Mit Donald Trump im Weißen Haus steht die Elektromobilität vor einer ungewissen Zukunft. Förderprogramme wackeln und mit dem Vorreiter Kalifornien bahnen sich Konflikte an.
Mit Trumps zweiter Präsidentschaft wird die Zukunft der Elektromobilität zu einem verschwommenen Blick in die Glaskugel. Zumindest kurzfristig geben sich Branchenkenner optimistisch. "Im Jahr 2025 werden die Neuzulassungen weiter zulegen, wobei batterieelektrische Fahrzeuge einen Marktanteil von rund 10 Prozent erreichen könnten", so Stephanie Valdez Streaty, Director Market Insights bei Cox Automotive.
Einige Hersteller wie General Motors, Ford und Stellantis arbeiten daran, elektrische Modelle für unter 30.000 US-Dollar (US$) auf den Markt zu bringen. Das wäre ein entscheidender Schritt, um neue Käuferschichten zu erreichen, da die Gruppe der "Early Adopters" mittlerweile weitgehend bedient ist.
Trumps ablehnende Haltung gegenüber E-Autos erschwert jedoch längerfristige Prognosen. Kaum im Amt, trat er sofort die Bremse: Per Exekutiverlass "Unleashing American Energy" wurde der Rückbau der E-Fahrzeug-Förderung eingeleitet.
Wie die Elektromobilität in diesem schwierigen Umfeld weiter vorankommt, war auch auf der CES 2025 in Las Vegas ein heiß diskutiertes Thema. Experten prognostizierten bei Podiumsdiskussionen, dass der Anteil batterieelektrischer Fahrzeuge an den Neuzulassungen bis 2028 auf 15 bis 20 Prozent steigen könnte. Auch die Beratungsfirma Wood Mackenzie erwartet wegen Trump nur ein verhaltenes Wachstum und sieht den Marktanteil im Jahr 2030 bei 23 Prozent.
Markt für Elektrofahrzeuge 2024 ohne Riesensprünge
Im Jahr 2024 übergaben Neuwagenhändler die Schlüssel für insgesamt rund 1,3 Millionen batterieelektrische Fahrzeuge. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies ein Plus von etwa 7,3 Prozent.
Damit machten reine Elektroautos rund 8,1 Prozent des Pkw-Absatzes aus. Im internationalen Vergleich hinken die Vereinigten Staaten der Spitzengruppe hinterher. In Deutschland war der Neuzulassungsanteil im Jahr 2024 mit 13,5 Prozent deutlich höher. China dürfte bei etwa 25 Prozent liegen.
Bei der Verbreitung von E-Fahrzeugen treten in den USA zudem große regionale Unterschiede zutage. Kalifornien ist mit knapp 23 Prozent Vorreiter. In ländlich geprägten Bundesstaaten wie North Dakota sind elektrisch betriebene Autos hingegen eine Rarität (Anteil etwa 1 Prozent).
Auf der Herstellerseite spürt Branchenprimus Tesla zunehmende Konkurrenz. Der Marktanteil sank 2024 auf 49 Prozent, nachdem er im Vorjahr noch bei 55 Prozent lag. Anbieter wie Hyundai (9,3 Prozent), General Motors (8,7 Prozent), Ford (7,5 Prozent) und BMW (4,1 Prozent) holen auf.
Besonders stark gefragt waren 2024 Hybridfahrzeuge. Die Verkaufszahlen (inklusive Plug-ins) stiegen um 31 Prozent auf 1,7 Millionen Stück an.
Steuervergünstigungen auf der Kippe
Durch Trumps Pläne ist insbesondere die E-Auto-Förderung im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) gefährdet. Käufer von Elektroautos kommen dadurch in den Genuss von Steuergutschriften in Höhe von maximal 7.500 US$ (Section 30D Tax Credit). Dabei gelten jedoch strenge Anforderungen. Ein Großteil der batteriebezogenen Wertschöpfung muss in Nordamerika erfolgen. Fahrzeuge mit Batteriekomponenten oder Rohstoffen aus China sind komplett außen vor.
Wichtige Anforderungen der Section 30D Tax Credits
Endmontage des Fahrzeugs: Nordamerika
Förderstufe für Batterierohstoffe: 3.750 US$
Erforderlicher lokaler Anteil: Seit Jahresbeginn 2025 müssen mindestens 60 Prozent der verwendeten Rohstoffe aus den USA stammen oder aus einem Land, mit dem die USA ein Freihandelsabkommen haben. Anstieg auf 70 Prozent bis 2026 und 80 Prozent bis 2027.
Förderstufe für Batteriekomponenten: 3.750 US$
Erforderlicher lokaler Anteil: Seit Jahresbeginn 2024 müssen mindestens 60 Prozent der Wertschöpfung in Nordamerika erfolgen. Anstieg auf 70 Prozent bis 2026, 80 Prozent bis 2027, 90 Prozent bis 2028, 100 Prozent bis 2029.
Ausschluss: seit Jahresanfang 2024 keine Batteriekomponenten mehr aus als bedenklich eingestuften Staaten wie China, Russland, Iran und Nordkorea. Seit 2025 auch keine Batterierohstoffe mehr.
Ausnahme: Für Leasingfahrzeuge gelten erleichterte Förderkriterien.
Anfang 2025 erfüllten nur 27 Elektromodelle die strikten Förderkriterien. Dennoch spielen die Tax Credits eine entscheidende Rolle für den Markt. Laut dem Marktforschungsunternehmen J.D. Power gibt es die Vergünstigung für rund 87 Prozent aller neu gekauften oder geleasten E-Autos.
