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VALPARAISO, CHILE- JANUARY 2, 2018: The busy cargo seaport in South America in Valparaiso, Chile. It is the most important seaport in Chile. | Toniflap - stock.adobe.com Hafen, Container, Chile | © Toniflap - stock.adobe.com

Special | Seidenstraße

Chinas neue Seidenstraße reicht bis Lateinamerika

Die Volksrepublik gehört zu den führenden Investoren in der Region und ist Haupthandelspartner der meisten Staaten. Welche Länder und Sektoren wecken Chinas Interesse?

  • Chinas wachsender Fußabdruck in Lateinamerika

    Die Volksrepublik verstärkt ihre Präsenz in der Region. Dabei geht es nicht nur um Handel und Investitionen, sondern zunehmend um geostrategische Interessen. (Stand: 06.09.2024)

    Im Fokus des chinesischen Engagements in Lateinamerika steht traditionell die Sicherung der Nahrungsmittel- und Rohstoffversorgung – etwa mit Rindfleisch und Soja oder Kupfer und Eisen. Neuerdings gefragt sind Materialien, die für die Energiewende gebraucht werden. Hierzu zählen Lithium aus dem Lithiumdreieck Chile, Argentinien und Bolivien, Balsa-Holz aus Ecuador zur Herstellung von Rotorblättern für Windräder sowie Bauxit zur Gewinnung von Aluminium aus Jamaika.

    Chinas Investoren weiten Aktivitäten aus, wenn auch zuletzt weniger dynamisch

    Noch immer sind die USA und Europa die größten Investoren der Region. Auch investierte China 2023 deutlich weniger als in den Vorjahren, was vor allem der abgeschwächten Konjunktur im Reich der Mitte geschuldet ist. Dessen ungeachtet flossen laut Red Académica de América Latina y Caribe sobre China seit dem Jahr 2000 rund 193 Milliarden US-Dollar (US$) an chinesischen Direktinvestitionen in die Region. 

    Soviel investieren Unternehmen aus China in Lateinamerika und der KaribikIn Millionen US-Dollar, Anteile in Prozent
    Jahr

    2019

    2020

    2021

    2022

    2023 *)

    Investitionssumme

    19.231

    9.277

    12.706

    15.401

    8.748

    Anteil an den Direktinvestitionen insgesamt in der Region

    12,2

    10,3

    9,2

    7,4

    4,1

    * vorläufig.Quelle: Red Académica de América Latina y el Carribe sobre China 2024

    Damit sind chinesische Unternehmen aus Lateinamerika nicht mehr wegzudenken. Sie interessieren sich nicht nur für Branchen, die für sie strategisch wichtig sind, sondern differenzieren sich gezielt nach oben und unten in der Wertschöpfungskette. Dabei geht es vor allem um den Zugang zur Infrastruktur, die für den Transport von Rohstoffen nach China wichtig ist. 

    Im Fokus: Minen, Energie und Verkehr

    Rund zwei Drittel aller Investitionen verteilen sich auf die Bereiche Energie sowie Rohstoffe und Bergbau. Hinzu kommt der Bereich Infrastruktur. Je größer in einem Land die Lücke zwischen notwendigen Infrastrukturprojekten und ihrer Realisierung ist, desto willkommener sind Investitionen aus der Volksrepublik.

    • In Peru steht die Eröffnung des Tiefwasserhafens Chancay im November 2024 vor der Tür. Nach Informationen des The Economist hat der chinesische Hafenbetreiber Cosco Shipping Ports mit seinen lokalen Partnern bisher rund 1,3 Milliarden US$ investiert. Chancay soll der wichtigste Pazifikhafen Südamerikas werden und eine logistische Schlüsselrolle für die Seidenstraße in der Region spielen. Insbesondere verkürzt er den Transportweg nach Brasilien, der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas.
    • Noch Zukunftsmusik ist dagegen eine Zugverbindung zwischen Brasilien, Peru und Bolivien. Der Tren Bioceánico soll Pazifik und Atlantik verbinden. Das auf 7,5 Milliarden US$ geschätzte Vorhaben soll mit 3,5 Milliarden US$ von chinesischer Seite finanziert werden. Derzeit laufen die Verhandlungen.

    Auch im Automobilsektor findet sich chinesisches Engagement. Zum neuen Entscheidungsfaktor, speziell in Mexiko, könnten sich die wachsenden Spannungen zwischen China und den USA entwickeln, mit der Tendenz des Decoupling beziehungsweise der starken Priorisierung nationaler Sicherheit.

    In welche Sektoren chinesisches Geld in Lateinamerika und der Karibik fließt Realisierte Direktinvestitionen im Zeitraum 2005 bis 2023, in Milliarden US-Dollar, Anteile in Prozent
    Sektor

    Höhe der akkumulierten Investitionen

    Anteil

    Energie

    96,2

    58,3

      darunter Öl

    35,1

    21,3

    Bergbau, Rohstoffe

    38,3

    23,2

      darunter Kupfer

    15,6

    9,4

    Transport

    14,8

    9,0

    Landwirtschaft

    4,3

    2,6

    Sonstige

    11,4

    6,9

    Gesamt

    165,0

    100,0

    Erfasste Länder: Antigua und Barbuda, Argentinien, Bahamas, Bolivien, Brasilien, Chile, Ecuador, Guyana, Jamaika, Kolumbien, Kuba, Mexiko, Nicaragua, Panama, Peru, Suriname, Trinidad und Tobago, Venezuela.Quelle: The American Enterprise Institute and The Heritage Foundation 2024

    Peking flankiert diplomatisch und finanziell

    Die chinesische Regierung flankiert die Aktivitäten mit ihrer Seidenstraßeninitiative oder dem Abschluss von Freihandelsabkommen. Seit 2018 hat China mit 21 Staaten aus Lateinamerika und der Karibik eine Absichtserklärung über den Beitritt zur neuen Seidenstraßeninitiative unterschrieben, zuletzt mit Argentinien 2022. Darüber hinaus unterhält das Land mit Chile, Peru und Costa Rica Freihandelsabkommen; das Abkommen mit Ecuador wartet auf seine Ratifizierung. Mit Panama, Honduras und El Salvador laufen Verhandlungen. Zu Spannungen innerhalb des Wirtschaftsraums Mercosur führte das Vorpreschen Uruguays, das im Juli 2022 offizielle Gespräche zu einem eigenen Freihandelsabkommen einleitete.

    Außerdem stellt Peking über das staatliche Bankensystem Kredite bereit. So finanziert die China Development Bank chinesische Unternehmen, die sich an Projekten für Energie, Straßen, Telekommunikation oder Häfen beteiligen; die EXIM Bank of China macht zinsvergünstigte Kredite für Entwicklungshilfe und Exportkredite verfügbar.

    Daneben gibt es bilaterale Kreditvereinbarungen mit einzelnen Ländern, allen voran mit Ecuador und Argentinien. Im Juni 2024 verlängerte China mit Argentinien die aktive Tranche einer Währungsswap-Linie von umgerechnet 5 Milliarden US$ bis Juli 2026. Insgesamt geht es um 18 Milliarden US$.

    Chinesische Konkurrenz verdrängt traditionelle Anbieter

    Für fünf Länder ist die Volksrepublik zum bedeutendsten Handelspartner avanciert: Bolivien, Brasilien, Chile, Panama und Peru. In vielen weiteren hat sie stark an Boden gut gemacht. Dessen ungeachtet ist der Verkauf chinesischer Produkte in die Region aus Sicht der Volksrepublik zwar wachsend, aber von der Bedeutung her überschaubar. Laut Comtrade entfielen 2023 nur 7,2 Prozent des chinesischen Exportvolumens auf den Subkontinent. Mit 9,5 Prozent fallen die Importe etwas stärker ins Gewicht.

