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US-Bauern müssen sich auf schlechtere Zeiten einstellen
Die Farmen werden immer größer und effizienter. Produktion sowie Konsum und Export von Nahrungsmitteln steigen weiter. Selbst der ohnehin schon hohe Fleischverbrauch nimmt zu.
05.06.2024
Von Roland Rohde | Washington, D.C.
Der Landwirtschafts- und Ernährungssektor in den USA befindet sich langfristig auf Expansionskurs. Allerdings müssen die Betriebe schwierigere ökonomische Rahmenbedingungen einkalkulieren, vor allem aufgrund rückläufiger Preise für Agrarprodukte. Das ist das Ergebnis der bis 2033 reichenden USDA Agricultural Projections, die von zehn Behörden beziehungsweise Forschungsinstituten erstellt und vom US-Landwirtschaftsministerium im Februar 2024 veröffentlich wurde.
Die Nettoeinkommen der Bauern sollen 2024 um knapp 5 Prozent auf 144 Milliarden US-Dollar (US$) sinken. Bis 2033 wird ein Rückgang auf 124 Milliarden US$ erwartet. Inflationsbereinigt entspräche das einer Verringerung um circa 30 bis 40 Prozent. Allerdings ist dieser Teil der Prognose mit einer gewissen Unsicherheit behaftet. Ereignisse wie Naturkatastrophen oder militärische Auseinandersetzungen, die zu starken Preisausschlägen bei Agrarprodukten führen können, lassen sich nicht voraussehen.
Dennoch ist davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren aufgrund des ökonomischen Drucks Landwirte ihre Betriebe aufgeben beziehungsweise beim Eintritt in den Ruhestand keine Nachfolger finden werden. Die dann zur Verfügung stehende Fläche wird teils von Nachbarfarmen aufgekauft oder gepachtet. Dadurch werden die Agrarbetriebe immer größer. Bereits 2022 hatte ein Hof laut US-Landwirtschaftsministerium eine durchschnittliche Größe von fast 190 Hektar. Gemäß dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft belief sich der entsprechende Wert für Deutschland 2020 auf 63 Hektar.
Großfarmen dominieren den Markt
Letztendlich bestimmen in den USA riesige Betriebe den Markt. So gab es laut US-Landwirtschaftsministerium 2022 insgesamt 2 Millionen Farmen, doch bei 84 Prozent handelte es sich um Nebenerwerbsbetriebe. Nur 3 Prozent waren groß oder sehr groß, zeichneten aber für über die Hälfte der landwirtschaftlichen Produktion verantwortlich. Bei Baumwolle und Milchprodukten lag die Quote sogar bei zwei Dritteln beziehungsweise drei Vierteln.
Anzahl Betriebe (in Mio.), davon | 2,0 |
Nebenerwerb (in %) | 84,0 |
"groß und sehr groß" (in %) 1) | 3,4 |
Beschäftigte (in Mio.) 2) | 2,6 |
landwirtschaftlicher Output (in Mrd. US$) | 449,6 |
bearbeitete Fläche (in Mio. Hektar) 3) | 847,4 |
durchschnittliche Farmgröße (in Hektar) | 187,9 |
durchschnittliches Farmeinkommen (in US$) | 95.400 |
Das Größenwachstum dürfte sich positiv auf die durchschnittliche Effizienz und Ertragskraft der Betriebe auswirken. Ebenso vollzieht sich ein technischer Modernisierungstrend, der zusätzlich durch den Fachkräftemangel befeuert wird. In den USA herrscht Vollbeschäftigung. Die Betriebe müssen daher trotz bröckelnder Einnahmen in Automatisierungstechnik investieren.
Das macht sich auch in der Zollstatistik bemerkbar, denn die Farmen setzen zum Teil auf modernste Technologie aus dem Ausland. So gingen die US-Einfuhren von Traktoren und landwirtschaftlichen Maschinen 2023 zwar um 3 Prozent auf knapp 15 Milliarden US$ zurück. Gegenüber 2020 waren sie damit aber immer noch um rund 80 Prozent gestiegen, so die U.S. International Trade Commission.
