Branche kompakt | Saudi-Arabien | Pharma, Biotechnologie
Marktentwicklungen und -trends
Der Pharmamarkt soll mit etwa 5 Prozent wachsen. Finanzielle Mittel sind da, die Regierung möchte allerdings die Preise drücken und die einheimische Produktion ausbauen.
25.04.2025
Von Ulrich Binkert | Bonn
Saudi-Arabien gilt für Anbieter von Pharmazeutika als attraktiver Markt. Die Bevölkerung von etwa 33 Millionen wächst schnell. Es gibt einen steigenden Bedarf an Medikamenten, unter anderem zur Behandlung von Zivilisationskrankheiten. Dazu gehören Mittel gegen Diabetes, Bluthochdruck, Krebs sowie Herz- und Atemwegserkrankungen. Zu den umsatzstärksten Arzneimitteln gehört das Abnehmpräparat Mounjaro des US-Herstellers Eli Lilly.
so stark soll der saudi-arabische Pharmamarkt in den nächsten Jahren mindestens wachsen.
Finanzielle Mittel sind vorhanden
Als größter Erdölexporteur und mit einer Wirtschaftsleistung pro Kopf wie in Japan kann Saudi-Arabien gleichzeitig viel Geld für die Gesundheit ausgeben. Die Bevölkerung und verschreibende Ärzte bevorzugen traditionell Originalpräparate gegenüber den günstigeren Generika. Auf Originalpräparate entfällt, trotz rückläufiger Tendenz und Sparbemühungen der Regierung, über die Hälfte der Marktumsätze. Die Medikamentenpreise sind damit rund viermal so hoch wie in Südafrika und sogar rund elfmal so hoch wie in Ägypten.
Das Königreich vereint mit 12,4 Milliarden US-Dollar (US$) knapp 37 Prozent der Pharma-Umsätze in der gesamten Region Afrika/Nahost. Dies zeigen die für diese Branche maßgeblichen Marktzahlen der Analysefirma Iqvia mit Bezug auf den Zeitraum Oktober 2023 bis September 2024. Die benachbarten VAE stehen für 13 Prozent der regionalen Verkäufe, Ägypten mit seiner über dreimal so großen Bevölkerung für 12 Prozent und das Industrieland Südafrika für 10 Prozent.
Markt soll weiter wachsen
Die Umsätze sind in den letzten Jahren zudem kräftig gewachsen und könnten den Prognosen zufolge noch deutlicher anziehen. Der führende Anbieter Spimaco geht für 2023 bis 2027 von einem Plus von jährlich nominal 8 Prozent aus. Das wären 3 Prozentpunkte mehr als in dem Vierjahreszeitraum davor. Andere Analysten schreiben die bisherige Wachstumsrate von jährlich 5 Prozent bis 2027 fort, teilweise auch darüber hinaus.
Die Pharmaumsätze verteilen sich etwa hälftig auf den Einzelhandel und Institutionen. Iqvia beziffert das Verhältnis nach den letzten verfügbaren Jahreszahlen (bis 3. Quartal 2024) auf 52:48. Für 2018 wurde noch 44:56 ausgewiesen, das Gewicht des Einzelhandels hat also zugenommen. Die andere Kundengruppe, Krankenhäuser und sonstige Institutionen, beschafft meist über Ausschreibungen. Den Tender-Markt bezifferte das Portal Pharma Boardroom (Quelle: Iqvia) im August 2024 mit 5,6 Milliarden US$.
Einzelhandels-Vertrieb profitabler und im Plus
Der Privatmarkt ist lukrativer als der öffentliche Sektor. Dies bestätigen Vertreter von zwei Internationalen Pharmakonzernen, von denen einer lokale Fabriken betreibt. Apotheken bevorzugen Originalpräparate, wobei die Preise einer strikten staatlichen Kontrolle unterliegen. Die öffentlichen Kunden beschaffen eher Generika.
Importierte Medikamente dürfen nur durch ein saudi-arabisches Unternehmen vertrieben werden. Als Partner dafür offerieren sich unter anderem Pharmahersteller mit einer einheimischen Produktion wie das Unternehmen Hikma. Lokal produzierte Arzneimittel dürfen von den Herstellern selbst vertrieben werden.
Im Privatmarkt gilt es nach Angaben eines Herstellers zuerst die Ärzte von einem Präparat zu überzeugen und dann, mit deren Empfehlung, die Manager der Apothekenketten. Ein wichtiger Absatzweg sind demnach auch die privaten Kliniken und die in diesem Bereich ebenfalls agierenden Ketten.
