Struktur der Landwirtschaft

Einige Großunternehmen stärken ihre Position

Polen hat einen bedeutenden Agrarsektor mit einem breiten Sortiment, dessen Erzeugung den Inlandsbedarf übertrifft. Bei Obst herrschen Äpfel klar vor, von denen 2022 laut Schätzungen des Händlerverbandes Obstunion (Unia Owocowa) mehr als 4 Millionen Tonnen geerntet werden könnten. Auch die Getreideernte fiel besser aus als 2021. Die Zuckererzeugung soll jedoch in der Saison 2022/2023 laut KOWR auf 2,1 Millionen Tonnen sinken nach 2,3 Millionen Tonnen 2021/2022.

Bei Fleisch bildet Geflügel inzwischen die wichtigste Kategorie. Davon exportiert Polen fast die Hälfte seiner Produktion, die 2021 bei knapp 3,2 Millionen Tonnen lag (-3,9 Prozent gegenüber 2020). Die Ausfuhren von Geflügelfleisch erreichten 2021 laut KOWR knapp 1,5 Millionen Tonnen (-2 Prozent). Bei der Milchverarbeitung steigt insbesondere die Erzeugung von Käse. Im Jahr 2021  waren laut dem Statistischen Hauptamt GUS rund 1,5 Millionen Personen in der Landwirtschaft beschäftigt, im 1. Halbjahr 2022 nahm die Beschäftigung leicht zu. Somit waren pro 100 Hektar Fläche knapp zehn Arbeitskräfte tätig.

Laut dem Landwirtschaftsministerium MRiRW gab es 2021 rund 1,4 Millionen Agrarbetriebe. Deren Durchschnittsfläche weist einen steigenden Trend auf und betrug 11,2 Hektar. Neben einigen großen gibt es zahlreiche kleine Betriebe. Am kleinteiligsten ist die Struktur in Małopolskie (Kleinpolen) mit einer Durchschnittsfläche 2021 von 4,22 Hektar, am weitläufigsten in Zachodniopomorskie (Westpommern) mit 32,58 Hektar. Dort befinden sich die Flächen der großen ehemaligen Staatlichen Agrarbetriebe PGR, in die seit Jahren kaum investiert wurde. Daher stellt die Regierung nun für 1.871 Projekte auf solchen PGR-Flächen in über 1.300 Gemeinden insgesamt über 0,8 Milliarden Euro im Rahmen des Programms für Strategische Investitionen (Program Inwestycji Strategicznych) zur Verfügung, wie Premierminister Mateusz Morawiecki bekannt gab.  

Die Sparte der Milcherzeugung und -verarbeitung konsolidierte sich stark, indem sich etliche Molkereigenossenschaften zu Großunternehmen zusammenschlossen. Das größte, Mlekovita, ist eine Holding-Gesellschaft, die 2021 rund 1,4 Milliarden Euro umsetzte. Die zweitgrößte Genossenschaft Mlekpol holte 2021 kräftig auf. Weitere wichtige Akteure sind OSM Piątnica, OSM Sierpc, Spomlek, Polmlek und andere.

Cedrób verarbeitet nicht nur Geflügel 

Die Geflügelzucht dominieren ebenfalls ein paar Großunternehmen, die seit Jahren expandieren. Die Gruppe Cedrób S.A. ist hier führend und spielt seit der Übernahme der bankrotten Fleischbetriebe Henryk Kania im Herbst 2020 auch in der Schweinezucht eine bedeutende Rolle. Diese verstärkt sich noch durch die komplette Übernahme des Schweinefleischunternehmens Gobarto S.A.

Cedrób produziert mit ihrer Gesellschaft Cedrób Pasze ebenfalls Futter. Nun planen Cedrób Pasze zusammen mit Cedrób Cargo den Bau eines großen Verladeterminals sowie einer Lager- und Logistikbasis in der Woiwodschaft Lubelskie (Lublin). Dort können gleichzeitig 100.000 Tonnen Getreide gelagert werden, die dann per Intermodaltransport von Cedrób Cargo zur Futtermittelfabrik verbracht werden. Im Jahr 2020 erwirtschaftete Cedrób Einnahmen von 1.370 Millionen Euro.

Agri Intelligence forscht an innovativen Materialien

Einer der führenden Produzenten von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, Saatgut und Futter ist die Agrii Polska Sp. z o.o., die zudem das landesweit größte Vertriebsnetz dafür hat. Ihre Abteilung für Forschung und Entwicklung (F&E) ist Agri Intelligence, die innovative Technologien erarbeitet und die Produkte weiter verbessert. Auch die Handelsfirma Agrolok Sp. z o.o. beliefert Agrarbetriebe mit Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, Saatgut, Keimlingen, Futterkomponenten, Getreide und anderem und berät zum individuellen Bedarf.

Die um die Landeszuckergesellschaft (Krajowa Spółka Cukrowa S.A., KSC) gegründete Landesnahrungsmittelgruppe (Krajowa Grupa Spożywcza, KGS) soll die Struktur straffen und die Nahrungsmittelversorgung sichern. Das Ausschalten von Zwischenhändlern soll zu faireren Preisen für Erzeuger und Konsumenten führen. Starke staatliche Unternehmen sollen sich besser vor Übernahmen durch ausländische Investoren schützen können. Die KGS bilden 15 führende Gesellschaften aus sechs Bereichen: Produktion von Saatgut, Zucker, Stärkemehl, Getreide / Mehl, der Agrarsektor allgemein und die Nahrungsmittelverarbeitung. Noch 2022 plant das Landwirtschaftsministerium MRiRW die Gründung einer zusätzlichen Gesellschaft, die mit gut 40 Millionen Euro ausgestattet wird. Sie soll von der Pleite bedrohte Agrar- und Nahrungsmittelbetriebe übernehmen.

Die Landwirtschaft befindet sich überwiegend in inländischen Händen. Nur wenige ausländische Landwirte haben in Polen Land erworben, das sie bewirtschaften. Einige größere ausländische Investoren sind in Polen aktiv. Bei der Produktion von Zucker ist die KSC zwar führend, hier spielen aber deutsche Raffinerien wie Südzucker (wird von über 4.000 Rübenanbauern beliefert), Pfeifer & Langen (über 8.000) und Nordzucker eine wichtige Rolle. Die französische Danone-Gruppe ist in der Milchverarbeitung stark und die österreichische Goodmills-Gruppe beim Mahlen von Getreide. Der führende Schweinefleischproduzent Animex Foods, Agri Plus und Agri Plus Feed gehören zum US-Konzern Smithfield Foods.

Die Sokolow S.A., an der Danish Crown beteiligt ist, verarbeitet vor allem rotes Fleisch. Zum niederländischen Hersteller und Großhändler von Milchprodukten Interfood BV gehört die Interfood Polska Sp. z o.o. Die Betriebe für pflanzliche Fette Zakłady Tłuszczowe Kruszwica gehören zu 100 Prozent der niederländischen Koninklijke Bunge BV. Die Hersteller von Nahrungsmitteln investierten im 1. Halbjahr 2022 laut GUS knapp 0,8 Milliarden Euro (auf Złoty-Basis nominal +4,1 Prozent gegenüber dem 1. Halbjahr 2021) und die von Getränken gut 0,1 Milliarde Euro (+18,3 Prozent).