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Branche kompakt | Brasilien | Pharma, Biotechnologie

Brasiliens Arzneimittelmarkt verspricht kräftiges Wachstum

Mit der Marktdurchdringung von Generika und Biosimilars gewinnen brasilianische Pharmakonzerne an Bedeutung.

Von Gloria Rose | São Paulo

  • Marktentwicklungen und -trends

    Der Einzelhandel verzeichnet zweistellige Umsatzsteigerungen. Unter der Regierung Lula dürften auch die öffentlichen Ausgaben wieder zulegen.

    Hervorragende Aussichten

    Das Marktforschungsinstitut IQVIA hat in einer weltweiten Studie festgestellt, dass Lateinamerika zu den Regionen gehört, die in den kommenden fünf Jahren das stärkste Marktwachstum aufweisen werden. Brasilien ist aufgrund seiner schnell alternden Bevölkerung und der Marktgröße einer der bedeutendsten Wachstumstreiber. Durch den globalen Trend zur Diversifizierung von Lieferketten eröffnen sich neue Chancen für deutsche Unternehmen. Schließlich importiert die lokale Pharmaindustrie etwa 95 Prozent der Wirkstoffe, hauptsächlich aus China und Indien.

    Zweistellige Umsatzsteigerung ist die Regel

    Nach einem Einbruch in der Coronakrise erholte sich der Verkauf im Jahr 2021 und steigt seitdem wieder an. IQVIA berechnete im Auftrag des brasilianischen Branchenverbands Sindusfarma für das Jahr 2022 einen Einzelhandelsumsatz von 33,1 Milliarden US-Dollar (US$) - 23 Prozent mehr als im Vorjahr. In der Landeswährung Real (R$) entspricht dies einem Wachstum von etwa 18 Prozent. Das Marktforschungsinstitut erwartet für die kommenden fünf Jahre Umsatzsteigerungen in Höhe von 9 bis 12 Prozent. Die intensivsten Wachstumsimpulse prognostiziert IQVIA für den Einzelhandel.

    Laut IQVIA ist Brasilien der achtgrößte Markt weltweit, hinter den USA, China, Japan, Deutschland, Frankreich, dem Vereinigten Königreich und Italien. Die wachsende und rasch alternde Bevölkerung und die Zunahme chronischer Krankheiten führen zu einem weiterhin stark steigenden Medikamentenbedarf. Demnach dürfte das Land innerhalb der kommenden fünf Jahre auf den sechsten Rang aufsteigen.

    Staatliche Nachfrage nimmt wieder deutlich zu

    Seit dem Jahr 2018 stiegen die staatlichen Ausgaben für Medikamente kräftig an. Ohne eine Berücksichtigung der Impfstoffe lässt sich jedoch ein leichter Rückgang feststellen. Im vergangenen Jahr kürzte die Regierung das Budget für den kostenfreien oder vergünstigten Vertrieb von Arzneimitteln drastisch. Unter Präsident Lula soll dem Programm Farmácia Popular für 2023 jedoch nun ein Rekordwert von nahezu 600 Millionen US$ zur Verfügung stehen.

    Generikatrend setzt sich fort

    Eine Entscheidung des obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 2021 verkürzte die Patentfrist und stimuliert das Angebot. Aufgrund der geringeren Kaufkraft und der steigenden Medikamentenpreise werden Generika immer häufiger bevorzugt. Dadurch sieht sich der Branchenverband PróGenéricos darin bestätigt, dass sich der Siegeszug der Nachahmerpräparate fortsetzen wird. Mengenmäßig machen Generika bislang nur 36 Prozent des Medikamentenverkaufs aus. In ausgereiften Märkten wie den USA und Deutschland sind es etwa 60 Prozent.