Regierung fördert Inlandsproduktion
Saudi-Arabien ist bei Pharmazeutika in der Region nicht nur der wichtigste Markt, sondern auch der größte Hersteller. Die Regierung will die Pharmaindustrie im Rahmen ihrer Entwicklungsplanung (Vision 2030) weiter ausbauen. Sie fördert dafür in- und ausländische Investitionen.
Mit einer nationalen Biotechnologie-Strategie priorisieren die Behörden „Bio Manufacturing“ sowie die Herstellung von Impfstoffen und die Genom- und Zelltherapie. Als weitere bevorzugte Sektoren und Projekte nennt die Investitionsförderagentur Invest Saudi die Herstellung von flüssigen oralen Arzneimitteln, sterilen Injektionslösungen und generell von Generika.
Forschung und Entwicklung (F&E), von den Behörden ebenfalls dringend erwünscht, findet in der lokalen Branche bisher nur sehr begrenzt statt. Spimaco gibt in seinem Jahresbericht 2023 F&E-Ausgaben von 3,2 Prozent des Umsatzes an. Die Hersteller importieren die Wirkstoffe und sehr häufig auch nur weitgehend fertig gestellte Produkte, die sie lediglich verpacken.
Milliardenschwere Insulin-Fertigung angekündigt
Beobachter halten die Regierungspläne zum Ausbau der Produktion für sehr ambitioniert. Einige große Investitionen in neue Pharmafabriken sind in der Branche geplant, der Stand der Umsetzung ist aber teils unklar. Im Oktober 2024 gab es zwei Vereinbarungen über die lokale Herstellung von Insulin, die 1,1 Milliarden US$ beziehungsweise 90 Prozent der einheimischen Nachfrage umfassen würden. Beteiligt sind die saudi-arabischen Hersteller Lifera mit dem Partner Novo Nordisk und Sudair (mit Sanofi).
Produktions-Incentives gibt die Regierung auch über ihre Beschaffungen. Firmen, auch ausländische, die in Saudi-Arabien produzieren, werden bei staatlichen Ausschreibungen bevorzugt. Sie können dabei höhere Preise aushandeln als Lieferanten von Importprodukten. Seit Anfang 2024 dürfen sich zudem nur noch Firmen an staatlichen Ausschreibungen beteiligen, die ihr „Regional Headquarter“ in Saudi-Arabien eingerichtet haben. Es gibt allerdings Ausnahmen, und de facto können sich auch Firmen beteiligen, die eine andere Form der Niederlassung haben.
Akteur/Projekt | Investitionssumme | Projektstand | Anmerkungen |
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Modon - Integrated Pharmaceutical Complex, Medina | 152 | Projektstand unklar; Design | Modon - Integrated Pharmaceutical Complex, Medina |
Nupco - Pharmaceutical Logistics Center | k.A. | Projektstand unklar; 2025 und 2026 sollen je 2 Zentren eröffnet werden, eines in Dschidda soll 150 Mio. US$ kosten | Nupco - Pharmaceutical Logistics Center |
Eva Pharma/Modon - Integrated Research & Pharmaceutical Complex | 133 | in Ausführung; soll Ende 2025 in Betrieb gehen; für Onkologie-Präparate | Eva Pharma/Modon - Integrated Research & Pharmaceutical Complex |
Julphar – Pharmaceutical and Biotechnology Manufacturing Facility | 80 | Design (FEED) | Julphar – Pharmaceutical and Biotechnology Manufacturing Facility |
MAS/Biogenesis Bago - Animal Vaccine Manufacturing Plant, Riad | 60 | Projektstand unklar; Ankündigung von 2021 | MAS/Biogenesis Bago - Animal Vaccine Manufacturing Plant, Riad |
Pharco International - Pharco International Pharmaceutical Factory, Medina
| 41 | Projektstand unklar; November 2023 wurde erfolgter Baubeginn vermeldet: Investition „bis 150 Mio. US$“ | Pharco International - Pharco International Pharmaceutical Factory, Medina
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Akkad Holdings/Shamek IV Solutions - Intravenous Fluid Factory, KAEC | 200 | Ankündigung Anfang 2025: „Baubeginn bis Mitte 2025 erhofft“ | Akkad Holdings/Shamek IV Solutions - Intravenous Fluid Factory, KAEC |