Wirtschaftsumfeld | Portugal | Wirtschaftsstruktur
Kleinunternehmen sind das Rückgrat der Wirtschaft
Die Wirtschaft Portugals setzt sich vor allem aus Dienstleistungs- und Industriebetrieben zusammen. Viele haben sich erfolgreich spezialisiert und auch Auslandsmärkte im Blick.
19.12.2023
Auf den ersten Blick mag Portugal der kleinere Markt auf der iberischen Halbinsel gegenüber Spanien sein. Das Land kann jedoch eine Reihe von Stärken vorweisen, die einen zweiten Blick wert sind.
Forschung und Entwicklung spielen eine zunehmend wichtige Rolle. Durch die wachsende internationale Vernetzung Portugals muss die Wettbewerbsfähigkeit durch Innovationen angetrieben werden. In den vergangenen Jahren nahm die Zahl der IT- und Ingenieurdienstleistungszentren zu. In mehreren Fällen wurden bestehende Kapazitäten ausgebaut. Deutsche Unternehmen wie Bosch, Mercedes-Benz und Siemens gehören zu den bekannten Namen in diesem Bereich.
Seit der Coronakrise positioniert sich Portugal deutlicher als Beschaffungsmarkt, der für europäische Kunden gut erreichbar ist und mit seinem Preis-Leistungs-Verhältnis punkten will. Besondere Schwerpunkte liegen bei technischen Präzisionsteilen aus Metall und Kunststoff sowie Gummi, hochwertigen Textilien und Keramikerzeugnissen.
Portugal hat früh die Energiewende eingeleitet. Auf dem Festland stammten in den ersten zehn Monaten 2023 bereits 68 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen. Der Ausbau schreitet voran. Dabei engagiert sich auch RWE aus Deutschland. Die vorhandenen erneuerbaren Energien schafften eine gute Ausgangsposition für die Produktion von grünem Wasserstoff. Hinzu kommt, dass Portugal über ein modernes Erdgasnetz verfügt.
Zudem hat das Land Lithium zu bieten, um beispielsweise Batterieproduzenten zu versorgen. Allein aus der Barroso-Mine soll genug Material für 500.000 Fahrzeugbatterien pro Jahr gewonnen werden.
Für Dynamik und Innovationen sorgen außerdem mindestens 2.200 Start-ups. Viele von ihnen entwickeln B2B-Lösungen und richten sich wegen des begrenzten Binnenmarktes früh auf das internationale Geschäft aus. Der jährliche Web Summit in Lissabon bringt lokale und internationale Start-ups mit weiteren Akteuren zusammen.
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Gut ausgebildete Fachkräfte und moderate Lohnkosten
Für die Attraktivität des Standorts Portugal aus deutscher Sicht sprechen die Investitionen deutscher Unternehmen und die intensiven Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern. Zu den positiv bewerteten Faktoren gehört die Infrastruktur. Sowohl im Bereich Telekommunikation als auch im Transport und der Logistik gelingt es dem Land offenbar, die Erwartungen der Unternehmen zu erfüllen.
Besonders häufig wird zudem der Faktor Mensch gelobt. Das Ausbildungsniveau, die Fachkompetenz und die Motivation der portugiesischen Arbeitskräfte werden immer wieder hervorgehoben. Zudem macht sich die internationale Ausrichtung des Landes in außerordentlich guten Fremdsprachenkenntnissen bemerkbar. So landete Portugal im English Proficiency Index 2023 auf Platz 8 unter 113 untersuchten Ländern. Nicht selten können sich Portugiesen auch auf Französisch, Spanisch oder Deutsch verständigen.
Technologieunternehmen haben Portugal im Blick, da im europäischen Vergleich überdurchschnittlich oft mathematische und naturwissenschaftliche Fächer sowie Informatik studiert werden. Die Fachkräfte in diesem Bereich stellen einen Standortvorteil dar. Durch das Interesse lokaler und internationaler Unternehmen herrscht allerdings auch ein intensiver Wettbewerb um den Technologienachwuchs.