    Die Nachfrage nach rezeptfreien Medikamenten (Over-the-Counter; OTC) wächst deutlich stärker als der Verkauf von verschreibungspflichtigen Medikamenten (Rx), deren Verpackungen mit einem roten Streifen beziehungsweise einem schwarzen Streifen für kontrollierte Substanzen gekennzeichnet sind. Je nach Bedarf aktualisiert die brasilianische Gesundheitsaufsicht Anvisa die Liste der rezeptfreien Arzneimittel.

    Laut der Marktstudie Outlook 2022 des Marktforschungsinstituts Close-Up wuchs das OTC-Segment im Jahr 2022 um 30 Prozent. Überraschenderweise legte der Einzelhandelsumsatz mit Originalpräparaten doppelt so stark zu wie verschreibungspflichtige Biosimilars und Generika, die jeweils 8 Prozent mehr erwirtschafteten als im Vorjahr. Die Zahl der Verkäufe von Nicht-Medikamenten wie Kosmetika oder Vitaminen stieg um 7 Prozent. 

     

    Biopharmazeutika starten durch

    Der hohe Bedarf an Impfstoff in der Coronakrise führte zu mehr Investitionen. Sowohl das Institut Bio-Manguinhos der Stiftung Fundação Oswaldo Cruz (Fiocruz) im Bundesstaat Rio de Janeiro als auch das Institut Butantan der gleichnamigen Stiftung in São Paulo erweitern ihre Struktur. Bio-Manguinhos investiert über 600 Millionen US$ in den größten Biotechnologie-Komplex Lateinamerikas, Complexo Industrial de Biotecnologia em Saúde (CIBS). Butantan erhielt Ende 2022 die Finanzierungszusage der Interamerikanischen Entwicklungsbank IDB. Innerhalb der kommenden fünf Jahre entstehen zwei neue Fabriken, die die Produktionskapazität von Butantan verdreifachen. Das Projekt soll die Versorgung der lateinamerikanischen Nachbarn, aber auch afrikanischer Staaten sichern.

    Noch in den Kinderschuhen wächst der Markt für Biopharmazeutika überdurchschnittlich stark. Seit der Markteinführung des allerersten Medikaments im Jahr 2016, ließ Anvisa bisher 37 Biosimilars in 11 verschiedenen Wirkstoffgruppen zu. Über Produktionspartnerschaften übernehmen Bio-Manguinhos und auch das Institut Butantan die Produktion von Biosimilars für die öffentliche Gesundheitsversorgung. Dabei dient das Programm Parcerias para o Desenvolvimento Produtivo (PDP) als wesentliches Förderinstrument für den Technologietransfer und den Aufbau der nationalen Biotechnologieproduktion. Im vergangenen Jahr schlossen die deutschen Hersteller Boehringer Ingelheim und Fresenius Kabi neue Verträge mit Bio-Manguinhos ab.

    Ausgewählte Investitionsprojekte in der Pharmaindustrie in Brasilien (Investitionssumme in Millionen US-Dollar)

    Akteur/Projekt

    Investitionssumme 1)

    Projektstand

    Produktionskomplex für Vakzine und Biopharmazeutika/Fiocruz

    969

    Ankündigung im August 2021

    Neue Arzneimittelfabrik in Montes Claros (Minas Gerais), die sich auf die Herstellung von Antibiotika konzentriert/Eurofarma

    349

    Inbetriebnahme für 2024 geplant (1 Phase)

    Zwei neue Fabriken zur Produktion von Impfstoffen

    194

    Inbetriebnahme für 2027 geplant

    Neue Arzneimittelfabrik in Pernambuco/Blau Farmacêutica

    194

    Inbetriebnahme für 3. Quartal 2023 geplant 

    Neue Arzneimittelfabrik in Montes Claros (Minas Gerais)/Laboratório Cristália

    58

    Inbetriebnahme für 2023 geplant

    Modernisierung des Werks in Aguaí (São Paulo), Erweiterung der Struktur der Einheit in Valinhos (São Paulo) und Bau eines neuen Distributionszentrums in Poços de Caldas (Minas Gerais)/Myralis

    17

    Ankündigung im August 2022

    Neue Arzneimittelfabrik in Arapongas (Paraná)/Onofre

    15

    Inbetriebnahme für 2025 geplant

    1 umgerechnet über den 2022 Durchschnittswechselkurs: 1 US$ = 5,16 R$.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest


    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Lokale Branchenstruktur

    Brasilianische Pharmakonzerne expandieren, halten sich in der Forschung jedoch weiter zurück.

