Das krisenfeste Agrobusiness, der Infrastrukturausbau und die Modernisierung der verarbeitenden Industrie heizen Brasiliens Maschinenmarkt an.
Maschinenmarkt hält den Erholungskurs in der Pandemie
Im Jahr 2021 ist der brasilianische Markt für Maschinen und Ausrüstung das vierte Jahr in Folge gewachsen. Das Marktvolumen stieg um 14,8 Prozent auf etwa 57 Milliarden US-Dollar an. Die Coronakrise verlangsamte den Erholungstrend nur vorübergehend. Schließlich war der brasilianische Maschinenmarkt selbst im Jahr 2020 um knapp 12 Prozent gewachsen.
Im vergangenen Jahr profitierten Brasiliens Maschinenbauer von der starken Abwertung des brasilianischen Real, welche die im Inland produzierten Kapitalgüter deutlich vergünstigte. Die heimischen Fabrikanten steigerten ihren Erlös am Inlandsmarkt um gut 25 Prozent und im Export sogar um über 34 Prozent. Das Importvolumen legte mit 23,4 Prozent weniger deutlich zu. In der Coronakrise gewannen chinesische Importe stark an Bedeutung. Dahingegen büßten die Einfuhren aus den USA, Deutschland und Italien ein.
Ab Mitte 2021 schwächte der Trend ab. Im 1. Quartal 2022 lag die Maschinennachfrage um 7,7 Prozent unter dem Vorjahreswert. Für das Gesamtjahr erwartete Brasiliens Verband der Maschinenbauindustrie Associação Brasileira da Indústria de Máquinas e Equipamentos (ABIMAQ) ein sehr leichtes Wachstum. Denn im Wahljahr bremst die hohe Unsicherheit über die wirtschaftspolitische Ausrichtung die Investitionstätigkeit. Ohne Vorhersehbarkeit schwankt das Vertrauen der Wirtschaft. Von Zeit zu Zeit löst es sich von den politischen Entwicklungen und belebt die Investitionen. Als Voraussetzung für ein nachhaltiges Wachstum gelten Strukturreformen und die Konsolidierung des Staatshaushaltes.
Mit der Landwirtschaft blüht auch der Maschinenbau
Mit dem stetig wachsenden Bedarf sind Agrarmaschinen ein Zugpferd am brasilianischen Maschinenmarkt. Das Agrobusiness erwirtschaftet mittlerweile mehr als ein Viertel der Wirtschaftsleistung Brasiliens und erwies sich sowohl in der Rezession 2014 bis 2016 als auch in der Coronakrise als Stützpfeiler. Zudem heizen der Ausbau der Konnektivität auf dem Land und der Trend zum Smartfarming die Nachfrage an. Im Jahr 2021 übertraf das Marktwachstum erneut die Verkaufsprognosen. Mit rund 58.400 Traktoren und anderen großen Landmaschinen setzte der Markt nominal 27 Prozent und real knapp 18 Prozent mehr um als im Vorjahr. Trotz Unsicherheiten bezüglich der staatlichen Finanzierungsprogramme setzte sich der starke Wachstumstrend 2022 fort. Im 1. Quartal legte die brasilianische Landmaschinenindustrie um 9 Prozent zu und übertraf die Wachstumserwartung von 5 Prozent für das Jahr 2022 fast um das Doppelte.
Im Vergleich zum Vorjahr dürfte die verarbeitende Industrie deutlich zurückhaltender investieren und die Wahlen im Oktober abwarten. Neben der politischen Unsicherheit schlägt auch der drastische Anstieg des Leitzinses auf die Investitionsnachfrage durch. Nur vereinzelt kündigen die Produzenten neue Investitionen an. Hauptsächlich konzentrierten sich neue Projekte auf Konsumgüterbranchen wie Nahrungsmittel und Getränke, Verpackungsmittel und Pharmazeutika.
Bau und Bergbau gewinnen an Bedeutung
Bergbauprojekte profitieren von den gestiegenen Rohstoffpreisen. Darüber hinaus erfordern die Umstellung auf trockene Aufbereitungsverfahren und die Rückführung von Rückhaltebecken Investitionen in neue Maschinen und Anlagen.
Nach dem Einbruch um 6,3 Prozent 2020 legte die Bruttowertschöpfung in Brasiliens Baugewerbe im vergangenen Jahr um 9,7 Prozent zu. Für 2022 prognostizierte der Branchenverband CBIC ein Wachstum um 2,5 Prozent. Im Vergleich zu dem Konjunkturhoch 2013/14 fällt die Bruttowertschöpfung des Sektors jedoch immer noch niedrig aus. Mittelfristig werden die neu vergebenen Infrastrukturkonzessionen die Bautätigkeit stärker ankurbeln.
In Erwartung dieser Erholung und aufgrund des Modernisierungsbedarfs des Maschinenparks zieht die Nachfrage seit 2018 kontinuierlich an. Im Jahr 2021 wurden mit rund 31.200 Stück fast 40 Prozent mehr Baumaschinen verkauft als im Vorjahr. Für 2022 erwartet der Verband der Hersteller von Bergbau- und Baumaschinen Sobratema eine Absatzsteigerung um 12 Prozent, mit einem besonders hohen Wachstum für Grader und Bagger.
Moderne Produktionstechnologien sind gefragt
Seit langem beklagt der Industrieverband Confederação Nacional da Indústria (CNI) die fortschreitende Desindustrialisierung aufgrund der geringen internationalen Wettbewerbsfähigkeit Brasiliens. Die digitale Transformation kann der verarbeitenden Industrie in Brasilien zu einem neuen Aufschwung verhelfen. Nach dem Vorbild der deutschen Plattform Industrie 4.0 will das Land die Digitalisierung über die Câmara Brasileira da Indústria 4.0 (Câmara I4.0) fördern. Wichtige Maßnahmen sollen es erleichtern, moderne Maschinen anzuschaffen, zu installieren und zu betreiben. Dazu gehört, das Zollregime Ex-Tarifários zu vergünstigen und Normen zu harmonisieren.
Allerdings muss das Land zeitgleich auch einen immensen Rückstand in der Automatisierung aufholen. Laut Daten des Verbands der Robotik-Industrie International Federation of Robotics (IFR) lag Brasilien 2019 mit 15.300 Einheiten weit abgeschlagen hinter den führenden Volkswirtschaften China, Japan, USA, Südkorea und Deutschland mit über 200.000 Einheiten, aber auch deutlich hinter Mexiko. Etwa die Hälfte aller Roboter werden in der Kfz-Industrie eingesetzt. Im Jahr 2020 wurden in Brasilien 1.595 Industrieroboter installiert. Dies entspricht lediglich 0,5 Prozent des globalen Markts. Die wichtigsten Zulieferer am brasilianischen Markt sind Fanuc, ABB und Yaskawa.
Neben der Automatisierung und Digitalisierung gewinnt auch die Energieeffizienz an Stellenwert für die Maschinennachfrage. Die stark gestiegenen Strompreise und neue Geschäftsmodelle kurbeln die Investitionen in moderne Maschinen mit geringerem Energieverbrauch an.
Von Gloria Rose
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São Paulo