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Branche kompakt | Niederlande | Pharmaindustrie, Biotechnologie

Markttrends

Die Produzenten profitieren vom Exportmarkt. Die alternde Bevölkerung beeinflusst die solide Inlandsnachfrage.

Von Michael Sauermost | Bonn

Im Jahr 2024 übernahm der deutsche Hersteller von Spezialpharmazeutika, Medios, das niederländische Unternehmen Ceban Pharmaceuticals. Dabei handelt es sich um eine führende pharmazeutische Compounding-Plattform mit Tätigkeiten in den Niederlanden, Belgien und Spanien. Ceban deckt die gesamte Wertschöpfungskette ab – von der Beschaffung von APIs ("Active Pharmaceutical Ingredients") über die sterile und unsterile Herstellung von Arzneimitteln und die Belieferung von öffentlichen sowie Krankenhausapotheken bis hin zum Homecare-Service.

Internationales Interesse am Pharmasektor bricht nicht ab 

Der Übernahmedeal verdeutlicht, dass der niederländische Pharmasektor weiter für deutsche Unternehmen von großem Interesse ist: Und dabei geht es nicht maßgeblich um den lokalen Absatzmarkt. Auch die Möglichkeiten der Diversifizierung sowie die Bearbeitung von Drittmärkten verspricht der oftmals unbürokratischere, innovative und sehr exportorientierte Standort.

Die Niederlande sind für Pharmaunternehmen auch ein attraktiver Markt für die Einführung innovativer Medikamente. Zwar handelt es sich um einen vergleichsweise überschaubaren und mit mäßiger Geschwindigkeit wachsenden Arzneimittelmarkt, der jedoch mit verschiedenen Pluspunkten als Produktionsstandort auf sich aufmerksam macht und über ein gut entwickeltes Gesundheitssystem verfügt.

8 %

der weltweiten Pharmaexporte gingen 2024 auf das Konto der Niederlande.

Branchenunternehmen schätzen die gut entwickelte Forschungs- und Entwicklungslandschaft vor Ort, die von dem relativ hohen Grad an Zusammenarbeit zwischen Regierung und Industrie begünstigt wird. Die begrenzte Größe des Absatzmarkts mit einer Bevölkerung von rund 18 Millionen Einwohnern wird für potenzielle Investoren nicht nur durch die wachsenden Bedürfnisse der alternden Bevölkerung, sondern auch dadurch kompensiert, dass die ausgereifte Infrastruktur und Logistik hervorragende Bedingungen für Pharmaexporte bieten. 

Industrie steht vor Herausforderungen

Allerdings steht der niederländische Pharmasektor trotz seiner Innovationskraft vor einigen bedeutenden Herausforderungen. Strikte EU-Vorschriften sowie nationale Regelungen erhöhen auch in den Niederlanden den Aufwand und die Kosten für die Marktzulassung neuer Medikamente.

Die Regierung und Krankenversicherer streben nach niedrigen Medikamentenpreisen, was Pharmaunternehmen unter Druck setzt, wirtschaftlich tragbare Modelle zu entwickeln. Dies gestaltet sich vor dem Hintergrund unvorhersehbarer Energiepreise als besonders schwierig. Zudem haben die Kostensenkungsinitiativen der Regierung die Kriterien im Erstattungssystem verschärft. Viele Großhändler beliefern den niederländischen Einzelhandel und Krankenhausmarkt auch mit Parallelimporten, worunter die lokalen Hersteller leiden.

Der Mangel an qualifizierten Fachkräften, insbesondere im Bereich der Biotechnologie und Pharmaproduktion, stellt eine wachsende Hürde dar. Die Integration neuer, digitaler Technologien wie künstlicher Intelligenz treibt die Kosten in die Höhe – ist jedoch essenziell, um gegenüber der internationalen Konkurrenz, vor allem aus den USA, Deutschland und China, nicht zu sehr ins Hintertreffen zu geraten. Nebenbei steigt auch der Druck, in umweltfreundlichere Produktionsmethoden und Abfallmanagementsysteme zu investieren.

