Branche kompakt | Vereinigte Arabische Emirate | Medizintechnik
Branchenstruktur
In den VAE gibt es keine signifikante Produktion medizinischer Geräte. Lokale Hersteller bieten nur Verbrauchsmaterialien oder einfachen Krankenhausbedarf an.
25.04.2025
Von Heena Nazir | Dubai
Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) verfügen über ein umfassendes, größtenteils staatlich finanziertes Gesundheitssystem, das seiner Bevölkerung einen hohen Standard bietet. Nach Einschätzungen des Marktforschers Fitch Solutions ist die stationäre Versorgung in den Krankenhäusern der VAE am weitesten entwickelt. In den letzten zehn Jahren wurde aber auch viel in die Primärversorgung und Rehabilitation investiert. Viele Einrichtungen befinden sich auf Weltspitzenniveau, so die Experten.
Indikator | Wert |
---|---|
Einwohnerzahl (2024 in Mio.) | 11 |
Bevölkerungswachstum (2024 in % p.a.) | 3,4 |
Altersstruktur der Bevölkerung (2024) |
|
Anteil der unter 14-Jährigen (in %) | 16,1 |
Anteil der über 65-Jährigen (in %) | 1,8 |
Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (in Jahren) | 78 |
Durchschnittseinkommen (2022 in US$) | 53.708 |
Gesundheitsausgaben pro Kopf (2021 in US$) | 2.306 |
Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2023 in %) | 3,8 |
Ärzte/10.000 Einwohner (2022) | 32,2 |
Zahnärzte/10.000 Einwohner (2022) | 9,1 |
Krankenhausbetten/10.000 Einwohner (2023) | 19 |
Von staatlicher Unterstützung bis zu umfassenden Versicherungen
Zwischen 2024 und 2025 steigen die Bundesausgaben für Gesundheit um rund 10,4 Prozent auf etwa 1,56 Milliarden US$. Zusätzlich zu diesen zentralen Mitteln stellen auch die Haushalte der sieben Emirate eigene finanzielle Ressourcen für das Gesundheitswesen bereit.
Die Finanzierung des Gesundheitssystems in dem Golfstaat wird durch staatliche Unterstützung, Pflichtversicherungen und privaten Versicherungsbeiträgen generiert. Den Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge wurden im Jahr 2022 etwa 64 Prozent der Gesundheitsausgaben durch staatliche Mittel finanziert, mit der Prognose, dass dieser Anteil bis 2027 auf 70 Prozent ansteigen wird. Dies deutet auf eine künftig verstärkte staatliche Rolle im Gesundheitswesen hin.
Parallel dazu sinkt der Anteil der privaten Finanzierung: Machte dieser 2021 noch 36 Prozent der Gesundheitsausgaben aus, wird erwartet, dass er bis 2027 auf 30 Prozent fällt. Dieser Rückgang soll durch die zunehmende Übernahme der Kosten durch staatlich unterstützte Versicherungsprogramme kompensiert werden.
Die obligatorische Krankenversicherung, die zuvor nur in Abu Dhabi und Dubai galt, wurde Ende März 2023 auf alle sieben Emirate ausgedehnt. Diese Versicherungssysteme können bis zu 100 Prozent der Behandlungskosten für die Versicherten abdecken, unterstützt durch die Zusammenarbeit von privaten Unternehmen und öffentlich-privaten Partnerschaften (PPP). Ein erheblicher Teil der privaten Gesundheitsausgaben entfällt auf freiwillige Versicherungen. Arbeitgeber sind dazu angehalten, für alle Angestellten, die ein Monatseinkommen von weniger als 4.000 AED (VAE-Dirham; ungefähr 1.090 US$) haben, eine Basis-Krankenversicherung abzuschließen. Arbeitnehmer mit höherem Einkommen haben in der Regel einen umfassenderen Gesundheitsschutz.
Unterschiedliche Zuständigkeiten in den einzelnen Emiraten
Das föderale Gesundheitsministerium reguliert den Gesundheitssektor in allen Emiraten, wobei Abu Dhabi und Dubai eigene Gesundheitsbehörden mit lokalen Politiken haben.
