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Rechtsbericht | Brasilien | Telemedizin

Brasilien schafft gesetzlichen Rahmen für Einsatz von Telemedizin

Nach der Pandemie hat Brasilien mehrere Gesetze erlassen, die den Einsatz von Telemedizin klären. Die Regulierung schafft einen verlässlichen Rahmen für innovative Lösungen.

Von Thamires Pandolfi Cappello, Gerrit Glass | São Paulo

Wie in vielen Ländern hat die Coronapandemie auch in Brasilien die Entwicklung und Akzeptanz der Telemedizin erhöht. Zwar wird ihr Einsatz schon seit über 20 Jahren diskutiert. Regulatorische Lücken ließen aber wichtige Fragen hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit der Anwendung offen.

In den vergangenen Jahren erlassene Vorschriften bieten Unternehmen und Fachleuten nun eine größere rechtliche und regulatorische Sicherheit, und eröffnen neue Möglichkeiten für Investitionen. Schon jetzt zeigt sich ein deutlicher Anstieg der Zahl der Initiativen in- und ausländischer Unternehmen im Bereich der Gesundheitstechnologie.

Bundesrat der Medizin definiert Einsatzfeld von Telemedizin 

So veröffentlichte der Bundesrat der Medizin (CFM, Conselho Federal de Medicina) am 20. April 2022 die Resolution CFM Nr. 2.314, die eine umfassende und tiefgreifende Regulierung der Telemedizin festlegt und ihre Anwendung in folgenden Bereichen zulässt:

  • Telekonsultation ("teleconsulta", "teleinterconsulta")
  • Telediagnose ("telediagnóstico")
  • Telechirurgie ("telecirurgia")
  • Tele- bzw. Fernüberwachung ("telemonitoramento" oder "telegivilância")
  • Telescreening ("teletiragem")
  • Teleberatung ("teleconsultoria")

Die neue Regelung definiert Telemedizin als die Praxis der Medizin, die durch digitale Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) vermittelt wird. Ziel des Einsatzes sind Unterstützung, Bildung, Forschung, die Prävention von Krankheiten sowie Gesundheitsmanagement und -förderung. Mit dieser breiten Fassung der Telemedizin öffnet sich ein großer Markt, der synchrone Anwendungen wie Videocalls oder Telefonate ebenso umfasst wie asynchrone, das heißt zeitversetzte. Hierunter fallen zum Beispiel elektronisch zugeschickte Fragebögen, anhand derer der Arzt eine Diagnose erstellt. Dabei ist der Arzt für die Wahl der Modalität verantwortlich.

Gleichzeitig wurden einige wichtige Vorbedingungen für den Einsatz von Telemedizin festgelegt. Hierzu zählen:

  • die Notwendigkeit, die informierte Zustimmung der Patienten zu sichern; der Patient muss über alle Vorteile und Einschränkungen der Fernbetreuung informiert werden und hat das Recht, einen persönlichen Termin zu vereinbaren;
  • Maßnahmen in Bezug auf die Sicherheit von Daten, Krankenakten und die Ausstellung und Speicherung von Rezepten.

Mit der überarbeiteten Version des Datenschutzgesetzes und den Regelungen hinsichtlich der elektronischen Patientenakte hat der Gesetzgeber in den vergangenen Jahren weitere Grundlagen geschaffen, die die Rechtssicherheit im Gesundheitswesen erhöhen.

Gesetzgeber reguliert Rahmen für Einsatz von Telemedizin

Mit dem Gesetz Nr. 14.510 hat Brasilien im Dezember 2022 ein weiteres wichtiges Gesetz erlassen, um die Praxis der Telemedizin zu regeln, einschließlich des Einsatzes im gesamten Bereich der Gesundheit, insbesondere im Einheitlichen öffentlichen Gesundheitssystem (Sistema Único de Saúde, SUS).

Der in dem Gesetz formulierte Begriff "Telegesundheit" ("telesaúde") umfasst ein breiteres Konzept als Telemedizin, da er alle Gesundheitsfachkräfte einschließt, darunter neben Medizinern auch die Bereiche Pflege, Pharmazie, Physiotherapie, Psychologie und Sozialhilfe. Mit dem Gesetz Nr. 14.510 wurde die Telemedizin offiziell im Land eingeführt. Jede Berufsgruppe wird in Zukunft in der Lage sein, die Details für ihren Bereich selbst zu regulieren. Folgende Rechtsgrundsätze müssen dabei aber eingehalten werden:

  • Autonomie des Gesundheitsfachmanns;
  • freie und informierte Zustimmung des Patienten;
  • Recht auf Ablehnung der Telemedizin und garantierte persönliche medizinische Betreuung;
  • Würde und Wertschätzung des Gesundheitsfachmanns;
  • sichere und qualitativ hochwertige Unterstützung für den Patienten;
  • Datensicherheit;
  • Förderung des Zugangs zu gesundheitsbezogenen Maßnahmen und Dienstleistungen in strikter Einhaltung der gesetzlichen Zuständigkeiten jedes Berufs und der digitalen Verantwortlichkeit.

Regelungen für Einsatz von Software

Mit dem verstärkten Einsatz von Telemedizin und Telegesundheit rücken auch weitere Bereiche der Technologie in den Fokus. Hierzu zählen Software, digitale Plattformen und künstliche Intelligenz. Unternehmen haben erste Projekte gestartet, die Telemedizin, Gesundheitssoftware und künstliche Intelligenz verbinden.

Insbesondere dieser Bereich, der in Brasilien noch wenig erforscht ist, zeigt ein vielversprechendes Potenzial. In diesem Zusammenhang hat die Gesundheitsbehörde ANVISA 2022 einen neuen Regulierungsrahmen für Software als Medizinprodukt genehmigt (ANVISA RDC Nr. 657/2022).

Fehlende Regulierung bremste Anwendung von Telemedizin bislang

Der Einsatz von Telemedizin wird in Brasilien schon seit längerer Zeit diskutiert. Der CFM erließ 2002 erstmals eine Verordnung zu dem Thema. Die Resolution CFM 1.643 hatte allerdings keine Gesetzeskraft, sondern war nur ethischer Natur. Sie formulierte Leitlinien für die Praxis der Telemedizin, so dass Ärzte in Notfällen Rezepte ohne physische Untersuchung ausstellen durften, war hinsichtlich ihrer Anwendung aber umstritten.

Im Laufe der Jahre wurden einige Stellungnahmen des CFM veröffentlicht, die darauf abzielten, die bestehenden Lücken zu füllen, doch brachten sie keine abschließende Regelung. Das Aufkommen der COVID-19-Pandemie erforderte eine Anpassung der medizinischen Versorgung. Die Angelegenheit wurde zur Priorität des Gesundheitsministeriums. Als Ergebnis der Pandemie wurde das Gesetz Nr. 13.989/2020 erlassen, das die vorübergehende Zulassung der Telemedizin ermöglichte, aber immer noch einige Verbote enthielt. Nach dem Ende des öffentlichen Notstands wurde das Gesetz unwirksam, was den Gesetzgeber und den CFM ermutigte, die Vorschriften tatsächlich zu aktualisieren und an die globale Realität anzupassen.

Information zu den Gastautoren: Thamires Pandolfi Cappello ist Anwältin mit Spezialisierung auf medizinisches und regulatorisches Gesundheitsrecht. Gerrit Glass ist deutscher Start-up-Gründer und Investor in Brasilien in den Bereichen Gesundheitswesen und Finanzdienstleistungen.

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