Eine Garantie für die Zukunft ist dies aber nicht. Neben Donald Trump stehen auch zahlreiche republikanische Kongressabgeordnete den Steuergutschriften sehr kritisch gegenüber. Beobachter erwarten deshalb, dass die entsprechenden Regelungen entweder ganz wegfallen oder zumindest deutlich begrenzt werden.
Ein vollständiges Ende der Kaufanreize für E-Autos droht den USA aber nicht. Kalifornien hat bereits angekündigt, eigene Förderprogramme aufzulegen, falls die Tax Credits durch den IRA wegfallen. Auch Colorado fördert den Kauf von Elektrofahrzeugen mit Steuergutschriften.
Erneute Kehrtwende bei den Emissionsgrenzen
Mehr noch als die Kaufförderung dürfte der Streit um verschärfte Umweltvorgaben der Environment Protection Authority (EPA) die Zukunft der Elektromobilität beeinflussen. Unter Präsident Joe Biden legte die Behörde im April 2024 fest, dass der durchschnittliche CO2-Ausstoß für leichte Neufahrzeuge bis 2032 um die Hälfte sinken muss – auf 85 Gramm pro Meile (53 Gramm pro Kilometer).
Die Standards sind grundsätzlich technologieoffen. Ein zentrales Szenario der EPA geht aber davon aus, dass batterieelektrische Fahrzeuge bis 2032 rund 56 Prozent der Neuverkäufe ausmachen müssen, damit die Emissionsziele eingehalten werden.
Auch hier legt Trump den Rückwärtsgang ein: Die EPA dürfte bereits in der Anfangsphase seiner zweiten Amtszeit die Anweisung erhalten, die Emissionsgrenzen deutlich zu lockern – teilweise ist sogar von einer Rückkehr zu den Standards der Modelljahre 2020 die Rede. Dafür ist jedoch ein formeller Normsetzungsprozess erforderlich, der mindestens ein Jahr in Anspruch nehmen dürfte.
Die amerikanische Automobilindustrie bleibt dadurch in einem ewigen Hin und Her gefangen, was wiederum langfristige Planungen für eine Antriebswende erschwert. Schon in Trumps erster Amtszeit wurden verschärfte Emissionsvorgaben aus der Obama-Ära wieder gelockert. Aus der Automobilindustrie kommen aber auch Stimmen, die sich für eine Abschwächung bestimmter Aspekte der aktuellen Vorschriften aussprechen – etwa in Bezug auf zeitliche Vorgaben oder drohende Strafen.
Konflikt zwischen Trump und Kalifornien wird zum Zünglein an der Waage
Die entscheidende Weichenstellung für die Zukunft der US-Elektromobilität dürfte jedoch im Machtkampf zwischen der Administration in Washington und dem demokratisch regierten Kalifornien erfolgen. Der Bundesstaat setzt traditionell strengere Umweltauflagen durch; ein Umstand, den die Trump-Regierung unterbinden will.
Trump vs. Kalifornien: Worum geht es?
Die Ausgangslage:
Kalifornien ist Vorreiter bei der Elektromobilität – auch bei den gesetzlichen Vorgaben. Bis 2035 hat der Bundesstaat ein schrittweises Verbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor erlassen. Möglich wird dies durch eine besondere Regelung im Clean Air Act: Kalifornien kann bei der EPA eine Ausnahmeregelung beantragen, die es ermöglicht, Emissionsgrenzwerte festzulegen, die strenger sind als die auf Bundesebene geltenden Standards.
Ihren Ursprung hat die Regelung darin, dem starken Smog in Kalifornien entgegenzuwirken. Als eine der letzten wichtigen Amtshandlungen erneuerte die Biden-Regierung diesen sogenannten EPA-Waiver im Januar 2025.
Haken Nummer 1:
Eine weitere Sonderregelung im Clean Air Act ermöglicht es anderen Bundesstaaten, sich den Vorgaben von Kalifornien freiwillig anzuschließen. Insgesamt folgen zwölf weitere Bundesstaaten den Vorgaben für ein Verbrenner-Aus.
Der Konflikt:
Mit seinen Exekutiverlassen ebnet US-Präsident Trump bereits den Weg dafür, dass die EPA den bestehenden EPA-Waiver widerruft. Damit folgt er dem Drehbuch seiner ersten Amtszeit: Schon 2019 wurde die Ausnahmeregelung für Kalifornien zurückgenommen. Wie damals dürfte die endgültige Entscheidung bei den Gerichten liegen.
Haken Nummer 2:
Kalifornien versucht, sich genau gegen dieses Szenario abzusichern. Bereits 2020 schloss der Bundesstaat vertragliche Vereinbarungen mit den Herstellern BMW, Ford, Honda, Volkswagen und Volvo. Darin verpflichten sich die Unternehmen, die kalifornischen Emissionsvorgaben auch dann zu befolgen, wenn der EPA-Waiver wegfällt. Später traf auch Stellantis eine ähnliche Vereinbarung mit Kalifornien.
Die Zukunft:
Aufgrund der entscheidenden Bedeutung des EPA-Waiver für das Tempo bei der Elektromobilität dürfte in den kommenden Jahren erbittert um die juristische Gültigkeit gestritten werden. Einige Rechtsexperten weisen darauf hin, dass der EPA-Waiver seit Jahrzehnten fester Bestandteil des amerikanischen Umweltrechts ist. Der Ausgang der gerichtlichen Streitigkeiten ist dennoch völlig offen.
Von Heiko Stumpf
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San Francisco