Nachfrage wächst moderat und kontinuierlich

Der niederländische Pharmamarkt wuchs im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr laut BMI Research um knapp 4 Prozent auf etwa 10 Milliarden Euro. Bis 2028 erwartet das Forschungsinstitut jährliche Steigerungsraten von circa 3,1 Prozent. Somit könnte bis dann die 11-Milliarden-Euro-Schwelle überschritten werden. Bis 2033 sei eine Steigerung auf 12,6 Milliarden Euro möglich. Dann könnten die Arzneimittelumsätze knapp 6 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben ausmachen. Der Vergleichswert für 2023 lag bei 8,2 Prozent.

Der niederländische Branchenverband der Pharmaindustrie (KNMP) geht davon aus, dass der lokale Pharmamarkt in den kommenden Jahren weiterwächst. Insbesondere dürfte die Nachfrage nach neuen, innovativen Behandlungen – vor allem aufgrund der alternden Bevölkerung - steigen.

Die zunehmenden Herz-Kreislauferkrankungen werden besonders als Wachstumstreiber für den Sektor gesehen. Die durch die Regierung vorgenommene Kostenreduzierung für Medikamente bringe Risiken für innovative Arzneimittelhersteller mit sich, biete jedoch Chancen für das Generikasegment.

Die Niederlande weisen relativ niedrige Pro-Kopf-Ausgaben für Medikamente im Vergleich zu anderen Industrienationen auf. Laut Erhebungen der OECD betrugen diese im Jahr 2023 durchschnittlich 507 US-Dollar (461 Euro). Der Vergleichswert für Deutschland lag bei 1.159 US-Dollar (1.063 Euro). Das Nachbarland Belgien kam auf 761 US-Dollar (693 Euro). Allerdings wird damit gerechnet, dass trotz staatlicher Kostensenkungsmaßnahmen die Gesundheitsausgaben durch die alternde Bevölkerung nominell weiter zunehmen.

Ausgewählte Investitionsprojekte der pharmazeutischen Industrie in den NiederlandenInvestitionssumme in Millionen Euro
Akteur/ProjektInvestitionssummeProjektstandAnmerkungen
Übernahme von Calypso Biotech durch Novartis

400

Wurde im Jahr 2024 abgeschlossen 
Übernahme von Ceban Pharmaceuticals durch die Medios AG

235 

Wurde im Jahr 2024 abgeschlossen 
Ministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Sport, Nationaler Wachstumsfonds

79

Projekt läuft von 2022 bis 2031Kooperation mit dem öffentlich-privaten Konsortium PharmaNL, Aufbau einer F&E-Infrasstruktur
Merck: Übernahme der niederländischen HUB Organoids Holding

k.A.

Übernahme zum Jahreswechsel 2024/25Geschäftsbereich: Organoide
Kapazitätserweiterung von Ardena in den Niederlanden 

k.A.

1. Quartal 2025Neues bioanalytisches Labor und Qualitätssicherungssystem
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Das Land legt außerdem großen Wert auf klinische Forschung und Innovation und verfügt über ein unterstützendes regulatorisches Umfeld für die Entwicklung neuer Medikamente und klinische Studien. Die gut entwickelte Forschungslandschaft hat dazu geführt, dass sich vor Ort mehrere bedeutende Biotechnologie-Cluster gebildet haben, die Investoren sowie Start-ups anziehen.

Die Niederlande sind sehr offen für digitale Anwendungen. Durch die zunehmende Nutzung der Onlinebestellung von Folgerezepten werden die Möglichkeiten für den direkten Kontakt zwischen Patient und Arzt verringert. Patienten, die ihre Rezepte online bestellen, haben möglicherweise andere Erwartungen und Bedürfnisse. Dies wirkt sich auf die Marketingaktivitäten der Hersteller aus. Ein weiterer Trend liegt in der steigenden Nachfrage nach umweltfreundlichen Verpackungen.

In den Niederlanden existieren verschiedene Förder- und Finanzierungsprogramme, die speziell auf Pharma- und Biopharma-Start-ups ausgerichtet sind. Start-ups in den Niederlanden können von EU-weiten Programmen wie Horizon Europe profitieren. Verschiedene niederländische Regionen bieten spezifische Fördermöglichkeiten für Start-ups, die in der Biopharma-Branche tätig sind.

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