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Gaskonzerne investieren Milliarden
Australien setzt auf eine steigende Nachfrage nach Gas als Übergangstechnologie. Unternehmen erschließen zahlreiche neue Quellen. Auch in Pipelines wird investiert.
23.02.2022
Von Heiko Stumpf | Sydney
Die australische Gasindustrie bringt Investitionsprojekte im Wert von über 70 Milliarden US-Dollar (US$) auf den Weg. Auf Expansionskurs befindet sich insbesondere Woodside Energy aus Perth, zu dessen Kunden auch deutsche Unternehmen wie Uniper und RWE gehören.
Aktuell übernimmt Woodside Energy das Öl- und Gasgeschäft von BHP. Die Fusion soll im 2. Quartal 2022 abgeschlossen sein. Dadurch katapultiert sich Woodside unter die Top 10 der weltweit größten Produzenten von Erdflüssiggas (Liquefied Natural Gas, LNG) und kommt in den Besitz von zahlreichen Förderstätten auf drei Kontinenten, die reichlich Gewinne abwerfen.
Diese Ausgangslage nutzt Woodside für Investitionen in Australien. Im November 2021 gab das Unternehmen die finale Investitionsentscheidung für das 12 Milliarden US$ teure Scarborough-Projekt im Bundesstaat Western Australia (WA) bekannt.
Das Vorhaben umfasst die Erschließung eines Offshore-Gasfeldes für die Produktion von 8 Millionen Tonnen LNG pro Jahr. Auf dem Meeresgrund entstehen dafür 13 Bohrlöcher sowie eine 430 Kilometer lange Pipeline zur Pluto-LNG Anlage im westaustralischen Karratha. Dort baut Woodside als Teil des Scarborough-Projektes bis 2026 einen zweiten LNG-Produktionszug mit einer Jahreskapazität von 5 Millionen Tonnen. Die Kosten hierfür liegen bei 5,6 Milliarden US$.
Mit Scarborough tätigt Woodeside die größte Investition in der australischen Gasindustrie seit über einem Jahrzehnt. Noch größere Pläne verfolgt das Unternehmen mit dem geplanten Browse-Projekt. Grünes Licht für das rund 23 Milliarden US$ teure Offshore-Gasfeld dürfte es jedoch erst 2023 geben. Das dort geförderte Gas soll dem langfristigen Weiterbetrieb der LNG-Anlage North West Shelf dienen.
Santos erwägt Erweiterung der LNG-Kapazitäten
Das Unternehmen Santos mit Hauptsitz in Adelaide festigt durch die Übernahme des Konkurrenten Oil Search seinen zweiten Platz im australischen Gasgeschäft. Bis 2025 investiert Santos rund 3,6 Milliarden US$ in das Barossa-Offshore Gasfeld im Northern Territory. Dadurch kann die Betriebsdauer der LNG-Anlage in Darwin um 20 Jahre verlängert werden. Die Modernisierung des dortigen LNG-Zuges kostet weitere 600 Millionen US$.
Langfristig könnte sogar ein massiver Ausbau der LNG-Produktion in Darwin erfolgen. Gemäß einer Mitteilung des Unternehmens wird derzeit der Bau zweier weiterer LNG-Produktionszüge geprüft. Eine Genehmigung hierfür liegt bereits vor, wobei die Anlagen eine Kapazität von jeweils rund 3 Millionen Tonnen pro Jahr erreichen könnten. Auch reichhaltige Offshore-Gasreserven stehen laut dem Unternehmen zur Verfügung.
Darüber hinaus verfolgt Santos zwei weitere Großprojekte. Für Mitte 2022 ist die finale Investitionsentscheidung über den Bau der Dorado-Offshore-Ölplattform anvisiert. Das Projekt mit einer Förderleistung von rund 100.000 Barrel pro Tag soll 2 Milliarden US$ kosten.
Im Jahr 2023 soll dann auch das Narrabri-Gasprojekt mit einem Investitionsvolumen von 2,7 Milliarden US$ abgesegnet werden. Dabei handelt sich um inländische Kohleflözgas-Vorkommen, mittels derer vor allem der Gasmarkt an der australischen Ostküste bedient werden soll. Für die Erschließung sind rund 850 Bohrlöcher geplant.
