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US-Farmen müssen auch in schlechteren Zeiten investieren
Automatisierung und künstliche Intelligenz sollen die Effizienz steigern sowie Kosten senken. Dafür ist "made in Germany" gefragt. Doch die Investitionsbereitschaft schwächelt.
23.10.2024
Von Roland Rohde | Washington, D.C.
Die ganz fetten Jahre sind in der amerikanischen Landwirtschaft vorbei. Trotz steigender Produktion gehen die Einkommen auf absehbare Sicht zurück. Das führte bereits 2023 und 2024 zu einer mauen Investitionstätigkeit und sinkenden Maschineneinfuhren. Dennoch müssen die Höfe dringend in ihre Modernisierung und Automatisierung investieren. Dazu zwingt sie schon allein der Mangel an Arbeitskräften.
Nach Angaben des US-Landwirtschaftsministeriums erzielten die Farmen 2022 ein durchschnittliches Nettoeinkommen von mehr als 190.000 US-Dollar (US$). Das Rekordergebnis war vor allem den stark gestiegenen Preisen für landwirtschaftliche Produkte zu verdanken. Doch 2023 registrierte die Behörde ein Minus von 22 Prozent. Und für 2024 erwartet sie einen Rückgang von 7 Prozent auf 140.000 US$. Dieser Wert läge aber immerhin noch über dem Niveau der Jahre 2015 bis 2019, auch unter Berücksichtigung der Preissteigerung.
Kaum noch steigende Investitionen in Maschinenparks
Für die meisten Farmen ist das ein schwacher Trost. Sie treten auf die Kostenbremse. Die Ausgaben für Maschinen und Fahrzeuge (einschließlich Lkw und Pkw) waren bereits 2023 nur noch um 2 Prozent auf gut 33 Milliarden US$ gestiegen. Für 2024 rechnet die Behörde mit einer Zunahme von 1 Prozent auf knapp 34 Milliarden US$. Inflationsbereinigt sind die Investitionen damit zurückgegangen.
Jedoch erfassen diese Zahlen nicht alle Betriebe. Den Gesamtmarkt für Landtechnik taxiert das Marktforschungsunternehmen Modor Intelligence für 2024 auf fast 40 Milliarden US$. Dabei erwarten die Berater für die kommenden fünf Jahre ein Marktwachstum von nominal gut 6 Prozent pro Jahr, sodass 2029 ein Wert von 54 Milliarden US$ erreicht würde.
Sinkende Einnahmen bei Betrieben
Diese Prognose erscheint aber zu positiv. Das lassen zumindest die bis 2033 reichenden USDA Agricultural Projections vermuten, die von zehn Behörden beziehungsweise Forschungsinstituten erstellt und vom Landwirtschaftsministerium Anfang 2024 veröffentlicht wurden. Demnach steigt der mengenmäßige Output von Getreide, Fleisch und Gemüse zwischen 2024 und 2033 weiter. Gleichzeitig sollen die Nettoeinkommen aller landwirtschaftlichen Betriebe aber um nominal 14 Prozent sinken. Inflationsbereinigt entspräche das einem Rückgang von geschätzt einem Drittel.
Immerhin kommt Rückenwind von der Zinsfront: Die Zentralbank Fed leitete Ende September 2024 mit der ersten Zinssenkung seit dem Ende der Coronapandemie die Wende ein. Ökonomen rechnen für 2025 mit weiteren Anpassungsschritten nach unten. In der Folge dürften Kredite auch für Farmen günstiger werden. Zugleich werden die Löhne steigen und der Fachkräftemangel fortbestehen. Die landwirtschaftlichen Betriebe müssen deshalb in ihre Automatisierung investieren, um fehlende Leute zu ersetzen und ihre Personalkosten zu reduzieren.
In der Tiermast und Milchwirtschaft etwa tragen vollautomatisierte Futter- und Melkanlagen dazu bei. In der Ackerwirtschaft können satellitengestützte Daten, die die Bodenbeschaffenheit an die Maschinen senden, den Einsatz von Saatgut, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln reduzieren. In Zukunft wird verstärkt künstliche Intelligenz in der amerikanischen Landwirtschaft Einzug halten. Sie kann helfen, Betriebsmittel noch effizienter zu verwenden.
Bröckelnde Landmaschineneinfuhren
Die genannten Entwicklungen machen sich auch in der Importstatistik bemerkbar. So gingen die Einfuhren von Landmaschinen und Traktoren 2023 um gut 3 Prozent auf 15 Milliarden US$ zurück, berichtet die U.S. International Trade Commission. In den ersten acht Monaten 2024 gaben die Branchenimporte sogar um 12 Prozent nach.
Deutsche Lieferungen mit zweistelligem Minus
Traditionell liegt Landtechnik "made in Germany" in den USA auf Rang 1 der Einfuhrstatistik. Im Jahr 2023 konnten die deutschen Maschinenbauer ihre Lieferungen gegen den Trend um 27 Prozent auf 3,7 Milliarden US$ steigern. Doch zwischen Januar und August 2024 brachen sie um 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein. Dagegen schafften Anbieter aus China und Mexiko ein Plus von 9 Prozent. In Zeiten knapper Kassen können sie mit günstigeren Anschaffungspreisen punkten.
Markt von wenigen Maschinenbaukonzernen dominiert
In der Landmaschinenindustrie gibt es viele große US-Firmen. Hinzu kommen Tochtergesellschaften ausländischer Konzerne beziehungsweise Joint Ventures zwischen amerikanischen und internationalen Unternehmen. Zu den bedeutendsten Playern gehören die beiden US-Gesellschaften John Deere und AGCO (mit der Tochtergesellschaft Fendt) sowie Kubota (Japan) und CNH Industrial (Zusammenschluss der amerikanischen CNH Global und der italienischen Fiat Industrial).
Forschung und Entwicklung werden immer wichtiger, um im Markt zu bestehen. Die nötigen Aufwendungen können die Finanzkraft und die technischen Fähigkeiten einiger Maschinenbauer überfordern. Künftig dürften deshalb große Konzerne ihre kleineren Konkurrenten übernehmen.
Auch auf der Abnehmerseite gibt es eine starke Konzentration: Von den 2 Millionen Farmen sind laut dem US-Landwirtschaftsministerium nur gut 120.000 Betriebe groß, sehr groß oder nicht familiengeführt. Sie stehen aber für nahezu zwei Drittel der landwirtschaftlichen Produktion (wertmäßig betrachtet). In der Milchwirtschaft liegt die Quote sogar bei fast 90 Prozent.
Agrarriesen setzen stark auf Smart Farming
Insbesondere sehr große Farmen zeichnen sich durch eine sehr hohe Produktivität aus. Sie erwirtschaften auf der gleichen Fläche einen rund 13 Mal so hohen wertmäßigen Ertrag wie Kleinbauern. Sie setzen laut Landwirtschaftsministerium stark auf Automatisierung und andere Konzepte des Smart Farming. Große und mittlere Betriebe werden künftig ihren technologischen Rückstand aufholen müssen, um mithalten zu können.
Betriebsgröße *) | Anzahl Betriebe (in 1.000) | bearbeitete Fläche (in Mio. Hektar) | Produktion (in Mrd. US$) |
---|---|---|---|
klein | 1.756,4 | 159,2 | 84,9 |
mittel | 115,6 | 73,4 | 85,9 |
groß | 59,8 | 70,7 | 130,4 |
sehr groß | 8,1 | 14,4 | 102,5 |
nicht inhabergeführt | 54,5 | 25,1 | 46,8 |