    Brasiliens Pharmaindustrie setzt sich aus 341 Herstellern zusammen, ermittelte das Marktforschungsinstitut IQVIA für den Branchenverband Sindusfarma. Zu zwei Dritteln handelt es sich um nationale Hersteller, die den Markt über Generika und zunehmend auch über Biosimilars bedienen. So erklärt sich, dass die 231 brasilianischen Hersteller im Jahr 2021 zwar 80 Prozent der gesamten Absatzmenge lieferten, aber nur 60 Prozent des Branchenumsatzes erwirtschaften.

    Der Verband Associação Brasileira das Indústrias de Medicamentos Genéricos e Biossimilares (PróGenéricos) gibt an, dass in Brasilien 97 Generika-Hersteller über 2.335 Arzneimittelzulassungen verfügen und mehr als 4.600 Produkte anbieten. Die 15 Biosimilars-Produzenten verfügten über 52 Zulassungen und 79 Produkte.

    Unter den zwanzig umsatzstärksten Pharmaanbietern in Brasilien finden sich fünf ausländische Hersteller: Sanofi, Sandoz, Novo Nordisk, Novartis und Nestlé Health Science. Zu den zwanzig Herstellern mit dem höchsten Medikamentenabsatz zählen nur drei multinationale Konzerne: Sanofi, Merck und Sandoz.

    Führende Pharmaunternehmen in Brasilien (Umsatz in Millionen US-Dollar, Einheiten in Tausend, Veränderung in Prozent)

    Unternehmen

    Umsatz 2021

    Verkauf in Einheiten

    Veränderung

    EMS

    1.892

    357,4

    4,2

    Eurofarma

    1.799

    230,7

    6,9

    Cimed

    1.224

    371,2

    1,5

    Aché

    1.187

    203,2

    10,5

    Neo Química

    1.131

    416,9

    6,4

    Sanofi

    723

    167,5

    2,9

    Medley

    705

    173,0

    -3,3

    Sandoz

    593

    71,8

    -1,5

    Teuto

    556

    193,2

    5,6

    Novo Nordisk

    556

    k.A.

    k.A.

    Umgerechnet über den Durchschnittswechselkurs: 1 US$ = 5,39 R$. Quelle: IQVIA 2022

    Erste Maßnahmen zur Minderung der hohen Importabhängigkeit

    Obwohl Brasilien zu den Top-Ten-Märkten weltweit gehört und zwei Drittel der Arzneimittel vor Ort produziert werden, importieren die Hersteller rund 95 Prozent aller zugrundeliegenden Wirkstoffe. Drei Viertel der Einfuhren stammen aus China und Indien. Laut dem Verband der Wirkstoffproduzenten Abiquifi werden lediglich 124 pharmazeutische Wirkstoffe vor Ort produziert. Davon erhalten nur 15 Förderung durch öffentlich-private Produktionspartnerschaften. Der größte Produzent Lateinamerikas ist Nortec Química mit einem Portfolio von über 50 Wirkstoffen.

    Das Außenhandelsdefizit des Sektors hat sich in der Coronakrise nahezu verdoppelt und erreichte im Jahr 2021 die Marke von 10 Milliarden US$. Lieferengpässe gefährdeten zwischenzeitig sogar die Versorgung. Im vergangenen Jahr lag das Defizit immerhin noch bei 8,8 Milliarden US$. Die hohe Importabhängigkeit rückte ins Augenmerk der Politik. Die Regierung erließ den Zoll auf einige Wirk- und Impfstoffe, um Preissteigerungen entgegenzuwirken. Zukünftig sollen lokal produzierte Wirkstoffe in den Verfahren der Gesundheitsaufsicht Anvisa bevorzugt behandelt werden. Diesen Investitionsanreiz legt der Gesetzesvorschlag PL 4209/2019 fest, der kurz vor der Verabschiedung steht. Darüber hinaus nimmt sich der Vorschlag PL 1505/2022 die Stimulierung von Produktionspartnerschaften vor.

