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Branchen | Belgien | Elektromobilität

Belgien ist ein starker Standort für Elektromobilität

VW und Umicore gründen ein belgisches Joint-Venture für Batterien. Alle dortigen Kfz-Hersteller fertigen schon seit Jahren nur noch Elektro-, Hybrid- und Brennstoffzellenmodelle.

Von Torsten Pauly | Berlin

Ein dichtes Netz von großen Herstellern, innovativen Zulieferern und Forschungsinitiativen macht Belgien zu einem der stärksten europäischen Entwicklungszentren für Elektromobilität. Auch der Technologieverband Agoria, der unter anderem die Kfz-Industrie vertritt, unterhält eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe hierzu.

Dies zieht weitere Investoren an. So bringen der belgische Umicore-Konzern und PowerCo, die VW-Tochter für Batterien, zusammen 3 Milliarden Euro in ihr neues Joint-Venture ein. Dieses wird seinen Sitz in Brüssel haben. Ziel ist es, spätestens 2030 jedes Jahr Batteriematerialien für 2,2 Millionen Elektrofahrzeuge zu produzieren. Der Volkswagenkonzern ist mit seinem Audi-Werk in Brüssel bereits seit Jahrzehnten eines der wichtigsten Unternehmen in der belgischen Kfz-Industrie. Dort rollen seit 2018 ausschließlich Elektromodelle vom Band, denn deren weltweite Produktion konzentriert Audi bisher in Brüssel.

Ein Kompetenzzentrum für Festkörper-Lithiumbatterien baut das Unternehmen SOLiTHOR seit Anfang 2023 in Sint-Truden auf. Dort entsteht ein Testlabor und ab 2026 sollen dort Prototypen sowie ganze Batteriemodule und -systeme gebaut werden. Zielgruppe ist neben der Automobilindustrie auch der Flugzeugbau.

Van Hool exportiert Brennstoffzellenbusse

Der bedeutendste belgische Kfz-Hersteller ist der Busbauer Van Hool. Dieser fertigt für den Öffentlichen Personennahverkehr nur noch Wasserstoffbusse und Elektromodelle auf Batterie- oder Trolleybasis. Die entsprechende Brennstoffzellentechnik hat Van Hool als erster Hersteller der Welt zur Serienreife gebracht. Seine Wasserstoffbusse liefert Van Hool unter anderem auch nach Deutschland und Frankreich aus.

Volvo ist neben Audi der zweite große Autobauer, der in Belgien ein Werk betreibt. Auch der schwedische Konzern hat 2021 in Gent seine weltweit erste Fertigung reiner Elektroautos angeschoben. Inzwischen sind dort sechs von zehn produzierten Autos bereits vollelektrisch. Die restlichen Fahrzeuge haben eine (Plug-In-)Hybridbasis.

Verkäufe von Elektro- und Hybridautos boomen

Im Jahr 2022 sind die Zulassungen von Neuwagen auf reiner Batteriebasis in Belgien um 65,9 Prozent in die Höhe geschnellt. Starke Anstiege gab es 2022 auch bei den Hybridmodellen (+38,4 Prozent) und bei Autos mit Plug-In-Hybrid-Technik (+24,1 Prozent). Dies meldet der Kfz-Verband Febiac.

Ende 2022 gab es in Belgien 27.100 öffentliche Ladepunkte für Elektroautos, darunter waren 1.000 Schnellladestationen. Diese Zahl hält der Verband für Elektrofahrzeuge EV Belgium angesichts der Flottenentwicklung insgesamt für ausreichend. Es gibt aber regionale Unterschiede. Gut bis sehr gut ist das Angebot in Flandern (21.000 Stromzapfsäulen) und der Hauptstadtregion Brüssel (3.300 Ladeorte). In Wallonien sollte das Netz dagegen zügig weiter verdichtet werden, denn dort existierten Ende 2022 nur 2.800 öffentliche Ladepunkte.

