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Branche kompakt | Ungarn | Kfz-Industrie

Markttrends

Der Absatz von Neu- und Gebrauchtwagen legt deutlich zu. E-Autos werden immer beliebter. Gefragt sind günstigere Modelle aus China.

Von Kirsten Grieß | Budapest

Ungarn gehört zu den führenden Automobilstandorten in Mittelosteuropa. Der Exportanteil der Branche lag 2023 bei knapp 91 Prozent. Die ungarische Automobilbranche treibt den Umstieg auf alternative Antriebe und Elektromobilität aktiv voran. Doch seit einigen Monaten sorgt die schwache Nachfrage auf wichtigen Exportmärkten für rückläufige Zahlen in der Automobil- und Batterieproduktion.

Neuwagennachfrage nimmt wieder Fahrt auf

Nach Jahren des Wachstums brach der ungarische Automobilmarkt mit Beginn der Coronapandemie ein. Die Verkäufe von Pkw und Nutzfahrzeugen gingen in den Folgejahren stark zurück. Im Jahr 2022 schrumpfte der Fahrzeugabsatz auf Jahresbasis um 9,9 Prozent, 2023 sank der Pkw-Verkauf um weitere 3,4 Prozent. 

Für das Jahr 2024 sehen die Zahlen besser aus: Die ungarische Wirtschaft wuchs in den ersten drei Monaten um 1,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Inflation und Zinsniveau gingen zurück, während die Reallöhne kräftig stiegen und der private Konsum anzog. Das macht sich auch beim Absatz an Neuwagen bemerkbar: Für Pkw meldete der Europäische Verband der Automobilhersteller (ACEA) für das 1. Quartal ein Plus von 7,2 Prozent. Um knapp 10 Prozent legte der Verkauf von Nutzfahrzeugen zu. Für das Gesamtjahr prognostiziert das Analysehaus BMI ein solides Wachstum der Neuwagenverkäufe von 6 Prozent auf rund 146.000 Fahrzeuge. Auch bleiben die mittelfristigen Absatzaussichten auf dem ungarischen Markt gut, die Motorisierung der Bevölkerung liegt nach wie vor unter EU-Durchschnitt. 

 

Absatz von Pkw nach Herstellern in UngarnStückzahl; Marktanteil und Veränderung in Prozent

Hersteller

Absatz

Veränderung 2023/2022

Marktanteil 2023

Toyota

14.223

7,2

13,2

Suzuki

12.167

-12,2

11,3

Skoda

10.916

57,8

10,1

Volkswagen

8.803

-14,7

8,2

Kia

6.590

-19,0

6,1

Ford

5.950

-30,1

5,5

BMW

5.224

9,6

4,9

Quelle: Datahouse 2024

 

Der Trend zum Gebrauchten ist ungebrochen

Seit 2013 wuchs der ungarische Pkw-Bestand von 3 Millionen auf zuletzt 4,2 Millionen Fahrzeuge (Stand Juni 2024). Gleichzeitig stieg das Durchschnittsalter der inländischen Pkw-Flotte von 12,5 Jahren im Jahr 2012 auf 15,8 Jahre Ende 2023. Laut Datenanbieter Datahouse lagen die Gebrauchtwagenverkäufe für die 1. Jahreshälfte 2024 auf einem Rekordhoch. Allein im Juli wechselten 81.061 Gebrauchtwagen den Besitzer, das sind fast 19 Prozent mehr als im Juli 2023. Die Liste der beliebtesten Gebrauchtwagen wird von den Modellen Opel Astra, Suzuki Swift und VW Golf angeführt. 

Die Verkäufe von E-Modellen ziehen deutlich an

Während die Nachfrage nach neuen, konventionell angetriebenen Autos zuletzt schwächelte, liegen vollelektrische Pkw (BEV) und Plug-in-Hybride in Ungarn im Trend. Die Verkäufe stiegen 2023 laut Statistiken von Datahouse auf insgesamt 11.340 Fahrzeuge, das entspricht einem Plus von 18,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. BEV-Modelle legten sogar um 20,4 Prozent zu, der Marktanteil lag 2023 bei 5,4 Prozent. Analysten von BMI rechnen für 2024 mit einer Beschleunigung der Dynamik und über 9.000 neu verkauften reinen E-Fahrzeugen. Die zunehmende Verfügbarkeit günstiger chinesischer E-Modelle treibt den Markt auf Angebotsseite zusätzlich an. 

