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Branchen | Armenien | Gesundheitssektor

Armenien reformiert sein Gesundheitswesen

Armenien plant, eine Krankenpflichtversicherung einzuführen. Investitionen in medizinische Einrichtungen und neue Gesundheitsprogramme bergen Geschäftschancen. 

Von Uwe Strohbach | Eriwan

Armeniens Reformen im Gesundheitswesen gewinnen an Dynamik. Eckpfeiler ist eine allgemeine Krankenpflichtversicherung. Damit einhergehend sollen die ambulante und stationäre medizinische Versorgung einschließlich der Labormedizin modernisiert und ausgeweitet werden. 

Der armenische Staat steckt mehr Geld in die Früherkennung von Erkrankungen und in die Immunprophylaxe. Ausländischen Anbietern von Medizin- und Labortechnik sowie einschlägigen Beratern bietet sich interessantes Geschäftspotenzial.

Offizieller Start für die Krankenpflichtversicherung ist in Sicht    

Mit der neuen Krankenpflichtversicherung verfolgt die Regierung vier Hauptziele:

  1. einen verbesserten Zugang der Bevölkerung zur medizinischen Versorgung,
  2. eine stabile Einnahmequelle für das unterfinanzierte Gesundheitswesen, 
  3. einen abgesenkten Privatanteil an den Gesundheitsausgaben insgesamt von mehr als 80 auf 40 Prozent und 
  4. signifikant höhere jährliche Pro-Kopf-Ausgaben für die Gesundheitsfürsorge (2021: circa 600 US-Dollar/US$).

Erste Projektphase startet 2025

Die erste Projektphase der einzuführenden Pflichtversicherung sieht vor, sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen in das Projekt einzubeziehen. Sie sollte ursprünglich ab Mitte 2024 starten, wurde aber auf das Jahr 2025 verschoben. Gründe sind ausstehende Parlamentsbeschlüsse für die Arbeitsweise des Versicherungsfonds sowie eine rechtliche Absicherung des Versicherungssystems. 

In der Funktionsweise des Fonds soll sichergestellt werden, dass sich der Staat an den Gesundheitskosten beteiligt. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die medizinische Versorgung besonders für 1,2 Millionen sozial Benachteiligte, einschließlich Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. 

Der Haushaltsentwurf für 2025 sieht Mittel vor, die Versicherung fachlich vorzubereiten und die Gesundheitsvorsorge qualitativ zu verbessern. Dies schließt optimierte Preisstrukturen für medizinische Dienste, ein automatisiertes Informationssystem und eine transparente Beschaffung im Gesundheitswesen ein.

Dritte und letzte Projektphase für 2027 geplant 

Laut Gesundheitsministerium soll die zweite Projektphase ab 2026 weitere etwa 600.000 Personen – Altersrentner und öffentlich Bedienstete – erfassen. Im Jahr 2027 folgen dann circa 600.000 Angestellte. 

Zahnärztliche Behandlungen und Leistungen deckt die Pflichtversicherung nicht ab. 

Bisher hohe Privatbeiträge 

Seit 2001 finanziert der Staat lediglich Grundleistungen der Gesundheitsfürsorge. Nutznießer sind bedürftige Bevölkerungsgruppen, Kinder, schwangere Frauen und Teilnehmer verschiedener nationaler Gesundheitsprogramme. In der Realität deckt das Basispaket nur einen Teil der Kosten ab. PatientInnen müssen hohe, zumeist informelle, Zahlungen oder Zuzahlungen leisten. 

Freiwillige private Krankenversicherungen machen nur einen kleinen Teil der gesamten Gesundheitsausgaben aus. 

Weltbank unterstützt Armeniens Gesundheitsreform

Die Weltbank bewilligte 2024 einen Kredit über 110 Millionen US$, um die medizinische Infrastruktur und die Gesundheitsdienste Armeniens zu modernisieren. Mit dem schrittweisen Abruf der Mittel ist ab 2025 zu rechnen. Das Darlehen dürfte wesentlich dazu beitragen, dass das Projekt der Krankenpflichtversicherung bald umgesetzt werden kann. 

Die Gelder sollen in zwei Sektoren fließen: 

  1. den Ausbau diagnostischer und therapeutischer Dienstleistungen in der Primärversorgung (Polikliniken und Ambulanzen) und
  2. ein effektiveres Dienstleistungsangebot aller nationalen Gesundheitseinrichtungen. 

Öffentliche Ausgaben für Gesundheit gering

Im Staatshaushalt für 2025 sind für das Gesundheitsressort Ausgaben in Höhe von umgerechnet 425 Millionen US$ vorgesehen. Das Volumen liegt um 3 Prozent unter dem Etat für 2024 (439 Millionen US$; 2023: 360 Millionen US$). Es entspricht aber mehr als dem 2,5-fachen des Ausgabenniveaus von 2017. 

Im internationalen Vergleich liegen Armeniens öffentliche Gesundheitsausgaben gemessen am Bruttoinlandsprodukt und den Gesamtausgaben des Staatshaushaltes am unteren Ende der Skala. 

