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Investitionsklima: Exportunternehmen genießen besondere Vorteile
Tunesien ist ein wichtiger Beschaffungsmarkt für europäische Unternehmen. Die vor Ort produzierenden Firmen können von verschiedenen Investitionsregimen und -anreizen profitieren.
17.03.2025
Tunesien ist stark in den internationalen Handel eingebunden. Dennoch gibt es die Tendenz, den lokalen Markt zu schützen. Das zeigt sich bei intransparenten und langwierigen Prozessen der Marktzulassung von Produkten oder bei Investitionsgenehmigungen und Zollprozeduren. Der Finanzsektor ist stark reguliert, was Investitionen und das Wachstum vor allem tunesischer Unternehmen einschränkt. Auch bei der Gewährung von Investitionsanreizen berichten deutsche Unternehmen teilweise von Schwierigkeiten.
Laut der Foreign Investment Promotion Agency (FIPA) lag der Bestand der ausländischen Direktinvestitionen Ende 2023 bei umgerechnet 13 Milliarden Euro. Zu beachten gilt, dass die nationalen FDI-Statistiken aufgrund unterschiedlicher Erhebungsmethoden teilweise deutlich von den nationalen Statistiken der Investorenländer abweichen. Mehr als die Hälfte des Bestands an ausländischen Direktinvestitionen außerhalb des Energiesektors entfällt laut FIPA auf Industriebranchen. Baumaterialien, die elektronische und mechanische Industrie und die Bekleidungsproduktion liegen an der Spitze. Im Dienstleistungssektor nehmen Telekommunikationsdienstleistungen den ersten Rang ein, danach folgt der Tourismus.
Deutsche Investoren spielen eine wichtige Rolle
Nach vorläufigen Zahlen der FIPA war Deutschland im Jahr 2024 der zweitwichtigste Investor - gemessen am Zufluss von Direktinvestitionen. Mit 5.296 geschaffenen Arbeitsplätzen im vergangenen Jahr nahmen deutsche Investoren dabei sogar die Spitzenposition ein. Der Großteil der getätigten Investitionen sind Erweiterungen, es kommen nicht viele neue Investoren ins Land. Investiert wurde vor allem im Sektor Elektronik und Elektrotechnik, hier sind zahlreiche deutsche Kfz-Zulieferfirmen in Tunesien aktiv.
So eröffnete beispielsweise Marquardt, der Hersteller von mechatronischen Schalt- und Bediensystemen, Ende September 2024 ein neues Werk im Neopark El Fejja. Einige deutsche Firmen, wie der Kabelbaumproduzent DRÄXLMAIER oder das Textilunternehmen van Laack, feierten im Jahr 2024 bereits ihr 50-jähriges Bestehen in Tunesien. In Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung sind laut FIPA über 90.000 Mitarbeiter beschäftigt. Leoni, der deutsche Produzent von Kabel- und Bordnetzsystemen, ist der größte private Arbeitgeber im Land.
Investitionsförderung: Exportunternehmen im Fokus
Unternehmen, die für den Export produzieren und deren Kapital zu mindestens 66 Prozent von Ausländern oder Tunesiern, die nicht im Land ansässig sind, gehalten wird, können im Rahmen des sogenannten Offshore-Regimes von zahlreichen Vorteilen profitieren. Dieses Offshore-Regime hat Tunesien bereits in den 1970er-Jahren eingeführt, was zu einer Ansiedlung zahlreicher ausländischer Unternehmen geführt hat.
Nach Angaben des tunesischen Zolls sind Unternehmen, die rein für den Export produzieren, von Zöllen und Steuern auf die Importe von Vorleistungen für ihre Produktion befreit. Wenn ein Unternehmen seine Produkte auf dem tunesischen Markt verkauft, muss es die entsprechenden Zölle und Steuern allerdings entrichten. Zudem unterliegen Offshore-Unternehmen nicht dem Devisenrecht und genießen Freiheit bei internationalen Kapitaltransfers. Dies ist ein großer Vorteil, da die Devisenbeschränkungen eines der Haupthindernisse für die Internationalisierung von tunesischen Unternehmen darstellen.
Die ehemals gewährten Steuervorteile wurden im Rahmen des Finanzgesetzes von 2021 allerdings aufgehoben. Seitdem werden alle Unternehmen mit dem gleichen Körperschaftsteuersatz belastet. Im Finanzgesetz 2025 wurde der allgemeine Steuersatz von 15 auf 20 Prozent angehoben. Für die regionalen Entwicklungszonen und bestimmte Branchen wie die Landwirtschaft und Fischerei gelten reduzierte Sätze von 10 Prozent. Darüber hinaus gibt es Branchen, unter anderen Investmentgesellschaften, Banken und Versicherungen, für die erhöhte Sätze von 35 beziehungsweise 40 Prozent erhoben werden.
Sonderwirtschaftszonen gewähren mehr Freiheiten
Im Rahmen der Investitionsförderung hat Tunesien bereits vor vielen Jahren Sonderwirtschaftszonen geschaffen, sogenannte Parks für wirtschaftliche Aktivitäten (parcs d'activités économiques). Bisher gibt es zwei solcher Parks, in Zarzis sowie in Bizerte. In diesen Zonen profitieren Unternehmen von Zollbefreiungen, Steuervergünstigungen und flexibleren Beschäftigungsmöglichkeiten. Eine dritte Sonderzone soll in der Region Ben Guerdane in der Nähe der libyschen Grenze aufgebaut werden. Diese Zone wird schon lange angekündigt, jedoch erfolgte bislang keine Umsetzung.
Entwicklung strukturschwacher Regionen
Ein wichtiges Ziel der Investitionsförderung sind strukturschwache Regionen. Hier gibt es zwei Entwicklungszonen (Zones de développement régional) für die unterschiedliche Investitionsanreize gelten. Neben Zuschüssen zu Investitionskosten und Steuervergünstigungen gibt es Anreize zur Beschäftigung und Qualifizierung von Personal. In den ersten Jahren der Unternehmenstätigkeit sind Firmen von der Körperschaftsteuer befreit, danach gilt der reduzierte Satz.
Darüber hinaus gibt es für Investoren weitere Anreizsysteme, um Projekte für die Wettbewerbsfähigkeit, die Beschäftigung oder die Nachhaltigkeit zu fördern. Ein Überblick über die bestehenden Vergünstigungen sowie über die Einteilung der regionalen Entwicklungszonen ist im Guide de l'Investisseur der Tunisian Investment Authority (TIA) verfügbar.
Investitionsgesetz könnte überarbeitet werden
Im Jahr 2016 verabschiedete das tunesische Parlament ein neues Investitionsgesetz, das ausländische Investoren weitestgehend tunesischen gleichstellt und Investitionsfreiheit garantiert. Jedoch gilt die Einschränkung, dass eine Reihe von Sektoren der behördlichen Genehmigung unterliegen. Ein Gesetzentwurf zur Überarbeitungen von mehreren Passagen des Investitionsgesetzes wurde Anfang Februar 2025 in einem kleinen Ministerrat besprochen. Durch die Anpassungen des Gesetztextes sollen Verfahren vereinfacht und Umsetzungshindernisse bei Projekten beseitigt werden. Der Gesetzentwurf soll nun fertiggestellt werden.
Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.