    Zur schnellen Versorgung mit Impfstoffen gegen das Coronavirus setzte das Land auf Technologietransfer. Das Institut Butantan ging eine Partnerschaft mit dem chinesischen Konzern Sinovac ein. Eine ähnliche Partnerschaft schloss die Stiftung Fundação Oswaldo Cruz (Fiocruz) mit AstraZeneca. Darauf aufbauend setzte in der Wirkstoffproduktion ein erster Investitionszyklus ein.

    Nationale Hersteller übernehmen die Produktion

    Das hochkomplexe Steuersystem und die hohe Steuerlast sei eines der Hauptmotive für den Rückzug ausländischer Konzerne, meint der Geschäftsführer von União Química Fernando de Castro Marques. Derzeit heben die brasilianischen Bundesstaaten die Umsatzsteuer auf Arzneimittel deutlich an und beeinträchtigen den Markt dadurch zusätzlich. Für multinationale Konzerne lohnt sich die Produktion in Brasilien immer weniger.

    Im Zuge der globalen Konsolidierung des Sektors übernehmen damit die brasilianischen Hersteller die Produktion vor Ort - in der Regel durch die Übernahme von Portfolios oder über langfristige Partnerschaften mit multinationalen Konzernen. Besonders intensiv investieren die Marktführer Hypera Pharma (Neo Química, Medley, Mantecorp), EMS der Gruppe NC und Eurofarma aber auch Blau, Blanver und Cristália.

    Im dritten Quartal 2022 ging Blau Farmacêutica eine Kooperation mit Similis Bio der japanischen Gruppe JSR Life Sciences ein. Eurofarma wiederum beschloss einen Technologietransfer mit der südkoreanischen Hersteller HK inno.N. União Química produziert seit der Übernahme der Arzneimittelfabrik in Cancioneiro (São Paulo) als Contract Manufacturing Organization (CMO) für Bayer und etabliert sich damit als größter Vertragshersteller Brasiliens.

    In der Pharmaindustrie konzentrieren sich die Investitionen auf Minas Gerais, mittlerweile zweitwichtigster Produktionsstandort nach São Paulo und vor Rio de Janeiro, Goiás und Paraná. Auch ausländische Unternehmen wie der indische Pharmakonzern ACG und der dänische Hersteller Novo Nordisk investierten zuletzt hier. Der Bundesstaat fördert den Biotechnologiesektor über die Stiftung Biominas.

    Bei Innovation hakt es

    Niedrigere Gewinnmargen im hart umkämpften Generikamarkt motivieren die nationalen Hersteller zur Forschung und Entwicklung. Libbs, Eurofarma, Aché und andere greifen dabei auch auf das agile Start-Up-Ökosystem zurück. Die 13 Laboratorien, die über den Verband Grupo FarmaBrasil zusammengeschlossen sind, steigerten ihre Investitionsausgaben im Jahr 2021 auf über 185 Millionen US$.
    Neben den Großkonzernen Hypera Pharma, EMS der Gruppe NC und Eurofarma investieren auch Blau, Cristália, Biolab, Prati-Donaduzzi und Aché in F&E. Brasilianische Pharmaunternehmen, die in die Entwicklung und Produktion von Biopharmazeutika investieren, sind Biomm, Libbs, Cristália, Recepta und BioNovis, ein Joint Venture der Laboratorien Aché, EMS, Hypera Pharma und União Química.

    Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung steigen, sind jedoch im internationalen Vergleich noch sehr gering. Vereinzelte Projekte erhalten Fördergelder über den Forschungsfonds Fundo Setorial de Biotecnologia do Fundo Nacional de Desenvolvimento Científico e Tecnológico (FNDCT), der brasilianischen Agentur für industrielle Forschung und Innovation Empresa Brasileira de Pesquisa e Inovação Industrial (EMBRAPII) und anderer Einrichtungen.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Rahmenbedingungen

    Für das Jahr 2023 werden außergewöhnlich hohe Preissteigerungen erwartet.

    Brasiliens Pharmaindustrie erzielt rund 60 Prozent des Umsatzes im Einzelhandel über Apotheken und den deutlich wachsenden E-Commerce, der heute etwa 8 Prozent des Marktes ausmacht. Etwa ein Viertel der Verkäufe geht auf die Rechnung des öffentlichen Gesundheitswesens Sistéma Único de Saúde (SUS) und die restlichen 15 Prozent an private und gemeinnützige Gesundheitseinrichtungen.

    Arzneimittel werden deutlich teurer  

    Wie üblich dürfte die Regulierungsbehörde des Pharmamarktes Câmara de Regulação do Mercado de Medicamentos (CMED) zum 01. April 2023 die Preisobergrenzen für Medikamente anheben. CMED stuft Arzneimittel in drei Kategorien ein. Je nach Kategorie bestehen Preisobergrenzen für den Groß- und Einzelhandel (Medicamentos monitorados), nur für den Einzelhandel (Medicamento liberados de fábrica) oder gar keine Preisobergrenzen (Medicamentos liberados). Die Höhe der Anpassung orientiert sich unter anderem an der Steigerung des Verbraucherpreisindex IPCA. In der Coronakrise lagen die Preisanpassungen jedoch deutlich unter den Kostensteigerungen, die die Industrie insbesondere infolge der hohen Importabhängigkeit und der starken Abwertung des brasilianischen Real hinnehmen musste. Dies senkte die Gewinnmargen drastisch ab und führte in einigen Fällen dazu, dass die Industrie die Produktion einstellte. Daraufhin setzte CMED die Preisgrenzen im Jahr 2022 für die betroffenen Medikamente vorübergehend aus. 

    In diesem Jahr werden die Arzneimittelpreise nicht nur über die Anpassungen der Preisobergrenzen in die Höhe getrieben. Von 26 Bundesstaaten heben 15 die Umsatzsteuersätze auf Medikamente im Laufe des 1. Halbjahres 2023 deutlich an. Der Bundesstaat São Paulo verschob die Steuererhöhung zweimal - zuletzt auf den 1. März 2023. Durch den Kaskadeneffekt dürfte die Erhöhung der Umsatzsteuer auf Generika von derzeit 12 Prozent auf 13,3 Prozent die Generikapreise in den Apotheken um 3 Prozent bis 5 Prozent steigern, berechnete PróGenéricos. Auch weitere Herstellerverbände sprechen sich gegen die Steuererhöhungen aus.

    Vertrieb an das staatliche und private Gesundheitswesen

    Für die Ausstattung des öffentlichen Gesundheitssystems Sistema Único de Saúde (SUS) verhandelt der Staat entweder direkt mit den Pharmaherstellern, beispielsweise über die bereits erwähnten Produktionspartnerschaften (PDP), oder erwirbt Arzneimittel über öffentliche Ausschreibungen. Der zentralisierte Medikamenteneinkauf über das Gesundheitsministerium garantiert die höchsten Preisabschläge, funktioniert aber nicht in jedem Falle. Vielfach schreiben auch die Bundesstaaten oder die Gemeinden ihren Medikamentenbedarf aus. 

    Brasilien hat kontinentale Ausmaße und ist der weltweit einzige Staat mit über 100 Millionen Einwohnern, der allen Bürgern eine kostenfreie Gesundheitsversorgung bietet. Die Lebensbedingungen in den 5.570 Städte und Gemeinden und auch die Erkrankungen variieren stark. Entsprechend groß ist die Herausforderung eine gleichwertige Versorgung zu bieten.