Unternehmen erwarten steigende Gasnachfrage
Mit 88 Millionen Tonnen pro Jahr verfügt Australien über die größten installierten LNG-Kapazitäten der Welt und lässt sogar den Konkurrenten Katar hinter sich (77 Millionen Tonnen). Im Zuge der weltweiten Bemühungen, den Anteil von Kohlestrom zu reduzieren, erwartet die australische Gasindustrie einen steigenden LNG-Bedarf, insbesondere in wichtigen Abnehmerländern wie China und Korea.
Deshalb liegt es im Interesse der Gasunternehmen, ihre LNG-Anlagen noch möglichst lange in Betrieb zu halten. Dies wird in den kommenden Jahren zu zahlreichen Investitionen führen, da alternde Gasfelder durch frische Quellen ersetzt werden müssen.
Beispielsweise steckt Chevron bis 2025 rund 4,5 Milliarden US$ in das Jansz-Io Compression Project. Dieses dient der Versorgung der LNG-Anlage Gorgon und beinhaltet neben vier Bohrungen auch hochmoderne Untersee-Kompressionsanlagen.
Auch Shell ist sehr aktiv. Bis 2026 fließen rund 7,5 Milliarden US$ in das Surat Gas Project, welches zusammen mit Arrow Energy in Queensland realisiert wird. Das Vorhaben wird durch rund 2.500 Bohrlöcher große Kohleflözgasvorkommen mit einem Volumen von 90 Milliarden Kubikfuß erschließen.
Weitere 145 Bohrungen will Shell im Rahmen des Anfang 2022 bekanntgegebenen Project Wattle tätigen. Mit beiden Vorhaben beliefert Shell seine Queensland Curtis LNG-Anlage in Gladstone.
Projekt | Betreiber | Investitionssumme (in Mio. US$) 1) | Anmerkungen |
---|---|---|---|
Western Gas | 4.508 | Offshore, 11 Gasfelder im Carnarvon-Becken, Umsetzung bis 2026 | |
Clio-Acme | Chevron | 2.855 2) | Offshore, Versorgung der North West Shelf LNG-Anlage, Umsetzung bis 2026 |
Shell | 1.879 2) | Offshore, Versorgung der Prelude Floating LNG-Anlage, Umsetzung bis 2027 | |
Galilee Energy Limited | 1.127 2) | Onshore, Erschließung von Kohleflözgas im Galiläa-Becken, Umsetzung bis 2025 | |
Beach Energy | 577 | Onshore, Versorgung der North West Shelf LNG-Anlage, Umsetzung bis 2023 | |
Emperor Energy Ltd | 376 | Offshore, Pipeline zu den Gasaufbereitungsanlagen in Longford und Orbost, Umsetzung bis 2026 | |
Trefoil Project | Beach Energy | 376 | Offshore, Pipeline zur Gasaufbereitungsanlage Lang Lang in Victoria, Umsetzung bis 2025 |
Schiefergasvorkommen im Norden sollen angezapft werden
Explorationsunternehmen zieht es derzeit stark in das Beetaloo Basin im Northern Territory. Dort werden aussichtsreiche Schiefergasvorkommen mit einem Volumen von rund 275.000 Petajoule vermutet. Unternehmen wie Santos, Origin Energy oder Empire Energy führen derzeit Probebohrungen durch. Für die Erschließung des Beetaloo Basin wäre aber ein massiver Ausbau der Infrastruktur erforderlich.
Zwei konkurrierende Pipeline-Projekte sind bereits in der Planung. Der Betreiber Jemena plant den Ausbau der Northern Gas Pipeline. Die bestehende 622 Kilometer lange Rohrleitung zwischen Tennant Creek und Mount Isa soll in beide Richtungen verlängert werden.
Dadurch könnte Gas aus dem Beetaloo Basin sowohl die LNG-Exportterminals in Darwin und Gladstone als auch den lokalen Markt an der Ostküste versorgen. Die Kosten für diese Pipeline mit einer geplanten Kapazität von 1.000 Terrajoule pro Tag belaufen sich auf rund 3,8 Milliarden US$.
Fast identische Pläne verfolgt die APA Group, die ihre bestehende Amadeus Gas Pipeline ausbauen und verlängern will. Im Oktober 2021 schloss das Unternehmen einen Vorvertrag mit Empire Energy. Im Fall von erfolgreichen Probebohrungen will Empire Energy die geplante Rohrleitung für den Gastransport nutzen.