Branche kompakt | Australien | Medizintechnik
Gute Konjunktur für Medizintechnik in Australien
Australiens Markt für Medizintechnik wächst. Telemedizin und künstliche Intelligenz treiben die technologische Transformation des Sektors voran.
29.10.2024
Von Daniel Lenkeit | Sydney
Ausblick der Medizintechnik in Australien
Bewertung:
- Die Nachfrage nach Medizintechnik in Australien wird sich positiv entwickeln, trotz anhaltender konjunktureller Schwächen der Gesamtwirtschaft.
- Eine alternde Bevölkerung und steigende Gesundheitsausgaben sowie ein wachsender Telemedizinmarkt bieten Chancen.
- Der Bedarf nach KI-gestützten Lösungen steigt schnell an, getrieben durch Investitionen und eine wachsende Akzeptanz von Gesundheitsinnovationen.
Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: Oktober 2024.
Markttrends
Australiens Bevölkerung altert zunehmend. Die Anzahl der Menschen über 70 Jahre wird von circa 3,2 Millionen im Jahr 2023 auf etwa 4 Millionen bis 2029 ansteigen. Dies führt zu einer wachsenden Nachfrage im gesamten Gesundheitswesen. Sowohl die Aufstockung der Mittel für die öffentliche Gesundheitsversorgung als auch die Ausstattung von Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen ist unausweichlich.
Künftiges Marktwachstum dürfte ebenso aus der Verbreitung der Telemedizin sowie durch stetige Innovationen bei Gesundheitstechnologien kommen. Viele Großhändler für Medizintechnikprodukte gehen einerseits von einem steten Nachfrageschub für medizintechnische Geräte aus, sorgen sich andererseits um ihr eigenes Geschäftsmodell. Marktforscher beobachten, dass die Beschaffung von Medizintechnik zunehmend direkt über die Hersteller erfolgt, wodurch Großhändler teilweise umgangen werden.
Projekt | Investitionssumme | Projektstand | Anmerkungen |
---|---|---|---|
New Women's and Children's Hospital | 2,1 | im Bau | Klinikneubau mit 500 Behandlungsräumen und 170 ambulaten Zimmer. Fertigstellung im Jahr 2030/2031 |
Royal Melbourne Hospital and Royal Women's Hospital Redevelopment | 1,5 | Projektvergabe ist erfolgt | Die Sanierung des bestehenden Royal Melbourne Hospital (RMH) und Erweiterung des Royal Women's Hospital; Projektlaufzeit über zwölf Jahre |
New Footscray Hospital | 1,3 | im Bau | Sanierung und Neubau eines neuen Krankenhauses mit mehr als 500 Betten. Private Public Partnership. Fertigstellung bis September 2026 |
WA New Women's and Babies Hospital | 1,2 | Auftragsvergabe | Bau eines neuen Frauen- und Babykrankenhauses im Fiona Stanley Hospital-Bezirk, Ausbau des Osborne Park und des Perth Children's Hospital. Fertigstellung 2031 |
New Bankstown Hospital | 0,9 | in Planung | Der Umfang des New Bankstown Hospital wird im Rahmen des Planungsprozesses festgelegt und voraussichtlich 2024 veröffentlicht |
New Coomera Hospital | 0,9 | Projektvergabe ist erfolgt | Geplantes 10-stöckiges Krankenhaus mit einer Kapazität für 404 Betten. Fertigstellung 2. Halbjahr 2027 |
Telemedizin bleibt ein Wachstumsmarkt
Telemedizinische Dienstleistungen etablieren sich zunehmend in Australien. Eine wachsende Anzahl von Gesundheitsdienstleistern nutzt Kommunikationsplattformen, um Konsultationen anzubieten. Mit dem Ausbruch der Coronapandemie stieg die Anzahl der virtuellen Betreuungen erstmals signifikant an. Nach Angaben der digitalen Gesundheitsagentur Australiens, wurden zwischen Ausbruch der Pandemie und dem Sommer 2022 etwa 120 Millionen telemedizinische Leistungen für 18 Millionen Patienten erbracht. Über 95.000 Ärzte boten diese Dienste an.
Ein wichtiger Trend dabei ist der Umstieg von Telefonkonsultationen zu Videokonsultationen. Vor allem ältere Australier haben ihre Kenntnisse der Internetkommunikation in der Pandemie deutlich erweitert. Die gestiegene Vertrautheit mit digitalen Kommunikationsplattformen hat dazu geführt, dass Menschen über 65 Jahre heute das am stärksten wachsende Segment in der Telemedizin sind.
