Das Wachstum des Medizintechnikmarktes in den VAE deutet, trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten, auf eine dynamische Entwicklung hin.
Das Marktvolumen wird für das Jahr 2022 auf 537 Millionen US-Dollar (US$) geschätzt, was einem Zuwachs von 7,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Für 2023 erwarten Branchenkenner allerdings ein langsameres Wachstum des Sektors, da niedriges Wirtschaftswachstum und geopolitische Spannungen die Entwicklung belasten. Für 2024 prognostizieren Experten eine Erholung, vorausgesetzt, die Wirtschaft wächst wie von vielen Ökonomen vorhergesagt, und der Krieg in Gaza eskaliert nicht weiter.
Die langfristigen Aussichten bleiben positiv. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) setzen stark auf den Ausbau des Gesundheitssektors. Sie verbessern die Gesundheitsinfrastruktur, führen fortschrittliche medizinische Technologien ein und erhöhen die Bettenkapazitäten, um den Bedürfnissen der wachsenden Bevölkerung und des steigenden Gesundheitsbewusstseins zu entsprechen. Diese Entwicklungen steigern die Nachfrage nach hochwertiger Medizintechnik und bieten deutschen Unternehmen Möglichkeiten für Innovation und Markterweiterung. Neben den USA und China gehört Deutschland zu den führenden Lieferanten von Medizintechnik auf dem VAE-Markt.
>90
%
der Medizintechnik wird eingeführt.
Privater Sektor steigert Nachfrage
Der Ausbau des Gesundheitswesens wurde in den letzten Jahren stark forciert. Der offiziellen Statistik zufolge gab es im Jahr 2022 in dem Golfstaat insgesamt 158 Krankenhäuser mit einer Bettenkapazität von schätzungsweise über 19.054. Ein beträchtliches Wachstum, im Jahr 2010 waren es noch 86 Hospitäler und 9.600 Betten.
Staatliche Einrichtungen waren lange Zeit die treibende Kraft hinter dem dynamischen Wachstum. Allerdings konnte man in den letzten zehn Jahren eine stärkere Partizipation privater Unternehmen feststellen. In Abu Dhabi und Dubai ist schon länger der private Krankenhaussektor größer als der staatliche. Ein Trend, der sich Experten zufolge weiter verstärken wird.
Ausbau des Gesundheitssektors weiter im Fokus
Bis März 2024 wird der Gesamtwert der Projekte voraussichtlich etwa 3,6 Milliarden US$ erreichen. Davon befinden sich Vorhaben im Wert von 572 Millionen US$ im Bau, während sich weitere Projekte im Wert von rund 3 Milliarden US$ in der Planungsphase befinden. Das umfangreichste dieser Vorhaben wird von einem Joint Venture durchgeführt, das die Royal Strategic Partners (RSP) aus den VAE, die MIG Group aus Malaysia und die Austrian Star Energy (SE) aus Österreich umfasst. Diese Unternehmen planen, in Abu Dhabi ein Neutronentherapie-Krankenhaus zu errichten, das auf die Behandlung spezifischer Krebsarten ausgerichtet ist. Das Investitionsvolumen für diese spezialisierte Einrichtung beläuft sich auf 1,8 Milliarden US$.
Die emiratische Manazel-Gruppe, kündigte den Bau eines Gesundheitskomplex – Mohammed Bin Zayed City, Medical City – im Wert von 408 Millionen US$ an. Die Fertigstellung ist für 2025 vorgesehen. Das Ausschreibungsverfahren beginnt im Oktober 2024. Dabei soll eine Multi-Spezialklinik mit einem Fokus auf Onkologie, Langzeitpflege und Wellness entstehen.
Ausgewählte Investitionsprojekte im Gesundheitssektor in den VAEInvestitionssumme in Millionen US-DollarNeutron Therapy Hospital | 1.800 | Studie | Royal Strategic Partners/MIG/Star Energy |
Mohammed Bin Zayed City: Medical City | 408 | Design | Manazel |
Sheikh Khalifa Medical City: New Corniche Hospital | 200 | Angebotsbewertung | SEHA |
Medical Rehabilitation Centre at Abu Dhabi | 135 | Design | Musanada |
Expansion of RAK Hospital | 100 | Angebotsbewertung | Al Marjan Island |
Erada Center for Treatment and Rehabilitation | 100 | Präqualifizierungsphase | Dubai Municipality |
Quelle: MEED Projects, Recherchen von Germany Trade & Invest, April 2024
Deutschland gehört zu Top Lieferanten
Der Medizintechniksektor hängt stark von Importen ab. Die Einfuhren stiegen 2022 um etwa 9 Prozent auf 1,1 Milliarden US$ gegenüber dem Vorjahr. Zu beachten ist allerdings, dass diese Daten keine genaue Unterscheidung zwischen Lieferungen mit Endverwendung in den Emiraten und Einfuhren ermöglichen, die letztlich in Drittländer gehen. Die Importdaten umfassen auch Lieferungen in die Freizonen, die zu einem Großteil wieder ausgeführt werden.
