Nachfolgend werden die Vorschriften des TRIPS hinsichtlich ausgewählter Schutzrechtstypen betrachtet - zunächst zum Patent. Was soll beispielsweise überhaupt patentierbar sein?
Was versteht das TRIPS unter "geistigem Eigentum"?
Der Begriff des "geistigen Eigentums" wird im TRIPS-Abkommen nicht definiert. Artikel 1 Abs. 2 TRIPS bestimmt lediglich, dass der Begriff im Sinne des Abkommens alle Arten des geistigen Eigentums umfasst, die Gegenstand der Abschnitte 1 bis 7 des Teils II sind. Das sind im Wesentlichen Urheberrechte und verwandte Schutzrechte einerseits und gewerbliche Schutzrechte andererseits, aber auch Geschäftsgeheimnisse sind in Abschnitt 7 (nicht offenbarte Informationen) erfasst.
Im Folgenden sollen die TRIPS-Vorschriften hinsichtlich einzelner ausgewählter Schutzrechtstypen beleuchtet werden. Dabei ist zu beachten, dass das TRIPS für alle WTO-Mitglieder verbindliche Mindestvorgaben festschreibt. Die konkrete Ausgestaltung des Schutzumfangs etc. in der jeweiligen nationalen Rechtsordnung (und Rechtspraxis) bleibt allerdings nach wie vor den einzelnen Gesetzgebern überlassen.
Im konkreten Anwendungsfall ist also immer das jeweilige nationale Gesetz zu beachten.
Nach Inkrafttreten des TRIPS hatten die WTO-Mitglieder ihre bereits bestehenden Gesetze an dessen Vorgaben anzupassen. Beispielsweise fanden auch nach dem im Jahr 2001 erfolgten WTO-Beitritt Chinas Reformen des chinesischen Urheber-, Patent- und Markenrechts statt.
Dieser Prozess der Übertragung der WTO-Standards in das eigene innerstaatliche Recht dauert hinsichtlich der am wenigsten entwickelten Länder bis heute an (siehe oben zu Übergangsfristen). So passt zum Beispiel Bangladesch sukzessive seine nationalen Gesetze an die TRIPS-Vorgaben an.
Welche Anforderungen bestehen an den Patentgegenstand?
Zunächst werden aufgrund der Aktualität die Patente und die diesbezüglich durch TRIPS gestellten Mindestanforderungen näher erläutert. Auf die eingangs angesprochene aktuelle "Waiver"-Diskussion wird im folgenden Abschnitt vertiefend Bezug genommen.
Regelungen bezüglich Patenten finden sich im zweiten Teil des Abkommens in Art. 27 bis 34 TRIPS.
Artikel 27 Abs. 1 S. 1 TRIPS bestimmt die von den nationalen Gesetzgebern vorzusehenden Anforderungen an patentfähige Gegenstände: Grundsätzlich sollen Patente für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik für Erzeugnisse und für Verfahren erhältlich sein; Voraussetzungen dafür sind
- Neuheit,
- Beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit sowie
- gewerbliche Anwendbarkeit.
Satz 2 enthält die grundsätzliche Vorgabe, dass bei der Gewährung von Patenten und der Ausübung der Patentrechte hinsichtlich des Ortes der Erfindung, des Gebiets der Technik oder danach, ob die Erzeugnisse importiert oder im Inland hergestellt werden, nicht diskriminiert werden darf.
In den folgenden Absätzen 2 und 3 werden Vorbehalte formuliert, unter denen ein Gegenstand ausnahmsweise nicht patentierbar sein kann. Nach Art. 27 Abs. 2 TRIPS können Mitglieder Erfindungen von der Patentierbarkeit ausschließen, wenn die Verhinderung ihrer gewerblichen Verwertung innerhalb ihres Hoheitsgebiets zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder der guten Sitten einschließlich des Schutzes des Lebens oder der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen oder zur Vermeidung einer ernsten Schädigung der Umwelt notwendig ist ("Ordre Public-Vorbehalt"). Bedingung ist also ein Verstoß aller gewerblichen Verwertungen gegen die öffentliche Ordnung beziehungsweise die guten Sitten.
Dafür darf, wie Abs. 2 weiter bestimmt, ein solcher Ausschluss allerdings nicht nur deshalb vorgenommen werden, weil die Verwertung durch das nationale Recht der Mitglieder verboten ist.
Außerdem dürfen nach der speziellen Vorschrift des Abs. 3 erstens diagnostische, therapeutische und chirurgische Verfahren für die Behandlung von Menschen oder Tieren von der Patentierbarkeit ausgeschlossen werden; sowie zweitens Pflanzen und Tiere außer Mikroorganismen und im Wesentlichen biologische Verfahren für die Züchtung von Pflanzen oder Tieren, wobei allerdings ein Sortenschutz zu gewähren ist.
Man kann zunächst festhalten, dass TRIPS einen weiten Umfang im Hinblick auf patentfähige Gegenstände vorsieht.
Welchen Mindestschutzumfang sieht das TRIPS vor?
Patentinhaber haben nach Art. 28 Abs. 1 TRIPS bestimmte ausschließliche Rechte (Exklusivrechte) zur Nutzung und (wirtschaftlichen) Verwertung: So können sie bei einem patentierten Erzeugnis Dritten verbieten, das Erzeugnis ohne Zustimmung beispielsweise herzustellen, zu gebrauchen oder zu verkaufen. Auch von der Anwendung patentierter Verfahren darf der Patentinhaber Dritte ausschließen und ihnen verbieten, das unmittelbar durch das Verfahren gewonnene Erzeugnis zu verwerten (etwa zu verkaufen).
Nach Art. 28 Abs. 2 TRIPS ist der Inhaber eines Patents außerdem berechtigt zur Übertragung des Patents sowie zum Abschluss von Lizenzverträgen.
Bezüglich der Schutzdauer schreibt Art. 33 TRIPS eine Frist von mindestens 20 Jahren ab Anmeldetag vor.
Diese 20-jährige Laufzeit findet sich zum Beispiel im deutschen, im chinesischen Recht und auch beim europäischen Patent.
Wer das Patent innehat, ist während dieser Zeit allein zur Nutzung und Verwertung der patentierten Erfindung berechtigt.
Von den ausschließlichen Rechten aus dem Patent sind nach Art. 30 TRIPS begrenzte Ausnahmen zulässig, sofern diese nicht unangemessen im Widerspruch zur normalen Verwertung des Patents stehen und die berechtigten Interessen des Patentinhabers nicht unangemessen beeinträchtigen.
Exkurs: Im Recht des geistigen Eigentums gibt es die sogenannte "Erschöpfung": Nach diesem Grundsatz ist ein Schutzrecht, etwa ein Patent, erschöpft, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, insbesondere der konkrete Schutzgegenstand erstmals mit Zustimmung des Rechtsinhabers in Verkehr gebracht wird. Zu diesem Thema schreibt das TRIPS ausdrücklich nichts vor. WTO-Mitglieder können dazu also ihre eigenen Regelungen aufstellen - vorbehaltlich der Grundsätze der Meistbegünstigung und Inländerbehandlung: Artikel 6 TRIPS stellt auch klar, dass die Frage der Erschöpfung von Rechten des geistigen Eigentums grundsätzlich nicht im Rahmen der Streitbeilegung behandelt werden darf.
Von Julia Merle
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Bonn