    Im Gegensatz zum Staat kann das parallel existierende private Krankenversicherungssystem keine Verhandlungsmacht beim Arzneimittelkauf geltend machen, da die Versicherer selbst keine Medikamente handeln dürfen. Derzeit sind 50,5 Millionen Brasilianer bei einer der rund 700 Gesellschaften versichert. Direkt bezahlt werden Medikamente nur im Falle einer stationären Behandlung. Apothekenketten gewähren den privat Versicherten Ermäßigungen, die sie mit den Versicherern und der Industrie aushandeln. Dadurch unterscheiden sich die Preise für den Endverbraucher oft immens.

    Gesundheitsaufsicht will Warteschlangen abbauen

    Brasiliens Gesundheitsaufsicht will die Wartezeiten bei der Marktzulassung von Medikamenten zurückfahren. In der Coronakrise bildeten sich erneut lange Schlangen. Mitte 2022 zählte Anvisa über 500 Anträge - davon wartete etwa die Hälfte bereits mehr als ein Jahr auf die Zulassung. Laut Anvisa-Vorschrift muss der Preis eines Arzneimittels wenigstens 35 Prozent unter dem des Originalpräparats liegen, um als Generikum zugelassen zu werden.

    Zuständige nationale Stellen

    Rückverfolgbarkeit und Fälschungssicherheit bei Medikamenten

    Bis Ende April 2022 sollten eigentlich alle Arzneimittel serialisiert sein und über ein Track-and-Trace-System entlang der gesamten Lieferkette zurückverfolgt werden. Doch das Gesetz 14.338/2022 vom 11. Mai 2022, das digitale Gebrauchsanweisungen einführte, stoppte auch die Einführung des Sistema Nacional de Controle de Medicamentos (SNCM). Die Rückverfolgbarkeit und Fälschungssicherheit bei Medikamenten liegt nun in der Verantwortung der einzelnen Laboratorien.

    Die wichtigsten neuen Regelungen zum Arzneimittelmarkt in Brasilien bietet das Pharma Update Brasilien, der kostenlose Newsletterservice der Exportinitiative Gesundheitswirtschaft.

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Brasilien

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Exportinitiative Gesundheitswirtschaft

    Die Exportinitiative bündelt Unterstützungsangebote für die Internationalisierung der Gesundheitswirtschaft

    Ministério da Saúde

    Brasilianisches Gesundheitsministerium

    Agência Nacional de Vigilância Sanitária

    Nationale Gesundheitsaufsichtsbehörde

    Sindicato da Indústria de Produtos Farmacêuticos no Estado de São Paulo (Sindusfarma)

    Branchenverband für Pharmaprodukte

    Associação Brasileira das Indústrias de Medicamentos Genéricos (PróGenéricos)

    Branchenverband der Generika-Laboratorien

    Associação Brasileira da Indústria de Química Fina, Biotecnologia e suas Especialidades (Abifina)

    Verband für Spezialchemie und Biotechnologie

    Associação Brasileira da Indústria Farmoquímica (Abiquifi)

    Industrieverband für Pharmachemie und Wirkstoffe

    Associação da Indústria Farmacêutica de Pesquisa (INTERFARMA) 

    Verband der Pharmaindustrie und -forschung

    Associação Brasileira de Distribuição e Logística de Produtos Farmacêuticos (Abradilan)

    Verband für Vertrieb und Logistik von Pharmazeutika

    FCE Pharma

    Fachmesse, 13.-15. Juni 2023, São Paulo Expo

    Abradilan Conexão Farma

    Fachmesse, 14.-16. März 2023, São Paulo Expo Center Norte

    Panorama Farmacêutico

    Internetportal zur Branche

    Biológicos Brasil

    Portal über Biopharmazeutika

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