Besonders Elektrodiagnoseapparate und -geräte sind sehr gefragt. Röntgenapparate verzeichneten dabei den stärksten Anstieg mit einem Wachstum von über 37,2 Prozent auf 203 Millionen US$ im Vergleich zu 2021. Die USA sind mit Abstand führend, die Lieferungen beliefen sich 2022 auf 284,1 Millionen US$. China lag auf Platz 2 mit 156,6 Millionen US$ und Deutschland auf Rang 3 mit 105 Millionen US$.
Importe ausgewählter Medizinprodukte in die VAE und Anteil aus Deutschland in Millionen US-Dollar, Anteil in Prozent741.83 | Sterilisierapparate für medizinische oder chirurgische Zwecke oder für Laboratorien | 10,9 | 7,3 |
774.1 | Elektrodiagnoseapparate und -geräte | 170,8 | 8,9 |
774.2 | Röntgenapparate, CT-Geräte, etc. | 203,1 | 11,2 |
872.1 | Zahnmedizinische Instrumente; a.n.g. | 36,1 | 25,2 |
872.25 | Ophthalmologische Instrumente | 28,2 | 18 |
872.29 | Andere Instrumente, Apparate und Geräte | 339,2 | 9,3 |
872.3 | Therapiegeräte, Atmungsgeräte etc. | 73,9 | 9,3 |
872.4 | Medizinmöbel | 49,1 | 6,5 |
899.6 | Orthopädietechnik, Prothesen etc. | 98,7 | 4,3 |
Quelle: UN Comtrade, April 2024
Steigende Konkurrenz aus China und USA
Das Label "Made in Germany" genießt in den Emiraten ein großes Ansehen und wird oft als Statussymbol betrachtet, das für Qualität und Sicherheit steht. Allerdings stehen deutsche Unternehmen vor der Herausforderung, dass ihre Produkte, insbesondere die einfacheren Geräte, im Vergleich zu ausländischen Produkten oft zu teuer sind. Besonders chinesische Güter, die günstiger und einfacher hergestellt werden, haben hier Vorteile. Das zeigt sich auch in der Handelsstatistik.
Von 2013 bis 2022 hat China seine Exporte von Medizintechnik in die Emirate von 32,9 Millionen US$ auf 156,6 Millionen US$ erhöht, was einem Wachstum von 376 Prozent entspricht. Besonders bei einfacheren Medizintechnikprodukten wie Röntgenapparaten, Sterilisierapparaten und Verbrauchsmaterialien wie Spritzen und Kanülen hat das Reich der Mitte deutlich zugelegt.
Auch die USA konnten ihre Exporte deutlich steigern, und zwar von 158 Millionen US$ im Jahr 2013 auf 284,1 Millionen US$ im Jahr 2022. Dies entspricht einem Zuwachs von fast 80 Prozent. Amerikanische Produkte sind vor allem im Segment der hochwertigen Medizintechnik stark vertreten, was sie zu einem ernsthaften Konkurrenten für deutsche Anbieter macht.
Im Vergleich dazu verzeichnet Deutschland das langsamste Wachstum unter den drei betrachteten Nationen. Die Exporte stiegen von 89 Millionen US$ im Jahr 2013 auf 105 Millionen US$ im Jahr 2022, was einer Steigerung von nur 18 Prozent entspricht. Auffallend ist die geringe Veränderung in vielen Produktbereichen. Trotz Fortschritten bei Elektrodiagnoseapparaten und Röntgengeräten hat Deutschland im Bereich der Sterilisierapparate im oben genannten Zeitraum stark Marktanteile verloren, von 17 Millionen US$ auf nur noch 1 Million US$, hauptsächlich aufgrund der starken Konkurrenz aus China.
Von Heena Nazir
|
Dubai