20 %

mehr E-Autos wurden 2023 im Vergleich zum Vorjahr verkauft. 

Für einen Nachfrageschub sorgte die Einführung einer neuen Kaufprämie für Elektroautos. Im Oktober 2023 legte die Regierung ein kombiniertes Förderprogramm für den Bau von Ladestationen und den Kauf von Elektrofahrzeugen zur kommerziellen Nutzung auf. Das Programm ist mit getrennten Fördertöpfen von umgerechnet jeweils rund 76 Millionen Euro ausgestattet und wird aus dem REPowerEU-Fonds finanziert. Die maximale Förderhöhe pro Fahrzeug beträgt rund 10.000 Euro. Sofern die Mittel nicht vorzeitig ausgeschöpft werden, endet die Laufzeit im März 2025. 

Die Ausschreibung der Kaufprämie startete Anfang 2024, Mitte September lieferte das ungarische Energieministerium aktuelle Zahlen zum Programmabruf. Demnach lagen Anträge von rund 3.700 Unternehmen für etwas mehr als die Hälfte der Fördersumme vor. 

Bei den Marken lagen Modelle des chinesischen Herstellers BYD mit Abstand vorn, der sich nach dem Markteinstieg im Oktober 2023 in kürzester Zeit als zweitstärkster Anbieter im Elektrosegment etabliert hat. Da die Auszahlungssumme im September erst bei rund 2,5 Millionen Euro lag, dürften die Zahlen nochmals deutlich anziehen. 

Gleichzeitig baut Ungarn Vergünstigungen für Hybridautos ab. Bis jetzt teilten sich Halter von Elektro- und Hybridmodellen das Privileg grüner Nummernschilder und damit Steuervorteile oder kostenloses öffentliches Parken. Das wurde zum 1. September 2024 geändert. Nun gelten nur noch emissionsfreie, vollelektrische Fahrzeuge als "grün". Die Halter bereits zugelassener Hybride müssen ihre Nummernschilder bis zum 30. November 2026 gegen weiße Kennzeichen eintauschen und verlieren die gewohnten Vergünstigungen. 

Mehr grüne Busse für Ungarns Straßen

In Ungarn steigt die Zahl der umweltfreundlichen Busse dank des 2020 gestarteten Regierungsprogramms "Grüner Bus". Im April 2024 hat der staatliche Busbetreiber Volánbusz 15 weitere vollelektrische Busse für den Stadtverkehr ausgeschrieben. Volánbusz verfügt bereits über 102 Elektrobusse, die fast alle im Rahmen des Förderprogramms angeschafft wurden. Das Programm hat eine Laufzeit von zehn Jahren und ein Volumen von umgerechnet rund 100 Millionen Euro. Unabhängig davon gaben die Budapester Verkehrsbetriebe (BKK) Anfang Oktober bekannt, dass ab Frühjahr 2026 rund 70 vollelektrische BYD-Busse die Flotte erweitern werden. 

Testzentrum für autonomes Fahren wird erweitert 

Ein Vorzeigeprojekt der ungarischen Regierung ist "ZalaZone", eine Teststrecke für autonomes Fahren im westungarischen Zalaegerszeg. Das staatlich finanzierte Projekt wurde 2023 fertiggestellt. Fernziel ist, neben der eigentlichen Teststrecke ein Technologiecluster für die Entwicklung und Nutzung selbstfahrender elektrisch angetriebener Fahrzeuge anzusiedeln. Das Gelände umfasst einen angeschlossenen Werkstatttrakt und Büro-Werkstatt-Einheiten, die von Automobilherstellern und Zulieferern gemietet werden können. Derzeit wird das Areal um rund 1.400 Quadratmeter erweitert. Ein Forschungs- und Entwicklungszentrum von Bosch steht kurz vor der Fertigstellung und soll künftig 250 Ingenieure beschäftigen. 

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