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Autohersteller planen neue Fahrzeugmontagen in Ägypten
Während Pkw-Neuzulassungen in Ägypten nur langsam zulegen, investieren Automobilhersteller in Montagewerke. Auch Zulieferer erweitern, vor allem für den Export.
13.09.2024
Von Friedrich Henle | Berlin
Die Prognosen für das Jahr 2024 und die Folgejahre lassen nur leicht steigende Autoverkäufe in Ägypten erwarten. Die Verkaufszahlen waren in den letzten Jahren sehr volatil und spiegelten damit auch die allgemeine wirtschaftliche Lage wider. In den Jahren 2022 und 2023 gab es einen regelrechten Einbruch zu verzeichnen. Ein Mangel an Devisen, eine hohe Inflation und eine schwache nationale Währung haben die Einfuhr von Fahrzeugen erschwert. Und die vergleichsweise niedrige Kaufkraft der ägyptischen Haushalte erschwert den Erwerb eines eigenen Autos zusätzlich. Im Ergebnis besaßen im Jahr 2023 nur 63 von 1.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ein Auto - eine auch im regionalen Vergleich niedrige Zahl.
Auf der anderen Seite besagt dieser Wert, dass der Automarkt in Ägypten noch deutliches Wachstumspotenzial hat. Mit mehr als 100 Millionen Einwohnern und jährlichen Verkäufen nur im fünfstelligen Bereich ist das Potenzial des ägyptischen Automobilmarkts noch lange nicht ausgeschöpft.
Chinesische Automobilmarken haben mittlerweile einen starken Marktanteil erobert. Nach Zahlen des ägyptischen Automotive Marketing Information Council (AMIC) hatten im Zeitraum Januar bis Juli 2023 die chinesischen Marken Chery und BYD Marktanteile von 15,4 Prozent, beziehungsweise 8,5 Prozent bei den Autoverkäufen. Nummer 1 war Nissan mit 19,6 Prozent. Renault mit 9,8 Prozent und Toyota mit 6,7 Prozent komplettieren in diesem Zeitraum die Top 5-Marken.
Hersteller kündigen neue Montagewerke an
Automobilhersteller sehen das Wachstumspotenzial in Ägypten und kündigen den Aufbau neuer Montagewerke an. Die Projektmeldungen haben in den letzten Monaten deutlich zugenommen. Zuletzt berichtete die Tageszeitung Al Mal Ende August 2024, dass Stellantis Gespräche mit dem Ministerium für Handel und Industrie über die lokale Montage seiner Marken Citroen, Fiat und Opel in der kommenden Zeit führt, ohne jedoch konkrete Zahlen zum Projekt zu nennen. Anfang September 2023 hat Stellantis den Produktionsstart seines Modells Jeep Grand Cherokee L in Ägypten bekannt gegeben. Partner ist der lokale Automobilhersteller Arab American Vehicles, der wiederum der staatlichen Unternehmensgruppe Arab Organization for Industrialization angeschlossen ist.
Im Juli 2024 unterzeichnete Volkswagen mit der ägyptischen Regierung ein neues Kooperationsabkommen, das auf dem im November 2023 geschlossenen Abkommen aufbaut. Ziel ist es, eine Machbarkeitsstudie für den Bau und die Nutzung von Karosserie- und Montagehallen in der East Port Said Automotive Zone (EPAZ) durchzuführen.
GTAI-Podcast: Automobilindustrie in Afrika
In Folge 13 des GTAI-Podcast Weltmarkt diskutieren Expertinnen und -Experten die Chancen der Automobilindustrie in Afrika: Friedemann Faerber, Geschäftsführer von SCS Stahlschmidt Cable Systems, Martina Biene, Vorsitzende und Geschäftsführerin der Volkswagen Group South Africa sowie Anja Slany, Economic Affairs Officer der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD).