    Kritiker bemängeln generell, dass China vor allem Rohstoffe und Lebensmittel einkaufe, was wenig für die heimische Wertschöpfung einbringe. In umgekehrter Richtung fächert sich die Palette dagegen auf: Verbraucherinnen und Verbraucher in Lateinamerika tragen nicht nur immer mehr Kleidung oder Schuhe "made in China". Sie freuen sich auch über günstige PCs und Handys von Huawei oder Lenovo, während über die Straßen immer mehr chinesische Autos rollen. 

    Mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis macht das asiatische Land darüber hinaus nicht nur der lokalen Industrie Konkurrenz, sondern zunehmend auch Anbietern aus Industrieländern. Allen voran betrifft das die USA, deren Importanteil seit 2000 erheblich gesunken ist. Auch deutsche Unternehmen spüren die chinesische Konkurrenz. Diese Entwicklung sei nicht selten auch mangelndem Engagement vor Ort geschuldet, meinen kritische Stimmen in Lateinamerika.

    Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

  • China mit weitreichenden Absichten in Argentinien

    China investiert Milliarden in Argentinien. Im Fokus stehen der Rohstoff- und Energiesektor. Aber nicht nur wirtschaftliche Ziele werden hinter dem Engagement vermutet. (Stand: 24.05.2023)

    Während deutsche Unternehmen angesichts der andauernden Wirtschaftskrise in Argentinien eher in Wartestellung verharren, baut China sein Engagement dort weiter aus. Beim Beitritt zur chinesischen Seidenstraßeninitiative im Februar 2022 vereinbarten Argentinien und China gemeinsame Projekte im Umfang von 24 Milliarden US-Dollar (US$).

    Auch der Warenaustausch zwischen beiden Ländern wächst stetig, nicht zuletzt wegen sogenannter Währungsswaps, die den US-Dollar als Handelswährung umgehen. Im Jahr 2022 war China erstmals wichtigstes Lieferland vor Brasilien - mit stark steigender Tendenz der chinesischen Importe. Auch andere wichtige Handelspartner, darunter die USA und Deutschland, können bei diesem Tempo nicht mithalten.

    China sichert sich Zugang zu Lithiumvorkommen

    Argentinien gehört mit Chile und Bolivien zum sogenannten Lithiumdreieck, einer Region, wo sich mehr als die Hälfte der weltweiten Reserven des wertvollen Metalls befinden. Für Chinas Rohstoffpolitik ist Argentinien deshalb von großer Bedeutung. Um die Versorgung der eigenen Industrie sicherzustellen, haben sich Firmen wie Ganfeng, Zijin Mining, Tibet Summit Resources und Tianqi Zugang zu lukrativen Lagerstätten in Argentinien gesichert. Und sie treiben Investitionen in die Produktion von Lithiumkarbonat und -chlorid voran. Im Jahr 2021 unterzeichneten Ganfeng Lithium und die Provinzregierung von Jujuy zudem eine Absichtserklärung zum Bau einer Batteriefabrik.

    Energiesektor ebenfalls im Fokus

    Ein weiterer Schwerpunkt chinesischer Investitionen ist der Energiesektor. Im November 2022 sagte der chinesische Präsident Xi Jinping seinem argentinischen Amtskollegen Alberto Fernández zu, noch offene Gelder chinesischer Banken für den Bau der beiden Staudämme Néstor Kirchner und Cepernic beschleunigt auszuzahlen. Die Inbetriebnahme ist für 2027 geplant. Schon im Mai 2022 war für den Bau zweier Wasserkraftwerke in Patagonien ein neuer Kredit vereinbart worden.

    Gefahr finanzieller Abhängigkeit wächst

    Zudem sollen chinesische Unternehmen zwei Kernkraftwerke in Argentinien bauen und großteils auch finanzieren: Atucha III und Atucha IV.  Derzeit liegt Atucha III allerdings auf Eis, weil beide Länder sich bei der Finanzierung des über 8 Milliarden US$ teuren Projekts nicht einig werden. Argentinien will, dass China die Kosten zu 100 Prozent trägt, China besteht auf 85 Prozent. Außerdem will Argentinien selbst die Brennstäbe liefern - China ebenso. Bei Attucha IV sind die Arbeiten bisher nicht über das Planungsstadium hinausgekommen.

    Chinaexperten wie der Wirtschaftsprofessor Eduardo Daniel Oviedo warnen indes vor einer zunehmenden finanziellen Abhängigkeit Argentiniens gegenüber China. Laut dem Washingtoner Thinktank Inter-American Dialogue erhielt Argentinien zwischen 2007 und 2021 die höchste Zahl an Krediten chinesischer Geschäftsbanken unter allen Ländern Lateinamerikas: insgesamt 36. Und gemäß dem Portal AidData vergab die Volksrepublik zwischen 2016 und 2021 Liquiditätshilfen und Notkredite an 22 Länder in Höhe von rund 240 Milliarden US$, davon allein 112 Milliarden US$ an Argentinien.


    Chinas Projekte nicht immer als solche erkennbar

    Insgesamt fällt auf: China investiert nicht nur punktuell in Einzelprojekte, sondern kauft sich entlang der gesamten Lieferkette ein, bis hin zum Verschiffungshafen. Das Land investiert auch über Drittstaaten beziehungsweise über Firmen, die es in anderen Ländern erworben hat oder über Steuerparadiese wie den Kaiman-Inseln. Laut Eduardo Daniel Oviedo, Professor an der Nationalen Universität von Rosario, trifft das für 95 Prozent aller chinesischen Direktinvestitionen in Argentinien zu. Offizielle FDI-Statistiken sind deshalb nicht aussagekräftig.

    Plant China einen Militärstützpunkt im Süden Argentiniens?

    Einige chinesische Projekte sind aus westlicher Sicht besonders kritisch, weil sie über rein kommerzielle Ziele hinausgehen dürften. Das trifft auf ein Engagement in Feuerland, im Süden Argentiniens, zu. Im Januar 2023 unterzeichneten der dortige Gouverneur und das chinesische Staatsunternehmen Shaanxi Chemical Industry Group eine Absichtserklärung zum Bau eines "Mehrzweckhafens", einer Chemiefabrik und eines Kraftwerks.

    Der Hafen könnte China in die Lage versetzen, die Passage zwischen Atlantik und Pazifik sowie die Kommunikation in der gesamten Hemisphäre zu überwachen. Statt der Strom- und Düngemittelerzeugung zu dienen, könnte das Projekt in einen Marinemilitärstützpunkt mit Ziel Antarktis umgewandelt werden, so Bedenken in Argentinien und von US-Seite. Dieser Verdacht wird dadurch untermauert, dass der Betrieb eines Hafens dieser Art in der weit abgeschlagenen Region nicht rentabel sei, wie die argentinische Digitalzeitung infobae recherchierte.