2023/24 | 2028/29 | 2033/34 | Veränderung *) | |
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Getreide (in Mio. Scheffel), davon | 21.582 | 22.407 | 23.386 | 8,4 |
Mais | 15.064 | 15.235 | 15.940 | 5,8 |
Soja | 4.104 | 4.650 | 4.865 | 18,5 |
Weizen | 1.812 | 1.901 | 1.972 | 8,8 |
Reis (in Mio. Zentner) | 221 | 214 | 217 | -1,9 |
Baumwolle (in 1.000 Ballen) | 13.998 | 17.600 | 18.200 | 29,3 |
Zucker (in 1.000 amerik. Tonnen) | 9.237 | 9.787 | 10.192 | 10,3 |
Gemüse, Nüsse, Früchte (in Mio. Pfund) | 165.764 | 171.240 | 173.233 | 4,5 |
Immer mehr Soja
Dadurch wird auch die mengenmäßige Produktion – trotz stabil bleibender Anbaufläche – zwischen 2023/24 und 2033/34 steigen. Zwischen den einzelnen Sparten kann es aber teils deutliche Unterschiede geben. So soll die Sojaernte überdurchschnittlich stark zulegen. Hauptabnehmer für Soja ist die weiter expandierende Fleischindustrie.
2023 | 2028 | 2033 | Veränderung *) | |
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Rindfleisch | 27.044 | 27.733 | 28.759 | 6,3 |
Schwein | 27.304 | 30.142 | 32.193 | 17,9 |
Huhn | 45.996 | 49.771 | 52.495 | 14,2 |
Truthahn | 5.548 | 5.851 | 5.956 | 7,4 |
Milch | 227.600 | 241.500 | 253.600 | 11,4 |
Eier (in Mio.) | 110.136 | 121.020 | 129.408 | 17,5 |
Im Gegensatz zu vielen anderen entwickelten Ländern, die einen sinkenden Fleischverbrauch verzeichnen, soll dieser in den USA langfristig weiter steigen. Das hat vor allem einen Grund: Die US-Bevölkerung wächst infolge von Zuwanderung weiter. Zwischen 2023 und 2033 könnte die Einwohnerzahl um 21 Millionen auf 356 Millionen steigen, so das Landwirtschaftsministerium.
Der Pro-Kopf-Fleischkonsum in den USA ist doppelt so hoch wie in Deutschland. Die Schere dürfte sich weiter öffnen.
Gleichzeitig spielen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten Themen wie gesunde Ernährung oder Tierwohl eine nachgeordnete Rolle. Lediglich eine sehr kleine urbane Schicht verfolgt einen vegetarischen Lebensstil. Daher könnte der Pro-Kopf-Verbrauch an Fleisch zwischen 2023 und 2033 um 4 Prozent auf umgerechnet 106 Kilogramm pro Jahr steigen. Lediglich bei rotem Fleisch ist ab 2030 mit einem Rückgang zu rechnen.
USA haben bei Nahrungsmitteln insgesamt ein Handelsdefizit
Die USA sind ein wichtiger Exporteur von Futtermitteln, Fleisch, Fetten und Ölsamen. Nach einem Rekordwert von 196 Milliarden US$ im Jahr 2022 könnten die landwirtschaftlichen Exporte 2024 um 14 Prozent auf knapp 170 Milliarden US$ sinken, so die Studie. Der Rückgang geht vor allem auf die niedrigeren Weltmarktpreise zurück. Anschließend sollen die Ausfuhren stetig, aber nur sehr leicht steigen und bis 2033 einen Wert von knapp 200 Milliarden US$ erreichen.
Die Importe bestehen in erster Linie aus Früchten und Gemüse, Getränken und Fisch. Selbst Blumenzwiebeln müssen die Vereinigten Staaten (vor allem aus den Niederlanden) importieren. Entsprechend sind Produkte für den Gartenbau um ein Vielfaches teurer als in Europa. Die gesamten Brancheneinfuhren sollen 2024 leicht auf 200 Milliarden US$ steigen.
Deutschland nur ein kleiner Zulieferer
Laut der International Trade Commission fielen die US-Einfuhren von Nahrungsmitteln und Getränken 2023 um 3 Prozent auf 196 Milliarden US$. Größte Lieferländer waren Kanada und Mexiko. Mit großem Abstand folgten Italien und Frankreich. Die Einfuhren "made in Germany" summierten sich auf vergleichsweise geringe 2 Milliarden US$. Damit lag Deutschland auf den mittleren Rängen der Zollstatistik.
Nahrungsmittel sind in den USA deutlich teurer als in Europa. Das gilt insbesondere für Gemüse und Obst, alle verarbeiteten Lebensmittel und Importwaren. Snacks, zuckerhaltige Getränke, Fertiggerichte und Tiefkühlkost dominieren das Angebot von Supermärkten. Deshalb wird in den USA sehr häufig nicht zu Hause gegessen, zumal mit dem Auto zum Pick-up-Schalter der Fast-Food-Anbieter vorgefahren werden kann. Seit 2010 werden mehr Lebensmittel in Imbissen als in den eigenen vier Wänden verzehrt. Dieser Trend hat sich im Zuge der Coronapandemie deutlich beschleunigt.