Interview | Argentinien | Rohstoffe
"Wir sehen Argentinien als starken und langfristigen Partner"
Deutsche E Metalle bewertet und erschließt Lagerstätten weltweit. Im Interview berichtet CEO Micha Zauner von dem Engagement und den Erfahrungen seines Unternehmens in Argentinien.
22.11.2023
Von Fabian Nemitz | Bonn
Lange Zeit haben sich deutsche Unternehmen bei der Versorgung mit Rohstoffen allein auf den Weltmarkt verlassen. In der Exploration und Förderung sind heute nur noch wenige heimische Firmen tätig. Zu den Ausnahmen zählt das Dresdner Start-up Deutsche E Metalle (DEM). Seit einigen Jahren bewertet DEM in Argentinien Vorkommen an Lithium und seltenen Erden. Germany Trade & Invest sprach mit Vorstand Dr. Micha Zauner.
Herr Zauner, wo liegen Deutschlands größte Probleme bei der Rohstoffsicherung?
Die Upstream-Seite der Rohstoffversorgung wurde in Deutschland zu lange stiefmütterlich behandelt. Und es existiert kein Ökosystem für frühe Investitionen und die Allokation von Risikokapital in die Exploration, sodass die Pipeline für zukünftige Bergwerke und die deutsche Rohstoffversorgung mittel- bis langfristig nicht gesichert ist.
Meist werden selbst nationale Projekte von ausländischen Investoren entwickelt. Im angelsächsischen Raum übernehmen in der Regel Junior Mining Companies diese Aufgabe; in China wird das Vorgehen planwirtschaftlich gesteuert. Dadurch steht Deutschland mit seinen erst kürzlich begonnenen Aktivitäten und zögerlichen staatlichen Interventionen wie dem geplanten Rohstofffonds weiterhin im Abseits. DEM versucht privatwirtschaftlich mittels frühzeitiger Investitionen in gleichgesinnten Partnerländern oder in Deutschland Projekte zu entwickeln, die einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten können.
Ein Schwerpunkt Ihrer Aktivitäten liegt auf Argentinien. Was machen Sie dort?
Seit Dezember 2021 bewerten wir in Argentinien Rohstoffprojekte für kritische Metalle, darunter Lithium und seltene Erden. Nach erfolgreicher Prüfung dieser Lagerstätten und der verfügbaren Explorationslizenzen erwerben wir diese gemeinsam mit lokalen Geschäftspartnern. Danach gehen wir an die Entwicklung der Vorkommen durch ein gemeinsames Joint Venture. Kern unseres Geschäftsmodells ist der frühe und kostengünstige Einstieg in sehr aussichtsreiche Projekte in bekannten und ausgewiesenen Bergbaudistrikten mittels unseres Netzwerkes.
Im konkreten Fall unseres 70.000 Hektar großen Lithiumprojektes Carachi in der argentinischen Provinz Catamarca handelt es sich um eine Lithiumsole, die bisher mittels Geophysik und Oberflächenkartierung beziehungsweise -beprobung charakterisiert wurde.
Wo stehen Sie bei dem Projekt aktuell?
Derzeit werden Explorationsbohrungen abgeteuft, um die Zusammensetzung und das Volumen des Vorkommens zu quantifizieren, was Grundlage für die Entwicklung einer maßgeschneiderten Gewinnungsmethode ist. Bei erfolgreicher Umsetzung kann in wenigen Jahren eine Anlage vor Ort in Betrieb gehen, die Lithiumhydroxid oder -karbonat direkt an die deutsche oder europäische Batterieindustrie verkauft.
Wie haben Sie es als erstes deutsches Unternehmen geschafft, sich ein großes Explorationsgebiet in Argentinien zu sichern?
Das ist unserem Netzwerk zu verdanken und vor allem unserem Einsatz "zwischen den Jahren", als alle anderen Interessenten ihren Urlaub genossen. Leider ist auch DEM im Vergleich zu den Chinesen spät dran, hat aber immerhin als einzig öffentlich bekanntes deutsches Unternehmen schon 2021 das Potenzial der argentinischen Lithiumsole erkannt – und gehandelt.
Sind Sie in der Region an weiteren Vorhaben beteiligt?
Ja, wir haben verschiedene Optionen auf weitere Explorationsprojekte. Dabei geht es vor allem um Vorkommen an seltenen Erden in der Provinz Buenos Aires, wo wir schon erfolgreiche Erkundungsarbeiten durchgeführt haben. Die Konkurrenz ist immens und insbesondere China spielt finanziell in einer anderen Liga. Nur mit unserer Wertegemeinschaft und partnerschaftlicher Zusammenarbeit auf Augenhöhe kann DEM hier punkten.
Was waren die größten Herausforderungen für Ihr Unternehmen in Argentinien?
Eindeutig die Inflation und der Import. Finanztransaktionen sind seit einigen Jahren immer eine Herausforderung und die ständigen Änderungen der Import- und Exportregelungen erzeugen Unverständnis. Der Import von Messinstrumenten oder Bohrausrüstung verzögert sich regelmäßig um Monate.
Wie haben Sie die Herausforderungen gemeistert?
Dank guter Partner vor Ort und erfahrener Logistikunternehmen. Auch die deutsche Botschaft unterstützt uns sehr.
Wie stellen Sie sicher, dass Sie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz erfüllen?
Indem wir uns schon jetzt unabhängig auf ESG zertifizieren lassen. Unser Digbee-ESG-Zertifikat ist seit März online einsehbar, und sobald wir ein konkretes Produktionsszenario entwickelt haben, folgt eine Zertifizierung der IRMA. Das ist auch Voraussetzung, um an unsere Abnehmer in Deutschland zu liefern.
Im Frühjahr 2023 saßen Sie im Regierungsflieger zusammen mit Bundeskanzler Scholz. Glauben Sie, dass die Aufbruchstimmung in Bezug auf Lateinamerika nachhaltig ist?
Leider nein, da nun die konkreten Taten ausbleiben, wie das Einsetzen eines Rohstofffonds zur Incentivierung des besagten deutschen Ökosystems und der folgenden Investitionen in Lateinamerika, sowie die längst überfällige Ratifizierung des Mercosur-Abkommens. Eine Aufbruchstimmung setzte während der Reise tatsächlich ein mit der Folge, dass Lateinamerika als ernsthafter Partner und Gegenpol zu China und Russland für die Rohstoffsicherheit der EU ins Bewusstsein rückte, aber die Rahmenbedingungen, die seitens der Politik gesetzt werden müssen, bleiben weiterhin aus. Das beginnt schon bei einfachen Fördermittelprojekten, die aufgrund fehlender bilateraler Verständigung der Behörden seit Jahren nicht abgerufen werden.