bedarf es einer Registrierung beim Gesundheitsministerium. Dieses Genehmigungsverfahren, das sowohl für lokal produzierte als auch importierte Arzneimittel verlangt wird, ist langwierig und kompliziert. Die Registrierung hat auf den Namen einer Firma mit Hauptsitz in der Türkei zu erfolgen. Somit müssen ausländische Hersteller ihre pharmazeutischen Produkte über ihre türkische Vertretung oder eigene Niederlassung in der Türkei anmelden und registrieren lassen.

    Recyclingabgabe GEKAP für Einweg-Plastikprodukte

    Zu Jahresbeginn 2020 wurde die Recyclingabgabe GEKAP von Plastiktüten auf alle Produkte ausgeweitet, die ohne Recycling die Umwelt belasten. Dies betrifft Hersteller weiterer Kunststoffprodukte und in besonderem Maße auch Hersteller von Farben und Lacken. Am 5. Februar 2020 wurde das Communiqué No. 2 mit weiteren Erläuterungen zur Umsetzung der GEKAP veröffentlicht (weitere Informationen auf Türkisch). Die im Jahr 2024 anzuwendenden GEKAP-Beträge wurden am 29. Dezember 2023 im Amtsblatt 32057 um 54 Prozent gegenüber dem Vorjahr erhöht (Anlage).

    Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Klaus Möbius, Katrin Pasvantis | Bonn, Istanbul

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Türkei

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Sanayi ve Teknoloji Bakanligi

    Ministerium für Industrie und Technologie

    Cevre ve Sehircilik Bakanligi

    Ministerium für Umwelt und Städtebau

    Türkiye Kimya Sanayicileri Dernegi (TKSD)

    Verband der türkischen Chemieindustrie

    Plastik Sanayicileri Dernegi (PAGDER)

    Verband der Kunststoff-Industrie

    Boya Sanayicileri Dernegi (BOSAD)

    Verband der Farbenindustrie

    Kimya Mühendisler Odasi

    Kammer der Chemiker

    Turkchem Chem Show Eurasia

    Istanbul, alle zwei Jahre, geplant 27.- 29.11.24

    Plast Eurasia

    Messe der Kunststoffindustrie, Istanbul, geplant 4.- 7.12.24

    Von Katrin Pasvantis | Istanbul

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