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Rechtsbericht | Ukraine | Recht der öffentlichen Aufträge

Ukraine plant Novellierung des Vergabegesetzes

Das Ministerium der Wirtschaft zielt mit dem Änderungsentwurf auf den Wiederaufbau der Ukraine und die Erfüllung der nationalen Ziele mit Blick auf die EU-Integration ab.

Von Yevgeniya Rozhyna | Bonn

Das ukrainische Parlament (Werchowna Rada) hat am 17. September 2024 in erster Lesung die Änderungen des Gesetzes über öffentliche Ausschreibungen (Закон про публічні закупівлі) verabschiedet. Damit setzt sie Forderungen der Europäischen Union und der Weltbank im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens um.

Mehr Flexibilität bei der Vergabe öffentlicher Aufträge

Mit dem Gesetzentwurf soll ein effizientes öffentliches Auftragswesen geschaffen werden, das eine transparente und wettbewerbsorientierte Auftragsvergabe gewährleistet. Die vorgesehenen Beschaffungsinstrumente und -praktiken sollen sich an der EU-Praxis orientieren. Dies soll den Wiederaufbau der Ukraine und die Erfüllung der internationalen Verpflichtungen der Ukraine im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens sicherstellen. Mit der Novelle werden neue Wege zur Durchführung von öffentlicher Beschaffung eingeführt und diese im Rahmen des geltenden Kriegsrechts flexibler gestaltet. Wichtige Punkte sind unter anderem:

  • Einführung neuer Beschaffungs- und Vergabesysteme;
  • Anforderungen an ausländische Bieter, Dokumente nach dem Recht ihres Herkunftslandes vorzulegen;
  • Regeln für die Durchführung von Projektwettbewerben und Beschaffung über ein elektronisches Beschaffungssystem;
  • Gemeinsame Auftragsvergabe für öffentliche Auftraggeber; 
  • Berichtigung von Angebotsfehlern innerhalb von 24 Stunden.                                                                                                                                       

Neue Wege bei der Auftragsvergabe 

Mit dem ukrainischen Beschaffungssystem Prozorro und der Digitalisierung konnten bereits Erfolge im Bereich der öffentlichen Ausschreibungen erzielt werden. Der nächste Schritt ist die Entwicklung ausgefeilter Beschaffungsmechanismen. Dazu werden neue Beschaffungssysteme eingeführt:

Aggregiertes Vergabeverfahren

Aggregierte Beschaffungen bieten die Möglichkeit, mehrere Einzelbeschaffungen zu einer größeren gemeinsamen Beschaffungseinheit zusammenzufassen. Dies kann verschiedene Vorteile bieten, wie Kosteneinsparungen durch Mengenrabatte, effizientere Verwaltung und bessere Verhandlungspositionen.

Dynamisches Vergabeverfahren

Das dynamische Beschaffungssystem bietet Beschaffungsstellen die Möglichkeit, Lieferanten offene Rahmenverträge anzubieten. Lieferanten können während der gesamten Laufzeit des Rahmenvertrages beitreten. Voraussetzung ist, dass es sich um die Beschaffung von Gütern für einen dauerhaften Markt handelt. Der Vorteil liegt darin, dass die Qualifizierung der Teilnehmer bei wiederholten Beschaffungen innerhalb der festgelegten Grenzen erfolgt. Auf diese Weise wird die Beschaffung für Kunden mit wiederkehrendem Bedarf vereinfacht.

Offenes Projektverfahren

Das offene Projektverfahren ermöglicht inländischen und ausländischen Unternehmen sowie natürlichen Personen Projektvorschläge einzureichen – sofern die Vorschläge die Qualifikationsanforderungen für eine Ausschreibung erfüllen. Die besten Vorschläge werden von einer eigens dafür gebildeten Kommission ausgewählt.

Innovative Partnerschaften

Der Gesetzentwurf führt das Verfahren für "Innovative Partnerschaften“ ein. Dieses Verfahren fördert die öffentliche Beschaffung von Gütern, Werkarbeiten und Dienstleistungen, die zu einem neuen, wesentlich verbesserten Produkt, einer Dienstleistung oder einem (Arbeits-) Prozess zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen.

Soziale Unternehmen als Schritt zum nachhaltigen Wiederaufbau

Darüber hinaus bietet die Novelle sozial tätigen Unternehmen die Möglichkeit, sich zu Sonderkonditionen an öffentlichen Aufträgen zu beteiligen. Voraussetzung hierfür ist, dass das Unternehmen entweder von ukrainischen Kriegsveteranen gegründet wurde oder von einer juristischen Person, die mindestens 60 Prozent Kriegsveteranen oder Menschen mit Behinderung beschäftigt.

Diese Neuerung ist ein Schritt in Richtung sozial verantwortliches Wirtschaften im Sinne der ukrainischen Nachhaltigkeitsstrategie

Höhere Abschlussquote durch schnellere Fehlerkorrektur

Das Gesetz verbessert die Verfahren, indem die Möglichkeit zur Fehlerkorrektur erweitert wird. Die Bietenden können Fehler in ihren Angeboten innerhalb von 24 Stunden korrigieren. Dies soll dazu führen, dass die Anzahl der erfolgreich abgeschlossenen Abschreibungen erhöht wird. 

Darüber hinaus sieht der Entwurf die Einführung einer gemeinsamen Auftragsvergabe für Beschaffungsstellen vor. So können Beschaffungsstellen ihre Bedürfnisse durch eine gemeinsame Auftragsvergabe bündeln und diese effektiver gestalten.  

Pflicht zur Nutzung des elektronischen Systems erst ab bestimmten Schwellenwerten

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die verpflichtende Verwendung des elektronischen Vergabesystems und der Kataloge mit einem Verzeichnis für Werk-, Waren- oder Dienstleistungen vom Auftragswert abhängt:

Bei Beschaffungen von Waren im Wert von zwischen circa 1.089 und 8.719 Euro ist die Nutzung des Kataloges verbindlich. 

Für Werkarbeiten im Wert von circa 4.360 bis 32.700 Euro kann die Beschaffung ohne Nutzung des elektronischen Vergabesystems erfolgen. Allerdings muss ein Bericht über die Beschaffung im System veröffentlicht werden. Alternativ kann die Beschaffung über das elektronische System gemäß dem vom Systemverwalter festgelegten Verfahren durchgeführt erfolgen.

Für die Beschaffung von Waren und Dienstleistungen mit einem Wert zwischen circa 1.089 und 133.000 Euro sowie für Werkarbeiten im Wert von circa 32.700 Euro und 5.150.000 Euro muss eine offene Ausschreibung durchgeführt werden. Gleichzeitig sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, einen Beschaffungskatalog zu erstellen, über den Beschaffungsgegenstände ohne Teilnahme an einer Ausschreibung erworben werden können.

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