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Branchenstruktur
Internationale Hersteller prägen die ungarische Autoindustrie. Die Branche rüstet auf E-Mobilität um. Weniger Exporte sorgen für schrumpfende Produktionszahlen.
14.10.2024
Von Kirsten Grieß | Budapest
Der Produktionswert der ungarischen Automobilindustrie lag 2023 bei umgerechnet 35,9 Milliarden Euro und wuchs damit um 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr - jeweils zu gleichen Teilen erwirtschaftet in der Fahrzeugherstellung und der Fertigung von Teilen, Komponenten und Zubehör.
Aktuell betreiben drei große Automobilkonzerne Pkw-Werke in Ungarn: Suzuki begann 1992 mit der Produktion in Esztergom. Im Folgejahr eröffnete Audi ein Werk in Győr und produziert dort Antriebe und Fahrzeuge. Das Mercedes-Benz Werk in Kecskemét ging 2012 an den Start, heute werden dort neben Verbrennermodellen auch Plug-In-Hybride und Elektrofahrzeuge gebaut.
BYD baut erstes europäisches Pkw-Werk in Ungarn
Geht der Bau wie geplant voran, kommt 2025 ein BMW-Werk in Debrecen hinzu. Der chinesische Marktriese BYD errichtet seit 2024 in Szeged eine Autofabrik. Bei beiden Neulingen sollen vor allem Elektrofahrzeuge vom Band laufen. Komplett neu ist BYD in Ungarn allerdings nicht: Seit 2016 werden in Komáron Elektrobusse gefertigt, in Páty stellt BYD elektronische Bauteile her. Das ehemalige Opel-Werk in Szentgotthárd gehört inzwischen zur Stellantis-Gruppe und fertigt ausschließlich Verbrennermotoren. Ende 2026 soll auch dort die Produktion elektrischer Antriebsmodule anlaufen, rund 100 Millionen Euro fließen in die Werksumrüstung.
Hersteller fahren 2023 Produktionsrekorde ein
Audi Hungaria unterhält in Győr das weltgrößte Motorenwerk. Mit 177.775 produzierten Autos legte das Werk in der Fahrzeugproduktion 2023 den bisherigen Rekord hin. Im gleichen Zeitraum wurden über 1,6 Millionen Motoren produziert, davon 114.058 Elektromotoren. Mitte September 2024 übernahm das Werk in Győr zudem die Serienproduktion des Terramar-Modells der Schwestermarke Cupra, was angesichts bevorstehender Umstrukturierungen im VW-Konzern ein wichtiges Signal für den Standort ist.
Größter Volumenhersteller Ungarns ist Suzuki. Im Februar 2024 lief der viermillionste ungarische Wagen vom Band. Neben traditionellen Verbrennern stellt der japanische Autobauer seit 2023 auch Vollhybride her. Der in Esztergom produzierte S-Cross SUV ist der meistverkaufte Neuwagen Ungarns.
Großes Umrüsten der Branche auf E-Mobilität
Mercedes-Benz in Kecskemét vermeldete 2023 einen Umsatz von über 5 Milliarden Euro und steigerte das Ergebnis auf Jahresbasis um rund 25 Prozent. In Stückzahlen waren das mehr als 174.000 gefertigte Fahrzeuge. In den kommenden Jahren plant Mercedes, rund 1,5 Milliarden Euro in Kecskemét zu investieren. Die Gelder fließen in ein neues Karosserie- und Montagewerk, in zusätzliche Produktionskapazitäten für Elektroautos, in ein Batteriewerk für Hochvoltbatterien und in die Modernisierung der Infrastruktur.
In der Zulieferbranche treffen sich Ost und West
Die ungarische Zulieferindustrie ist breit gefächert, dominiert wird sie jedoch von großen internationalen Anbietern wie den deutschen Herstellern Bosch, ZF, Continental, Thyssenkrupp oder Schaeffler. Gemessen am Umsatz belegt aktuell der japanische Automobilzulieferer Denso den 1. Platz. Daneben sind Hersteller aus den USA, Kanada und Frankreich in Ungarn stark vertreten. In jüngster Zeit haben sich auch südkoreanische und chinesische Akteure im Land niedergelassen.
Ungarn als Hub für Batteriezell- und Batterieproduktion
Die ungarische Regierung fördert gezielt den Umstieg auf Elektromobilität. Produktionserweiterungen und -umstellungen der Hersteller und Zulieferer werden vom Staat großzügig bezuschusst. Zusätzlich wirbt Ungarn seit Jahren ausländische Investoren an. Besonders erfolgreich war die Regierung beim Aufbau der Batterie- und Batteriezellproduktion. Großinvestitionen kamen zuletzt vor allem aus Asien. CATL, Sunwoda und Eve Battery aus China errichten Produktionsstätten. Bis zur Fertigstellung wird der Markt von den südkoreanischen Herstellern Samsung SDI und SK On angeführt.
