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Branche kompakt | Polen | Bauwirtschaft

Branchenstruktur

Ähnlich wie in Deutschland sind die meisten Baufirmen in Polen mittelständisch. Prägenden Einfluss auf die Branche haben trotzdem die heimischen und internationalen Konzerne.

Von Christopher Fuß | Warschau

Die Bauindustrie gehört zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen Polens. Bei einem Großteil der Betriebe handelt es sich um selbstständige Gewerbetreibende. Sie repräsentieren laut der Statistikbehörde GUS (Główny Urząd Statystyczny) mehr als 84,3 Prozent der insgesamt rund 728.000 Unternehmen in Polens Baugewerbe. Auch ein Großteil der Branchenumsätze geht auf kleine Betriebe zurück. Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitenden erwirtschaften 52,3 Prozent aller Einnahmen in der Bauindustrie. Die Firmen arbeiten oft als Unterauftragnehmer der großen Baukonzerne.

Staatliche Verwaltungsgesellschaften und Behörden gelten als die wichtigsten Auftraggeber bei Infrastrukturprojekten. Das Fernstraßennetz Polens unterliegt der Aufsicht der Generaldirektion GDDKiA (Generalna Dyrekcja Dróg Krajowych i Autostrad). Sie veröffentlicht Ausschreibungen auf der Grundlage von langfristigen Planungsdokumenten. Zwei zentrale Strategiepapiere sind das Regierungsprogramm für den Bau von Nationalstraßen bis 2030 und das Programm für den Bau von 100 Umgehungsstraßen

Das Staatsunternehmen PKP PLK verwaltet mehr als 90 Prozent der gesamten Schieneninfrastruktur in Polen. Zu den wesentlichen Planungsdokumenten gehört der Landesschienenplan KPK (Krajowy Program Kolejowy). Er enthält eine Liste mit geplanten Investitionen bis zum Jahr 2030. Das Programm Schiene Plus umfasst darüber hinaus Bahn-Investitionen im ländlichen Raum bis 2029.

Deutsche Unternehmen in fast allen Branchensegmenten vertreten

Im Hochbau geben private Bauträger als Auftraggeber den Ton an. Besonders deutlich wird ihre Rolle im Wohnungsbau. Fast 70 Prozent aller Baugenehmigungen in diesem Segment gingen 2023 auf Immobilienentwickler zurück. Zu den größten Anbietern gehören die beiden Firmen Dom Development und Atal. Der wichtigste Anbieter in Polen mit deutschem Eigentümer ist das Unternehmen ROBYG. Im Industrie- und Lagerhallenbau führt an dem US-amerikanischen Immobilienentwickler Panattoni kein Weg vorbei, ebenso wenig wie an der belgischen Ghelamco Gruppe im Büro-Segment. Die deutsche Trei Real Estate wiederum gehört zu den größten Investoren in neue Einzelhandelsflächen, vor allem in Fachmarktzentren.

Ähnlich wie die Bauträger haben auch die größten Bauunternehmen in Polen ein internationales Profil. An der Spitze nach Umsatz steht seit Jahren der polnisch-spanische Bauriese Budimex, gefolgt von den Österreichern PORR und Strabag auf Platz zwei und drei. Budimex gehört zusammen mit den polnischen Firmen Mirbud und Intercor auch zu den größten Auftragnehmern von Straßenbauprojekten. Deutsche Unternehmen kommen in diesem Marktsegment vor allem als Ingenieurdienstleister zum Zug. 

Das nach Umsatz führende deutsche Bauunternehmen in Polen ist die Firma Goldbeck. Laut Berechnungen der Unternehmensberatung Deloitte landet sie auf Platz 13 der größten Baufirmen. Wie der Thinktank Polityka Insight in einer Studie schreibt, drängen auch immer mehr chinesische und türkische Firmen in den Markt. Sie gründen im Gegensatz zu ihren internationalen Mitbewerbern jedoch keine Niederlassung in Polen.

 

Wichtige Bauunternehmen in PolenUmsatz in Millionen Euro*); nominale Veränderung auf Euro-Basis in Prozent

Name des Unternehmens

2022

2023

Veränderung 2023/22

Budimex S.A.

1.839

2.157

17,3

Grupa Strabag Sp.z o.o.

1.081

1.266

17,1

Porr S.A.

836

992

18,6

Mirbud S.A.

708

731

3,3

Erbud S.A.

823

712

-13,5

Polimex-Mostostal S.A.

807

663

-17,8

Unibep S.A.

482

535

11,0

Vinci Construction Polska - Warbud S.A., Eurovia S.A.