KI-gestützte Anwendungen tragen zur Effizienz des Gesundheitssektors bei
Künstliche Intelligenz (KI) kann in der Medizintechnik zur Transformation des Sektors beitragen. Vor allem die Integration von KI in medizinische Geräte und in der Diagnostik dürfte stark zunehmen. So wird in Australien die Nachfrage nach KI-unterstützten Lösungen unter anderem bei Bilderkennungstechnologien, prädiktiver Diagnostik oder Robotern in der Chirurgie steigen. Ebenso gehen australische Ärzte davon aus, dass KI breite Anwendung in der personalisierten Medizin finden wird, etwa im Bereich der Zahnmedizin. Hier werden KI-Algorithmen unterstützen, um das ideale Design von Zahnersatz und -kronen in der zahnärztlichen Arbeit zu generieren.
Australien ist ein sehr wohlhabendes Land mit hohen Gesundheitsstandards und einem gut ausgestatteten öffentlichen Gesundheitssystem. Der australische Markt ist empfänglich für Technologien, die Prozesse im Gesundheitswesen optimieren und Behandlungsergebnisse für Patienten verbessern. Ausländische Medizintechnikunternehmen mit KI-Kompetenzen können hier Verkaufsargumente setzen. Deutsche Firmen mit spezialisierten KI-Anwendungen in den Bereichen Radiologie, Pathologie oder in der Chirurgie sollten den Markt sondieren.
Miniaturmedizintechnikprodukte auf dem Vormarsch
Marktforscher beobachten einen anhaltenden Trend zu kleineren, präziseren medizinischen Geräten. Diese Entwicklung ist insbesondere in Bereichen wie Herz-Kreislauf-Gesundheit, Urologie, Orthopädie und Neurochirurgie relevant.
Der Umsatz mit chirurgischen Bildgebungstechnologien, einschließlich miniaturisierter Geräte und fortschrittlicher Bildgebungsmodalitäten, soll in Australien bis 2030 jährlich um 6,5 Prozent steigen. Lukrative Anwendungsgebiete sind beispielsweise Röntgengeräte und C-Arm-Endoskope für eine Reihe von gastroenterologischen und urologischen Verfahren.
Wachstum bei Hightechgeräten, Rückgang bei traditionellen Instrumenten
Mit steigenden Aufnahmezahlen in Krankenhäusern und technologischem Fortschritt steigt die Nachfrage nach chirurgischen und medizinischen Geräten in Australien. Dazu gehören etwa Bestrahlungsgeräte, Ultraschallgeräte, Diagnoseprodukte, Beatmungsgeräte und medizinische Überwachungsgeräte. Der Marktanteil des Segments in der Medizintechnik stieg in den letzten Jahren. Die australischen Großhändler erwarten für 2025 einen Umsatz in diesem Sektor von 5,8 Milliarden US-Dollar, gleichbedeutend mit 36 Prozent des Gesamtmarkts.
Der Bedarf an traditionellen chirurgischen und medizinischen Instrumenten sowie Verbrauchsmaterialien wie Nadeln, Verbandsmaterial und Erste-Hilfe-Ausrüstung geht hingegen zurück. Die Kombination von zunehmenden Präventivmaßnahmen und die Verlagerung auf weniger invasive chirurgische Techniken tragen dazu bei, dass die Nachfrage trotz des Gesundheitsbedarfs der alternden Bevölkerung zurückgeht.
Branchenstruktur und Rahmenbedingungen
Die australische Regulierung für KI im Gesundheitswesen entwickelt sich erst. Einige eingesetzte KI-Tools werden von der Therapeutics Goods Administration (TGA) des australischen Gesundheitsministeriums reguliert. Eine Übersicht über die Regulierung und die betroffenen Medizintechnikprodukte bietet die Webseite der Behörde.
Erfüllung der TGA-Anforderungen muss beachtet werden
Unternehmen müssen sich mit den Anforderungen der TGA für KI-basierte Medizintechnikprodukte auseinandersetzen. Sie müssen die Sicherheit und Wirksamkeit der Produkte nachweisen und Datenschutzauflagen erfüllen. Dies kann Hindernis und Chance gegenüber Wettbewerbern zugleich sein. Deutsche Firmen, die die regulatorischen Standards erfüllen können, haben einen Vorsprung bei der Markterschließung. Es lohnt sich, die Vorschriften zu kennen und gegebenenfalls die Produktentwicklung für den hiesigen Markt anzupassen.