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Wirtschaftsumfeld | Belgien | Investitionsklima

Industrie profitiert vom Investitionsklima

Ausländische Direktinvestitionen geben Belgiens Wirtschaft entscheidenden Rückenwind. Flandern, die Wallonie und Brüssel fahren dabei eigene Strategien.

Von Michael Sauermost | Bonn

Investoren sind willkommen

Belgien ist traditionell sehr offen für ausländische Direktinvestitionen (FDI). Derzeit gibt es keine Unterscheidung zwischen lokalen und ausländischen Kapitalanlegern. Die Hauptinvestitionsländer waren laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in den letzten Jahren Frankreich, die USA, Deutschland, das Vereinigte Königreich und Italien. Die Investitionen konzentrieren sich hauptsächlich auf Finanz- und Versicherungsaktivitäten, die verarbeitende Industrie, gewerbliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen sowie Verwaltungs- und Unterstützungsdienstleistungen.

Mit Wirkung zum 1. Juli 2023 hat Belgien einen neuen, einheitlichen Überprüfungsmechanismus für ausländische Direktinvestitionen aus Nicht-EU-Ländern eingeführt. Für bestimmte Investitionsprojekte ist seitdem eine obligatorische Vorabmeldung bei der belgischen Interföderalen Screening-Kommission (ISC) erforderlich. Der Geltungsbereich erstreckt sich über ein breites Spektrum von sensiblen Sektoren. Dazu zählen unter anderem der Verteidigungssektor, Cyber Security, kritische Infrastruktur inklusive Energie sowie Health Care und Ernährungssicherheit.

Antwerpen zieht die Industrie an

Was das verarbeitende Gewerbe betrifft, so fließt ein Großteil der Investitionen in die Chemie-, Pharma-, Petrochemie-, Kunststoff- und Verbundwerkstoffindustrien. Dabei kommt dem Einzugsgebiet um den Hafen in Antwerpen eine Schlüsselrolle zu. Außerdem spielen unter anderem die Nahrungsmittelverarbeitung und -verpackung sowie der Gesundheitssektor eine Rolle. 

Im Oktober 2023 kündigte Toyota Motor Europe an, 1,3 Milliarden Euro in den Ausbau seines Produktionswerks im belgischen Gent zu investieren. Zu den weiteren wichtigen Investitionsprojekten, die 2023 angekündigt wurden, gehören ein neues Chip-Produktionswerk von AMD in Lüttich mit einem Volumen von 2,25 Milliarden Euro und die Erweiterung des Bosch-Produktionswerks in Tienen mit rund 1 Milliarde Euro.

Gute Infrastruktur sowie Produktivität

Ausländische Investoren in Belgien schätzen das vergleichsweise gute Ausbildungsniveau einschließlich der Fremdsprachenkenntnisse auf dem Arbeitsmarkt. Außerdem wird allgemein die Flexibilität sowie Produktivität gelobt. Flandern, das zunehmend unter dem Fachkräftemangel leidet, intensiviert die duale Ausbildung, die einige deutsche Investoren wie Audi auch in Eigenregie mit belgischen Schulen vorantreiben. 

Auch die Verkehrsinfrastruktur zählt zu den Standortvorteilen. Beim Global Competitiveness Report des World Economic Forum kletterte Belgien 2023 auf Rang 13. Sehr gute Einschätzungen wurden dabei in den Kategorien Bildungssystem und Innovationsfähigkeit, aber auch bei der Infrastruktur erzielt. Für Investoren, die nicht vorrangig auf das Exportgeschäft fokussiert sind, ist die hohe Kaufkraft vor Ort ein großer Pluspunkt.

Lohnkosten in der Kritik

Auf der anderen Seite nennen Investoren das komplexe Steuersystem sowie das hohe Lohnniveau häufig als Minuspunkte. Durch eine Indexierung sind die Löhne an die Inflationsrate gekoppelt. Die Lohnnebenkosten bewegen sich in etwa auf deutschem Niveau. Auch die Einkommenssteuer ist im internationalen Vergleich hoch. Zu diesen Fragen bietet unter anderem die AHK Debelux einen umfassenden Service an.

Unternehmen müssen sich mit den heterogenen, regionalen Verwaltungsstrukturen sowohl bei der Investitionsplanung- als auch bei der -umsetzung auseinandersetzen. Dies beeinflusst nicht nur die Investitionsentscheidung sondern auch die notwendigen Maßnahmen für die Marktbearbeitung.

Exportorientierte Unternehmen haben noch einen anderen Blickwinkel: Eine Produktion in der Wallonie eignet sich gut zur Bedienung auch des französischen Marktes, so wie sich mit einer Präsenz in Flandern die Niederlande praktisch bearbeiten lassen.

Größte deutsche Investoren in Belgien (Stand: Dezember 2023)

Unternehmen

Branche

AldiEinzelhandel
AudiAutomobilindustrie
BASFChemieindustrie
BayerPharma-, Chemieindustrie
CovestroKosmetik-, Chemieindustrie
DBSchenker ChemsolutionsLogistik
Evonik DegussaPetrochemie
HenkelChemieindustrie
LidlEinzelhandel
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

Investitionsförderung: Regionen bieten unterschiedliche Anreize

In Belgien liegen Investitionsanreize und Subventionen in der Verantwortung der drei belgischen Regionen: Flandern, der Wallonie und Brüssel-Hauptstadt. Die drei Regionen betreiben auch eigene, unabhängige Investitions- und Exportförderagenturen. Diese sind in Flandern Flanders Investment & Trade, in der Wallonie AWEX und in Brüssel Hub Brussels. Diese Agenturen unterhalten an den belgischen Botschaften und Konsulaten in Deutschland Büros.

In ihrer Investitionspolitik legen die Regionalregierungen Wert auf Innovationsförderung, Forschung und Entwicklung, Energieeinsparungen, Umweltschutz, Exporte und vor allem Beschäftigung. Grundsätzlich stehen ausländischen und inländischen Investoren alle regionalen und nationalen Anreize zu gleichen Konditionen zur Verfügung.

Dennoch bleiben die meisten steuerlichen Maßnahmen sowie die Parameter (Sozialversicherung, Tarifverträge), die das allgemeine Gehalts- und Leistungsniveau regeln, unter der Kontrolle der Bundesregierung. Belgische Investitionsanreizprogramme auf allen Regierungsebenen sind durch EU-Vorschriften begrenzt und orientieren sich normalerweise an denen der anderen EU-Mitgliedstaaten. 

Auf föderaler Ebene gibt es steuerliche Investitionsanreize, die insbesondere die Forschungs- und Entwicklungsstätigkeit fördern. Unternehmen können ihre Einkünfte auf so in Belgien geschaffene Patente oder sonstiges geistiges Eigentum bis zu 85 Prozent von der Steuer absetzen. Dazu gibt es die gesamtbelgische öffentliche Förderagentur FNRS, die auf Forschungsvorhaben fokussiert ist. In Belgien ansässige Unternehmen können auch regionale Wirtschaftsförderprogramme in Anspruch nehmen. Auch hierfür haben die drei Regionen eigene Institutionen. Diese sind in Flandern VLAIO und in Brüssel wiederum Hub Brussels sowie Innoviris. In der Wallonie wenden sich Unternehmen an den zuständigen Öffentlichen Dienst.

Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

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