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Recht kompakt | WTO | TRIPS

Andere internationale Abkommen im IP-Bereich

In Bezug auf Immaterialgüterrechte bestanden bereits vor Abschluss des TRIPS diverse internationale Übereinkommen. Wie verhält sich TRIPS zu diesen?

Von Julia Merle | Bonn

Einbeziehung bestehender Vorschriften

Außer TRIPS existieren verschiedene völkerrechtliche Verträge im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes, die von der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) verwaltet werden. Dies führt zu der Frage: In welchem Verhältnis steht das WTO-Übereinkommen TRIPS zu anderen internationalen Übereinkommen im Bereich des geistigen Eigentums?

Artikel 2 Abs. 2 TRIPS macht deutlich, dass die Bestimmungen des TRIPS in den Teilen I bis IV die bestehenden Verpflichtungen der Mitglieder untereinander nach der Pariser Verbandsübereinkunft, der Berner Übereinkunft, dem Rom-Abkommen und dem Vertrag über den Schutz des geistigen Eigentums im Hinblick auf integrierte Schaltkreise nicht außer Kraft setzen.

Durch Verweise im TRIPS finden viele Vorschriften der bestehenden Abkommen auf alle WTO-Mitglieder Anwendung. Das bedeutet anders ausgedrückt, dass so auch für diejenigen WTO-Staaten, die den inkorporierten Übereinkünften bislang nicht angehören, einige ihrer Vorgaben gelten. Mit diesen Bezugnahmen soll sichergestellt werden, dass darin festgeschriebene Bestimmungen von den Mitgliedern befolgt werden.

"Paris-plus und Bern-plus"

Das älteste der oben aufgezählten Abkommen ist die sogenannte "Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums" (PVÜ) von 1883 (mehr dazu siehe: Informationen der WIPO). Artikel 2 Abs. 1 TRIPS bestimmt, dass die WTO-Mitglieder bezüglich der Teile II, III und IV TRIPS die Art. 1 bis 12 sowie Art. 19 der PVÜ - in der "Stockholmer Fassung" vom 14. Juli 1967 - zu befolgen haben. Dabei handelt es sich um materiell-rechtliche Vorschriften. Siehe zu den relevanten PVÜ-Vorschriften im Einzelnen: WTO-Website.

Fast genauso lange existiert die "Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst" im Bereich Urheberrecht (mehr dazu: Informationen der WIPO). Hinsichtlich dieser findet sich eine Inkorporierungsvorschrift etwa in Art. 9 Abs. 1 S. 1 TRIPS: Danach befolgen die Mitglieder die Art. 1 bis 21 der revidierten "Pariser Fassung" vom 24. Juli 1971 einschließlich des Anhangs dazu. Siehe zu den Vorschriften der Berner Übereinkunft im Detail: WTO-Website.

Es wird von einem "Paris-plus- und Bern-plus-Ansatz" des TRIPS gesprochen, da das TRIPS die Vorgaben dieser beiden Abkommen vielfach erweitert, etwa zusätzliche Bedingungen aufstellt, und um neue Bestimmungen ergänzt.

Erwähnenswert ist ferner, dass die bestehenden älteren Abkommen anders als das TRIPS eine Verpflichtung zur Meistbegünstigung nicht vorsehen. Die WIPO-Verträge enthielten auch keine Einzelheiten bezüglich Verfahren zur Durchsetzung der Rechte oder zur Streitschlichtung sowie keine Vorschriften in Bezug auf Geschäftsgeheimnisse.

Priorität und andere Grundsätze

Ein wichtiger Grundsatz, der durch den Verweis in Art. 2 Abs. 1 TRIPS auf die PVÜ in das TRIPS integriert wird und hinsichtlich verschiedener Schutzrechte von Relevanz ist, ist zum Beispiel das Prioritätsrecht.

Wer ein gewerbliches Schutzrecht anmeldet, darf nach dem sogenannten "Prioritätsrecht" den Tag einer früheren Anmeldung - den Prioritätstag - für spätere Anmeldungen heranziehen. So befinden sich diese auf demselben, das heißt dem früheren zeitlichen Rang. Dies ist besonders im Hinblick darauf relevant, da regelmäßig in der Zwischenzeit weitere Entwicklungen erfolgen, insbesondere Dritten Rechte entstehen.

Artikel 4 PVÜ sieht im Wesentlichen vor: Wer ein Patent in einem Mitgliedstaat der PVÜ anmeldet, darf danach innerhalb von zwölf Monaten diesen Anmeldetag der ersten Anmeldung für weitere Anmeldungen derselben Erfindung in anderen PVÜ-Vertragsstaaten beanspruchen; im Hinblick auf Marken liegt diese Frist bei sechs Monaten. Übertragen auf das TRIPS bedeutet dies also, dass bei einer ersten Anmeldung in einem WTO-Mitgliedstaat ein (befristetes) Prioritätsrecht in Bezug auf alle anderen entsteht. Im Urheberrecht gibt es allerdings eine solche Priorität nicht.

Außerdem sind in der PVÜ auch Grundsätze wie insbesondere die Inländergleichbehandlung (Art. 2 PVÜ) festgeschrieben, die im jeweiligen nationalen Recht der Vertragsstaaten zu beachten sind.

Auf Verfahren, die betreffend Erwerb und Aufrechterhaltung von Rechten des geistigen Eigentums in mehrseitigen WIPO-Übereinkünften enthalten sind, finden gemäß Art. 5 TRIPS die Grundsätze der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung keine Anwendung. Nicht in TRIPS inkorporiert wurden im Bereich der Marken zum Beispiel die WIPO-Übereinkünfte Madrider Übereinkommen und Madrider Protokoll zur internationalen Registrierung von Marken sowie die Nizza-Klassifikation.  

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