Emirat | Organisation | Dienstleistungen |
---|---|---|
Nationale Behörde und Abu Dhabi | Ministry of Health and Prevention (MoHP) | Reguliert die Gesundheitsdienste, setzt Politik und Richtlinien um |
Abu Dhabi | Department of Health (DOH) | Zuständig für die Lizenzierung und Qualitätskontrolle im Gesundheitssektor |
Abu Dhabi | Abu Dhabi Health Services Company (SEHA) | Betreibt Krankenhäuser und Kliniken, bietet umfassende Gesundheitsdienste an |
Dubai | Dubai Health Authority (DHA) | Verwaltet das Gesundheitswesen in Dubai, inklusive öffentlicher und privater Einrichtungen |
Dubai | Dubai Healthcare City Authority (DHCA) | Reguliert das medizinische Cluster und Freihandelszone von Dubai Healthcare City |
Restliche Emirate | Emirates Health Authority | Koordiniert Gesundheitsdienste und -politik über die restlichen Emirate |
Die Zentralbank der VAE hat die Aufsichtsrolle für den Versicherungssektor. Nach den neuesten verfügbaren Daten der Zentralbank stiegen die Bruttobeitragseinnahmen für die Krankenversicherung im 1. Halbjahr 2024 um 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 3,9 Milliarden US$. Es wird erwartet, dass die Prämien im Prognosezeitraum von 2023 bis 2028 steigen werden, angekurbelt durch die Einführung der obligatorischen Versicherung in den gesamten Emiraten. Sharia-konforme Takaful-Krankenversicherungsprämien machen etwa 10 Prozent des Krankenversicherungsmarktes aus. Dabei handelt es sich um Versicherungsformen, die den Prinzipien des islamischen Rechts, der Sharia, entsprechen.
Importabhängigkeit und Herausforderungen durch Wettbewerb
Der Medizintechnikmarkt der VAE bleibt stark von Importen abhängig. Überwiegend decken internationale Hersteller den Bedarf, während lokale Produktion bislang eine Nebenrolle spielt. Bedeutende Importländer sind vor allem die USA, China und Deutschland. Deutsche Produkte genießen weiterhin großes Vertrauen und stehen für Qualität und Zuverlässigkeit, sehen sich jedoch wachsender Konkurrenz aus kostengünstigen asiatischen Angeboten sowie Hightech-Lösungen aus den USA gegenüber.
Lokale Hersteller beschränken sich derzeit auf einfache Verbrauchsmaterialien, beispielsweise Spritzen oder Kanülen. Ein Beispiel ist die Abu Dhabi Medical Devices Company (ADMD), die den Großteil ihrer Produktion exportiert. Die emiratische Regierung verfolgt das Ziel, die lokale Produktion auszubauen und fördert daher Investitionen internationaler Firmen in lokalen Fertigungsstätten. Spezielle Wirtschaftszonen wie Dubai Science Park oder Dubai Healthcare City bieten attraktive Rahmenbedingungen wie vollständiges ausländisches Eigentum und Steuervorteile.
Deutsche Medizintechnikfirmen können durch Kooperationen mit etablierten emiratischen Partnern ihre Marktchancen erheblich verbessern. Partnerschaften mit führenden Distributoren wie Gulf Drug oder Alphamed erleichtern den Marktzugang wesentlich, da sie regulatorische Anforderungen kennen und über umfangreiche Kundennetzwerke verfügen. Auch langfristige Serviceverträge mit Krankenhäusern gewinnen zunehmend an Bedeutung, etwa durch die Lieferung, Wartung und Anwenderschulung für Medizingeräte.
Zusätzlich eröffnen sich Möglichkeiten in Forschung, Entwicklung und Ausbildung. Deutsche Firmen wie Siemens Healthineers engagieren sich bereits intensiv in gemeinsamen Projekten mit lokalen Partnern, um innovative Lösungen im Gesundheitsbereich zu entwickeln. Für deutsche Anbieter, die frühzeitig mit lokalen Akteuren zusammenarbeiten, bieten sich damit attraktive langfristige Marktchancen in den Emiraten.