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Special | Polen | Start-ups

Investoren aus Polen konzentrieren sich auf sehr junge Start-ups

Frisches Kapital aus EU-Programmen hilft der Gründerszene in Polen. Private Wagniskapitalgeber unterstützen auch internationale Jungunternehmen.

Von Christopher Fuß | Berlin

Der staatliche Entwicklungsfonds PFR (Polski Fundusz Rozwoju) spielt in Polen eine führende Rolle bei der Finanzierung von Start-ups. Er verteilt öffentliche Gelder über eigene Unterfonds an private Risikokapitalgeber, auch Venture Capital Fonds genannt (VC-Fonds). Diese privaten Gesellschaften wiederum nutzen eigene Mittel und das Geld des PFR, um in Jungunternehmen zu investieren. Das Budget des PFR speist sich aus staatlichen Zuwendungen und aus EU-Programmen.

Unterstützung in unterschiedlichen Entwicklungsphasen

Ein beachtlicher Teil der europäischen Gelder fließt über den PFR in ostpolnische Landesteile. Der staatliche Entwicklungsfonds unterstützt mit Zuwendungen aus dem Europäischen Programm für Ostpolen (FEPW) mehrere Start-up-Inkubatoren in insgesamt elf ostpolnischen Städten. Diese Einrichtungen helfen Jungunternehmen in der Gründungsphase dabei, ein Produkt zu entwickeln. Zu den Trägern gehören Universitäten, Forschungsinstitute, VC-Fonds und Unternehmen. Angehende Start-ups können sich bis Juni 2027 bewerben, um einen Platz in einem der Inkubatoren zu ergattern. Wichtig: Interessierte Jungunternehmen müssen ihren Betrieb in Ostpolen gründen. Besonders innovative Start-ups dürfen außerdem auf einen Zuschuss in Höhe von bis zu 140.000 Euro hoffen. Jeder Inkubator im Programm Start-Plattform (Platforma Startowa) hat einen thematischen Schwerpunkt. Das Netzwerk Mazovian StartUPolis aus Radom sucht beispielsweise Ideen für den Maschinenbau und den Energiesektor.

Der PFR nutzt auch Gelder aus einem EU-Förderprogramm, dass sich an Unternehmen in ganz Polen richtet (FENG). Die Zuschüsse kommen mehreren sogenannten Acceleratoren zugute. Im Gegensatz zu den Inkubatoren richten sich diese Initiativen an Start-ups, die bereits einen Prototyp besitzen und diesen weiterentwickeln wollen. Jungunternehmen aus Polen können neben Beratungsdienstleistungen bis zu 90.000 Euro an Zuschüssen erhalten. PFR listet alle Acceleratoren des Programms Startup Booster Poland auf einer Internetseite.

Darüber hinaus gibt es EU-geförderte Programme, die sich an kleine und mittelständische Firmen richten. Auch Start-ups können sich auf diese Mittel bewerben.

Polnische Fonds beteiligen sich an deutschen Start-ups

Ausländische Jungunternehmen erhalten in der Regel keine direkte Unterstützung aus den PFR-Programmen - es sei denn, der Betrieb baut einen Sitz in Polen auf. Polnische Start-ups, die ins Ausland expandieren wollen, profitieren wiederum von PFR-Programmen wie Start-ups Are Us. Es umfasst Schulungen, Auslandsreisen und Treffen mit potenziellen internationalen Kunden.

Private polnische VC-Fonds, die Mittel vom PFR erhalten, investieren hingegen regelmäßig in ausländische Jungunternehmen. Die Warschauer Gesellschaft Market One Capital beispielsweise hält Anteile am Elektrorollerverleih Tier Mobility aus Berlin. Inuru, ein Berliner Start-up, das an druckbaren OLED-Lampen forscht, erhielt 2023 Unterstützung vom polnischen Wagniskapitalgeber Aria VC. Mit Adamed Technology ist auch der Investitionsfonds eines Pharmakonzerns aus Polen bei Inuru eingestiegen. Hinter Adamed Technology steht das Unternehmen Adamed Pharma.

Laut einer Datenbank des PFR arbeiten mindestens 881 VC-Fonds und weitere Investitionsgesellschaften in Polen. Neben den genannten Unternehmen gehören bValue und Inovo zu den besonders sichtbaren Spielern am Markt. Die thematischen und geografischen Schwerpunkte fallen sehr unterschiedlich aus. Der polnisch-tschechische Fonds Credo investiert zum Beispiel ausschließlich in Unternehmen aus Ostmitteleuropa.

Ähnlich wie Adamed Pharma betreiben noch weitere Konzerne aus Polen eigene Risikokapitalgesellschaften. Besonders die Banken, darunter die staatliche PKO Bank oder die Alior Bank, suchen über solche Tochterfirmen nach innovativen Jungunternehmen. Auch der Energiekonzern Orlen oder der Chemieriese Qemetica (ehemals Ciech) besitzen sogenannte Corporate Venture Capital Fonds (CVC-Fonds).

Orlen investierte 2023 in das deutsche Start-up für Batterie-Software Circunomics. Der Hersteller von Akku-Wechselstationen Swobbee aus Berlin durfte sich im April 2023 über eine Beteiligung der Investmentgesellschaft SpeedUp Energy Innovation freuen. In diesem VC-Fonds engagiert sich der polnische Energieriese PGE. Die Wechselstationen von Swobbee befinden sich mittlerweile auch in Städten wie Sopot und Gdynia.

Trend bei der Förderung

Die Förderlandschaft Polens konzentriert sich laut Untersuchungen von Startup Poland vor allem auf Jungunternehmen in einer sehr frühen Wachstumsphase - die sogenannte Seed-Phase. Zahlen der Investoren-Datenbank des PFR belegen diesen Umstand. In der Datenbank stehen siebenmal so viele Seed-Risikokapitalgeber gelistet wie Partner für die späteren Finanzierungsrunden, auch Series A und Series B genannt.

Seit 2020 setzen die polnischen VC-Fonds nach Angaben des PFR vermehrt auf Lösungen im Medizinsektor (MedTech). Mittlerweile gibt es in Polen mehr als 380 Start-ups aus diesem Industriezweig. Die Firmen behaupten sich auch auf dem deutschen Markt. So konnte beispielsweise Infermedica aus Wrocław die privaten Sana Kliniken sowie die Gothaer Versicherung und die Techniker Krankenkasse als Kunden gewinnen. Infermedica stellt Diagnose-Software her, die mit künstlicher Intelligenz arbeitet.

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