    Ähnlich kontrovers ist der Plan einer zweiten Satellitenstation Chinas. Bereits seit 2019 betreibt die Volksrepublik mit Zustimmung des argentinischen Abgeordnetenhauses auf 200 Hektar eine Satellitenstation in der Provinz Neuquén. Der Vertrag gilt für 50 Jahre. Laut dem chinesischen Nachrichtenportal german.china.org.cn spielt Chinas erstes Bodenkontrollzentrum auf der Südhalbkugel seither eine wichtige Rolle für das Satellitennetz des Landes sowie bei geplanten Raumfahrtmissionen. Zwar kommen alle Techniker aus China und argentinische Vertreter haben nur schwer Zutritt. Jedoch soll Argentinien "strategische Informationen" von Chinas Aufklärungssatelliten erhalten, so der chinesische Propagandakanal.

    Deutlich kritischer sieht dies die argentinische Tageszeitung La Nación: "Die Art der Einrichtung unterstützt die Satellitenverfolgung für zivile, friedliche sowie für militärische und Spionagezwecke wie das Abhören sensibler Daten aus anderen Ländern und das Versenden verschlüsselter Nachrichten." Tatsächlich unterstehen die beteiligten chinesischen Regierungsbehörden direkt der Volksbefreiungsarmee. Vor diesem Hintergrund ist die Hypothese einer militärischen Nutzung neben den vereinbarten wissenschaftlichen Zwecken nicht abwegig.

    Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

  • China will seinen Einfluss in Brasilien weiter ausbauen

    China plant, die bilateralen Beziehungen zu Brasilien unter Präsident Lula auszubauen. Dabei ist die Volksrepublik bereits der mit Abstand wichtigste Außenhandelspartner. (Stand: 27.12.2022)

    Nur eine Woche nach seiner eigenen Bestätigung im Amt als Staatsoberhaupt Chinas gratulierte Xi Jinping Lula zu seinem Wahlerfolg in Brasilien. Auf chinesischen Nachrichtenkanälen spekulieren Analysten auf eine Intensivierung der Süd-Süd-Kooperation: Mit Lula als neuem Präsidenten beständen Chancen darauf, dass Brasilien als Partner in die (Konnektivitäts-)Initiative "Neue Seidenstraße" einsteige. Argentinien hatte im Februar 2022 bereits den Beitritt zur Belt-and-Road-Initiative (BRI) angekündigt.

    Strategische Partner auf dem Weg zum Freihandelsabkommen?

    Luiz Inácio Lula da Silva will das Image Brasiliens und die internationalen Beziehungen nach allen Seiten verbessern. Zwar betonte er in seiner ersten Ansprache den Wunsch, die Beziehungen zu den USA und Europa zu beleben, ohne China zu erwähnen. Doch gehört die Volksrepublik ebenso wie Argentinien und die USA zu den ersten Zielen, denen Lula nach seinem Amtsantritt am 1. Januar 2023 einen Besuch abstatten will.

    Außerhalb der Zollunion Mercosur verfolgt Brasilien mit keinem anderen Land eine so eng abgestimmte Außenpolitik wie mit China. Auf dem 6. Ministertreffen der brasilianisch-chinesischen Kommission COSBAN im Mai 2022 wurden neue Fünf- und Zehnjahrespläne verabschiedet. Darin vorgesehen ist der Abbau verschiedener Handelshemmnisse. Auch ein Freihandelsabkommen ist im Gespräch. Dabei preschte der kleine Mercosur-Staat Uruguay bereits vor und kündigte im Juli 2022 an, bilaterale Verhandlungen mit China aufzunehmen.

    In der Coronapandemie haben sich die Handelsbeziehungen zwischen Brasilien und China weiter intensiviert. Brasilien befindet sich in einer deutlich größeren Abhängigkeit. Fast ein Drittel der brasilianischen Exporte geht nach China und mehr als 20 Prozent der Importe stammen von dort. Zudem konnte die asiatische Großmacht mit der Lieferung von Masken und Impfdosen punkten, auch wenn Brasiliens aktueller Präsident Jair Bolsonaro dies nie öffentlich anerkannte.

     

    Brasilien als wichtiges Investitionsziel chinesischer Unternehmen

    Unter Bolsonaro herrschte ein chinafeindlicher Ton. Pläne zur Einrichtung eines 20 Milliarden US-Dollar (US$) schweren Fonds für neue Produktionskapazitäten wurden auf Eis gelegt. Dennoch fokussieren sich chinesische Unternehmen zunehmend auf Brasilien, wie der jüngste BRI-Report von Germany Trade & Invest zeigt. Im Jahr 2021 verdreifachten sich die chinesischen Investitionen in Brasilien und erreichten wieder das Vorkrisenniveau von 5,9 Milliarden US$.

    Hauptgrund für den drastischen Anstieg sind die kapitalintensiven Beteiligungen der chinesischen Erdölkonzerne China National Offshore Oil Corporation (CNOOC) und China National Oil and Gas Exploration and Development Company (CNODC) an den Explorationsrechten im Bohrfeld Búzios. Laut dem China Global Investment Tracker war Brasilien 2021 das wichtigste Investitionsziel für China. Dies betont die Jahresstudie des Chinesisch-Brasilianischen Unternehmerrates CEBC.

    Fokus liegt auf Energie, doch das Spektrum wird breiter

    In keinen anderen Wirtschaftsbereich Brasiliens investieren chinesische Unternehmen so intensiv wie in den Stromsektor. China General Nuclear Power Group (CGN Energy International) trat erst 2019 in den brasilianischen Markt ein. CGN übernahm Atlantic Energias Renováveis der britischen Betreibergesellschaft Actis und kurz darauf große Wind- und Solarprojekte des italienischen Konzerns Enel. Mittlerweile verfügt CGN in Brasilien über Aktiva im Wert von etwa 930 Millionen US$ und eine installierte Leistung von insgesamt 1,1 Gigawatt. Bis 2024 plant das Unternehmen weitere 2 Milliarden US$ zu investieren und die Gesamtleistung auf 3 Gigawatt zu erweitern.

    Darüber hinaus gehören auch die staatlichen Großkonzerne China Three Gorges (CTG), State Grid Corporation of China (SGCC) und State Power Investment Corporation (SPIC) zu den großen Investoren im brasilianischen Stromsektor. Zunehmend engagieren sich auch die großen Baukonzerne PowerChina und China Energy Engineering Group (CEEC), und mit BYD, Goldwind und Sinoma Blades stoßen immer mehr Technologieanbieter nach Brasilien vor.

    Auf welche Bereiche konzentrieren sich chinesische Investitionen in Brasilien?

    Wirtschaftsbereich

    Anteil am Investitionsvolumen 2007-2021 (in %)

    Anteil an der Gesamtzahl der Investitionsprojekte 2007-2021 (in %)

    Stromsektor

    45,5

    33,7

    Öl & Gas

    30,9

    6,4

    Bergbau

    6,3

    k.A.*

    Verarbeitende Industrie

    5,5

    25,2

    Infrastrukturbau

    4,5

    3,5

    Land-, Vieh- und Forstwirtschaft

    3,3

    6,4

    Finanzdienstleistungen

    2,0

    5,9

    IT

    k.A.*

    10,9

    Andere

    2

    7,9

    * keine explizite Angabe/ist unter "Andere" erfasst.Quelle: Chinesisch-brasilianischer Unternehmerrat Conselho Empresarial Brasil-China (CEBC) 2022

    Ein besonderes Augenmerk wirft China auch auf die Hafeninfrastruktur, die für den Abtransport von Rohstoffen erforderlich ist. Das Großprojekt eines Hafens in São Luís (Maranhão) scheint jedoch nicht zustande zu kommen. Dafür sicherte sich der chinesische Konzern Cofco erst im März 2022 die Konzession für ein weiteres Terminal im Hafen Santos.