Gesundheitsausgaben in Relation zum BIP niedrig Entwicklung der öffentlichen Gesundheitsausgaben in % im Zeitraum 2023 bis 2025
 

2023

2024 1)

2025 1)

Ausgaben in Relation zum BIP (in %) 2)                                                            

1,5

1,6

1,5

Ausgaben in Relation zu den öffentlichen Gesamtausgaben (in %)             

5,5

5,3

4,7

1 Gesundheitsetat des Staatshaushaltes; 2 öffentliche und private Ausgaben insgesamt: im Schnitt 13% Quelle: Gesundheitsministerium, Staatshaushalt für 2024 und Haushaltsentwurf für 2025

Ein erheblicher Teil des Etats für 2025 fließt in mittelfristige Gesundheitsprogramme. Diese umfassen vorrangig den Ausbau der primären Gesundheitsversorgung und des Gesundheitsschutzes von Mutter und Kind, die Grundimmunisierung von Kindern, die Prophylaxe und Früherkennung verbreiteter nicht übertragbarer Krankheiten sowie Initiativen für drei regionale Zentren zur Kinderwunschbehandlung (intrauterine Insemination). 

Gros der Haushaltsmittel 2025 für sozial Benachteiligte Geplante Haushaltsausgaben für das Gesundheitswesen im Jahr 2025
Programm/Projekt 

Etat (in Mio. US$) 

Gesundheitsausgaben, insgesamt 

440

  Medizinische Dienstleistungen für sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen (inklusive Kinder und Altersrentner) 

100

  Medizinische Dienstleistungen für die Behandlung von nicht übertragbaren Erkrankungen 

85

  Primäre Gesundheitsversorgung

82

  Gesundheitsschutz für Mutter und Kind 

60

  Projektierung, Bau und Ausstattung medizinischer Objekte

32

  Schutz der öffentlichen Gesundheit – Bekämpfung von Infektionskrankheiten 

20 

  Andere Programme (darunter Sicherung der Arzneimittelversorgung und Notfallmedizin) 

61

Entwurf des Staatshaushaltes für 2025 (Stand: Oktober 2024)

50 Projekte im armenischen Gesundheitssektor 

In die Infrastruktur des Gesundheitswesens sollen 2025 öffentliche Gelder in Höhe von mindestens 32 Millionen US$ investiert werden. Sie sind für 50 laufende und neue Projekte bestimmt. Hierzu zählen unter anderem: 

  • neue medizinische Zentren in den Städten Masis (geplanter Projektabschluss: Ende 2025), Artik (Ende 2026) und Spitak (Ende 2026), 
  • mehrere neue regionale medizinische Einrichtungen (Ambulanzen) für die primäre Gesundheitsversorgung (Ende 2026), 
  • die Modernisierung der Poliklinik in der Stadt Wajk (Ende 2026) und  
  • die Modernisierung von medizinischen Zentren in den Städten Sissia,  Wagharschapat/Etschmiadsin und Aschtarak (jeweils Ende 2026). 

Hinzu kommen einige privat finanzierte Modernisierungs- und Erweiterungsvorhaben. 

Kennndaten des Gesundheitswesens Armeniens
 

2020

2021

2022

2023  1)

Bevölkerung (Jahresdurchschnitt, in Mio.)

3,0

3,0

3,0

3,0

Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (in Jahren) 

73,5

72,4

75,1

77,0 2)

  Frauen 

78,6

77,4

78,3

81,0 2)

  Männer

68,4

67,4

71,4

74,0 2)

Anzahl der Ärzte (in 1.000)

14,4

14,5

15,1

13,9

Anzahl der Ärzte auf 10.000 Einwohner

48,6

49,1

50,6

46,6

Anzahl der Krankenhäuser

126

122

123

125

Anzahl der Betten (in 1.000)

12,9

12,7

12,7

12,5

Anzahl der Betten auf 10.000 Einwohner 

43,4

42,9

40,7

41,7

Anzahl medizinischer Einrichtungen für die Primärversorgung (Polikliniken) 3)

500

487

473

466

Anzahl der Patientenbesuche (Gesamtjahr, in Mio.)  3) 

10,2

10,9

10,9

11,3

Anzahl der Ambulanzen für die Schnelle Medizinische Hilfe 

69

67

64

63

1 Privatsektor: 4.800 Ärzte und 49 Krankenhäuser mit 4.898 Betten; 2 vorläufige Angaben; 3 ohne Privat-und Zahnarztpraxen Quelle: Armstat (Nationales Statistikbüro), 2024

Kontaktadressen
BezeichnungAnmerkung
Deutscher Wirtschaftsverband Armenien (DWA, German Business Association Armenia)Vertretung der deutschen Wirtschaftsinteressen vor Ort (Beratung für den Markteintritt, Personalsuche, Büroservices)
Ministerium für Gesundheitswesen/Staatliche Agentur für das GesundheitswesenOberste Behörde für die Gesundheitsfürsorge/Behörde für den Kauf von medizinischen Dienstleistungen von öffentlichen und privaten Anbietern Gewährleistung des staatlich garantierten Grundleistungspakets für die Gesundheitsfürsorge)
Health Project Implementing Unit beim Ministerium für Gesundheitswesen (HPIU)Planung, Implementierung und Kontrolle international finanzierter oder kofinanzierter Projekte im Gesundheitswesen
Beschaffungsportal Procurement/GnumnerZentrales öffentliches Beschaffungsportal des Ministeriums für Finanzen
NEHO CJSC (Armed)Nationaler Betreiber des E-Health-Systems in Armenien
HENAR Foundation (Health Network for Armenia)Gemeinnützige Stiftung und Plattform für die Förderung von Reformen und Netzwerkbildung im Gesundheitswesen 
Gesundheitswesen und Pharmazie Expo Eriwan, Logos Expo CenterInternationale spezialisierte Fachmesse, nächster Jahrgang: 12. bis 14. Dezember 2025

 

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