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Nordamerika baut umfangreiche LNG-Exportinfrastruktur

Die Welt braucht Gas. Die USA und Mexiko wollen verstärkt liefern, Dutzende von Exportterminals sind geplant. Zu viele, fand US-Präsident Joe Biden und zog die Notbremse.  

Von Roland Rohde, Edwin Schuh | Washington, D.C., Mexiko-Stadt

Die USA zogen 2022 als weltweit größter Exporteur von Erdgas an Russland vorbei eine der Folgen des Ukrainekrieges, aber auch der steigenden Öl- und Gasförderung in den Vereinigten Staaten. Rund ein Drittel der Gasexporte gelangen über Pipelines nach Mexiko, wo Gaskraftwerke weiterhin den größten Anteil am Energiemix haben.

US-Gas soll über Mexiko nach Asien und Europa gehen

Neuerdings soll jedoch auch günstiges Frackinggas aus den USA in Mexiko verflüssigt und als Flüssigerdgas (liquefied natural gas, LNG) nach Asien und Europa verschifft werden, wo die Nachfrage boomt. Neben der EU sind insbesondere Japan, China und Südkorea wichtige Abnehmer.

In den USA selbst haben Bundesstaaten wie Kalifornien oder Oregon regulatorische Hürden für neue LNG-Exportterminals errichtet. Um dennoch zusätzliches Gas exportieren zu können, wollen US-Firmen daher die mexikanischen Küsten nutzen. Die Pipelineinfrastruktur von USA nach Mexiko ist bereits vorhanden, es müssen lediglich neue Anlagen zur Verflüssigung und zum anschließenden Export des Erdgases gebaut werden.

Den Anfang macht das schwimmende LNG-Terminal Altamira des Unternehmens New Fortress Energy, das vor der Küste von Tamaulipas im Golf von Mexiko entsteht. Es soll Anfang 2024 den Betrieb aufnehmen. Auf der anderen Seite Mexikos, im Pazifikbundesstaat Baja California baut die US-Firma Sempra Energy das Terminal Energia Costa Azul. Hier wurde ein Engineering, Procurement and Construction-Vertrag (EPC) mit TechnipFMC abgeschlossen und das Terminal soll 2026 starten.

Neue Gasterminals in Mexiko geplant

Das ehrgeizigste LNG-Projekt ist jedoch Saguaro Energía an der mexikanischen Pazifikküste. Das Terminal, das in Puerto Libertad, im Bundesstaat Sonora gebaut werden soll, könnte zukünftig eine Kapazität von 15 Millionen Tonnen pro Jahr haben. Zusätzlich soll eine eigene Pipeline zwischen dem Permianbecken in den USA und dem Bundesstaat Sonora gebaut werden. Der Investor Mexico Pacific hat bereits Abnahmeverträge mit Exxon Mobil, ConocoPhillips (beide USA), Woodside Energy (Australien) und Zhejiang Energy (China) über jeweils 20 Jahre abgeschlossen. Der Bau der 800 Kilometer langen Pipeline wurde Ende 2023 an GDI Sicim Pipelines (Mexiko) und Bonatti (Italien) vergeben. Die US-Regulierungsbehörde Federal Energy Regulatory Commission hat das Vorhaben im Februar 2024 genehmigt.

Alberto Alonzo, Leiter der mexikanischen Niederlassung von Mexico Pacific, sagte im Gespräch mit dem Nachrichtenportal BNamericas, dass Mexiko in Zukunft zum viertgrößten LNG-Exporteur hinter Katar, Australien und den USA aufsteigen könne allerdings auf Basis von US-amerikanischem Gas. Die Gasförderung in Mexiko ist dagegen gering und wird lokal verbraucht.

US-Gasterminals entstehen am Golf von Mexiko

Auch die USA wollen verstärkt vom eigenen Boden aus exportieren. Ende 2023 verfügte das Land nach Angaben der U.S. Energy Information Agency über acht Exportterminals. Sieben weitere befanden sich im Bau beziehungsweise werden bis 2027 in Betrieb gehen. Mit ihrer Hilfe werden sich die aktuellen Exportkapazitäten verdoppeln. Darüber hinaus sind ein gutes Dutzend weiterer Neubau- und Erweiterungsprojekte in Planung, von denen einige bereits die Baugenehmigung erhalten haben.

LNG-Exportterminals in den USA (Kapazität in Milliarden Kubikfuß)
Stand

Anzahl Anlagen

Kapazität

In Betrieb

8

16,6

Im Bau bzw. Inbetriebnahme bis 2027

7

16,7

In Planung (teilweise bereits genehmigt)

15

23,5

Insgesamt

30

56,8

Quelle: U.S. Energy Information Agency, November 2023

Unabhängig vom Entwicklungsstand liegen alle Projekte bis auf eines in Alaska am Golf von Mexiko. Entsprechend wird dort die Pipelineinfrastruktur ausgebaut. Nach Angaben der U.S. Energy Information Agency gab es Ende 2023 sechs Pipelineprojekte in Texas und drei im benachbarten Louisiana. Zusammengerechnet lag ihre LNG-Leitungskapazität bei fast 10 Milliarden Kubikfuß.

Trotz Bidens Stopp bei Exportgenehmigungen steigen die Gasausfuhren

Ende Januar 2024 hat die Biden-Administration einen vorläufigen Genehmigungsstopp für LNG-Exporte verhängt. Zur Begründung hieß es, das bisherige Verfahren sei in seiner Struktur fünf Jahre alt und müsse überarbeitet werden. Umwelt- und Klimaschutzaspekte stehen nun stärker im Vordergrund. Die Vereinigten Staaten wollen bis 2050 (netto) klimaneutral werden. Zudem soll auch die Versorgung der einheimischen Bevölkerung mit preiswertem Gas gesichert werden, im Wahljahr 2024 ein wichtiger Aspekt.

Das Weiße Haus hat jedoch gleichzeitig angekündigt, dass die Gasexporte der USA trotzdem deutlich steigen werden. Die im Bau befindlichen Exportterminals dürften bereits Exportgenehmigungen erhalten haben. Eine Prognose der U.S. Energy Information Agency stützt die Aussagen des Weißen Hauses. Für den Zeitraum 2022 bis 2038 geht die Behörde von einer Verdoppelung der Gasausfuhren aus. Gemessen an den Nettoausfuhren, also den Exporten abzüglich der Importe, rechnet sie sogar mit einer Verdreifachung.

In der Branche herrscht Verunsicherung

Dennoch ist die Branche verunsichert. Analysten warnen davor, dass die Maßnahme vor allem den Eintritt neuer Marktteilnehmer verhindert, die sauberere und effizientere Technologien mitbringen könnten. Darunter werde auch der Umwelt- und Klimaschutz leiden. Auch erwarten sie nicht, dass der vorübergehende Stopp neuer Exportgenehmigungen nennenswerte Auswirkungen auf die einheimischen Gaspreise haben werde.  

Offen bleibt, wie lange der "vorübergehende" Zustand andauern wird. Vor den US-Wahlen im November 2024 ist nicht mehr mit einem Wandel zu rechnen. Danach könnte es rasche Veränderungen geben. Herausforderer Donald Trump liegt Anfang 2024 in zahlreichen Wahlumfragen vor Amtsinhaber Joe Biden, der mit historisch niedrigen Umfragewerten zu kämpfen hat. Als eine seiner ersten Amtshandlungen könnte Trump Anfang 2025 die Entscheidung des Weißen Hauses zurücknehmen. Das ist aktuell das wahrscheinlichste Szenario. 

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