    Immer attraktiver sind zudem die Investitionen in das belebte Startup-Ökosystem. Bei der Erweiterung der digitalen Seidenstraße in Brasilien spielt der Technologiekonzern Huawei eine zentrale Rolle.

    Für großes Aufsehen sorgte im Sommer 2021 die Übernahme des Mercedes-Benz-Werks in Iracemápolis (São Paulo) durch Great Wall Motors. Aber auch CAOA Chery und BYD beleben das Angebot chinesischer Kfz auf dem brasilianischen Markt. Mit dem Aufkommen des Elektroantriebs können chinesische Hersteller Marktanteile gewinnen.

    Deutsche Zulieferer sind willkommen

    Ein koordiniertes Zusammenspiel unter chinesischen Unternehmen lässt sich bislang nicht erkennen. Schließlich müssen diese im lokalen Wettbewerb bestehen. Im März 2022 vergab SPIC Brasil den Großauftrag zur Modernisierung des Wasserkraftwerkes São Simão an den US-Konzern GE Power und nicht etwa an PowerChina oder CEEC. Auch nach großen Übernahmen im Stromsektor wie Atlantic durch CGN oder CPFL durch State Grid nahm die Zulieferung chinesischer Ausrüstung nicht erkennbar zu.

    Im Kfz-Sektor wird dies noch deutlicher. CAOA produziert in Partnerschaft mit dem chinesischen Hersteller Chery, ist aber weitgehend autonom, um sich an lokale Bedingungen anzupassen. Der Anteil nationaler Wertschöpfung soll auf über 40 Prozent steigen. Im September 2022 zeichnete CAOA die besten Zulieferunternehmen aus, darunter auch drei deutsche: Mahle, Dürr und Isringhausen. Auch Great Wall Motors erweitert den Lieferantenkreis und strebt bis 2026 einen Anteil nationaler Wertschöpfung von über 50 Prozent an.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • China ist in Chile spürbar präsent

    China ist seit 2007 wichtigster Ex- und seit 2015 größter Importpartner Chiles. Aber das Verhältnis ist nicht ungetrübt. Nicht alle Investitionspläne sind Selbstläufer. (Stand: 24.10.2024)

    Für Chile ist China der mit Abstand größte Absatzmarkt weltweit. In den vergangenen Jahrzehnten stieg der Anteil der Exporte nach China schrittweise auf zuletzt fast 39 Prozent. Ein großer Teil davon entfällt auf Kupfer. Auch bei Lithium ist die Volksrepublik der wichtigste Abnehmer. Beide Rohstoffe sind essenziell für die Energiewende.

    Exportschlager Kupfer, Lithium und Wein

    Gefragt sind außerdem Wein, Lachs und Kirschen. Im 1. Halbjahr 2024 gingen 45 Prozent der landwirtschaftlichen Exporte (mit Fisch- und Forstwirtschaft) nach China; bei Industriegütern lag der Anteil bei 14 Prozent.

    Importe nicht mehr ganz so hoch

    Auch der Anteil Chinas an den chilenischen Importen bewegt sich nach oben. Lag er 2002 noch bei 7 Prozent, so beträgt er mittlerweile mehr als 20 Prozent. Allerdings war die Einfuhr zuletzt rückläufig. Das liegt vor allem an dem Hoch der China-Importe während der Corona-Pandemie, als viele westliche Hersteller Lieferprobleme hatten. Firmen aus der Volksrepublik hingegen, wie der Autobauer Chery, verfügten über volle Lager. Ein weiterer Nutznießer war Lenovo. Der Homeoffice-Boom bescherte dem Computerhersteller Rekordverkäufe.

    Die Chilenen schätzen an den chinesischen Produkten vor allem die wettbewerbsfähigen Preise. Im Einzelhandel ist die Dominanz geradezu überwältigend. Laut chilenischer Zentralbank stammten 2023 rund 35 Prozent der importierten Konsumgüter aus China. Besonders hoch sind die Anteile bei Kleidung (67 Prozent), Elektroartikeln wie Handys von Huawei oder Xiaomi (58 Prozent) und Schuhen (52 Prozent), ermittelte die Cámara Nacional de Comercio.

    "Es ist in der Tat beeindruckend, dass sich selbst in den letzten Winkeln Chiles chinesische Billigsupermärkte finden. Aber es sind eben nicht mehr nur billige Textilien und andere Konsumgüter, die aus China bezogen werden, sondern inzwischen auch Autos, Lastwagen bis hin zu Maschinen und Anlagen. Das ist ein Trendwechsel. Schon jetzt nimmt der Druck auch in den wenigen Segmenten zu, in denen Deutschland in Chile stark ist – speziell im Automobilbau oder bei Bergbaumaschinen." 

    Cornelia Sonnenberg Geschäftsführerin der AHK Chile

    Chinesische Investitionen offiziell stark unterschätzt

    Abgesehen vom Handel engagieren sich chinesische Firmen strategisch gezielt im Bergbau, speziell Lithium, sowie im Wasser- und Stromsektor. Sie investieren auch in die Land-, Aqua- und Forstwirtschaft sowie den Weinbau.

    Wieviel China tatsächlich investiert hat, ist schwer abzuschätzen. Nach den offensichtlich viel zu niedrigen Daten der chilenischen Zentralbank lag das Investitionsvolumen 2022 bei 700 Millionen US-Dollar (US$); das wären lediglich 0,3 Prozent des Gesamtbestands an Direktinvestitionen im Land.

    Dabei hatte allein Tianqi Lithium für seinen 24-Prozentanteil an der chilenischen Sociedad Química y Minera (SQM) 2018 rund 4 Milliarden US$ gezahlt. Auch die Übernahme der Lachsfabrik Australis kostete rund 1 Milliarde US$. Grund ist: Vielfach fließen die Gelder nicht direkt, sondern schwer nachvollziehbar über andere Länder.

    Chiles neue nationale Lithiumstrategie bremst chinesische Investoren aus – aber nicht nur diese

    Besonders herausragend ist Chinas Beteiligung an SQM, einer der beiden Firmen, die in Chile bislang Lithium fördern. Allerdings blieben Chinas Bemühungen, tiefer im Lithiumsegment Fuß zu fassen, bisher erfolglos.

    Im März 2022 stoppte die damals neue Regierung unter Präsident Garbiel Boric das Vergabeverfahren einer Ausschreibung zum Lithiumabbau, aus der der chinesische Elektroautobauer BYD siegreich hervorgegangen war. Die Politik wollte den Rahmen für die Lithiumgewinnung neu abstecken. Über die 2024 gestarteten Ausschreibungen des Bergbauministeriums für den Lithiumabbau gemeinsam mit der chilenischen Staatsfirma Enami ist noch nicht entschieden. Bekannt ist nur, dass sich auch Firmen aus China beworben haben.

    Abgesehen davon hat BYD im Mai 2024 sein 2023 initiiertes Vorhaben aufgrund des "schwierigen rechtlich-bürokratischen Umfelds" auf Eis gelegt. BYD wollte eine Fabrik für Lithiumkathoden errichten. Was aus den Vorzugsquoten wird, die BYD zum günstigeren Bezug von Lithiumkarbonat bei SQM gewonnen hatte – unter der Voraussetzung, in Chile einen wertschöpfenden Verarbeitungsschritt zu schaffen – ist ungewiss.

