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Argentiniens Gesundheitssystem

Das argentinische Gesundheitswesen ist hochkomplex, sehr fragmentiert und besteht vereinfacht gesprochen aus zwei Teilen.

Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

1. Das steuerfinanzierte öffentliche Gesundheitswesen

Alle Einwohner Argentiniens haben das Recht auf eine kostenlose medizinische Grundversorgung. Insbesondere die rund 9,6 Millionen Argentinier (2023 laut Indec 32 Prozent der Bevölkerung), die über keine Krankenversicherung verfügen, nehmen sie in Anspruch, darunter 42 Prozent der Kinder und Jugendlichen (bis 17 Jahre) sowie die zahlreichen informell Beschäftigten. Darüber hinaus dient es den Teilen der Bevölkerung mit nur unzureichendem Versichertenschutz als "Rückversicherung". 

Organisiert ist das öffentliche Gesundheitswesen dezentral auf Provinz- und Gemeindeebene; wichtige Kommunikationsplattform zwischen den verschiedenen Akteuren ist der Bundesgesundheitsrat (COFESA). Mit Ausnahme weniger nationaler Krankenhäuser (wie Hospital Nacional de Pediatría Garrahan, Hospital el Cruce oder Hospital Posadas etc.) unterstehen alle Hospitäler und Primärversorgungszentren des öffentlichen Sektors den Provinzen oder Gemeinden – mit geografisch starken Qualitätsunterschieden. Insbesondere die Wartezeiten können trotz hoher Dichte an Krankhausbetten im regionalen Vergleich sehr lang sein. Es fehlt an Medikamenten und mitunter müssen die Patienten ihre Bettwäsche selbst mitbringen. Umso anfälliger ist das System gegenüber "Speed Money". Andererseits fürchten Krankenhausbetreiber und andere Verantwortliche, wenn Patienten den Klageweg beschreiten. Denn die Justiz entscheidet in der Regel eher kunden- beziehungsweise patientenfreundlich.

Besonders gut ist die Versorgung insbesondere in und um die Region Buenos Aires. Dort wurden nach einer großen Studie vom April 2023 97 Prozent der Menschen, die ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mussten, angemessen versorgt.

2. Das versicherungsbasierte Gesundheitswesen

Das versicherungsbasierte Gesundheitswesen umfasste 2023 etwa 68 Prozent der Bevölkerung. Es muss laut "Programa Médico Obligatorio" (PMO) allen Versicherten ein Mindestpaket an Leistungen bieten. Hierzu zählt eine Erstattung von 40 Prozent bei allen verschriebenen Medikamenten. Zu 100 Prozent zu erstatten sind Medikamente, die bei Krankenhausaufenthalten gegeben werden, sowie solche gegen Krebs, HIV oder Mukoviszidose und andere mit hohen Kosten verbundene Krankheiten. Je nach Versicherungsbedingungen kann die Erstattungsquote jedoch erheblich höher sein.

Diese Versicherungen sind:

"Obras sociales" (Sozialwerke oder Fonds)

Formal Beschäftigte müssen laut Gesetz krankenversichert sein. Arbeitgeber müssen 6 Prozent, Arbeitnehmer 3 Prozent des Gehalts abführen. Die Sozialwerke decken in der Regel den Arbeitnehmer respektive die Arbeitnehmerin plus unmittelbare Familienangehörige ab. Gegenwärtig versorgen sie rund 60 Prozent der Bevölkerung. 

Arbeitnehmer können wählen, ob sie über ein Sozialwerk krankenversichert sein möchten oder beziehungsweise zusätzlich über eine private Kasse. 2021 waren von den 290 Sozialwerken 212 in Gewerkschaftseigentum; mit mehr als 11 Millionen Leistungsempfängern entfielen auf sie 76 Prozent der knapp 15 Millionen Versicherten. Ferner gibt es Obra Sociales auf nationaler oder Provinzebene (wie IOMA oder PAMI, die staatliche Sozialversicherungskasse für Rentner und Pensionäre mit etwa 3,5 Millionen Leistungsempfängern) oder private Einrichtungen. Die Träger, speziell die Gewerkschaften, betreiben oft eigene Kliniken. Darüber hinaus kaufen die Sozialwerke Leistungen bei privaten Anbietern zu.

Private Versicherungen sowie vorausbezahlte medizinische Einrichtungen ("prepaga")

Ihre Kunden sind Selbstständige oder Angehörige des informellen Sektors, die selbst für ihren Versicherungsschutz sorgen, sowie Zusatzversicherte aus dem Sozialwerke-System. Ende 2023 waren 13 Prozent der Bevölkerung in irgendeiner Form privatversichert. Private Krankenversicherungen sollen Presseberichten zufolge ihre Beiträge im ersten Quartal 2024 nach der von Milei umgesetzten Preisliberalisierung um rund 150 Prozent erhöht haben. Dies hatte eine Welle von Kündigungen zur Folge. Seit April dürfen sie ihre Preise nur noch parallel zur Inflation anheben.

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