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Warum künftig weniger deutsche Autos auf Chiles Straßen fahren
Der Anteil deutscher Autos in Chile war nie groß, ist aber seit Jahren stabil. Dies könnte sich in Zukunft ändern. Denn die Konkurrenz aus China und den USA schläft nicht.
18.02.2025
Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile
Chile ist kein Produktionsstandort für Automobile. Alle Autos auf den Straßen des Andenstaats sind importiert. Mit Abstand wichtigstes Herkunftsland ist seit 2018 China, das Südkorea abgelöst hat. Satte 40 Prozent der verkauften Neuwagen in Chile waren 2024 "made in China“, gefolgt von Indien (10 Prozent) und Japan (7 Prozent), so die Statistik des chilenischen Automobilverbands Asociación Nacional Automotriz (ANAC). "Made in Germany" findet sich nicht unter den Top-10. Bei den Angaben handelt es sich ausschließlich um Neuwagen, denn der Import gebrauchter Kraftfahrzeuge nach Chile ist verboten.
Herkunftsland | Anteile |
---|---|
China | 40 |
Indien | 10 |
Japan | 7 |
Brasilien | 7 |
Südkorea | 6 |
Argentinien | 5 |
Frankreich | 4 |
Andere | 20 |
China mit Abstand wichtigster Lieferant
Den großen Erfolg der chinesischen Marken trübt auch die Tatsache nicht, dass von den rund 120.000 aus China importierten Autos "nur“ etwa 90.000 Stück tatsächlich chinesisch waren. Die übrigen 30.000 verteilten sich auf verschiedene ausländische Hersteller, die in China fertigen, wie Chevrolet, Kia, BMW, Mini, Volvo und Tesla. Sie profitieren nicht zuletzt vom Freihandelsabkommen zwischen China und Chile. Im Übrigen stecken hinter den Importen aus Indien, so der Verband, auch keine indischen Firmen, sondern Suzuki und Hyundai.
Vor diesem Hintergrund lohnt sich ein Blick auf die Herkunft der Marken der in Chile verkauften Wagen. Danach haben sich chinesische Autobauer innerhalb einer Dekade (2014 bis 2024) von einem Marktanteil von 11 auf 30 Prozent an die erste Stelle katapultiert und dabei japanische Hersteller vom 1. Platz verdrängt. Die großen Verlierer waren die USA und Südkorea, während deutsche Hersteller in ihrer Luxusauto-Nische mit 5 Prozent bislang unangetastet blieben.
"Made in Germany" gerät ins Hintertreffen
Doch auch für sie droht die Luft dünner zu werden. Denn die Qualität der chinesischen Autobauer hat sich über die letzten Jahre deutlich verbessert. Zwar liegt ihre Stärke nach wie vor bei preiswerten Einstiegsmodellen, aber zunehmend stoßen sie in hochpreisige Segmente vor. Hinzu kommt, dass deutsche Anbieter im zwar noch sehr kleinen, aber rasant wachsenden Markt für Elektromobilität nur mit sehr wenigen und überaus teuren Modellen vertreten sind.
Letztes Jahr habe es überhaupt kein europäisches Modell gegeben, das auch nur im Ansatz konkurrenzfähig gewesen sei. Jetzt gebe es immerhin einen Renault auf dem Markt, so der potenzielle Kunde. Doch was fehle, sei "so etwas wie ein bezahlbarer Volkswagen als E-Modell".
Tatsächlich hat Deutschland bei Bussen bereits drastisch gegenüber der chinesischen Konkurrenz eingebüßt: Die Marktanteile deutscher Hersteller stürzten zwischen 2014 und 2024 von 49 auf 24 Prozent ab. Ob das im Rahmen von Global Gateway geplante Vorhaben, 2025 einen mit grünem Wasserstoff (oder Strom) betriebenen Vorzeigebus deutscher Provenienz nach Chile zu bringen, das Blatt wenden kann, muss sich erst zeigen. Noch unangefochten ist der Bereich große Lastkraftwagen. Hier sind weiterhin deutsche und europäische Hersteller wie Mercedes-Benz, Volvo, Volkswagen und Scania führend.
Das macht chinesische Pkw-Hersteller erfolgreich
Die Chinesen punkten in erster Linie mit ihrem breiten Angebot: Abgesehen davon, dass die chilenischen Kunden und Kundinnen 38 verschiedene Marken zur Auswahl haben, erstreckt es sich über alle Kategorien - von Limousinen, SUV, Pick-ups bis hin zu kleinen und größeren Gewerbefahrzeugen.
Fast könnte man sagen, die Chinesen "fluten" den Markt mit neuen Namen. Ganze neun Marken kamen 2024 neu nach Chile, davon - abgesehen von Tesla aus den USA - ausschließlich chinesische: Omoda, Jaecoo, Jim, Livan, Riddara, Lanking, Lynk&Co sowie Nammi. Hinzu kommen interessantes Zusatzequipment etwa im Entertainment-Bereich sowie Präsenz im noch sehr kleinen, aber rasant wachsenden Nischenmarkt der Elektrofahrzeuge.
Chiles Automarkt klein, aber hart umkämpft
Im Jahr 2024 wurden in Chile gut 302.000 Autos und Kleintransporter (Kategorie "vehículos livianos y medianos") verkauft. Das waren 3,7 Prozent weniger als im Vorjahr. Den Rückgang führt der chilenische Automobilverband in erster Linie auf die generell schwache Wirtschaftslage zurück.
Gegen den Trend wuchs der Absatz in folgenden Kategorien:
- SUV: +2,6 Prozent auf 147.434 verkaufte Neuwagen
- Elektromobile: +183 Prozent auf rund 4.500 Einheiten
- Hybridfahrzeuge: +119 Prozent; 1.100 Stück
Die Elektromobilität profitiert von einer zunehmenden Standardisierung und dem Ausbau der Ladestationen, welcher in Chile aber nach wie vor eher rudimentär ist. Aufgrund der Ende 2024 wieder anziehenden Nachfrage blickt der Verband verhalten optimistisch auf 2025 und geht von etwa 310.000 verkauften Neuwagen aus (+2,5 Prozent zu 2024). Etwa 3,5 Prozent davon sollten E- oder Hybridfahrzeuge sein - das wären fast 11.000 Stück.
Damit ist der chilenische Automobilmarkt zwar vergleichsweise klein. Dennoch konkurrieren derzeit rund 80 Marken um die Gunst der Käufer. Vor diesem Hintergrund können sich die Japaner nach wie vor darüber freuen, mit Toyota die meistverkaufte Marke im Land positioniert zu haben. Tatsächlich finden sich unter den zehn meistverkauften Marken drei japanische, zwei US-amerikanische, zwei chinesische und eine französische. Sie vereinigen rund 57 Prozent aller verkauften Fahrzeuge auf sich. Eine deutsche ist nicht dabei.
Zwei Faktoren sind in Chile entscheidend: Preis (möglichst niedrig) und Größe (möglichst voluminös). Der Massenmarkt spielt sich im Segment zwischen umgerechnet 14.000 und 25.000 Euro ab. "Dabei bespielen Chevrolet, Citroën, Renault oder Peugeot den Markt erfolgreich mit Billigvarianten, die man zum Beispiel so in Deutschland gar nicht findet", weiß Philip Bartsch, stellvertretender Geschäftsführer der AHK Chile.