    Grundsätzlich hat die Boric-Regierung beschlossen, sich im Rahmen der neuen nationalen Lithiumstrategie stärker im Lithiumgeschäft zu engagieren. Dies bedeutet beispielsweise für SQM, dass ihr Anteil an ihrer Lithiumförderung im Salar de Atacama bis 2060 zugunsten des staatlichen Kupferkonzerns CODELCO von gegenwärtig 100 auf 40 Prozent schrumpft. Da es zu dieser Vereinbarung keine öffentliche Ausschreibung gab und Tianqi Lithium seine Interessen gefährdet sah, zog der Konzern vor Gericht, scheiterte aber vor dem Berufungsgericht in Santiago im August 2024 zum zweiten Mal.

    China im Energiebereich mit problematischer Stellung

    "China kauft alles, angefangen bei Erzeugerkapazitäten bis hin zum Netz. Jetzt steht der Anteil des kanadischen Pensionsfonds CPP an Transelec zu Verkauf und man kann sich an seinen fünf Fingern abzählen, wer hier zum Zuge kommen will. Die starke chinesische Stellung im knappen Stromübertragungsbereich schwächt unsere Stellung als unabhängige Stromanbieter."  

    Lutz Kindermann Geschäftsführer des Projektentwicklers von Wind- und Solarparks wpd

    Schlagzeilen machten der Einstieg von China State Grid beim Netzbetreiber Chilquinta in Valparaíso für 2,2 Milliarden US$ im März 2020 und ein Jahr später der Kauf des Netzbetreibers CGE aus Santiago für rund 3 Milliarden US$. CGE versorgt rund 57 Prozent der chilenischen Endverbraucher mit Strom.

    Kritisch sehen Juristen deshalb den Zuschlag für den Bau der auf 1,5 Milliarden US$ projektierten, 1.500 Kilometer langen Hochspannungs-Gleichstromleitung Kimal-Lo Aguirre an das Yallique-Konsortium im Jahr 2021. Denn an Yallique ist auch China Southern Power Grid International beteiligt. Nach chilenischem Recht sind Stromerzeugung, -übertragung und -versorgung strikt zu trennen. Sowohl China State Grid als auch China Southern Power Grid gehören aber dem chinesischen Staat.

    Rückschlag im Gesundheitssektor

    Auch nach dem zukunftsträchtigen Gesundheitsmarkt strecken Chinas Firmen ihre Fühler aus. Dabei war die in Quilicura geplante 100-Millionen-US$-Fabrik von Sinovac lange ein Vorzeigeprojekt. Von hier aus wollte der durch seinen Corona-Impfstoff bekanntgewordene Hersteller den lateinamerikanischen Markt beliefern. Umso größer war die Enttäuschung, als Sinovac im Oktober 2023 den Bau stoppte. Speziell auch weil die Entscheidung unmittelbar nach dem Besuch von Präsident Boric in der Volksrepublik einschließlich Gesprächen mit seinem Amtskollegen Xi bekanntgegeben wurde.

    Nach Plan läuft es dagegen mit dem Bau des neuen Krankenhauses in Coquimbo (rund 270 Millionen US$). Die Ausschreibung hatte 2022 China Railway Construction (CRCC) gewonnen. Seit Januar 2024 laufen die Bauarbeiten, bis 2028 sollen sie fertig sein.

    Darüber hinaus konnte der Baukonzern die Ausschreibung der Konzessionen für ein Institut für Neurochirurgie und die Krankenhäuser in Rengo und Pichilemu für sich entscheiden. Ebenfalls im Krankenhauswesen aktiv ist die China Communications Construction Company (CCCC) mit klinischen Zentren von Cauquenes, Constitución und Paral.

    Chinas Baufirmen etablieren sich gegen spanische Konkurrenz

    "Die Chinesen nehmen im Infrastrukturbereich schon seit 2006 an Ausschreibungen teil, gewonnen haben aber lange Zeit immer die Spanier. Es war ein jahrzehntelanger Lernprozess, bis sie zum Zuge kamen – speziell auch über die Zusammenarbeit mit chilenischen Unternehmen." 

    Andreas Pierotic Anwalt bei Bofill Mir, zitiert in der Zeitung La Tercera (31.3.2024)

    Insbesondere für den Ausbau von Eisenbahn und Häfen (speziell von San Antonio nach dem Vorbild des Megahafens Chancay/Peru) dürften künftig für chinesische Firmen Wachstumschancen bestehen.

    Digitale Seidenstraße auf US-Druck gesperrt

    Dagegen musste Huawei seine Pläne begraben, Chile mit Asien über ein Unterwasser-Glasfaserkabel zu verbinden. Die Entscheidung der Regierung unter dem damaligen Präsidenten Sebastián Piñera erfolgte auf Druck der USA. Das Kabel sollte von einem Rechenzentrum mit Huaweis erster öffentlicher Speicher-Cloud in Lateinamerika gesteuert werden, welche 2019 eingeweiht worden war. Chile entschied damals, stattdessen ein ähnliches Projekt mit Google durchzuführen.

    Dessen ungeachtet spielt Huawei im Land eine wichtige Rolle und ist einer der Hauptanbieter von 4G- und 5G-Netzen für Movistar, Entel und WOM. Der IT-Konzern betreibt zwei Rechenzentren im Land, der Bau eines dritten ist angekündigt.

    Lachszucht mit Problemen

    Auch im Bereich Aquakultur läuft nicht alles glatt. Bei der Schlichtungsstelle liegt der Fall Australis. Joyvio, der Agrobusiness-Arm der chinesischen Legend Holdings, zu der auch Lenovo gehört, hatte den Lachserzeuger Australis 2019 für fast 1 Milliarde US$ übernommen. Dessen chilenische Vorbesitzer sollen mit zu hohen Lachsbeständen massiv gegen die Umweltauflagen verstoßen haben. Joyvio wirft ihnen Betrug vor. Jetzt müssen die Gerichte entscheiden.

    Wie sieht Chile China?

    Anders als noch vor fünf Jahren, als Politik und viele Menschen in Chile dem chinesischen Engagement prinzipiell positiv gegenüberstanden, hat sich die Situation inzwischen etwas verändert. Allerdings wird Kritik am größten Handelspartner oft nur hinter vorgehaltener Hand geäußert. Eine Ausnahme bildet der Fall Huachipato. Der seit Jahren hohe Verluste schreibende Stahlhersteller erwirkte 2024 bei der chilenischen Regierung die Einführung von Antidumping-Zöllen gegen Brancheneinfuhren aus China. China bestreitet die Vorwürfe. Das Unternehmen retten konnten die Zölle nicht. 

    Aus der chilenischen Investitionslandschaft ist China heute nicht mehr wegzudenken. Angesichts des unzureichend konkreten Interesses zum Beispiel aus Europa bleibt China der pragmatische Investor, der "auch Geld in die Hand nimmt". Unterstützt werden Chinas Firmen dabei durch die Präsenz von Staatsbanken wie der China Construction Bank oder der Bank of China. Umgekehrt ist Chile Mitglied in der von China initiierten Asiatischen Infrastrukturinvestmentbank (AIIB). Allerdings wünschen sich nicht wenige aus dem Unternehmenssektor inzwischen ein Screening für chinesische Investoren. 

    Generell dürfte der Bevölkerungsmehrheit China aber gleichgültig sein – zum Beispiel sind sich nicht wenige Käufer bewusst, dass es sich bei Lenovo um eine chinesische Firma handelt. 

    Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

  • Chinesische Firmen investieren verstärkt in Mexiko

    China ist als zweitwichtigster Handelspartner eng verbunden mit Mexiko. Neben der Rolle als Lieferant tritt China inzwischen auch stärker als Investor auf. (Stand: 03.01.2023)

    Das Engagement der chinesischen Regierung in Mexiko ist geringer als in anderen Ländern Lateinamerikas und Mexiko ist nicht offiziell per Absichtserklärung Teil der neuen Seidenstraßeninitiative (Belt and Road Initiative, BRI). Das Land hat aufgrund der geografischen Nähe und dem 1994 in Kraft getretenen Handelsabkommen mit den USA und Kanada (USMCA, vormals NAFTA) traditionell eine enge wirtschaftliche und politische Verflechtung zum nördlichen Nachbarn.

    Dennoch spielen chinesische Unternehmen in Mexiko eine immer wichtigere Rolle. China ist nach den USA der zweitwichtigste Handelspartner Mexikos. Der Anteil Chinas an den mexikanischen Importen stieg von 1,7 Prozent im Jahr 2000 auf 19,9 Prozent im Jahr 2021. Nur die USA hatten in dem Jahr einen noch höheren Anteil (43,7 Prozent).

    Chinesische Staatsfirmen erhalten Großaufträge in Mexiko

    Zudem haben chinesische Firmen zuletzt immer häufiger Ausschreibungen mexikanischer Regierungsstellen und Staatsunternehmen gewonnen. Zum Beispiel der Schienenfahrzeughersteller China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC), der im Herbst 2022 damit beauftragt wurde, Züge für die neuen Metrolinien 4, 5 und 6 in Monterrey sowie die Bahnlinie 4 in Guadalajara zu liefern. CRRC trat beide Male im Konsortium mit dem portugiesischen Baukonzern Mota-Engil auf. Bereits 2020 hatte CRRC den Auftrag zur Modernisierung der Metrolinie 1 in Mexiko erhalten. Für die Montage der dafür bestellten Züge baut CRRC ein Werk im Bundesstaat Querétaro. Die neuen Züge sollen dadurch zu 35 Prozent in Mexiko gefertigt werden, so Claudia Sheinbaum, Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt.

    Auch bei dem Milliardenprojekt Tren Maya, einer Zugstrecke auf der Halbinsel Yucatán, wurde mit China Communications Construction Company (CCCC) ein chinesischer Staatskonzern für den Bau eines Teilabschnitts beauftragt. Das chinesische Erdgas- und Mineralölunternehmen Sinopec ist ein enger Geschäftspartner des mexikanischen Ölkonzerns Pemex.

    Unternehmen aus China verlagern Produktion nach Mexiko

    Wegen der Zunahme der Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China nutzen chinesische Unternehmen verstärkt Mexiko als Produktionsstandort für den US-Markt. Der chinesische Elektronikkonzern Hisense errichtet aktuell für 250 Millionen US-Dollar (US$) seine zweite Fabrik in Mexiko, im an Texas angrenzenden Bundesstaat Nuevo León. Das Unternehmen will dort zukünftig Kühlschränke, Waschmaschinen, Backöfen und Klimaanlagen produzieren. Das erste Werk befindet sich in der Stadt Tijuana, nur wenige Minuten von der US-Grenze nach Kalifornien entfernt. Weitere Beispiele für die Produktionsverlagerung liefern die chinesischen Unternehmen Sunon Furniture (Möbel), Lizhong, Citic Dicastal, Hangzhou XZB (alle Autoteile) und Skyish (Gartengeräte). Besonders beliebt ist die nördliche Industriemetropole Monterrey.

    Neben den Zollvorteilen des USMCA-Abkommens und geringerer Transportkosten spielt bei den chinesischen Investoren das Lohnniveau eine Rolle: Mit einem Stundenlohn von umgerechnet 2,27 US$ (2021) im verarbeitenden Gewerbe sind die Lohnkosten in Mexiko inzwischen deutlich geringer als in China, so eine Studie der OECD. Dort lag das Gehalt 2021 der Studie zufolge bei 6,32 US$.

    Die wachsende Investitionstätigkeit chinesischer Firmen spiegelt sich auch in der Statistik wider: Im Jahr 2016 lagen die Direktinvestitionen Chinas in Mexiko bei nur 70,3 Millionen US$, so das mexikanische Wirtschaftsministerium. Im Jahr 2017 - dem Beginn der Präsidentschaft Trumps - schnellten die Investitionen auf 202,4 Millionen US$ hoch und erreichten 2021 mit 385,8 Millionen US$ einen neuen Rekord. Im Jahr 2021 investierten chinesische Unternehmen zum ersten Mal mehr in Mexiko als in Brasilien, belegen die Zahlen des chinesischen Handelsministeriums. In Argentinien und Peru war der Zufluss der Direktinvestitionen in dem Jahr jedoch noch höher als in Mexiko.

    Deutsche Exporteure leiden unter Konkurrenz aus China

    Aus chinesischer Sicht ist Mexiko nach Brasilien der zweitwichtigste Handelspartner in Lateinamerika. Der Handelsaustausch belief sich 2021 auf 86,6 Milliarden US$, so die Zahlen des chinesischen Statistikamtes. Dabei exportierten chinesische Firmen Waren im Wert von 67,4 Milliarden US$ nach Mexiko, während das lateinamerikanische Land umgekehrt Produkte für 19,2 Milliarden US$ nach China lieferte. Dieses Verhältnis zeigt, dass Mexiko für China vor allem als Absatzmarkt bedeutend ist und weniger als Lieferant von Rohstoffen - wie es etwa bei Brasilien, Chile oder Peru der Fall ist.

    Für deutsche Exporteure hat Chinas wachsende Marktdominanz gravierende Auswirkungen. Besonders sichtbar ist das im Maschinenbau und der chemischen Industrie. In beiden Branchen ist China in den vergangenen Jahren zum zweitwichtigsten Lieferanten Mexikos aufgestiegen. Parallel dazu haben deutsche Unternehmen Marktanteile verloren. Nähere Informationen bietet der GTAI-Bericht zur deutschen Wettbewerbsposition in Mexiko.

    Auch im Automobilsektor müssen sich deutsche Unternehmen auf eine wachsende Konkurrenz aus China einstellen. Während Volkswagen in den ersten zehn Monaten des Jahres 2022 sinkende Absatzzahlen gegenüber dem Vorjahreszeitraum verzeichnete, verdoppelten oder verdreifachten die chinesischen Autobauer MG Motor, JAC und Motornation (BAIC, JMC, Changan) ihre Verkäufe auf dem mexikanischen Markt. Insgesamt setzten sie zwischen Januar und Oktober 2022 rund 55.661 Fahrzeuge in Mexiko ab; Volkswagen kam auf 73.291 verkaufte Modelle. Nach anfänglichen Anlaufschwierigkeiten und Qualitätsproblemen sind chinesische Marken in Mexiko angekommen.

    Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt

  • China stellt sich in Peru breiter auf

    Die Aktivitäten der Volksrepublik in dem Andenstaat beschränken sich nicht mehr nur auf den Bergbau. Neue Großprojekte bauen Chinas Stellung weiter aus. (Stand: 27.12.2022)

    Peru hat sich in den letzten 20 Jahren zu einem der wichtigsten Partner Chinas in Lateinamerika entwickelt. Im China Index 2022, der die Einflussnahme Chinas misst, belegt Peru in der Region und außerhalb Asiens den ersten Platz (weltweit Rang 5). Mittlerweile nimmt das Land vordere Plätze bei den chinesischen Investitionen und dem Handel mit der Region ein. Das Verhältnis beider Länder gilt als eine Win-Win-Situation. Peru stillt den chinesischen Hunger nach wichtigen Rohstoffen und Fischprodukten. Perus Wirtschaft profitiert dagegen von Finanzierung bei Großprojekten und günstiger Technologie. Dabei greift die Präsenz der Volksrepublik in dem Andenstaat auf immer mehr Bereiche über.

    Chinesischer Riesenhafen besorgt Perus Nachbarn

    Inzwischen gehören auch bedeutende Infrastrukturprojekte zum Portfolio Chinas in Peru. Das größte chinesische Projekt ist der Hafen Chancay, rund 80 Kilometer nördlich der Hauptstadt Lima. Cosco, der weltweit größte Hafenbetreiber, errichtet dort den ersten Großhafen in Lateinamerika, der mit chinesischen Investitionen gebaut wird.

    Viele Peruaner fiebern dem Projekt entgegen. Es soll die Wettbewerbsfähigkeit des Landes in der Region maßgeblich vorantreiben. In Chile indes besteht die Sorge, dass künftig ein beträchtlicher Teil des Handels zwischen China und der lateinamerikanischen Pazifikküste exklusiv über Peru laufen könnte. Für Perus Nachbarn würden erhebliche Mehrkosten entstehen.

    Energie und Telekommunikation werden wichtiger

    Auch im Energiebereich wird China aktiver. Dabei kontrollieren chinesische Investitionen zunehmend alle Teile des Stromkreislaufs: China Three Gorges besitzt inzwischen nicht nur den Energieproduzenten Huallaga, sondern ebenfalls den größten peruanischen Stromverteiler Luz del Sur sowie dessen Baufirma Tecsur. Aktuell investiert China zudem in das Wasserkraftwerk San Gabán III (209 Megawatt) in Puno. Der Technologiekonzern Huawei Digital Power hat signalisiert, künftig auch in Peru im Bereich intelligenter Fotovoltaiktechnologie stärker aktiv werden zu wollen. Bei der Solaranlage Sol de Verano I stellt Huawei Wechselrichter und Umspannanlagen bereit.

    Der Telekommunikationsbereich wird ebenfalls wichtiger: Yangtze Optical Fibre and Cable baut mit peruanischen Partnern ein 7.500 Kilometer langes Glasfasernetz, um entlegenen peruanischen Gemeinden am Amazonas und in den Anden Internetzugang zu ermöglichen. Kostenpunkt: über 400 Millionen US-Dollar (US$).

    Neben den neuen Wirtschaftszweigen hält China an seiner Präsenz im Bergbau fest. Unternehmen aus der Volksrepublik betreiben zwei der fünf größten Kupferminen des Landes (Las Bambas und Toromocho). Das chinesische Unternehmen Shougang ist Perus einziger Eisenerzproduzent. Neue Projekte für über 5 Milliarden US$ sollen in den kommenden Jahren dazu beitragen, den chinesischen Bedarf an Rohstoffen weiter zu decken (siehe Projektkarte).

    Chinesische Firmen haben Wettbewerbsvorteile

    Seit Anfang der 2010er Jahre ist China Perus wichtigster Handels- und Investitionspartner. Die Präsenz der Volksrepublik im Land beschränkt sich noch vornehmlich auf Großprojekte, Handel und die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen. Ein chinesischer Technologiepark oder eine Vielzahl von Produktionsanlagen existiert bisher noch nicht. Zudem ist China in Branchen wie der peruanischen Landwirtschaft noch kaum aktiv.

    Doch die zunehmende Aktivität in der Bauwirtschaft und Telekommunikation zeigt Chinas Ambitionen. Züge, Lastkraftwagen, Gabelstapler und Spezialmaschinen kommen vermehrt aus Fernost. Dabei wird Chinas Technologie immer wettbewerbsfähiger. Die zunehmende Ausweitung der Tätigkeit auf immer mehr Wirtschaftsbereiche in Peru stellt daher auch für Firmen aus Deutschland ein Risiko dar. Im Wettbewerb können chinesische Firmen dank großer Kapitaldecken höhere Risiken in Kauf nehmen, so Landeskenner.

    Doch es gibt auch Gegenwind. Im Oktober 2022 begann eine Untersuchungskommission des peruanischen Kongresses, mögliche Unregelmäßigkeiten bei Vergaben von öffentlichen Bauaufträgen an chinesische Unternehmen zu untersuchen. Anfang 2022 war ein Skandal rund um manipulierte Vergabeverfahren in der Bauwirtschaft bekannt geworden. Die peruanische Kammer für Bauwirtschaft (Capeco) kritisiert die Wettbewerbsverzerrung zugunsten chinesischer Firmen. Das Transportministerium habe Kreditvorgaben bei Ausschreibungen gesetzt, die nur von finanzstarken chinesischen Unternehmen erfüllt werden könnten.

    Größte chinesische Investoren in Peru*

    Investor

    Sektor

    Summe (in Mio. US$)

    Anzahl der Investitionen

    China Minmetals (zusammen mit Jiangxi Copper, Suzhou Guoxin, CITIC)

    Bergbau

    7.400

    2

    China Three Gorges

    Energie

    6.080

    6

    Chinalco

    Bergbau

    4.250

    3

    CNPC

    Öl

    2.890

    1

    Zhongrong Xinda

    Bergbau

    2.360

    1

    Shougang

    Bergbau

    1.490

    2

    Cosco

    Logistik

    1.010

    2

    * Die Daten umfassen chinesische Investitionen und Bauvorhaben zwischen 2007 und 2021 in PeruQuelle: American Enterprise Institute, China Global Investment Tracker, November 2022

     

    Peru hat bislang von der China Development Bank lediglich einen Kredit über 50 Millionen US$ im Jahr 2009 erhalten. Geschäftsbanken unterstützten dagegen Großprojekte mehrmals in der Vergangenheit.

    Peru und China brauchen sich

    "Das Ansehen Chinas in Peru ist generell positiv", sagt Rosario Santa Gadea, Direktorin des Zentrums für China- und Asien-Pazifik-Studien der Universidad del Pacífico in Lima. Das Land hat eine lange Geschichte asiatischer Einwanderung - gerade auch aus China. Die Gerichte der sehr beliebten Chifa-Kulinarik kombinieren chinesische mit peruanischen Einflüssen und Zutaten. Chinesen gelten in Peru als geschäftstüchtig. Andererseits schaden Konflikte mit lokalen Gruppen bei Großprojekten wie Las Bambas oder dem Chancay Hafen dem Ruf Chinas.

    Wirtschaftspolitische Kooperation zwischen Peru und China

    Abkommen:

    • Asiatische Infrastrukturinvestmentbank (AIIB): Mitgliedschaft Perus seit 14. Januar 2022
    • Absichtserklärung Perus zum Beitritt zur Belt and Road Initiative (BRI): unterzeichnet am 27. April 2019
    • Comprehensive Strategic Partnership: seit 9. April 2013
    • Freihandelsabkommen: in Kraft seit 1. März 2010
    • Multilaterale Foren: China-CELAC Forum, Pazifikallianz, FEALAC, APEC

    Die breite peruanische Bevölkerung sähe China allerdings nicht als Eindringling, sagt Carlos Aquino vom Zentrum für Asienstudien der Universität San Marcos in Lima. Viele Verbraucher nutzen das günstige Angebot chinesischer Produkte. Umgekehrt fühlen sich die chinesische Gemeinschaft und chinesische Geschäftsleute in Peru wohl und werden nicht diskriminiert, sagt er.

