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Branchenstruktur
Zwei Krisenjahre haben der Baubranche zugesetzt, die Zahl der Bauunternehmen ist stark geschrumpft. Fehlende Arbeits- und Fachkräfte sind dennoch ein Problem.
15.04.2025
Von Kirsten Grieß | Budapest
Der Anteil der Bauwirtschaft an der Bruttowertschöpfung der ungarischen Wirtschaft lag 2024 bei 6 Prozent – ein Wert, der über die Jahre relativ stabil geblieben ist. Weniger stabil zeigt sich das Produktionsvolumen der Bauindustrie. Seit 2023 ist die Bauleistung rückläufig, was eng mit dem 2022 verhängten staatlichen Investitionsstopp zusammenhängt. Die öffentliche Hand war bis dahin mit Abstand größter Investor am Baumarkt. Entsprechende Auftragsverluste bei gleichzeitig massiv gestiegenen Erzeugerpreisen machen ungarischen Bauunternehmen und Baustoffherstellern seither zu schaffen.
Rasante Konsolidierung in der Baubranche
Das zweite Krisenjahr in Folge brachte die ungarische Baubranche sichtlich in Bedrängnis. Laut nationalem Statistikamt KSH waren zum Jahresende 2024 noch 149.529 Bauunternehmen offiziell registriert, 1.290 Betriebe weniger als im Juli des Vorjahres. Dabei sind es eher die Klein- und Kleinstbetriebe, die ihr Geschäft aufgeben mussten. Während größere Baufirmen mit mehr als 250 Mitarbeitern ihre Marktanteile zuletzt deutlich ausweiteten. Ihr Beitrag zum gesamten Produktionsvolumen schnellte zwischen 2022 und 2023 von 8 auf 19 Prozent nach oben.
Grundsätzlich sind die Baubetriebe mehrheitlich in ungarischer Hand. Duna Aszfalt, im Besitz des Gründers der Duna Gruppe, Lászlo Szíjj, führt als Generalunternehmen zahlreiche staatliche Straßen- und Tiefbauprojekte durch. Eine der größten Tiefbaugesellschaften, Mészáros és Mészáros, ist im Besitz des Orbán-Vertrauten Lőrinc Mészáros. Szíjj und Mészáros sind wiederum Anteilseigner von MKIF, dem Konzessionshalter für weite Teile des ungarischen Autobahnnetzes. Mit Strabag und Metal Hungaria Holding mischen auch zwei österreichisch geführte Bauunternehmen im Baugeschäft mit.
Unternehmen | Sparte | Umsatz 2023 | Veränderung 2023/2022 |
---|---|---|---|
Market Építő Zrt. | Hochbau und Tiefbau | 852 | 7,0 |
Duna Aszfalt Zrt. | Tiefbau | 580 | - 2,0 |
V-Híd Zrt. | Tiefbau | 445 | 50,0 |
Kész Epítő Zrt. | Hochbau und Tiefbau | 395 | 55,2 |
Synergy Construction Hungary | Hochbau und Tiefbau | 356 | 250,3 |
Mészáros és Mészáros Zrt. | Tiefbau | 316 | 61,4 |
STRABAG Építőipari Zrt. | Hochbau und Tiefbau | 312 | 101,1 |
WEST HUNGARIA BAU Kft. | Hochbau und Tiefbau | 297 | 45,8 |
China Tiejiuju Engineering & Construction Kft | Tiefbau | 275 | 210,7 |
RM International Zrt. | Tiefbau | 266 | 65,6 |
Gestiegene Baupreise bleiben ein Problem
Der Anstieg der Erzeugerpreise im Baugewerbe verlangsamte sich 2024 laut offiziellen Zahlen auf 5,9 Prozent. Doch nach den massiven Preissteigerungen der Vorjahre ist das Preisniveau weiterhin ein großes Problem für Baubetriebe, vor allem für die Kleineren. Nach Daten des Fachverbands der Bauunternehmer liegen die Preiszuwächse für bestimmte Posten noch immer im zweistelligen Bereich, etwa für die Beseitigung von Bauschutt, für elektrische Kabel und Leitungen, aber auch für Personal.
Mit einer Arbeitslosenquote von 4,5 Prozent (im Februar 2025) herrscht in Ungarn quasi Vollbeschäftigung. In der Wirtschaft fehlen seit Jahren Fachkräfte. Das spürt auch die Baubranche. Zwar sorgten Auftragsrückgänge und Insolvenzen in der Bauwirtschaft zuletzt für eine gewisse Entspannung, in bestimmten Bereichen fehlt aber weiter Personal. Die Betriebe suchen vor allem Maurer, Elektriker oder Schlosser. Es gibt auch einen Mangel an Architekten, Bauingenieuren und Elektroingenieuren. Das ergab Mitte 2024 eine Mitgliederbefragung des Verbands der ungarischen Bauunternehmer (ÈVOSZ).
Großhändler dominieren den Baustoffmarkt
Der Präsident des ungarischen Verbands für Baustoffe und Bauprodukte (MÈASZ), László Szarka, schätzt, dass auf seinem Heimatmarkt rund 500 Baustoffproduzenten und Installateure aktiv sind. Darunter fallen etwa 35 größere Hersteller von Produkten, Ausrüstung und Zubehör, 400 Unternehmen operieren im Bereich Gebäudetechnik und -installation. Szarka geht außerdem davon aus, dass in Ungarn rund 1.000 Baustoffhändler und Lieferanten Produkte anbieten.
Zwei inländische Großhändler dominieren den B2B-Markt: Der Platzhirsch Újház betreibt landesweit rund 80 Baustoffmärkte und zur Nummer 2, Lamda, gehören etwa 25 Märkte. Darüber hinaus gibt es in Ungarn drei größere Partnernetzwerke: Unter dem Dach der Hufbau Gruppe, der Pannon Gruppe und der Alföldi Tüzép Kft. kooperieren zwischen 45 und 125 unabhängige Betriebe. Die ungarischen Niederlassungen der deutschen Baumarktketten Obi, Praktiker und Bauhaus sind vorrangig im B2C-Geschäft aktiv.
Sparte *) | 2024 | Veränderung 2024/2023 |
---|---|---|
16.23 Bauteile aus Holz | 344 | -2,3 |
22.23 Baubedarfsartikel aus Kunststoff | 515 | 6,1 |
23.1 Glas und Glaswaren | 450 | -7,1 |
23.3 Keramische Baumaterialien | 129 | -10,5 |
23.4 Sonstige Porzellan und Keramikprodukte | 310 | -13,4 |
23.5 Zement, Kalk und gebrannter Gips | 230 | -9,2 |
23.6 Erzeugnisse aus Beton, Zement, Gips | 1.117 | -2,6 |