Hersteller von Komponenten für die Batteriefertigung siedeln sich ebenfalls an. Aktuell im Bau befindet sich ein Kathodenwerk des chinesischen Unternehmens Huayou Cobalt, in der Nähe des Audi-Standorts in Győr. Huayou ist eine der wichtigsten Lieferanten für Batterie-Rohstoffe weltweit. Nach Inbetriebnahme des ungarischen Werks 2026 wird mit einem Jahresumsatz von umgerechnet 4 Milliarden Euro gerechnet. Zeitgleich mit der Werkseröffnung von BMW und in direkter Nachbarschaft soll 2025 die Herstellung von Kathodenmaterial bei EcoPro BM anlaufen. Das südkoreanische Unternehmen investiert über 700 Millionen Euro in seine erste europäische Produktionsstätte.
Schwache Auslandsnachfrage belastet Hersteller aller Bereiche
Rund 81 Prozent der Exporte der ungarischen Automobil- und Zulieferindustrie gingen 2023 in die EU. Deutschland ist der mit Abstand wichtigste Exportmarkt. Von den in Ungarn produzierten Fahrzeugen kamen etwas mehr als ein Viertel auf den deutschen Markt, bei Kfz-Teilen inklusive elektrischer Batterien wurde sogar bis zu 47 Prozent der Produktion in Deutschland abgesetzt.
Die starke Abhängigkeit vom deutschen und europäischen Markt zeigte sich Ende 2023: Angesichts der dort schwächelnden Konjunktur, der stockenden Industrienachfrage und rückläufiger Verkaufszahlen für E-Autos gingen auch die Produktionszahlen der ungarischen Automobilindustrie zurück. Die Produktionsleistung lag im ersten Halbjahr 2024 um 6,5 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum.
Bleibt die Zukunft elektrisch?
Inzwischen deutet sich an, dass einige Autohersteller ihre Elektrifizierungsprogramme zurückschrauben und Produktionsanpassungen vornehmen. Mercedes-Benz verringerte etwa im Juli 2024 die Zahl der Schichten in der Produktion von drei auf zwei. Begründet wurde der Schritt mit Werks- und Produktionsumbauten. Ende Juli berichtete die lokale Presse allerdings davon, dass auch 100 Leiharbeiter entlassen wurden.
Auch die Nachfrage nach Batterien stockt infolge schwacher Absatzzahlen für Elektroautos. Der wertmäßige Output der ungarischen Batterieindustrie brach in den ersten sechs Monaten 2024 auf Jahresbasis um knapp 20 Prozent ein. Analysten der CRU Group erwarten, dass rund die Hälfte der in Europa angekündigten Batteriefabriken gefährdet seien. Erste Folgen sind in Ungarn bereits jetzt spürbar: Der südkoreanische Hersteller SK On entließ im Mai 2024 über 600 Leiharbeiter in seinem Batteriewerk in Iváncsa.
Vorhaben | Investitionssumme (in Mio. Euro) | Projektstand | Anmerkungen |
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BYD Werk in Szeged | keine offiziellen Angaben, wird auf 5.000 bzw. mehrere 1.000 geschätzt, soll größer sein als CATL | Fertigstellung bis 2026/2027 | Am Anfang 150.000, später 300.000 Stk. Pkw pro Jahr |
CATL Werk in Debrecen | 7.340 | Fertigstellung bis 2025 | Akkumulatorenwerk mit 100 GWh Kapazität |
BMW Werk in Debrecen | Über 1.000 | Fertigstellung bis 2025 | Vollelektrische Pkw, 150.000 Stk. pro Jahr |
Stellantis Werkserweiterung in Szentgotthárd für die Umstellung auf Elektrofahrzeuge und Erweiterung von F&E beim bereits gekauften ungarischen Start-up für selbstfahrende Technologien | 103 | Fertigstellung Werkerweiterung bis Ende 2026 | Werkserweiterung und F&E |
Dana Werkserweiterung in Győr | 100 | Fertigstellung bis Ende 2024 | Elektrische Antriebseinheiten und Teile für die Kühlung von Akkumulatoren |
Flex Werk in Zalaegerszeg | 90 | Fertigstellung bis Mitte 2025 | Batterie- und Kfz-Teile für Hybridfahrzeuge |
BC GEN Werkserweiterung in Salgótarján | 54 | Fertigstellung bis Ende 2024 | Verdreifachung der Produktionskapazitäten von Aluminium-Batterieanschlüssen |