In Belgien gibt es Förderungen für Elektromobilität sowohl auf landesweiter Ebene als auch von den Regionen. Die nationale Regierung unterstützt die Anschaffung von Fahrzeugen und Ladetechnik durch steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten. Flandern und die Region Brüssel-Hauptstadt offerieren auch Zuschüsse beim Kauf. Alle drei Regionen bieten zudem unterschiedliche steuerliche Vergünstigungen.

Nachfrage nach Benzin- und Dieselfahrzeugen bricht weiter ein

Die Registrierungen neuer Pkw mit Benzinmotor sind in Belgien 2022 um 10,8 Prozent gesunken. Bei Autos mit Dieselantrieb gab es 2022 sogar einen Rückgang um 33,8 Prozent und deren Marktanteil hat sich zwischen 2020 und 2022 von 32,9 Prozent auf 16,4 Prozent halbiert. Dagegen fuhr über jeder dritte Neuwagen 2022 in Belgien bereits auf Batterie- oder (Plug-In-)Hybridbasis.

Lieferkettenprobleme verzögern Auslieferungen

Insgesamt sind die Zulassungen neuer Pkw in Belgien 2022 um 4,4 Prozent gesunken. Damit ist der belgische Markt das dritte Jahr in Folge geschrumpft, so dass 2022 ein Drittel weniger Neuwagen auf den Markt kam als 2019. Auslöser für den Abwärtstrend war die Coronapandemie, zu deren Eindämmung Autohäuser wiederholt schließen mussten. Inzwischen wirken sich Produktionsverzögerungen aus, weil Chips und andere Teile nicht rechtzeitig zugeliefert werden. Viele der bereits 2022 bestellten Autos werden daher erst im Laufe von 2023 ausgeliefert werden können. Marktkenner rechnen damit, dass in Belgien 2023 zumindest wieder so viele Neuwagen wie 2021 angemeldet werden.

Kräftige Preissteigerungen sind ebenfalls ein wichtiger Grund für den sinkenden Absatz. Im Januar 2023 kostete ein Neuwagen in Belgien im Schnitt 11,6 Prozent mehr als 24 Monate zuvor. Die Teuerung soll 2023 anhalten, da die Hersteller gestiegene Energie- und Einkaufspreise an die Käufer weitergeben.

Volkswagen bleibt Marktführer

Deutsche und französische Automarken haben in Belgien traditionell eine starke Stellung. Die meisten Neuwagen hat 2022 erneut der Volkswagen-Konzern abgesetzt. Es folgten die Stellantis-Gruppe, Renault-Nissan und BMW. Die Anteile der führenden Anbieter haben sich gegenüber 2021 kaum verändert, obwohl der Markt insgesamt geschrumpft ist und es bei den Antriebsarten große Verschiebungen gibt. Alle führenden Konzerne offerieren Elektro- und Hybridautos. Insgesamt konnten belgische Autokäufer Ende 2022 zwischen 81 Batteriemodellen, 98 Plug-In-Hybriden und 47 sonstigen Hybridangeboten wählen.

Weniger Nutzfahrzeuge zugelassen

Die Zahl der erstmals zugelassenen Nutzfahrzeuge (Nfz) ist 2022 ebenfalls um 18,9 Prozent gesunken. Während es bei den kleinen Modellen mit bis zu 3,5 Tonnen einen Rückgang um 21,6 Prozent gab, sind die Anmeldungen von größeren Nfz 2022 um 4,7 Prozent gestiegen. Bei den Neuzulassungen von Bussen ist es 2022 sogar zu einem Einbruch um 37,6 Prozent gekommen.

Kfz-Erstzulassungen in Belgien (Anzahl)

Segment

2022

Veränderung 2022/2021 in Prozent

Kfz

431.561

-7,0

Pkw, darunter

366.303

-4,4

  reiner Elektromotor

37.619

65,9

  Plug-In-Hybrid

59.281

24,1

  Hybrid

27.242

38,4

Nfz, davon

64.668

-18,9

  bis zu 3,5 Tonnen

56.102

-21,6

  über 3,5 Tonnen

8.566

4,7

Busse

590

-37,6

Quelle: Febiac 2023; Association des Constructeurs Européens d'Automobiles (ACEA) 2023


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