Umgerechnet rund 37 Millionen Euro will der malaysische Automobilhersteller Proton in Ägypten investieren. Anfang 2025 soll die lokale Produktion seines Modells Saga starten. In der ersten Phase bis Ende 2027 sollen davon 25.000 Einheiten vom Band rollen. Geplant ist die spätere Ausweitung der Produktion auf 50.000 Benzin- und Elektrofahrzeuge jährlich. Proton arbeitet für das Projekt mit Ezz Elsewedy Automotive Factories zusammen, einem Joint Venture der ägyptischen Unternehmen Elsewedy Capital und Ezz El Arab.
Nissan wiederum kündigte an, bis 2026 weitere 56 Millionen US-Dollar (US$) in Ägypten zu investieren, um die bereits existierende, lokale Eigenfertigung auszubauen. Nach Unternehmensangaben wurden seit August 2022 insgesamt 15.000 Einheiten des Modells "Sunny" aus ägyptischer Fertigung exportiert.
Geringe Fertigungstiefe bei der lokalen Produktion
Dem Wirtschaftsforschungsinstitut Economist Intelligence Unit (EIU) zufolge gibt es in Ägypten bisher 15 Fertigungsstätten für Pkw und Nutzfahrzeuge sowie rund 75 Zulieferbetriebe. Die internationalen Automobilkonzerne nutzen häufig lokale Partner für die Produktion. Zu nennen sind hier beispielsweise die Unternehmen GB Auto, Ägyptens größter Autohersteller und Importeur, Al Nasr und Mansour Group.
Vergleichsweise geringe Stückzahlen sind ein Grund dafür, dass die lokale Fertigungstiefe relativ niedrig und die Zulieferbranche noch nicht stark ausgeprägt sind. Und so montieren die ägyptischen Produktionsstätten vor allem Fahrzeuge, die sie zuvor als Bausätze importiert haben. Die EIU geht davon aus, dass die Montage von CKD-Bausätzen (Completely-Knocked-Down) etwa 40 Prozent des gesamten Pkw-Marktes und fast 90 Prozent des Markts für Nutzfahrzeuge ausmacht.
Lokale Automobilzulieferung zieht ebenfalls Investitionen an
Lokale Zulieferbetriebe produzieren in erster Linie einfachere Teile – vor allem Komponenten für Klimaanlagen, Reifen, Kabelbäume, Sitze, Plastikverkleidungen, Scheiben und Spiegel. Immerhin spielen die Zulieferer im Vergleich zu den lokalen Kfz-Montagebetrieben eine bedeutendere Rolle im Export, insbesondere nach Europa. Im Juli 2023 legte beispielsweise das japanische Unternehmen Sumitomo den Grundstein für sein Kabelbaum-Werk in 10th of Ramadan City. Sumitomo will dort insgesamt 100 Millionen US-Dollar investieren. Die gesamte Produktion soll in den Export gehen. Ähnliches gilt auch für die tunesische Coficab, deren neues Kabelwerk in Ägypten zu 60 Prozent für den Export produzieren soll. Das ägyptische Kabinett genehmigte im Mai 2024 die geplante 88 Millionen US$-Investition.
Elektromobilität steht in Ägypten noch am Anfang
Branchenexperten schätzen, dass erst 3.500 bis 4.000 Elektroautos auf den ägyptischen Straßen unterwegs sind. Die US-Consultingfirma Arthur D. Little hat im Oktober 2023 ihren neuesten "Global Electric Mobility Readiness Index" veröffentlicht. Darin belegt Ägypten Platz 28 von 35 untersuchten Ländern. Unter den zwölf in der MENA-Region (Nordafrika, Naher/Mittlerer Osten) untersuchten Märkten bedeutet das Platz 10. Das ägyptische Energieunternehmen Infinity hat nach eigenen Angaben bisher landesweit 135 Ladestationen mit insgesamt 500 Ladesäulen für Elektroautos installiert.