    Laut Santa Gadea könnte China künftig ein Motor für die Modernisierung des Landes sein. Auch Aquino ist sich sicher: Die Rolle Chinas in Peru wird sich in Zukunft noch ausweiten. "Beide Länder brauchen sich. Und Peru hat nicht viele Alternativen."

    Von Janosch Siepen | Bogotá

  • Chinas Expansion stockt in Zentralamerika

    Mit Investitionsversprechen und teuren Goodies baut China seinen Einfluss in Zentralamerika aus. Doch ausgerechnet in Panama stockt der Vormarsch. (Stand: 27.12.2022)

    Seit August 2022 können sich die Menschen in El Salvador im "Sunset Park" vergnügen. Zu verdanken haben sie diesen Freizeitpark China, denn das Geld dafür stammt aus einem nicht rückzahlbaren Kooperationsfonds von 500 Millionen US-Dollar (US$). Neben dem Park spendiert China El Salvador unter anderem noch ein Fußballstadion für 50.000 Gäste, eine Nationalbibliothek und eine Trinkwasseraufbereitungsanlage am Ilopango See.

    China baut politischen Einfluss in Zentralamerika aus

    Warum tut China das? Anders als die rohstoffreichen Länder Südamerikas, die die asiatische Großmacht mit Erzen, Rindfleisch und Soja versorgen, hat El Salvador wenig anzubieten. Auch als Absatzmarkt ist das kleine Land uninteressant. China verfolgt dort - wie in ganz Zentralamerika - vor allem ein politisches Interesse: die diplomatische Isolation Taiwans. 

    Mit dieser Strategie ist China durchaus erfolgreich, zum Ärger der USA, die die Region als ihr Einflussgebiet betrachten und wichtigster Wirtschaftspartner sind. Vier Staaten: Costa Rica, Panama, El Salvador und zuletzt Nicaragua haben ihre langjährigen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Taiwan mittlerweile abgebrochen und sich offiziell China zugewandt. Dafür vergibt es Kredite, verspricht Investitionen und stärkere Handelsbeziehungen und spendet seinen Partnern schon mal ein Stadion. Oder, wie im Falle Costa Ricas, ein neues Ausbildungszentrum und Sicherheitsausrüstung für die Polizei.  

    Vor allem in Nicaragua, das sich unter dem autokratischen Präsidenten Daniel Ortega zunehmend politisch isoliert hat, könnte China schnell Fuß fassen. Im Januar 2022 unterzeichneten beide Länder eine Absichtserklärung für eine intensive wirtschaftliche Zusammenarbeit. Chinesische Investoren wollen Projekte im Energiesektor realisieren, darunter ein Wasserkraftwerk und einen Solarpark bauen, Straßen, Wohnungen und Krankenhäuser errichten und die Wasserinfrastruktur im Land verbessern. Ein gemeinsames Freihandelsabkommen soll den Warenaustausch erhöhen.

    Rückschläge für Chinas Expansion in Panama

    Panama hat mit seiner Hub-Funktion auch eine wirtschaftliche Bedeutung für die neue Seidenstraße. China ist der zweitgrößte Nutzer des Panamakanals nach den USA und es betreibt zwei strategisch wichtige Häfen jeweils an der Pazifik- und Atlantikseite des Kanals. Das Unternehmen Huawei hat in der Freihandelszone Colón ein Distributionszentrum und chinesische Banken haben sich in Panama niedergelassen, um Chinageschäfte zu finanzieren. Der Bestand chinesischer Direktinvestitionen belief sich im Jahr 2021 auf 1 Milliarde US$, lauten die aktuellsten Zahlen des chinesischen Handelsministeriums.

    Doch ausgerechnet in Panama verläuft der Vormarsch nicht nach Plan. "Obwohl chinesische Unternehmen eine beträchtliche Anzahl von Projekten im Zusammenhang mit dem Panamakanal und anderen Bauvorhaben starteten oder zu prüfen begannen, wurden die meisten unter dem jetzigen Staatspräsidenten Laurentino Cortizo verschoben, gestrichen oder zurückgefahren",  analysiert Evan Ellis, Forschungsprofessor für Lateinamerikastudien am U.S. Army War College Strategic Studies Institute. Die aktuelle Regierung blicke deutlich kritischer auf chinesische Investitionen, zu den Rückschlägen beigetragen hätten darüber hinaus der Druck der USA und die Coronapandemie, die tiefe Spuren in der panamaischen Wirtschaft hinterlassen habe, so Ellis.

    Auch bei zukünftigen Investitionen in die kritische Infrastruktur dürfte es China daher schwer fallen, zum Zuge zu kommen, etwa beim 5G-Ausbau oder bei der anstehenden Ausschreibung eines milliardenschweren Wassermanagementprojektes der Kanalbehörde ACP. Dieser Trend passt zu einer aktuellen Analyse von Germany Trade & Invest (GTAI): Zwischen 2021 und September 2022 haben chinesische Unternehmen kein neues Projekt in Panama angekündigt oder unterzeichnet. Das gleiche gilt, mit Ausnahme von Nicaragua, auch für die anderen Länder der Region. Zum Vergleich: Allein für Peru hat die GTAI 39 neue Projekte gezählt.

    Guatemala: "Beziehungen zu China interessieren uns nicht"

    Zudem gibt es in Zentralamerika noch Länder, die Taiwan die Treue halten. Dazu zählt Guatemala, die größte Volkswirtschaft Zentralamerikas. "Die Beziehungen zu China interessieren uns nicht", sagte der Wirtschaftsminister Janio Rosario in einem Gespräch Anfang September mit Germany Trade & Invest. "Taiwan hat Guatemala in vielen Bereichen geholfen, zum Beispiel bei Gesundheit, Bildung und dem Ausbau der Infrastruktur", erklärt Maria Olga Brauns die enge Bindung. Sie ist stellvertretende Geschäftsführerin der Deutsch-Regionalen Industrie- und Handelskammer für Zentralamerika und die Karibik und ist überzeugt, dass China keine große Rolle im Land spielen wird.

    Dafür muss Taiwan weiterhin bereit sein, seine Partner großzügig zu unterstützen. Das gab der paraguayische Präsident Mario Abdo Benítez unverblümt zu erkennen. Neben Guatemala, Honduras und Belize zählt das südamerikanische Land zu den letzten Verbündeten Taiwans in Lateinamerika. Damit sich die Allianz auszahle, erwarte er Investitionen von 1 Milliarde US$ von Taiwan, sagte Abdo Benítez gegenüber der Zeitung Financial Times während seines USA-Besuches im September 2022.

    Handelsbilanzdefizit mit China wächst immens

    Unabhängig von den politischen Beziehungen, die die Länder Zentralamerikas mit China unterhalten, hat der Handelsaustausch in den vergangenen Jahren mit China massiv zugenommen, und das in allen sechs Ländern. Von dieser Entwicklung hat das Reich der Mitte indes deutlich stärker profitiert als Zentralamerika. Das Handelsdefizit mit China hat sich von 3,8 Milliarden US$ im Jahr 2011 auf über 11,2 Milliarden US$ im Jahr 2021 massiv erhöht. 


    Von Sofia Hempel | Bonn

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