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Branchenbericht Ukraine Wasserversorgung, Bewässerung

Ukrainische Wasserwerke stehen vor großen Aufgaben

Die Ukraine will ihre Wasserwirtschaft schnell auf das Niveau der EU-Staaten bringen. Ein neues Gesetz soll die Modernisierung nach europäischen Standards beschleunigen.

Von Gerit Schulze | Berlin

Bei der Abwasserreinigung orientiert sich die Ukraine künftig an den Normen der Europäischen Union (EU). Das Parlament (Werchowna Rada) stimmte am 12. Januar 2023 in abschließender Lesung für das Gesetz Nr. 6478 "Über die Entsorgung von Abwasser in Siedlungen". Damit soll die EU-Richtlinie 91/271/EWG zur Behandlung von kommunalem Abwasser umgesetzt werden.

Ziel ist es, das zentrale und dezentrale Kläranlagensystem zu modernisieren und die Umweltschäden durch Schmutzwasser zu verringern. Verbraucher bekommen mehr Rechte und müssen über die Qualität des Trinkwassers informiert werden. Ein Jahresbericht wird künftig regelmäßig über den Zustand der Trinkwasserversorgung informieren.

Wiederaufbauplan sieht Modernisierungsschub vor

Im Nationalen Wiederaufbauplan, den die Ukraine im Juli 2022 in Lugano vorgestellt hatte, spielt die Wasserwirtschaft eine wichtige Rolle. Demnach sind für die Modernisierung der Wasserversorgung und Abwasserreinigung bis 2032 Investitionen von 42 Milliarden US-Dollar (US$) nötig. Davon werden 11 Milliarden US$ für neue Leitungssysteme veranschlagt.

Wie die meisten Branchen des Landes ist auch die Wasserwirtschaft von Russlands Angriffskrieg betroffen. Die Staatsagentur für die Wasserressourcen der Ukraine beziffert die Schäden an Wasserbauwerken, Bewässerungskanälen und Verwaltungsgebäuden auf 154 Millionen US$. Hinzu kommen Kontaminationen des Grundwassers durch militärisches Gerät, Munition und ausgelaufene Kraftstoffe.

Kommunen haben bereits Sanierungspläne erstellt

Bei der Messe "Rebuild Ukraine" in Warschau (15. und 16. Februar 2023) präsentierten einige Kommunen bereits Projekte für den Wiederaufbau der Wasserwirtschaft. Die Gebietshauptstadt Cherson schätzt die Kosten für die Instandsetzung der zerstörten Versorgungsleitungen und Kanalisation auf umgerechnet gerechnet 38 Millionen Euro.

Rund 60 Kilometer weiter, in der Großstadt Mykolajiw, lief vor dem Krieg bereits ein Vorhaben zur Modernisierung der Wasserversorgung. Nach Beginn der Invasion musste das 31 Millionen Euro teure Projekt gestoppt werden. Der Ort Sjewjerodonezk im Gebiet Luhansk stellte in Warschau die Pläne für eine neue Kläranlage vor, die 8.000 Kubikmeter Abwasser pro Tag reinigen kann.

In den ersten Kriegsmonaten hatte besonders die Umlandregion der ukrainischen Hauptstadt, die Kiewer Oblast, unter Russlands Angriffen gelitten. Das Gebiet soll daher nach Vorstellung der EU und des ukrainischen Umweltministeriums zu einer Pilotregion für den grünen Umbau des Landes werden. Zu den vorrangigen Projekten zählen die Abfall- und die Wasserwirtschaft.

Aktuelle Projekte dank internationaler Geber

Viele Investitionsprojekte laufen aktuell nur dank internationaler Geberorganisationen. Die deutsche Entwicklungsbank KfW setzt zurzeit nach eigenen Angaben 34 Vorhaben mit einem Gesamtvolumen von 1,2 Milliarden Euro in der Ukraine um. Dazu gehören Programme zur Versorgung mit Wasser, Wohnraum, Energie und medizinischer Versorgung. Ein KfW-Projekt wird in Tschernowitz an der Grenze zu Rumänien finanziert. Das teilte der örtliche Bürgermeister Roman Klytschuk Anfang März 2023 dem Newsportal NV.UA mit. Demnach bekommt die Großstadt einen Kredit über 53 Millionen Euro zur Erneuerung der kommunalen Wasserleitungen.

Auch die Europäische Investitionsbank EIB engagiert sich stark für die Ukraine. Schon einen Monat nach Kriegsbeginn zahlte die EU-Förderbank dem Land ein Soforthilfepaket über 668 Millionen Euro aus. In einer zweiten Stufe stellt die EIB 1,59 Milliarden Euro zur Verfügung, mit der die am stärksten beschädigte Infrastruktur repariert und wegen des Krieges eingefrorene Projekte wieder aufgenommen werden sollen. Bis Ende 2022 hatte die EIB in der Ukraine Vorhaben der Wasserversorgung und Abwasserreinigung im Umfang von 247 Millionen Euro finanziert.

In der Vergangenheit unterstützte außerdem die Europäische Wiederaufbaubank EBRD häufig Sanierungsarbeiten der ukrainischen Wasserwirtschaft. Aktuell gibt es laut Projektdatenbank aber keine neuen Vorhaben.

USA liefern Pumpen nach Sumy

Dafür laufen viele Arbeiten als bilaterale Hilfsmaßnahme. In Mykolajiw unterstützt Dänemark die Wasseraufbereitung aus dem Fluss Dnipro mit einer modernen Anlage. Die Wasserwerke Sumy haben Hilfe aus den USA bei der Ausstattung mit Tauchpumpen bekommen. Die Ausrüstungen wurden vom US-Unternehmen Xylem geliefert und helfen bei der Förderung von Trinkwasser aus artesischen Tiefwasserbrunnen. Ebenfalls in Sumy unterstützte Frankreich die Wasserwerke mit neuen Spezialrohren für die Abwassersammlung.

Auch Deutschland hilft der ukrainischen Wasserwirtschaft dabei, die Herausforderungen des Krieges zu meistern. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) steht in direktem Austausch mit dem ukrainischen Wasserverband Ukrvodokanalecologiya, der die Hilfsanfragen seiner 160 Mitgliedsunternehmen bündelt und konkrete Bedarfslisten übermittelt. Um die Abwicklung von Spenden kümmert sich die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).

Deutsche Generatoren für Wasserwerke Cherson

Viele Hilfsgüter sind bereits vor Ort angekommen. In Cherson hat das kommunale Wasserwerk Khersonsky MKP Vodokanal vom Technischen Hilfswerk (THW) drei Generatoren mit einer Leistung von 440 und 550 Kilowatt bekommen. Sie sollen helfen, bei Stromausfällen die zentrale Wasserversorgung sicherzustellen.

Neben der kommunalen Wasserwirtschaft könnte die Bewässerung von Agrarflächen ein interessantes Geschäftsfeld nach Kriegsende werden. Der ukrainische Landwirtschaftsminister Mykola Solsky erklärte im Februar 2023, dass die Hydromelioration mindestens auf 1 Million Hektar Ackerland erneuert werden müsste. Das ist ein Fünftel der derzeit aktiv bewässerten Felder.

Allerdings ist davon auszugehen, dass die Wasserentnahme und das Anbohren von Grundwasserquellen in der Ukraine künftig stärker reguliert wird. Das Parlament berät zurzeit einen Gesetzentwurf, der eine Lizenzierungspflicht für solche Tätigkeiten vorsieht.

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