Öffentliche Gelder dominieren die Start-up-Förderung. Erste private Investoren sondieren ihre Einstiegschancen in aserbaidschanische Jungunternehmen.
Staatliche Fördergelder sind gegenwärtig die mit Abstand wichtigste Quelle für die Start-up-Finanzierung in Aserbaidschan. Haushaltsmittel fließen vor allem in die Geschäftsfelder der Agentur für Innovation und digitale Entwicklung, Acceleratorprogramme und Inkubatoren zentraler Behörden sowie in die Nationale Akademie der Wissenschaften (ANAS). Letztere betreibt rund 30 Institute und etwa 360 wissenschaftliche Labors. Die Finanzspritzen sind bestimmt für die Bereitstellung von verlorenen Zuschüssen, für Gründerwettbewerbe (einschließlich Preisgelder) und für die Betreuung junger Firmen durch Accelerator- und Inkubatorzentren.
Das Volumen der Fördergelder ist bislang sehr bescheiden. Das gilt für die Sektoren Wissenschaft und F&E und noch mehr für die Start-up-Förderung. Der Anteil der Ausgaben für Wissenschaft sowie F&E am Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt jeweils weniger als 0,2 Prozent. Zudem entfällt davon nur ein Bruchteil auf die angewandte Forschung.
Start-ups in der Seed-Phase winken Steuerferien
Die Agentur für die Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen (SMBDA) unterstützt Jungunternehmen in der Seed-Phase mit sogenannten Förderzertifikaten. Juristische Personen und individuelle Unternehmer zahlen nach Erhalt eines Zertifikats (für ein anerkanntes erfolgversprechendes Projekt) keine Steuern auf ihre Gewinne beziehungsweise Einkommen aus der innovativen Tätigkeit. Die zum 1. Januar 2019 eingeführte Regelung gilt für Gewerbetreibende, Mikrofirmen und Kleinunternehmen mit maximal 50 Beschäftigten. Der übliche Gewinnsteuersatz beträgt für kleine Unternehmen 20 Prozent und für Mikrofirmen 5 Prozent (Firmen mit bis zu 10 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von weniger als umgerechnet knapp 118.000 US-Dollar/US$). Einkommen werden mit 14 bis 25 Prozent besteuert.
Bis Ende 2021 erhielten rund 30 Jungunternehmen einen Zuschlag für die Steuerpräferenz. Nutznießer sind unter anderem Projektentwickler von Online-Plattformen in den Bereichen Bezahlungsdienste, Bildung, E-Commerce-Dienste, Logistik, Beratungsleistungen (unter anderem für den Agrarsektor) sowie von Onlinekundensupports für Unternehmen.
Ausländische Venture Fonds planen Markteinstieg
Private Akteure spielen auf dem lokalen Finanzierungsmarkt für Jungunternehmen bislang eine untergeordnete Rolle. Perspektivreiche aserbaidschanische Start-ups suchen deshalb eher im Ausland nach geeigneten Finanzierungsquellen. Es gibt aber Anzeichen für ein wachsendes Interesse ausländischer Kapitalgeber für einen Einstieg in das lokale Start-up-Finanzierungsgeschäft.
Ausländische Venture Fonds - Das türkische Wagniskapitalunternehmen Boğaziçi Ventures kündigte im Herbst 2020 an, in Aserbaidschan bis zu 5 Millionen US-Dollar (US$) in lokale Start-ups zu investieren. Nach Angaben von Osman Gündüz, Präsident des aserbaidschanischen Internetforums, wurde das Finanzierungsprojekt noch nicht umgesetzt. Eine mangelhafte inhaltliche Projektvorbereitung durch die frühere Innovationsagentur und einige ungeklärte rechtliche Fragen sind wohl die Hauptgründe hierfür. Mit der im Herbst 2021 eingeleiteten Umstrukturierung und Neuausrichtung der Agentur dürfte wieder mehr Bewegung in das Finanzierungsvorhaben kommen.
- Eine Mitte 2021 zwischen der aserbaidschanischen Investitionsgesellschaft (AIG) und der israelischen Equity Crowdfunding-Plattform OurCrowd abgeschlossene Kooperationsvereinbarung verspricht lokalen Start-up-Firmen ebenfalls Zugang zu Finanzierungsquellen. Der US-amerikanische Venture Fund Start VC will aserbaidschanische Start-ups mit Acceleratorprogrammen, Beratungsleistungen und Finanzhilfen unterstützen. So sollen Jungunternehmer mit Investoren in den USA zusammengebracht und ein amerikanisch-aserbaidschanischer Venture Fonds gegründet werden. Lokaler Partner des Projekts ist die Agentur für Innovation und digitale Entwicklung.
- Das Portal Enterprise Azerbaijan hat 2021 mit mehreren US-amerikanischen Acceleratoren und Inkubatoren erste Kontakte für eine mögliche Kooperation aufgenommen. Die Gesellschaften US Innovative Partners Incubation, Founders Space Accelerator und Techstart haben sich bereit erklärt, ihre Förderangebote und Start-up-Frühphasenfinanzierungen aserbaidschanischen wachstumsorientieren Neugründungen zugänglich zu machen. Das Portal veröffentlicht perspektivreiche lokale Start-up-Gründer, die für ihre weitere Projektentwicklung neue Fördermöglichkeiten und Finanzierungsquellen suchen.
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Aserbaidschanische Geschäftsbanken intensivieren Start-up-Förderung
Zu den aserbaidschanischen Geschäftsbanken, die neue innovative Projekte stärker unterstützen wollen, zählen die International Bank of Azerbaijan (ABB),beziehungsweise das Innovationszentrum der Bank, die Pasha Bank und die Kapital Bank.
Die ABB betreibt ein Innovationszentrum für Start-ups (Durchführung von Inkubatorprogrammen) und seit Ende 2019 mit der ABB Tech Academy eine Einrichtung für die Aus- und Weiterbildung von IT-Fachkräften (vorwiegend von Programmierern). Die Akademie veranstaltet regionale Programmierwettbewerbe (Hackatons).
Die Pasha Holding, eine der größten Unternehmensgruppen in Aserbaidschan, ist Geldgeber des ambitionierten Förderprogramms Aserbaidschan 500 ASAN Start-up der Staatlichen Agentur für öffentliche Dienste und soziale Innovationen (Realisierung: 2021 bis 2022). Das im Herbst 2021 gestartete Programm Kickbox ist auf die Identifizierung und Förderung interessanter Geschäftsideen in den Unternehmen der Holding ausgerichtet. Über Details weiterer Förderaktivitäten informiert die Internetseite der Unternehmensgruppe.
Business Angels, die Start-ups in einer frühen Phase finanziell sowie mit Branchenkenntnissen und ihrem Netzwerk unter die Arme greifen, sind in Aserbaidschan noch ausgesprochen rar. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Dazu zählen nach Einschätzung von Marktkennern ein noch mangelndes Vertrauen in lokale Start-up-Unternehmen und -Strukturen, rare Netzwerke und Befürchtungen potenzieller Geldgeber vor steuerlichen Nachteilen bei der Konfinanzierung von Start-up-Projekten.
Von Uwe Strohbach
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