476

534

12,3

Trakcja PRKiI S.A. (Bahn, Straße)

320

455

41,9

Mostostal Warszawa S.A.

344

369

7,1

* umgerechnet zu den jahresdurchschnittlichen Wechselkursen: 2022: 1 Euro = 4,6861 Zł, 2023: 1 Euro = 4,5430 Zł, Einnahmen aus Verkäufen.Quelle: Bericht von Deloitte - Polskie Spółki Budowlane 2024

 

Deutsche Baugesellschaften erledigen Projekte in Polen normalerweise mit lokalen Mitarbeitern. Die Firmen erhalten die meisten Aufträge im Hochbau. Das Generalunternehmen Bremer errichtet zum Beispiel in der zentralpolnischen Stadt Łódź einen Logistikpark. Die Arbeiten enden voraussichtlich bis zum 3. Quartal 2025. Weitere Projekte laufen in Radom südlich von Warschau und bei Katowice. Der Bauriese Hochtief wiederum baut in Warschau die Wohnsiedlung Miasto Moje. Bereits 2024 konnte das Unternehmen die Wohnhochhäuser Towarowa Towers im Stadtteil Wola fertigstellen.

Kooperation bei technisch anspruchsvollen Projekten

Im Tiefbau sind Konsortien keine Seltenheit. Beispielsweise wird Budimex gemeinsam mit dem türkischen Unternehmen Gülermak einen 5,2 Kilometer langen Abschnitt der Schnellstraße S19 bauen. Er verläuft nahe der Grenze zur Slowakei. Die Investition von 440 Millionen Euro beinhaltet unter anderem den Bau eines Tunnels. Auch deutsche Unternehmen beteiligen sich an solchen Konsortien. Gemeinsam mit Porr erweiterte die Bonner Gesellschaft TGE Gas Engineering das LNG-Flüssiggas-Terminal in der polnischen Hafenstadt Świnoujście.

Öffentliche Auftraggeber bieten ebenfalls Kooperationsmöglichkeiten an, zum Beispiel im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP). Die meisten dieser Vorhaben gehen auf die Initiative von Gemeindeverwaltungen zurück. Polens Ministerium für Regionalpolitik veröffentlicht eine Datenbank mit allen offenen Verfahren. Zu den beliebtesten Sektoren für ÖPP gehören die Wasser- und Abwasserwirtschaft, die Energiewirtschaft und der Sport.

Kaum Import von Baudienstleistungen

Polen exportiert laut der europäischen Statistikbehörde Eurostat deutlich mehr Baudienstleistungen, als es importiert. Das gilt auch für das Verhältnis mit Deutschland: Der Wert der polnischen Ausfuhren liegt hier mit 1,1 Milliarden Euro um ein zehnfaches höher als der Wert der Einfuhren. Rund 60 Prozent aller von polnischen Unternehmen im Ausland erbrachten Baudienstleistungen finden in Deutschland statt. Allerdings spielen Exporte in den Abschlüssen vieler Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle. Weniger als 5 Prozent aller Branchenumsätze von Polens Bauindustrie fallen im Auslandsgeschäft an.

Deutsche Unternehmen behaupten sich als Lieferanten von Baumaterialien. Wandbausteine aus Porenbeton vom Duisburger Hersteller Xella stecken in unterschiedlichen Hochhäusern in Warschau, darunter im Warsaw Spire im Warsaw Hub und im Wolkenkratzer The Bridge. Für ein weiteres Bürogebäude in Warschau liefert der Bodenhersteller Lindner rund 26.000 Quadratmeter an Holz-Bodenplatten. 

Polen wiederum ist dank Unternehmen wie Aluprof, Eko Okna oder Fakro der europaweit größte Exporteur von Türen und Fenstern. Darüber hinaus gehört das Land zu den europäischen Zentren für die Produktion von Zement und Keramikfliesen.

 

Produktion ausgewählter Bauprodukte in Polen In 1.000 Tonnen, sofern nicht anders angegeben; Veränderung in Prozent
Sparte

2023

Veränderung 2023/22

Zement

16.606

-11,9

Glas (in Millionen qm)

166

-6,3

Kunststofffenster (in 1.000 Stück)

8.283

-6,6

Rohstahl

6.520

-13,3

Stahlrohre

884

-11,5

Raffiniertes Kupfer

596

1,3

Faserplatten aus Holz (in Millionen qm)

606

-11,0

Schnittholz aus Nadelbäumen (in Kubikdekametern)

2.680

-3,6

Schnittholz aus Laubbäumen (in Kubikdekametern)

203

-18,5

Farben, Lacke

1.063

-22,3

Quelle: Statistisches Hauptamt GUS 2025

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