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Branchen | Brasilien | Automobilsektor

Markttrends

In Brasilien intensiviert sich der Trend zur Elektromobilität. Auch Konnektivität gewinnt an Bedeutung. 

Von Gloria Rose | São Paulo

Elektrifizierung entwickelt sich dynamischer

Die Elektromobilität steht in Brasilien noch am Anfang, wächst jedoch kräftig. Die Pionierrolle des südamerikanischen Landes bei Ethanol verzögert und prägt die Entwicklung des Marktes. Fast die Hälfte der E-Auto-Nachfrage entfällt auf Vollhybridmodelle auf Bioethanol-Basis. Derzeit bieten lediglich Toyota und CAOA die sogenannten HEV-flex-Modelle an. 

Nun kommen aber verstärkt reine Elektrofahrzeuge (Battery Electric Vehicle; BEV) und Plug-in-Hybridfahrzeuge (Plug-in Hybrid Electric Vehicle; PHEV) auf. Dafür sorgen die Nachhaltigkeitsstrategien großer Handelsketten und Logistikdienstleister, neue Mobilitätsdienste, die stark gestiegenen Kraftstoffpreise, die wachsende Auswahl an Modellen und der Ausbau der Ladeinfrastruktur. Landesweit stehen derzeit etwa 3.000 öffentliche und halböffentliche Stationen bereit. Für den Ausbau der Ladeinfrastruktur muss Brasilien bis Ende 2035 über 2,5 Milliarden US-Dollar (US$) investieren, errechnete der E-Auto-Verband Associação Brasileira do Veículo Elétrico (ABVE).

In Brasilien werden Elektro- und Hybridautos gefördert, bislang allerdings nur auf Sparflamme. Der brasilianische Senat rief im März 2022 eine parlamentarische Gruppe zur Förderung der Elektromobilität ins Leben. Falls der Gesetzesvorschlag PL 403/2022 verabschiedet wird, dürften die Preise für E-Autos um etwa 20 Prozent fallen. Neben Fördermaßnahmen auf föderaler Ebene bieten zunehmend auch die Bundesstaaten und große Metropolen Anreize. Beispielsweise minderte der Bundesstaat São Paulo die Umsatzsteuer und die Stadt São Paulo lockerte die Verkehrsauflagen. Anders als in Mexiko drängen in Brasilien insbesondere die chinesischen Hersteller auf den Markt.

Bei einem Verkaufspreis von über 30.000 US$ konkurrieren die neu eingeführten Modelle nur um etwa 10 Prozent der Marktnachfrage. Auch wenn der Verkauf im Jahr 2022 um über 40 Prozent zulegte, machten Kfz mit Elektroantrieb im Jahresdurchschnitt nur 2,5 Prozent der Neuzulassungen aus. Bis 2030 soll dieser Anteil auf 12 bis 22 Prozent steigen, ergab eine Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group für den Herstellerverband Anfavea.

5G-Ausbau treibt Vernetzung an

Vernetzte Mobilität liegt im Trend. Marktführer Chevrolet registrierte Anfang 2022 bereits 265.000 über die Plattform OnStar vernetzte Fahrzeuge in Brasilien. Bis 2030 dürfte sich die Zahl vernetzter Autos alljährlich verdoppeln, erwartet der Konzern Stellantis. Brasiliens Markt expandiert mit dem Ausbau des 4G/5G-Netzes. Mehr als drei Viertel der Mobilfunkverbindungen werden über 4G geführt. Nach der Vergabe der 5G-Frequenzen im November 2021 ist das 5G-Netz seit August 2022 in den ersten Großstädten des Landes verfügbar. Die wichtigsten Markttendenzen sind Internetzugang per integriertem WLAN, Sicherheitstechnologien, Fahrzeugdiagnose-Funktionen und Notfallsysteme. 

Besonders interessant wird die Entwicklung für den Versicherungsmarkt. Mit rund 20 Millionen Kfz verfügen derzeit etwa 30 Prozent des Fuhrparks über eine Versicherung. Der Zugang zu verlässlichen Daten dürfte den Markt für Kfz-Versicherungen beleben. 

Autonomes Fahren dürfte den brasilianischen Verkehr hingegen erst in ferner Zukunft erreichen. Im Bergbau und in der Landwirtschaft werden jedoch bereits autonome Nutzfahrzeuge eingesetzt. 

Preiskonstellation verändert den Kfz-Markt

Lieferengpässe bei Halbleitern beeinträchtigen nach wie vor die Produktion. Erst 2025 soll sich die Lage normalisieren, meinen Branchenexperten. Weltweit werden Autos teurer. In Brasilien verteuerten sich Einfuhren zusätzlich durch die anhaltende Abwertung der heimischen Währung. Der Negativtrend für Importfahrzeuge dürfte sich fortsetzen. 

Immer weniger Konsumenten können sich ein Auto leisten. Neben den stark gestiegenen Kfz-Preisen verlangsamen auch die langen Wartezeiten auf Neuwagen die Erneuerung des Fahrzeugbestands. Schließlich weichen viele auf den Gebrauchtwagenmarkt aus, auf dem die Preise ebenfalls intensiv anzogen. Dazu kommen die drastisch gestiegenen Zinsen, die die Kaufkraft der Bevölkerung weiter aushöhlen. Neue Mobilitätslösungen sind somit zunehmend gefragt.

Infolge der knappen Liquidität gewinnt auch der Nutzfahrzeugverleih an Bedeutung. Die Pandemie sorgte für einen Boom von E-Commerce und Lieferdiensten. Zudem stimuliert das stabile Agrobusiness die Nachfrage nach Lkw und leichten Nutzfahrzeugen. Mit der Erholung der Wirtschaft steigt der Bedarf. Schließlich wird sich Brasiliens Transportinfrastruktur auch mittelfristig stark auf den Straßentransport konzentrieren. Für einen zusätzlichen Impuls sorgten seit 2018 die Mindesttarife im Frachttransport, die Konzerne zu Investitionen in eigene Lkw-Flotten motivieren.

(Stand Februar 2023)

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