Während für begehrte Spezialtätigkeiten entsprechend hohe Gehälter gezahlt werden, ist das Durchschnittseinkommen verhältnismäßig niedrig. Im Jahr 2022 lag das Monatsbrutto im Mittel bei knapp 1.400 Euro. Der in der Hotellerie und Gastronomie weit verbreitete Mindestlohn erreichte knapp 900 Euro. Gehälter werden in Portugal 14 Mal pro Jahr gezahlt. Die Arbeitslosenquote liegt seit Jahren um die 6 bis 7 Prozent. Mancherorts können Fachkräfte knapp sein. Manche Unternehmen des Maschinenbaus zum Beispiel hindert diese Situation daran, ihre Produktion schneller auszuweiten.
Volkswagen-Werk Palmela bildet das größte Investitionsprojekt
Aus der bedeutenden Kfz-Industrie in Portugal ragt das Volkswagen-Werk in Palmela heraus. Sein Bau Anfang der 1990er Jahre sorgte für einen Aufschwung der Kfz-Industrie, die Ansiedlung von Zulieferern und intensiven Handel mit Deutschland in diesem Bereich.
Die Chemie- und Nahrungsmittelindustrie sind ebenfalls wichtige Branchen in Portugal. Wie auch die Textil- und Bekleidungsindustrie sind sie tragende Säulen der Exporte des Landes. International konkurrenzfähig sind portugiesische Unternehmen bei vielen technischen Produkten. Messtechnik, elektrotechnische Erzeugnisse und Maschinen summieren sich zu einer relevanten Größe. Unternehmen aus dem Maschinenbau entwickeln vermehrt eigene Automationslösungen.
Portugal gehört in einigen Bereichen zu den besonders wichtigen Lieferanten zur Versorgung des Weltmarkts. Dies gilt unter anderem für Kork, Keramik und Schuhe. Das Land gewinnt zudem an Bedeutung für die Erbringung von Dienstleistungen. So ist die Auslagerung von Unternehmensprozessen ein Trend der vergangenen Jahre. Zudem nimmt der Tourismus seit dem Ende der Corona-Beschränkungen wieder deutlich Fahrt auf. So verbrachten 2022 bereits 27 Millionen Gäste aus dem Ausland Urlaub in Portugal. Auch 2023 zeichnet sich ab, dass das Land eine sehr gefragte Destination bleibt.
Sektoren | Anteil an der Bruttowertschöpfung Jahr 2021 | Anteil an den Beschäftigten Jahr 2021 |
---|---|---|
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei | 2,5 | 7,6 |
Bergbau (inklusive Öl- und Gasförderung) | 0,3 | 0,2 |
Industrie | 17,7 | 16,5 |
Energieversorgung | 2,4 | 0,2 |
Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen | 1,0 | 0,9 |
Baugewerbe | 4,7 | 6,9 |
Dienstleistungen | 75,1 | 69,0 |
Lissabon und Porto sind die wirtschaftlichen Zentren
Innerhalb des Landes konzentriert sich das wirtschaftliche Geschehen stark auf die Großräume Lissabon und Porto. Der Norden Portugals beherbergt den Großteil der Schuh- und Bekleidungsindustrie. Im Cluster Águeda haben sich Unternehmen aus der Zweiradindustrie niedergelassen. Insgesamt existieren 19 Branchencluster im Land und leisten einen wichtigen Beitrag zur Vernetzung von Unternehmen, Forschungseinrichtung und öffentlichen Stellen.
Die Inselregionen Azoren und Madeira spielen eine Sonderrolle. Sie gehören zum portugiesischen Staatsgebiet, liegen aber weit entfernt vom Festland.
Gebiet | Anteil am BIP (in %) | BIP pro Kopf (in Euro) | Bevölkerung (in Mio.) |
---|---|---|---|
Portugal | 100 | 20.847 | 10,4 |
Festland | 95,6 | 20.934 | 9,9 |
Norden | 31,6 | 18.166 | 3,6 |
Zentrum | 19,9 | 18.372 | 2,2 |
Lissabon | 37,3 | 26.665 | 2,9 |
Alentejo | 6,7 | 19.575 | 0,7 |
Algarve | 4,5 | 21.173 | 0,5 |
Azoren | 2,1 | 18.263 | 0,2 |
Madeira | 2,3 | 19.300 | 0,2 |