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Wirtschaftsausblick | Australien

Australiens Wirtschaft tritt weiter auf der Stelle

Das reale Pro-Kopf-Einkommen fällt seit sechs Quartalen und senkt die Konsumfreude in Down Under. Zudem drücken sinkende Rohstoffpreise auf das Exportwachstum.

Von Daniel Lenkeit | Sydney

Wirtschaftsentwicklung: Zuwanderung treibt das Wachstum

Australiens Geschäftsbanken erwarten für 2024 ein Wirtschaftswachstum von etwa 1,5 Prozent. Im Jahr 2025 soll die Konjunktur anziehen und die Wirtschaftsleistung real um 2,5 Prozent zulegen. Allerdings: Ohne das hohe Bevölkerungswachstum von jeweils über 2 Prozent in den Jahren 2023 und 2024 wäre die wirtschaftliche Entwicklung Australiens im Rückwärtsgang. 

Das zeigt ein Blick auf die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Kopf. Dieses ist seit sechs Quartalen in Folge rückläufig und es handelt sich damit um die längste "Pro-Kopf-Rezession" in der australischen Statistik. Das BIP pro Kopf dürfte auch im siebten Quartal weiter sinken. Der Trend wird sich wohl erst in der 2. Jahreshälfte 2025 umkehren, wenn das Bevölkerungswachstum nach Angaben der Commonwealth Bank of Australia auf 1,5 Prozent zurückgeht.

Die hohe Zuwanderung ist traditionell ein bedeutender Wachstumstreiber des Landes, die Wirtschaft benötigt dringend mehr Facharbeiter. Allerdings werden Rufe in der Bevölkerung lauter, dass bezahlbarer Wohnraum fehlt und die Infrastruktur in den Metropolregionen für die schnell wachsende Bevölkerung nicht ausreicht.

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Konsum stagniert trotz sinkender Inflation

Obwohl der australische Verbraucherpreisindex von 6 Prozent im Jahr 2023 auf 3 Prozent im Jahr 2024 gesunken ist, stagniert der Konsum. Die Haushalte leiden nach wie vor unter einer Kombination aus hohen Mieten, hohen Lebensmittelpreisen und hohen Zinsen, die kreditfinanzierte Anschaffungen erschweren. Dazu steigen die Löhne langsamer als die Inflation. Australiens Reallöhne lagen nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Mitte 2024 noch immer 4,8 Prozent unter dem Wert des letzten Quartals 2019. 

Für 2025 sind die Aussichten etwas positiver. Das real verfügbare Einkommen einiger Haushalte soll durch die Einkommensteuerreform (Stage 3 Tax Cuts) und die erwarteten Zinssenkungen der Zentralbank etwas steigen.

Australien rutscht ins Leistungsbilanzdefizit

Australiens Exporte wachsen 2024 im Vergleich zum Vorjahr nur langsam. Die australische Geschäftsbank Westpac erwartet für das Jahr 2024 ein Plus von 1,4 Prozent und für 2025 nur geringfügig höhere Werte. Dagegen sollen Importe im Jahr 2024 um 6,9 und im Jahr 2025 um 3,9 Prozent zulegen. Die Leistungsbilanz wird, untypisch für Australien, in beiden Jahren negativ ausfallen, so die Prognosen.

Rohstoffe wie Kohle, Eisenerz und Minerale machen einen Großteil der australischen Exporterlöse aus. Die Preise hierfür sind nach einem Höhenflug im Jahr 2022 wieder auf das Niveau vor der Coronakrise zurückgekehrt. Dies drückt die Einnahmen aus dem Rohstoffgeschäft und führt teilweise zu Produktionskürzungen, beispielsweise bei Lithium oder Nickel. Die Exporteinnahmen sinken durch den Preisverfall und belasten das BIP-Wachstum durch einen negativen Außenbeitrag.

Die schwache Konjunktur und der geringe Konsum dämpfen die australischen Importe einiger Konsumgüter wie Autos, Elektrogeräte oder Möbel. Dennoch könnte die Leistungsbilanz in den kommenden Jahren negativ bleiben. Grund dafür ist eine Kombination aus sinkenden Rohstoffeinnahmen, steigenden Importpreisen für notwendige Investitionsgüter und einem schwächeren Wechselkurs.

Top-Thema: Australien positioniert sich als Beschaffungsmarkt für Rohstoffe

Mit 60 Prozent Anteil am Gesamtexport ist der Rohstoffsektor ein wichtiger Faktor für die australische Wirtschaft. Insbesondere Kohle, Eisenerz und Flüssiggas sind die Ertragsperlen. Der Kontinent gehört zudem zu den weltweit größten Produzenten von Bauxit und verfügt unter anderem über große Vorkommen an Gold, Uran, Kupfer und den Batterierohstoffen Nickel, Cobalt und Lithium. Australien will zukünftig seine ohnehin schon führende Position in der Lithiumförderung weiter ausbauen. Dazu werden viele Vorkommen an seltenen Erden entwickelt. 

Als Beschaffungsmarkt für kritische Rohstoffe ist das Land ein strategischer Partner der EU. Zudem bietet der kapitalstarke Bergbausektor Absatzchancen für deutsche Zulieferer. Für Anbieter von modernen Bergbautechnologien, vor allem für nachhaltige und energieeffiziente Abbaumethoden oder Firmen mit Verarbeitungstechnologien, ist der australische Markt interessant.

Deutsche Perspektive: Australien bleibt ein spannender Markt

Die australische Regierung und Unternehmen sind bestrebt, die Wirtschaft in vielen Bereichen zu modernisieren, die Industrie wettbewerbsfähiger zu machen und die Energiewende voranzutreiben. Dies bietet Chancen für deutsche Unternehmen. Insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien, bei Automatisierungslösungen für Industrie und Bergbau sowie in der Medizintechnik und bei digitalen Gesundheitslösungen steigt die Nachfrage.

Die Verhandlungen über das angestrebte Freihandelsabkommen zwischen der EU und Australien gestalten sich jedoch weiterhin schwierig. Mit einem Abschluss der Verhandlungen ist nicht vor den australischen Parlamentswahlen im Jahr 2025 zu rechnen. Wann genau die Wahlen stattfinden, steht derzeit noch fest.

Alle Informationen zu Australien finden Sie auf der GTAI-Länderseite.

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